- Registriert
- 28.07.2019
- Beiträge
- 43
Hej ihr Lieben,
ich habe mal wieder eine Frage.
Als Azubi in der Generalistik seit April 2020 bin ich jetzt in meinem ambulanten Einsatz angekommen. Das Umfeld (Intensivpflegerisch, Beatmungspflege) finde ich extrem spannend und freue mich, hier hoffentlich viel lernen zu können. Jetzt bin ich allerdings auf einen Praxisanleiter gestoßen, dem mein Interesse offenbar nicht schmeckt, oder aber in die falsche Richtung geht.
Zum besseren Verständnis der Klienten habe ich mir die Akten und Anamnesen vorgenommen (das war so abgesprochen) und mich tief eingelesen. Daraus ergaben sich für mich viele Fragen, von "Was ist eine Hemianopsie" über "Bekommt der Klient denn Diuretika? Hier steht, er ist kardial dekompensiert, und die Bilanzierung ist immer hochgradig positiv." bis hin zu "Wie sehr können wir den Klienten denn mit einer NYHA IV überhaupt belasten?" war vieles dabei. Was mich überrascht hat, war nicht die Ablehnung der Menge der Fragen, die wurden vorher ausdrücklich gefordert und gewünscht, sondern die Kritik daran, dass ich denke wie ein Medizinstudent. Das jedenfalls wurde geäußert. Der Praxisanleiter fragte mich im gleichen Atemzug, ob ich in der Pflege richtig sei, wenn mein Interesse eher den Diagnosen und Medikamenten gelte als den pflegerischen Maßnahmen. (Nach denen habe ich weniger gefragt, weil sie mir klar waren. Nach einem langen Chirurgie-Einsatz werfen Prophylaxen sehr viel weniger Fragezeichen auf als die Arztbriefe und die AOs.) Besagter Praxisanleiter musste für die Hälfte der Begriffe, nach denen ich gefragt habe, auch googlen.
Bin ich tatsächlich auf der falschen Fährte? Sollte ich aufhören, die Arztbriefe zu lesen, und mich auf die rein pflegerischen Angelegenheiten konzentrieren? Muss eine gute examinierte Pflegekraft, unabhängig von der Berufsbezeichnung, die Fachbegriffe nicht kennen und die AOs nicht verstehen, sondern lediglich als ausführendes Organ der Ärzte dienen?
Mein Empfinden ist immer, mehr Wissen sorgt für begründete Handlungen, und mehr Fragen fördern mehr Antworten. Natürlich bin ich kein Medizinstudent, aber muss ich deshalb an allen gesteigert medizinischen Inhalten vorbeigehen?
Habe ich das Ganze falsch verstanden, und der PA möchte lediglich sicher gehen, dass ich meinen Fokus nicht verliere?
Ich habe direkt nachgefragt, ob es denn nicht zielführend sei, alles an Informationen zu erfassen, was möglich ist, und diese auch zu verstehen, um sich ein fundiertes Urteil bilden zu können und ggf auch Medikamentendosierungen etc zu hinterfragen - immerhin sind Ärzte auch nur Menschen, und es kann durchaus mal Unstimmigkeiten geben. Auch muss der Maßnahmenplan ja manchmal angepasst werden, und das kann man nur, wenn man alle Faktoren berücksichtigt. Die Antwort war ein ziemlich abweisendes: "Das ist nicht deine Aufgabe. Sonst kündige jetzt und geh an die Uni. Wir sind keine Ärzte. Wir kümmern uns um die Pflege."
Vielleicht bin ich auch auf dem falschen Dampfer, denn wir sind in Deutschland eben keine studierten Kräfte und bekommen reduziertere Inhalte zugefüttert als in z.B. Großbritannien, wo Nurses auch andere Berechtigungen haben. Das Feedback hat mich einfach verunsichert, und ich will ungern meine Zeit damit verbringen, den falschen Kaninchen hinterher zu jagen.
TL;DR: Sollten Pflegekräfte auch die medizinischen Details und die AOs hinterfragen und davon Kenntnis besitzen, oder geht das über unser Aufgabengebiet hinaus?
Lieben Dank an alle, die diese Wall of text gelesen haben und mir ein bisschen Rückmeldung geben können.
