Hallo!
Bei Zwangsmedikationen würde ich erstmal zweierlei unterscheiden:
A) eine Zwangsmedikation kann nötg werden, wenn ein Patient akut gewalttätig wird, bzw. mit Gewalt droht, ein Gewaltakt unmittelbar bevorsteht o.ä., und eine freiwillige Medikamenteneinnahme abgelehnt wird.
B) zum anderen bei Patienten, die eine Medikation (z.B. wegen mangelnder Compliance) verweigern, und deren Zustand sich zu verschlechtern droht, bzw. schon stark verschlechtert hat.
Rechtliche Sachlagen setze ich als bekannt voraus, ebenso, daß Zwangsmaßnahmen natürlich immer letztes Mittel sein sollten...
In beiden Fällen hat es sich bewährt, soviel Personal wie möglich zu versammeln. Dies ist, vor allem bei A), nicht immer möglich...Bei A) wird der Patient in fast allen Fällen zunächst einmal vollfixiert werden (da geht es ja in erster Linie darum, die Sicherheit für den Patienten selbst, Mitpat. und Personal zu gewährleisten und [weitere] Gewaltakte zu verhindern) , im Fall B) auch, wenn sonst keine Möglichkeit besteht, die Med. zu applizieren.
Dabei ist es dann eben von Vorteil, wenn viel Personal vor Ort ist. Häufig merken die Patienten, daß es nichts bringt, sich gegen so viele zur Wehr zu setzen. Natürlich sollte sich der Großteil erstmal etwas im Hintergrund halten, und ein Arzt sowie ein Mitglied des Pflegepersonals (idealerweise die Bezugspflege) versuchen, dem Patienten die Situation und die geplanten Maßnahmen zu erläutern. Falls es notwendig wird, können die Kollegen dann zur Hilfe kommen.
Oftmals lassen Patienten die Vollfixierung und/oder Zwangsmedikation durch das viele Personal dann ohne Gegenwehr zu. Das ist, aus meiner Erfahrung, vor allem bei Fall B so. Da braucht dann meist gar keine Vollfixierung erfolgen. Gelegentlich ist es nötig, daß der Patient zur Med.-Gabe kurzzeitig manuell fixiert wird, d.h. er wird festgehalten. Bei akut angespannten Pat., wie unter A, reicht das aber meist nicht. Der Patient wird i.d.R. mindestens solange vollfixiert, bis die Wirkung der Medikation eintritt.
Eine Zwangsmedikation wird bei uns grundsätzlich von Ärzten durchgeführt (auch i.m.-Injektionen, i.v. natürlich sowieso).
Meist gibt es bei A) eine i.v.-Medikation ("Klassiker" bei uns ist eine Kombination von Neuroleptika und Benzodiazepinen, meist 5mg Haldol und 5-10mg Diazepam). Gelegentlich wird auch Ciatyl-Z-Accuphase i.m. gegeben. Während der Med.-Gabe ist es, je nach Gegenwehr des Patienten, nötig, den Arm trotz evtl. Vollfixierung manuell festzuhalten. Dabei versuchen wir natürlich beruhigend auf den Patienten einzuwirken, z.B. durch beruhigendes zureden, ihn somit etwas von der Med.-Gabe abzulenken.
Bei i.m. Gabe (v. Hochstetter) halten wir den Pat. auf der Seite.
Wichtig finde ich, dem Pat. im Anschluss eine positive Rückmeldung zu geben, die Situation nachzubesprechen. Das sollte natürlich nochmals ausführlich stattfinden, wenn der Patient dazu "aufnahmebereit" ist. In jedem Falle sollte dem Patienten aber vorab und danach erklärt werden, warum die Zwangsmaßnahme aus unserer Sicht nötig war, und wie die Medikamente wirken. Idealerweise macht das natürlich in erster Linie ein Arzt, das Pflegepersonal ist in dieser Hinsicht aber ebenso gefordert...
Ängste, Bedenken o.ä. sollte der Pat. frei äussern können. Ebenso finde ich es wichtig, dass dem Patienten eigene Empfindugen, z.B. Angst die der Patient durch bedrohliche Verhaltensweisen o. Gewalt ausgelöst hat, gespiegelt werden, und das die Zwangsmaßnahmen auch für das Personal ein unangenehmer Aspekt ihrer Arbeit ist...
So, ich hoffe, dass ich mit meinen Ausführung etwas helfen konnte. Bei weiteren Fragen oder Unklarheiten bitte melden...
Gruss,
eeviac