Bertelsmann-Studie: So sterben die Deutschen

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Das Krankenhaus als Sterbeort bevorzugt kaum jemand. Trotzdem stirbt ein Großteil der Deutschen nicht wie gewünscht zu Hause. Eine Studie der Bertelsmann-Stiftung zum Thema Palliativ-Versorgung zeigt die Gründe auf.

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Es fehlen nicht nur Paliativmediziner. Es fehlt an etwas ganz banalem- der Fähigkeit der Angehörigen, einen sterbenden Menschen zu begleiten. Das ist nun mal der Preis den man zahlt, wenn man jahrzehntelang das Sterben aus dem öffentlichen Bewusstsein entfernt hat bzw. es als unendlich grauenvoll darstellt.

Elisabeth
 
Der Ansatz, es weitgehend auf die "unfähigen" Angehörigen abzuwälzen ist mir zu kurz gedacht.

Es wird, sind wir ehrlich, KEIN Mensch davon abgehalten, sich mit dem Thema rechtzeitig auseinanderzusetzen. Soll sich jeder damit befassen, was als rechtzeitig anzusehen ist.
Unvorhergesehenes - kann jeden jederzeit treffen.

Sich dem Thema zu stellen ist beileibe nicht einfach, Verdrängungsmechanismen - sie sind nur allzu menschlich. Die Katastrophe ist da, wenn das Thema nie konkret besprochen wurde, die damit überforderten Angehörigen in dem Moment hilflos weitreichende Entscheidungen alleine tragen sollen. Das ist - nicht nett. Kenne beide Seiten, aus dem persönlichen Bereich und von der Arbeit.

Die Voraussetzungen einen Angehörigen daheim begleiten zu können, sie müssen halbwegs gegeben sein, sind es oft nicht.

Das letzte ist, den finalen Prozess als solchen wahrzunehmen, ihn (wo die Voraussetzungen gegeben sind) zu akzeptieren, anstelle in sinnlosen Aktionismus zu verfallen, und ihn dann auch auszuhalten. Da haben, der Fairness halber, nicht nur nur Laien ihre Schwierigkeiten.
 
Es ist doch häufig nicht eine Frage des Wollens, in vielen Fällen sind einfach die Voraussetzungen den Angehörigen zuhause in der Wohnung zu betreuen nicht gegeben. Söhne und Töchter wohnen mit den eigenen Familien nicht mehr bei Eltern, teilweise weit weg. Das Wohnumfeld der Sterbenden ist in vielen Fällen nicht auf Pflege ausgerichtet, es fehlen Hilfsmittel und vieles mehr. Das alles in kürzester Zeit zu organisieren schafft kaum jemand. Dazu kommt, dass viele berufstätig sind und solche Dinge wie Pflegezeit und Pflegestufe erst mal beantragt und genehmigt sein müssen. Würde alles problemlos genehmigt muss man sich auch leisten können während der Pflegezeit eben nur "Pflegegeld" und nicht sein volles Gehalt zu bekommen.

Ich kann mir vorstellen, dass es durchaus einige mehr geben würde, die gerne ihre Angehörigen im Sterbeprozess begleiten würden, aber an vielen andern Hürden scheitern.

Gruß Ludmilla
 
Ich habe keine Zahlen, aber es ist doch so, dass Angehörige zunächst die Pflege teils selbst oder mit Hilfe eines Pflegedienstes organisieren und gar nicht permanent vor Ort sein müssen. Es kommt jedoch dann teilweise zu Krankenhausaufenthalten, Verschlechterung des Allgemeinzustandes, usw. und in den meisten Fällen eben nicht absehbarer Zunahme des pflegerischen Aufwands. Dann wird es zuhause schwierig, weil man ja für die veränderten Bedingungen vorbereitet sein muss, auch wenn es vorher gut geklappt hat.

Um die dann vermehrte Pflege und Begleitung eines dann sterbenden Angehörigen zu gewährleisten ist nicht selten eine rund um die Uhr Betreuung erforderlich und das zu organisieren, benötigt Zeit. Zeit die der sterbende Mensch teilweise nicht mehr hat..., ich wollte damit nur sagen, dass man nicht alles damit begründen kann, dass die Leute verdrängen und nichts damit zutun haben wollen und es noch viele andere Gründe gibt!
 
Verschlechterungen des Allgemeinzustandes... dürften wohl dem ganz normalen Prozess des Sterbens geschuldet sein. Es lässt sich also absehen, wohin der Weg geht. Und zu den Möglichkeiten der Angehörigen... wenn ich mich recht erinnere, dann gab es da sowas wie den Pflegeurlaub.

Man kann es drehen und wenden- der Tod ist aus dem Alltag verschwunden. Er wird verdrängt. Und wenn er mal auftaucht, dann nur um festzustellen, dass man nicht auf natürlichem Wege sterben möchte weil man Angst davor hat.

