Ist Umziehzeit Arbeitszeit?

Hallo,

na ja, ich denke mit etwas gutem Willen weißt du wie ich das gemeint habe.

Gruß
 
Liebe Sittichfreundin,

deine Argumentation ist nicht ganz richtig.

Wenn nichts über Wege-/Umkleidezeiten im TVÖD steht kann sich das Urteil auch nicht drauf berufen - oder?

Gruß renje

Lieber Renje,
wenn im TVÖD nichts über Wege- und Umkleidezeiten steht, dann bedeutet das nicht, dass die unter den TVÖD fallenden Mitarbeiter in einen rechtsfreien Raum fallen.
Wie ich oben versucht habe zu erklären, gibt es durchaus allgemeingültige Gesetze, aus denen man ableiten kann, dass unter bestimmten Voraussetzungen die Wege- und Umkleidezeiten zur Arbeitszeit gehören.
Ich zitiere noch einmal die EU-Definition von Arbeitszeit :
„jede Zeitspanne, während der ein
Arbeitnehmer gemäß den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und/oder
Gepflogenheiten arbeitet, dem Arbeitgeber zur Verfügung steht und seine Tätigkeit ausübt oder Aufgaben wahrnimmt“.
Wie auch das Arbeitsgericht Stuttgart 2008 argumentierte, ist die Frage, ob die Umkleide- und Wegezeiten zur Arbeitszeit gehören oder nicht, davon abhängig, ob das Umkleiden in der Dienstorganisation eingebunden ist und ob der Arbeitgeber genaueres vorschreibt.
Wenn nun der Arbeitgeber vorschreibt, dass Du vor Beginn Deiner Tätigkeit auf Station zuerst in den Raum XXX gehen mußt, Dich dort mit der Kleidung des Dienstgebers, welche von ihm gestellt und auch gereinigt wird, umzuziehen hast, und am Ende des Dienstes umgekehrt diese dort wieder abzulegen hast, so bist Du in dieser Hinsicht weisungsgebunden, und damit zählt diese Zeit zur Arbeitszeit. Ansonsten dürftest Du z.B. Dich schon zu Hause umziehen oder aber die Schutzkleidung erst auf der Station ablegen.
Das dieses nichts mit "Gesichtspflege" und "Kämmaktion" zu tun hat, das weißt Du selbst.
Wenn der TVÖD nichts dazu sagt, dann kann man ihn auch nicht heranziehen, das ist richtig. Aber allein aus der Definition "Arbeitszeit" kann ich ableiten, wann eine Tätigkeit zur Arbeitszeit zu rechnen ist und wann nicht.
Deshalb argumentiert das AG Stuttgart:
"Mangels der ausdrücklichen Regelung ist auf die von der Rechtssprechung entwickelten allgemeinen Grundsätze zurückzugreifen."
Diese sind auch in diesem Urteil genau erklärt:
Arbeitsgericht Stuttgart 2 Ca 6062/07 Krankenhaus: Umkleidezeit gehört zur vergütungspflichtigen Arbeitszeit
Deshalb wird auch im Bereich des TVÖD vielerorts die Umkleide und Wegezeit (von der Umkleide zur Station) als Arbeitszeit vergütet.
 
Hallo,

Lange Rede kurzer Sinn:

Also, es bestehen keine gesetzlichen Grundlagen, die die Anrechnung von Wege- oder Rüstzeiten klar regeln.

Das Urteil bezieht sich auf eine DV.

Gruß renje
 
Hallo,

Lange Rede kurzer Sinn:

Also, es bestehen keine gesetzlichen Grundlagen, die die Anrechnung von Wege- oder Rüstzeiten klar regeln.

Das Urteil bezieht sich auf eine DV.

Gruß renje

NEIN ! :besserwisser:

Es bezieht sich nicht in erster Linie auf die Dienstvereinbarung. Diese ist nur am Rande erwähnt. Auch ohne Dienstvereinbarung kommt das AG zu diesem Ergebnis. Es geht allein um die Definition Arbeitszeit und um das Merkmal der Fremdnützigkeit! Und da dieses erfüllt ist, deshalb hat der Arbeitgeber diese Zeit als Arbeitszeit zu vergüten.

