Unsinniges Sterben auf AAO bei Reanimation

precious20

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Gesundheits- und Krankenpflegerin
Letzens ergab sich zwischen mir und meiner ehemaligen Arbeitskollegin, die in einem zivilen Krankenhaus als Kardiotechnikerin arbeitet, eine interessante Diskussion:

Ihre Aussage: "Krankenhaus ist schlimmer aus Militär. Wenn ein Soldat einen Erschießungsbefehl erhält, kann er den einfach verweigern, aber ich kann mich während einer Reanimation nicht den Anordnungen des Arztes widersetzen, auch wenn das dem Patienten das Leben retten würde."

Wart ihr schon mal in so einer Situation? Wie habt oder würdet ihr reagieren?
 
Nach der Rechtssprechung macht sich deine Freundin schuldig. Sie muss/ darf keiner AAO nachkommen von der sie infolge ihrer Fachkompetenz weiß, dass diese den Pat. schädigen wird.

Bisher gabs offensichtlich noch keinen Kläger und deshalb keinen Kadi. Für die Zukunft wäre ich da vorsichtiger.... denn der Krug geht nur so lange zum Brunnen bis er bricht.

Elisabeth
 
Ja schon, aber was ist, wenn sie dafür auch was unterlassen muss, was sie aufgrund fehlender Approbation nicht machen darf? Rechtlich ist sie abgesichert, aber sterben muss der Pat. trotzdem.
 
Hast Du dabei eine konkrete Situation im Kopf? Ich hatte bei einer Rea noch nie eine Arztanordnung, die bedeutet hätte, dass man den Patienten jetzt sterben ließe.

Es gibt vielleicht Situationen, in denen man eine Reanimation abbricht, weil man den Patienten nicht mehr retten kann, was anderes ist mir noch nie passiert.
 
Hast Du dabei eine konkrete Situation im Kopf? Ich hatte bei einer Rea noch nie eine Arztanordnung, die bedeutet hätte, dass man den Patienten jetzt sterben ließe.

Es gibt vielleicht Situationen, in denen man eine Reanimation abbricht, weil man den Patienten nicht mehr retten kann, was anderes ist mir noch nie passiert.

Kann mich nur anschließen!
Verstehe die Aussage so wie sie da steht auch nicht so recht....
 
Bei meiner Ex-Kollegin soll es so gewesen sein, dass ein junger Pat. mit Kammerflimmern in die NA kam und der Arzt jede Menge Betablocker verabreichte um den Puls zu senken. Das soll beim irreversible Nullpunkt geendet sein. Die Ex-Kollegin hätte gern den Defi benutzt. Im Allgemeinen gings um Sitationen in denen die Reanimation erfolgslos vom Arzt beendet wird und meine Ex-Kollegin aufgrund ihrer jahrelangen Erfahrung in diesem Bereich der Meinung ist, dass der Pat. noch Chancen gehabt hätte.

Ich glaube, da spielt auch die Teamentwicklung zwischen Ärzten und Pflegern eine Rolle. Bisher hatte ich zumindest immer das Glück oder die Absicht meinen Vorgesetzten zu vertrauen bzw. mit denen darüber sprechen zu können, wenn mir was aufgefallen ist. In Großstadtkrankenhäusern wird viel Personal geleast und gewechselt und manche Ärzte haben auch noch ihre Schwierigkeiten mit der deutschen Sprache. Da kann ich mir gut vorstellen, dass da häufiger Antipathien von vornherein entstehen und dann vielleicht auch mehr gravierende Fehler passieren oder da Fehler gesehen werden wo keine sind.
 
Ich habe eher Situationen im Kopf in denen der Patient unsinnig am Leben erhalten wird.
Aber wer kann das schon wirklich beurteilen. Über Leben und Tod zu entscheiden ist nicht unsere Aufgabe.
Konnte deine Freundin denn dem Arzt nicht den Vorschlag machen zu defibrillieren? Nur weil sie kein Arzt ist kann sie doch ihre Meinung sagen?
 
Alles machbare führt nicht immer zum Ziel und nicht immer ist alles machbare auch im Sinne des Patienten.