Elisabeth
 
Verschlechterungen des Allgemeinzustandes... dürften wohl dem ganz normalen Prozess des Sterbens geschuldet sein. Es lässt sich also absehen, wohin der Weg geht. Und zu den Möglichkeiten der Angehörigen... wenn ich mich recht erinnere, dann gab es da sowas wie den Pflegeurlaub.

Man kann es drehen und wenden- der Tod ist aus dem Alltag verschwunden. Er wird verdrängt. Und wenn er mal auftaucht, dann nur um festzustellen, dass man nicht auf natürlichem Wege sterben möchte weil man Angst davor hat.

Elisabeth

Vom Pflegeurlaub (laut SGB XI Pflegezeit) habe ich bereits geschrieben und den liebe Elisabeth muss man beantragen. Man kann nicht sagen, okay ich mache ab morgen mal Pflegezeit. Bearbeitungsdauer ca. 2 Wochen. Verdienstausfall während dieser Zeit trägt der Angehörige selbst, mit Ausnahme der Krankenversicherung/Rentenversicherung ( letzteres nur den geringen Betrag, den man im Rahmen der entsprechenden Pflegestufe bekommt), die von Pflegeversicherung des Pflegebedürftigen bezahlt wird und des Pflegegelds, was ja eher gering ist und den Verdienst des Angehörigen meist nicht ersetzt.

Es nützt einem nichts, wenn man weiss wohin die Reise geht bei einer Az-Verschlechterung, wenn man weder beruflich/finanziell dies nicht leisten kann und wenn zuhause die entsprechenden Hilfsmittel nicht vorhanden sind.
Für dich gibt es mal wieder nur Schwarz oder Weiss, mit alltäglichen Bedingungen hat das nur begrenzt zutun.
Wir haben im beruflich mit Sterben und Tod und setzen uns aufgrund dessen damit auseinader, manche Leute haben in meinem Alter noch nie einen Toten gesehen, weil sie eben noch nie einen engen Vertrauten verloren haben, das hat auch mit Verdrängen nichts zutun. Sich theoretisch mit der Thematik auseinander zu setzen ist völlig anders, als im realen Leben einen Menschen beim Sterben zu begleiten und ihn dann zu verlieren. Das Menschen davor Angst haben kann man zunächst mal verstehen!
 
Wenn denn alles so einfach wäre...
Wer wo wann nicht erkennt wo's langgeht, da fallen mir IMMER mehrere ein.

Im häuslichen Bereich - sieht man auch nicht grundsätzlich wo's langgeht, immer und jederzeit. Da fällt mir problemlos einiges ein, was es schwer macht. Keiner davon ist willentlich.

Ich schreib es gerne nochmal - nicht nur Laien haben Schwierigkeiten - beim erkennen + zuordnen + im richtigen Moment innehalten. Wer ohne Fehl und Tadel ist... Den Stein könnt ich nicht werfen.

Die rosa Brille - ist z.Zt. kaputt. Ich nehm die blau/ grüne. Nur nicht die, die alles in schwarz-weiß taucht, die taugt nix.
 
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Verschlechterungen des Allgemeinzustandes... dürften wohl dem ganz normalen Prozess des Sterbens geschuldet sein. Es lässt sich also absehen, wohin der Weg geht.
Die meisten der pflegenden Angehörigen stammen nicht aus dem medizinischen oder pflegerischen Bereich. Sie können Entwicklungen also nicht so gut abschätzen wie wir - und es gibt genug Beispiele hier im Forum, bei denen erkennbar wird, dass auch so manche Pflegekraft den physiologischen Sterbeprozess nicht mehr kennt.

Die pflegenden Angehörigen sind mit so einer Situation überfordert. Es ist sinnlos, jetzt darüber zu lamentieren, dass unsere Gesellschaft in den letzten 50, 60 Jahren den Tod ins Abseits gedrängt hat - das hilft doch weder den Sterbenden noch ihren Familien. (Ohnehin glaube ich nicht, dass es jemals leicht war, einen geliebten Menschen auf dem letzten Weg zu begleiten.) Vielmehr müssen Wege gefunden werden, sie zu unterstützen. Die Pflegezeit allein ist da sicher nicht ausreichend.
 
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@ludmilla- hinter vorgehaltner Hand... die Hausärzte wissen, wie sie Angehörige freistellen für diesen Zeitraum. Das haben wir in der Familie so erlebt und ich denke, dass wird kein Einzelfall sein.

@Claudia- solange wir das Sterben mit Tabus belegen und mystifizieren, wird sich nix ändern. Auch wir müssen lernen, los zu lassen und Angehörige bestärken sich einzubringen. Das eine Sterbebegleitung schwer ist, steht doch außer Frage. Aber wie soll man es lernen, wenn man gleich signalisiert bekommt: wir können es als beruflich Pflegende besser.