Aber von mir aus, wenn Du meinst, es ist keine Arbeitszeit, dann gib Dich von mir aus für Dich damit zufrieden. Ich als Mitarbeitervertreterin tue das für unsere Mitarbeiter nicht!
 
Liebe Sittichfreundin,

Aber von mir aus, wenn Du meinst, es ist keine Arbeitszeit
Was ich meine ist unmaßgeblich.

Ich behaupte nur:

Es bestehen keine gesetzlichen Grundlagen, die die Anrechnung von Wege- oder Rüstzeiten klar Regeln.

Können wir uns darauf einigen?

Gruß renje
 
Liebe Sittichfreundin,


Was ich meine ist unmaßgeblich.

Ich behaupte nur:

Es bestehen keine gesetzlichen Grundlagen, die die Anrechnung von Wege- oder Rüstzeiten klar Regeln.

Können wir uns darauf einigen?

Gruß renje

Ja, können wir!
Aber Du übersiehst die Schlussfolgerung: Das AG Stuttgart folgert aus genau dieser Tatsache, dass "mangels einer ausdrücklichen Regelung auf die von der Rechtssprechung entwickelten allgemeinen Grundsätze zurückzugreifen (sind)..."
Und dann bezieht sich das Arbeitsgericht Stuttgart auf das Urteil des BAG vom 20.03.95 und kommt auch im Jahre 2008 zu demselben Ergebnis!
Deshalb ist die Rechtssprechung im Arbeitsrecht sehr wichtig, und man kann sie nicht einfach weglassen mit dem Hinweis, dass es keine gesetzlichen Grundlagen zu einer Frage gibt. Rechtsgültige Urteile sind sehr wohl eine Grundlage!
Deshalb dürfen wir auch jetzt darauf zurückgreifen: Bin ich auf absolute Anordnung des Arbeitgebers zum Anlegen einer ganz bestimmten Dienstkleidung verpflichtet, muß ich dafür einen festgelegten Raum aufsuchen und wird diese Kleidung vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellt und auch gereinigt, dann liegt eine Fremdnützigkeit vor, und damit ist die Definition für Arbeitszeit erfüllt: Ich handle im Auftrag des Arbeitgebers und für den Arbeitgeber und bin dazu verpflichtet.
Und damit ist diese Zeit Arbeitszeit! :besserwisser:
 
Muss mich nochmal einmischen:

Es werden ja nun ständig konkrete Urteile, die pro Umkleidezeiten von konkret Krankenschwestern/-pflegern lauten, hier gepostet.

@Renje, da du dagegen plädierst, kannst du welche hier einstellen, die kontra bezahlte Zeiten lauten? (Also explizit Pflegepersonal betreffend.)


Ich habe bisher nicht eins gesehen, das speziell Krankenhauspersonal diese Erstattung der Umziehzeiten nicht anrechnen wollte, aber schon mehrere, die für eine Anrechnung sind...
(Falls ich was übersehen haben sollte: bitte korrigieren!)
 
Es geht allein um die Definition Arbeitszeit und um das Merkmal der Fremdnützigkeit! Und da dieses erfüllt ist, deshalb hat der Arbeitgeber diese Zeit als Arbeitszeit zu vergüten.

Aber von mir aus, wenn Du meinst, es ist keine Arbeitszeit, dann gib Dich von mir aus für Dich damit zufrieden. Ich als Mitarbeitervertreterin tue das für unsere Mitarbeiter nicht!