Moon
ich habe mal wieder eine Frage.
Als Azubi in der Generalistik seit April 2020 bin ich jetzt in meinem ambulanten Einsatz angekommen. Das Umfeld (Intensivpflegerisch, Beatmungspflege) finde ich extrem spannend und freue mich, hier hoffentlich viel lernen zu können. Jetzt bin ich allerdings auf einen Praxisanleiter gestoßen, dem mein Interesse offenbar nicht schmeckt, oder aber in die falsche Richtung geht.
Zum besseren Verständnis der Klienten habe ich mir die Akten und Anamnesen vorgenommen (das war so abgesprochen) und mich tief eingelesen. Daraus ergaben sich für mich viele Fragen, von "Was ist eine Hemianopsie" über "Bekommt der Klient denn Diuretika? Hier steht, er ist kardial dekompensiert, und die Bilanzierung ist immer hochgradig positiv." bis hin zu "Wie sehr können wir den Klienten denn mit einer NYHA IV überhaupt belasten?" war vieles dabei. Was mich überrascht hat, war nicht die Ablehnung der Menge der Fragen, die wurden vorher ausdrücklich gefordert und gewünscht, sondern die Kritik daran, dass ich denke wie ein Medizinstudent. Das jedenfalls wurde geäußert. Der Praxisanleiter fragte mich im gleichen Atemzug, ob ich in der Pflege richtig sei, wenn mein Interesse eher den Diagnosen und Medikamenten gelte als den pflegerischen Maßnahmen. (Nach denen habe ich weniger gefragt, weil sie mir klar waren. Nach einem langen Chirurgie-Einsatz werfen Prophylaxen sehr viel weniger Fragezeichen auf als die Arztbriefe und die AOs.) Besagter Praxisanleiter musste für die Hälfte der Begriffe, nach denen ich gefragt habe, auch googlen.
Bin ich tatsächlich auf der falschen Fährte? Sollte ich aufhören, die Arztbriefe zu lesen, und mich auf die rein pflegerischen Angelegenheiten konzentrieren? Muss eine gute examinierte Pflegekraft, unabhängig von der Berufsbezeichnung, die Fachbegriffe nicht kennen und die AOs nicht verstehen, sondern lediglich als ausführendes Organ der Ärzte dienen?
Mein Empfinden ist immer, mehr Wissen sorgt für begründete Handlungen, und mehr Fragen fördern mehr Antworten. Natürlich bin ich kein Medizinstudent, aber muss ich deshalb an allen gesteigert medizinischen Inhalten vorbeigehen?
Habe ich das Ganze falsch verstanden, und der PA möchte lediglich sicher gehen, dass ich meinen Fokus nicht verliere?
Ich habe direkt nachgefragt, ob es denn nicht zielführend sei, alles an Informationen zu erfassen, was möglich ist, und diese auch zu verstehen, um sich ein fundiertes Urteil bilden zu können und ggf auch Medikamentendosierungen etc zu hinterfragen - immerhin sind Ärzte auch nur Menschen, und es kann durchaus mal Unstimmigkeiten geben. Auch muss der Maßnahmenplan ja manchmal angepasst werden, und das kann man nur, wenn man alle Faktoren berücksichtigt. Die Antwort war ein ziemlich abweisendes: "Das ist nicht deine Aufgabe. Sonst kündige jetzt und geh an die Uni. Wir sind keine Ärzte. Wir kümmern uns um die Pflege."
Vielleicht bin ich auch auf dem falschen Dampfer, denn wir sind in Deutschland eben keine studierten Kräfte und bekommen reduziertere Inhalte zugefüttert als in z.B. Großbritannien, wo Nurses auch andere Berechtigungen haben. Das Feedback hat mich einfach verunsichert, und ich will ungern meine Zeit damit verbringen, den falschen Kaninchen hinterher zu jagen.
TL;DR: Sollten Pflegekräfte auch die medizinischen Details und die AOs hinterfragen und davon Kenntnis besitzen, oder geht das über unser Aufgabengebiet hinaus?
Lieben Dank an alle, die diese Wall of text gelesen haben und mir ein bisschen Rückmeldung geben können.
Moon