I.m. und s.c-Injektionen in paretische Extremitäten

Nitro112

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Warum sind Injektionen ins z.B. gelähmte Bein untersagt? Das steht überall in der Literatur, finde aber den Grund nicht.

Über Quellenangaben würde ich mich freuen.
 
Was ist anders an einer gelähmten Extremität?

Mir fallen hier spontan Stichworte wie veränderter Muskeltonus, veränderte Durchblutung (v. a. venöser Rückfluss), veränderte Resorption ein.
Ein weiterer Punkt dürfte sein, dass der Patient Komplikationen wie z. B. eine Entzündung, welche sich durch Schmerzen äußert, durch die fehlende Sensibilität nicht äußern kann.
 
Ein weiterer Punkt dürfte sein, dass der Patient Komplikationen wie z. B. eine Entzündung, welche sich durch Schmerzen äußert, durch die fehlende Sensibilität nicht äußern kann.

Denke ich auch. Bei einem Hemiplegiker hast Du halt noch ein gesundes Bein, bei dem dieses Risiko wegfällt. Ich habe schon Tetraplegiker gepflegt, da hattest du keine Wahl und musstest die Heparinspritze in einen gelähmten Bereich setzen.
 
Gibt es dazu Studien, dass eine paretische Extremität schlechter durchblutet ist? Bis wann gibt es den Effekt? Bleibt er bestehen oder verrändert sich das mit der Zeit?

Was macht man beim Tetraplegiker? Darf man dann gar nicht mehr injizieren?

Wie ist das dann bei spastischen Extremitäten? Ist da die Durchblutung auch verändert?

Elisabeth
 
Was macht man beim Tetraplegiker? Darf man dann gar nicht mehr injizieren?
Doch. Du musst dann halt mehr auf die Infektionsgefahr achten, weil das Schmerzsignal weg fällt. Dieses Risiko musst Du nicht eingehen, wenn der Betroffene "nur" eine Hemiparese hat.

Ich muss zugeben, dass ich da nicht auf dem neuesten Stand bin; ich war während meiner Ausbildung Ende der 1990er in einer Reha für Querschnittsgelähmte eingesetzt. Dort gab's Heparin s.c. zur Thromboseprophylaxe; die Muskelpumpe fällt ja weg oder ist (gibt ja auch inkomplett Gelähmte) zumindest stark beeinträchtigt. Wo sollste injizieren, wenn nicht in einen gelähmten Körperteil?
 
Mir geht es gar nicht so sehr um den neuesten Stand. Es geht mir um die Grundlagen in Anatomie/Physiologie und Pathologie/Pathophysiologie.

Auf die Infektionsgefahr achten wir ja immer- egal, welche Grunderkrankung der Patient hat.

Elisabeth
 
Paresen tauchen ja nicht nur nach Apoplex auf. Und warum die Frage also nicht hier beantworten?

Auf die Schnelle ff. gefunden: http://www.der-querschnitt.de/archive/3695 . Aber bedeutet das nun, dass damit eine Injektion nicht mehr möglich ist?

Wer hat einen kompetenten Fachmann und kann dort mal nachfragen. Es geht mir um die wissenschaftliche Begründung nicht um "das steht so im Lehrbuch".

Elisabeth
 
Die Durchblutung ist in der Tat schlechter. Problematisch wird es beim Blutrückfluss, da die Muskelvenenpumpe ausfällt.

Wie es bei einem Spasmis ist wo der Tonus hoch ist, weiß ich nicht.

Deswegen legt man in paretischen Extremitäten ungern Venenverweilkanülen.

"Wir achten ja immer auf die Infektionszeichen, also kann man ja auch s.c injektionen dorhin spritzen" hat auch einen falschen Ansatzt. Die wichtigsten Komplikationszeichen kommen vom Patienten nämlich das Schmerzempfinden, das ja nicht mehr vorhanden ist.

Auch wenn es makaber klingt: Man muss eine Injektion auch spüren. Denke, dass könnte wichtig sein für das Körperempfinden und für die Compliance des Patienten (Stichwort Salutogenese).
 
Wenn ein Patient im Koma liegt, dann entfällt die Muskelvenenpumpe auch. Kann es also nicht sein.

Flexüle am paretischen Arm? Da würde ich die fehlende Sensibilität eventuell Sinn machen. Nur- dann dürfte kein Patient mit einer Bewusstseinsstörung eine Flexüle bekommen. Kann also auch nicht stimmen.