So eine "MAV-lerin" wünschte ich mir auch! *träum*
Wenn ich unserer MAV solche hier zitierten Urteile schwarz auf weiß vorhalten würde, würden die trotzdem noch für den AG argumentieren. :angryfire:
 
So eine "MAV-lerin" wünschte ich mir auch! *träum*
Wenn ich unserer MAV solche hier zitierten Urteile schwarz auf weiß vorhalten würde, würden die trotzdem noch für den AG argumentieren. :angryfire:
Na, was hindert dich daran, dich bei den nächsten Wahlen aufstellen zu lassen und in die Fusstapfen von Sittichfreundin zu treten?
 
Na, was hindert dich daran, dich bei den nächsten Wahlen aufstellen zu lassen und in die Fusstapfen von Sittichfreundin zu treten?


Der Kampf gegen Windmühlen a' la Don Quichotte... *seufz*

Habe es vor Jahren mal versucht. Hinterher fragt man sich, ob die entweder falsch verstanden haben, auf wessen Seite sie sein sollen, oder ob sie "gekauft" sind.
Ist echt nicht übertrieben. Aber was willst du da machen, wenn der Rest des Personals kuscht?
 
Ich hätte nie gedacht, das ein derartiges Thema einen solchen langen Threat verursachen kann ohne offtopic zu gehen....
 
Hi, habe das gerade entdeckt, da es deswegen bei uns Krach gab, was ich nicht ganz verstehen kann.

Wir müssen uns schon 15 Minuten vor Arbeitsbeginn umgezogen am Arbeitsplatz befinden, bzw. auf Station. Die Umkleide befindet sich in einem anderen Gebäude, im 3. Stock (ohne Aufzug). Finde ich absolut ok., da ich ja sowieso nicht auf den letzten Drücker erscheine (finde ich nämlich nicht gut, mein Job ist mir nämlich was wert:)). Wir müssen erst zum Arbeitszeitbeginn anfangen, alledings sehe ich das auch nicht so eng, fange oft auch schon vorher an, halte ja auch schon mal zwischendurch ein Schwätzchen oder gehe mir ein Brötchen kaufen. Und wenn ich mal ne Viertelstunde länger bleibe, schreibe ich mir das nicht gleich als Überstunde auf. Als Arbeitnehmer darf man ein bisschen großzügig sein, schließlich ist ein guter Arbeitsplatz heute auch was wert. Das habe ich so von meinen Eltern gelernt.
 
...

Wir müssen uns schon 15 Minuten vor Arbeitsbeginn umgezogen am Arbeitsplatz befinden, bzw. auf Station....

Bitte? Mit welcher Begründung? Wenn dies so angeordnet ist, beginnt Eure Arbeitszeit auch diese 15 Minuten vorher. Es kann NIEMAND verlangen, dass man VOR Beginn des Dienstes am Arbeitsplatz erscheint.
 
Und wenn ich mal ne Viertelstunde länger bleibe, schreibe ich mir das nicht gleich als Überstunde auf. Als Arbeitnehmer darf man ein bisschen großzügig sein, schließlich ist ein guter Arbeitsplatz heute auch was wert.
Ich nehme an, ihr stempelt nicht, sonst würdest du vermutlich anders denken.
Die Zeiterfassung zieht mir auch 5 Minuten früher gehen ab.

Wenn ich zum Dienst komme, dann pünktlich, aber nicht 15 Minuten vor der Zeit und früher Anfangen tu ich auch nicht. Wenn ich mir noch etwas kaufen will, kein Problem, das mach ich in meiner Freizeit oder in der Pause.

Am WE hat mich eine Kollegin angepflaumt, ob ich nicht pünktlich erscheinen könnte - es war 6.13 Uhr und um 6.15 Uhr ist Dienstbeginn. Ich war sogar schon umgezogen. Ich habe ihr geantwortet - sorry, ich arbeite noch dran, dass ich die Station um 6.15 betrete und nimmer zu früh komme...

Wir haben Wegezeiten, 5 Min vorher und 5 Min nach Dienstende werden mit einer Pauschale vergütet.
 
Hi, habe das gerade entdeckt, da es deswegen bei uns Krach gab, was ich nicht ganz verstehen kann.