Elisabeth
 
Es kommt vor, dass Ärzte im Vorgespräch schon vorfühlen, wie weit sie im Falle einer Reanimation noch gehen sollen, also "alles geben" oder nur medikamentös versuchen, die Herztätigkeit anzuschieben. (Z.B., wenn wir alte, kranke Hochrisikopat. operieren.) Das wird aber den mitarbeitenden Pflegekräften nicht immer mitgeteilt, die dann die Entscheidungen des Arztes schlecht nachvollziehen können.
 
Ich habe eher Situationen im Kopf in denen der Patient unsinnig am Leben erhalten wird.
Aber wer kann das schon wirklich beurteilen. Über Leben und Tod zu entscheiden ist nicht unsere Aufgabe.
Konnte deine Freundin denn dem Arzt nicht den Vorschlag machen zu defibrillieren? Nur weil sie kein Arzt ist kann sie doch ihre Meinung sagen?

Selbstverständlich hat sie gesprochen, aber es gibt eben auch Ärzte, die lieber um jeden Preis unverbesserliche Vorgesetzte sein wollen.

Ja wie gesagt, ich glaube auch, dass sowas in nem guten Team nicht vorkommt, weil man sich vorher schon mal über solche Sachen abspricht.
 
ich finde es sinnvoll wenn der verantwortliche arzt fragt, ob die anwesenden personen damit einverstanden sind, wenn die reanimation beendet wird. somit wird allen beteiligten, egal welcher berufsgruppe, die möglichkeit gegeben bedenken zu äußern.
 
Moment- soll da eine demokratische Abstimmung erfolgen? Ich denke, jeder Mediziner kann/ sollte in der Lage sein, seine Entscheidung zu begründen. Dafür bedarf es keiner Abstimmung, ob alle den Kasus genauso sehen.

Bei Unklarheiten sollte man vielleicht ein Gespräch mit dem Arzt suchen und ihm sein Unverständnsi deutlich machen... aber nicht mit: sie haben den Pat. bewusst sterben lassen weil sie eine falsche Therapie angewandt haben. Das dürfte wohl jedes Gespräch sofort beenden.

Elisabeth
 
Der Arzt ist die Person mit der höchsten Qualifikation und dem höchsten Kompetenzbereich, also liegt die Reanimation in seiner Verantwortung, d.h. er ist der Teamführer. Ist eben wirklich von Vorteil, wenn man dem Vorgesetzen erstmal vertraut bei dem was er tut und dann erst nach der Reanimation mit ihm spricht. Wenn das nicht der Fall ist und Einwände sofort debattiert werden würden, würde der Pat. wahrscheinlich an den Verzögerungen durch ein heilloses Chaos versterben. Und das kann dann keiner Verantworten.

Ich glaube solche Grenzsituationen wie bei der Reanimation werden immer ein Diskussiosthema sein. Jeder Notfall ist anders, es gibt keine Handlungsrichtlinien und die schnelle Entscheidung über Leben und Tod ist halt immer schwerwiegend, nicht nur weil es um ein Menschenleben geht, sondern auch weil es eine endgültige Entscheidung ist. Aber gut, meistens studiert man auch nicht umsonst 6-9 Jahre Medizin.
 
"Reagieren in Notfallsituationen" wird im Studium eher vernachlässigt, würde ich behaupten. Erfahrene Notfallmediziner, Internisten mit viel Intensiverfahrung und Anästhesisten können oft am besten entscheiden.
Der junge, unerfahrene Stationsarzt wird doch eher dazu neigen, zu reanimieren bis "die Suppe aus den Nasenlöchern läuft" (sorry).

Schön wäre es natürlich, wenn der leitende Arzt seine Entscheidung im Nachhinein begründet, sein Handeln reflektiert.
 
Es geht nicht um eine demokratische Abstimmung, liebe Elisabeth, schließlich sind wir nicht im Plenarsaal. Natürlich ist der Arzt die verantwortliche Person, keiner will ihm das absprechen, aber ich finde man sollte auch Pflegekräften, die schon lange im Beruf sind, die Möglichkeit geben sich zu äußern. Ich bin wohl nicht die Einzige, die auch schon mal einen Therapievorschlag gemacht hat, der von ärztlicher Seite gerne umgesetzt wurde.
Deshalb finde ich diese Variante mehr als erwachsen, wir sollen alle mit den Konsequenzen leben können.
 