Ich würde das mit dem vegetativen Nervensystem noch mal anbringen wollen.... http://www.vnsanalyse.de/de/vns-grundlagen/sympathikus-parasympathikus.html . Vielleicht liegt ja da die Ursache.

Elisabeth
 
Mit Quellenangaben - kann ich nicht dienen.
Mit paar Überlegungen hingegen - schon.
Ausgehend von einem - Akutereignis - wird vermieden (auch wenn es hier um i.m. und s.c. gehen soll) dass der Arm nur sehr eingeschränkt therapeutisch behandelt werden kann, wenn im Arm eine Venenverweilkanüle liegt.
Da das ein ordentliches Hemmnis bedeutet - wird bereits initial möglichst darauf verzichtet.

Ursachen - zentrale, wie kommt es zur Tonuserhöhung?
Die Gegensteuerung, Hemmung ist gestört. Ein sensibler Reiz führt zu einer ÜBERschießenden reflektorischen muskulären Reaktion, die der Betroffene nicht willkürlich steuern kann.
Diese Reaktion reicht aber nicht aus, so dass der Muskel sich langfristig etwas abbaut, was den Stoffwechsel verlangsamt, AUCH bedingt durch verringerte Aktivitäten des Menschen insgesamt.
Dann wird das injizierte Medikament etwas langsamer weitertransportiert. Aber WIE langsam - ist das relevant? Grundsätzlich ist die Extremität ja weiter ausreichend durchblutet.
Zufrieden bin ich mir der Erklärung nicht.
Dass eine Hemiparese per se bedeutet kein Schmerzempfinden zu haben - ist falsch.
Die Sensibilität ist ein bissl größeres Feld.
Leg mal Deinen Arm auf den Tisch...was fühlst du alles? Darüber muss man mal kurz nachdenken, weil im Normalfall macht man sich darüber keine Gedanken, man spürt ja alles, sofort....
Was die Compliance, das Verständnis, die Wahrnehmung des Patienten bei einer anstehenden Injektion (in aller Regel s.c., i.m. spielt fast keine Rolle mehr) anbelangt
ist der kleine Pieks (das Wort Schmerz wär nicht so recht angemessen) nur 1 Aspekt unter vielen. Info und Vorbereitung machst ja auch - immer.
Auch mit einer Parese ist eigenständige Mobilität möglich, Parese ist ein sehr, sehr grober Begriff für eine Vielfalt an möglichen Einschränkungen. Zentrale Schädigungsorte gibt es mehrere, nicht DEN einen.
Die pauschale Angabe, gar nicht in eine (nicht genauer beschriebene) paretische Extremität, weiß nicht so recht wohin damit.

Letzte Anmerkung, auch wenn ich nur 1 Person bin (somit statistisch nicht relevant):
Hab seit Jahren schon keine i.m. Injektion mehr verabreicht.
Insulin hingegen - ist täglich dran. Bei mittlerweile nicht selten 3-4 Injektionen am Tag, bleibt auch nichts anderes übrig als die Stellen zu wechseln (wird ja ebenfalls empfohlen).
 
*ggg* Fehler erkannt. Entschuldige. Aber ich hoffe du verstehst mich. Ich wollte halt keine Diskussion á la: das haben wir so gelernt bzw. steht im Lehrbuch oder Standard. Wie geschrieben: ich entschuldige mich, wenn das falsch rüber kam.

Ich möchte das mit dem vegetativen Problemen noch mal hervorholen. Wenn ich meine Links richtig verstanden habe, dann verändert sich bei Rückenmarksschädigungen das Zusammenspiel von Sympathikus und Parasympathikus. Trifft das Problem auch beim Apoplex zu?

Elisabeth - die ihre letzte i.m. Injektion vor ungefähr 10 Jahren gegeben hat.
 
Wenn ein Patient im Koma liegt, dann entfällt die Muskelvenenpumpe auch. Kann es also nicht sein.

Flexüle am paretischen Arm? Da würde ich die fehlende Sensibilität eventuell Sinn machen. Nur- dann dürfte kein Patient mit einer Bewusstseinsstörung eine Flexüle bekommen. Kann also auch nicht stimmen.