Elisabeth
 
@Claudia- solange wir das Sterben mit Tabus belegen und mystifizieren, wird sich nix ändern. Auch wir müssen lernen, los zu lassen und Angehörige bestärken sich einzubringen. Das eine Sterbebegleitung schwer ist, steht doch außer Frage. Aber wie soll man es lernen, wenn man gleich signalisiert bekommt: wir können es als beruflich Pflegende besser.

Elisabeth
Wer behauptet denn letzteres? Wir können helfen. Und wir können manche Tätigkeit, die in der Sterbephase notwendig wird und der Laie eben nicht übernehmen kann - invasive Schmerztherapie beispielsweise. Es stirbt ja auch in Deutschland nicht jeder friedlich an Altersschwäche, sondern eben auch an etlichen Krankheiten, die belastende Symptome mit sich bringen. Ganz ohne ärztliche und pflegerische Betreuung geht nur sehr selten.

Viele Angehörige haben Angst vor dieser Situation und sind überfordert. Ich erinnere mich an einen Patienten, der zum Sterben von der Palliativstation entlassen wurde, in die Betreuung von Frau und Tochter. Die beiden riefen am Abend den Notarzt, weil der Patient in die Schnappatmung rutschte. Besagter Notarzt war just an diesem Abend unsere Stationsärztin. Sie hat die Sanis in der Küche geparkt, sich mit den Angehörigen zum Patienten gesetzt und gewartet, bis es vorbei war.
 
Zuletzt bearbeitet:
Da ich dieses Jahr selbst betroffen war (nein ich schreibe nicht aus dem Jenseits), als meine Mutter wie von ihr gewünscht zu hause sterben durfte/konnte.

Der Druck der durch andere Angehörige auf einem lastet ist schon massiv, dazu kam, dass im Pflegedienst auch noch eine neue Pflegekraft war die der Meinung war, meine Mutter müsse unbedingt in die Klinik.

Es war für uns (mein Mann und mich) klar, dass sie daheim bleibt und ich musste mich massiv gegen die "Anderen" wehren, dass es auch so bleibt - wir hatten zum Glück noch Urlaub und waren somit präsent, ansonsten wäre sie auch in der Klinik gelandet.
Somit konnte Sie so sterben wie sie es sich gewünscht hatte - in ihrem Bett in ihrer Wohnung, unter Einhaltung der Patientenverfügung. Die Verwandschaft ist mir seither nimmer wohlgesonnen, damit kann ich gut umgehen.

Ich verurteile keinen, der es nicht schafft sich gegen den Druck der "Anderen" zu positionieren, aber das von Claudia beschriebene Beispiel kenne ich auch aus meiner Zeit im Rettungsdienst.

Es bedarf für Angehörige eine gute Begleitung und noch einiges an SAPV-Teams.
 
Ich denke, wir brauchen mehr denn je einen Paradigmenwechsel. Und dazu gehört eine angemessene Beratung und Anleitung. Die fehlt nach wie vor fast vollständig. Im Falle der Sterbebegleitung mag es auch daran liegen, dass Pflege eher kurativ denkt und handelt.

In dem Zusammenhang möchte ich hier mal öffentlich meine Hochachtung vor den ehrenamtlichen Mitarbeitern der stationären und ambulanten Hospize zum Ausdruck bringen. Und vielleicht wäre es eine Idee, sich als Fachkraft hier mal Informationen zu holen, was da überhaupt gebraucht wird neben medizinischen Kenntnissen. Es scheint, als wenn diese Ehrenamtler eher die Fachfrauen in dem Thema sind.


Elisabeth
 
Prinzipiell ist es kein Problem an die Ehrenamtlichen vom Hospiz ranzukommen. Ein Anruf genügt, Nummer ist da. Erfreulicherweise wird auch immer häufiger ein Palliativarzt hinzugezogen. Wenn die Voraussetzungen gegeben sind. Es ist eine Hilfe, wenn schriftlich großzügig Anweisungen vorliegen. Woraus, mit der Zeit eine ebenfalls zunehmende Sicherheit erwächst. Für mich leite ich daraus ein Ziel ab: Es geht irgendwann mal ohne Konsil. Ansätze sind da. Hindernisse aber ebenfalls, in nicht geringem Maße. Für mich ist es eine Erleichterung, wenn ich meinen Schwerpunkt auf das wesentliche ausrichten und unnützes, sinnloses weglassen kann. So traurig der Anlass auch ist.
 
Aktuell braucht es eine Verbesserung des Entlassungsmanagements... und das nicht nur bei dieser Klientel.

Elisabeth
 

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