"Der Arzt ist die Person mit der höchsten Qualifikation"
wer sagt denn so etwas? Die Realität sieht doch häufig anders aus!!!

Ich arbeitete auf einer Intensivstation wo bei wirklich jedem Patient festgelegt wurde (jeden Tag neu!), wie der Reanimationsstatus ist (Intubation, Defibrillation, Medikamente, mech. Rea, oder gar nichts!). Somit kam es nie zu Diskussionen, egal ob der Chef-Ober oder sonst ein Arzt bei der Reanimation anwesend war.
Bei der Visite wurden Pflegekräft "natürlich" in die Frage miteinbezogen!
 
Erste Aussage mag ich nicht komentieren sonst landen wir hier wieder weit vom Thema entfernt.

Zum zweiten Absatz- da geh ich voll mit. In der Reanimation ist keine Zeit für die Frage: wer ist dafür und wer dagegen. *kopfschüttel*

Erwachsen ist, wenn man sich hinterher nochmal ein Gespräch beim verantwortlichen Arzt einfordert und von ihm ev. eine Erklärung erbittet. Man kann durchaus verdeutlichen, dass man die Entscheidung nicht nachvollziehen kann. Einen Vorwurf gegen die Arztentscheidung gehört hier nicht hin.

Elisabeth
 
>>"Reagieren in Notfallsituationen" wird im Studium eher vernachlässigt, würde ich behaupten.<<

Oh Gott, wenn das ein Arzt hören würde ^^ Das gibt keiner zu. Wenn sie Assistenzärzte sind, gehts ja mal noch, aber sobald sie den Facharzt haben, sind sie meistens die unverbesserlichen Götter in Weiß. Es ist wirklich immer wieder unfassbar, wie extrem abwertend manche Ärzte immer noch über das Pflegepersonal reden. Als wären wir alle dumme Hauptschüler von der Straße, die jetzt eben mal so im KH arbeiten. Unsere Ausbildung wird so oft unterschätzt.. wirklich schade manchmal. Meistens wird halt immer noch das alte Schema gewünscht - Schwester leckt dem Arzt den ***** aus.

>>Deshalb finde ich diese Variante mehr als erwachsen, wir sollen alle mit den Konsequenzen leben können.<<

Richtig, denn schließlich gehts um das Wohl des Pat. und nicht um die Minderwertigkeitskomplexe der Ärzte.

>>Ich arbeitete auf einer Intensivstation wo bei wirklich jedem Patient festgelegt wurde <<

Fein, aber bei unerwarteten Notfällen funktioniert das nicht, richtig?

>>Erwachsen ist, wenn man sich hinterher nochmal ein Gespräch beim verantwortlichen Arzt einfordert und von ihm ev. eine Erklärung erbittet.<<

Das ist ja das Problem: auch wenn es Einwände gibt, gestorben wird trotzdem erstmal.
 
Ich hoffe auf einen kompetenten Facharzt, der es wagt mich gegen den Willen von Pflegekräften sterben zu lassen, wenn meine Zeit gekommen ist.

Nicht alles was machbar ist, sollte auch angewendet werden.

Medizin ist nicht Mathematik. Man kann sie nicht voraus berechnen. Medizin hat den Menschen als Faktor und nicht Zahlen... selbst wenn manche es gerne hätten das Medizin wie Mathe funzt. Und da wo es um Menschen geht, gibt es keine Formeln. Jeder Mensch ist individuell. Das spllte man nie vergessen.

Diese Aussage bezieht sich auf alle Parteien: Patienten, Angehörige, Ärzte, Pflegekräfte.

Elisabeth
 
Ich würde weiter leben wollen. Egal was passiert, leben mit allen Konsequenzen. Aber das muss jeder für sich selbst entscheiden.

Vielleicht sollte man dafür eine Zeile im Personalausweis integrieren - ob man im Notfall leben oder sterben will. Aber gut.. wer würde dann schon gerne die Verantwortung für die richtige Entscheidung übernehmen? Keiner.
 

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