Ich würde das mit dem vegetativen Nervensystem noch mal anbringen wollen.... http://www.vnsanalyse.de/de/vns-grundlagen/sympathikus-parasympathikus.html . Vielleicht liegt ja da die Ursache.

Elisabeth

Komapatienten kriegen generell ein ZVK und bekommen alle wichtigen Medikamente darüber. Auch Heparine (was Clexena als s.c Injektion erübrigt). Da wäre nur noch Insulin bei Diabetikern, was man noch spritzen müsste.

Du gehst immer vom Extremen aus. Ist ein Patient Tetraplegiker muss man natürlich irgendwo die Braunüle legen. Aber bei Hemiparese hat man immer noch eine weniger betroffene Seite. Und ich finde es sehr wichtig, dass der Patient merkt wenn er eine Injektion kriegt.
Wegen der Compliance und evtl. auch eine zusätzlicher Placebo.
 
Komapatienten und ZVK. Das mag in der Akutphase zutreffen... danach dürfte es wohl anders sein. Ein ZVK birgt auch Risiken. Das sollte man nicht vergessen.

Es geht um die Frage: warum keine Injektionen? Und ich halte es für legitim zu hinterfragen: wieso?

Und die Sensibilität reicht da nicht aus als Argument. Es wurde als Grund Durchblutungsprobleme und damit Probleme in der Pharmakokinetik. Und was nutzt es mir, wenn der Patient zwar den Einstich spürt (und hoffentlich nicht mehr) dafür das Medikament aber nicht optimal aufgenommen wird.

Elisabeth
 
Komapatienten kriegen generell ein ZVK und bekommen alle Wichtigen Medikamente darüber. Auch Heparine (was Clexena als s.c Injektion erübrigt). Da wäre nur noch Insulin bei Diabetikern, was man noch Spritzen müsste.

Das kann ich so nicht bestätigen. Bei uns läuft nur bei bestimmten Patienten Heparin i.v.. Die Regel ist Clexane und auch andere Medikamente werden trotz Analgosedierung s.c. verabreicht.
I.m.-Injektion im Intensivbereich habe ich bisher noch gar nicht erlebt. Auf internistischen Stationen alle heiligen Zeiten mal eine Vitamin B 12-Gabe.
Die Sache mit dem vegetativen Nervensystem finde ich auch sehr spannend. Ob das Zusammenspiel beim Apoplex auch gestört ist, kommt sicher auf die geschädigte Region an.

Habe bisher leider keine Veröffentlichungen zu dem Thema direkt gefunden. Was mir aber aufgefallen ist, dass diese Kontraindikation nur bei einigen Verlagen zu finden ist. In englischsprachigen Büchern auf Google-Books konnte ich diese gar nicht finden. Nicht mal bei i.v.-Injektionen.
 
Das ist doch mal eine interessante Fährte. Sollte das mit dem generellen Injektionsverbot wieder mal ein vorauseilender Mythos sein? Davon haben wir ja zahlreiche- leider.

Um so wichtiger wäre es ja zu hinterfragen- ist es wissenschaftlich haltbar? Subcutan gibt es ja u.U. auch Schmerzmittel. Da hätte ich schon gerne gewusst, wie das mit der Resorption ist. Wenn die Resorption schon bei subcutan gestört ist, trifft das dann auch auf transdermal zu?

Es ergeben sich also doch eine Menge Fragen wenn es um den Bereich "Lähmung und Resorption von Medikamenten" geht.

Elisabeth
 
....Du gehst immer vom Extremen aus....Wegen der Compliance und evtl. auch eine zusätzlicher Placebo.

@Nitro112
Du hast eine Frage gestellt, auf die es scheinbar nicht DIE eine Antwort gibt.
Wenn nun in ALLE Richtungen überlegt wird, wie es zu dieser Empfehlung kommen kann, bzw. was dagegen spricht - dann ist das doch richtig.
Eventualitäten - inbegriffen.
Die Beschreibung "nicht in paretische Extremität" - ist auch in anderer Hinsicht merkwürdig.
Warum wird "nur" paretisch" genannt, nicht aber plegisch.
Vor mir liegt Thiemes Pflege, Ausgabe 11. Eines DER Lehrbücher für angehende Pflegefachkräfte.
Hab für Dich die relevanten Seiten zum Thema Injektionen überflogen.
Ergebnis: Wird dort gar nicht erwähnt.

Den letzten Satz versteh ich nicht. Magst den bitte erklären?
 

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