Wow Martin, vielen Dank. Da hast du ziemlich genau getroffen, wonach ich gesucht hatte.
Die Zahlen aus den verlinkten Quellen sagen auch in etwa aus, was meine subjektive (und statistisch nicht relevante) Wahrnehmung ist:
wer schon lange im Beruf ist, ist zu einer völlig anderen Zeit in diesen Beruf eingestiegen, zu einer Zeit, in der die Arbeitsbedingungen durchaus noch besser waren. Und wer erst mal im vorgerückten Alter ist (so in etwa 45 aufwärts), tut sich schwerer mit beruflicher Neuorientierung, als die nachrückende junge Generation. Mit mitte/ende 20 kann man eben leichter nochmal ganz von vorne durchstarten und einen neuen Beruf erlernen.
Vielleicht sollte man mal statistisch erfassen, wie hoch der Anteil an Pflegekräften ist, die gerade im Beruf stehen, nebenbei aber bereits an ihrem beruflichen Wechsel planen, indem sie sich weiterbilden, studieren oder gar in eine ganz neue Richtung planen.
Hier sehe ich gerade für meinen Arbeitsplatz große Gefahren: wenn ich alleine die Menge an KollegInnen betrachte, die bei mir in der Abteilung neben ihrer Arbeit an ihrem Abgang arbeiten, gar nicht mal alle mit der Absicht, die Branche ganz zu verlassen, nur eben "weg vom Bett" wollen, indem sie sich zum Atmungstherapeuten, Pflegeberater, Wundmanager usw... weiterbilden, oder all jene, die nebenbei studieren (Pflegemanagement, Pflegepädagogik, Medizin oder aber auch berufsfremde Studiengänge), dann wird mir ganz bange, denn durch diese Weiterqualifikation werden wir über die nächsten Monate/Jahre noch sehr viele Leute verlieren. Die Abwanderung ist ein Vielfaches höher, als die Neueinstellungen. Und unter den Neueingestellten sind viele dabei, die schon bei der Einstellung mitteilen, dass sie nebenbei noch studieren und in absehbarer Zeit wieder weg sein werden.
Und da bin ich bei meinem alten Mantra, das ich schon seit Jahren predige: wir haben kein Problem mit Neuzugängen, diese Zahlen sind seit Jahren stabil (niedrig).
Wir haben ein Problem mit Abwanderung. Und es gibt kein Konzept (nicht in meinem Haus, und wenn man sich anschaut, wie insuffizient die Umsetzung von all den
vielen Tarifabschlüssen der letzten Jahre ist, die für bessere Arbeitsbedingungen sorgen sollten, dann kann man wohl zurecht behaupten: auch in keinen anderen Häusern), das sich zum Ziel setzt,
Mitarbeiter zu halten.
Wir leben nicht mehr in einer Zeit, in der Ausbildungsplätze rar sind, heute können sich die jungen Menschen aus einer breiten Palette an Berufen aussuchen, wo sie wie arbeiten wollen. Wer Fachkräfte haben möchte, muss auch etwas bieten, und mit schlechten Arbeitsbedingungen kann man Jugendliche eben nicht ködern...
Und so lange die Arbeitsbedingungen nicht besser werden, werden selbst jene Pflegekräfte, die den Beruf gerne machen, zu früh ausscheiden, weil sie schlicht aus gesundheitlichen Gründen lange vor dem Rentenalter verloren gehen.
Die Politik bleibt gefordert: es müssen valide Personalbemessungsinstrumente her für alle Bereiche im Gesundheitswesen, und aus diesen müssen dann verpflichtende Personalzahlen hervorgehen mit drastischen Sanktionen bei deren Unterschreitung. Und die Finanzierung des Gesundheitswesens muss so geändert werden, dass die Häuser auch in der Lage sind, höhere Personalzahlen umzusetzen. Und all jenen privaten Anbietern muss klar vorgegeben werden, dass die Einhaltung der geforderten Personalzahlen Vorrang vor Renditeinteressen haben muss.
Naja, aber all das ist ja nichts Neues...
Gruß spflegerle