Wir müssen uns schon 15 Minuten vor Arbeitsbeginn umgezogen am Arbeitsplatz befinden, bzw. auf Station. Die Umkleide befindet sich in einem anderen Gebäude, im 3. Stock (ohne Aufzug). Finde ich absolut ok., da ich ja sowieso nicht auf den letzten Drücker erscheine (finde ich nämlich nicht gut, mein Job ist mir nämlich was wert:)). Wir müssen erst zum Arbeitszeitbeginn anfangen, alledings sehe ich das auch nicht so eng, fange oft auch schon vorher an, halte ja auch schon mal zwischendurch ein Schwätzchen oder gehe mir ein Brötchen kaufen. Und wenn ich mal ne Viertelstunde länger bleibe, schreibe ich mir das nicht gleich als Überstunde auf. Als Arbeitnehmer darf man ein bisschen großzügig sein, schließlich ist ein guter Arbeitsplatz heute auch was wert. Das habe ich so von meinen Eltern gelernt.

Wenn Du das freiwillig machst, ist das Dein Bier, aber das gleiche kannst Du nicht auch von Deinen Kollegen erwarten. Wenn Dir Dein Job etwas wert ist, mach Deine Arbeit gut, aber mit früher kommen und später gehen hat das wohl wenig zu tun.

Euer AG lacht sich warscheinlich ins Fäustchen, weil ihr so etwas mitmacht...
 
Am WE hat mich eine Kollegin angepflaumt, ob ich nicht pünktlich erscheinen könnte - es war 6.13 Uhr und um 6.15 Uhr ist Dienstbeginn. Ich war sogar schon umgezogen. Ich habe ihr geantwortet - sorry, ich arbeite noch dran, dass ich die Station um 6.15 betrete und nimmer zu früh komme...
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:mrgreen::mrgreen:
Genialer Konter!!
:mrgreen::mrgreen:
 
In der Theorie ist es so einfach:

Ob Zeiten des Umkleidens der Arbeitszeit hinzuzurechnen sind, ist davon abhängig, ob diese Tätigkeiten ausschließlich dem Bedürfnis des Arbeitgebers dienen. Dieses ist regelmäßig der Fall, wenn die Dienstkleidung notwendig im Betrieb anzulegen ist, dort nach Beendigung der Tätigkeit zu verbleiben hat und der Arbeitnehmer aus arbeitsschutzrechtlichen Bestimmungen ohne die Arbeitskleidung die Arbeit überhaupt nicht aufnehmen darf. (Preis in Erfurter Komm. Rn 639 zu § 611 BGB).

Somit ist das Umziehen als Arbeitszeit zu gewähren.
 
Unsere PDL hat verlauten lassen, das es ein neues Urteil gäbe nachdem Umziehzeit keine Arbeitszeit mehr ist, stimmt das ?
Ich habe bisher immer gedacht das es so ist: wenn der Arbeitgeber eine bestimmte Dienstkleidung vorschreibt ( wie in unserem Fall ) dann ist Umziehzeit = Arbeitszeit d.h. ich muss zu Dienstbeginn eigendlich an der Stechuhr sein,
wenn ich mich aber freiwillig zur Arbeit umziehe, weil ich vielleicht eine Tätigkeit habe, die sehr schmutzintensiv ist oder so, dann muss ich Umgezogen bei Arbeitsbeginn an meinem Arbeitsplatz sein und nicht erst an der Stempeluhr. Wie verhält sich das nun ???
Wenn jemand dieses neue Urteil vorliegen hat, wäre das sehr hilfreich für mich.
 
Wenn die PDL das behauptet, muss sie ja es irgendwo gelesen haben. Also Quelle geben lassen und selbst nachlesen. Wenn sie die Quelle net sagen kann, steht sie wohl ein bisserl dumm da.
 
Hallo
Da hat die PDL wohl richtig gelesen. Eine Intensiv Pflegekraft hat Umziehzeiten bzw das Geld rückwirkend eingeklagt. Bekam in erster Instanz auch Recht. Klinik ging in Berufung und hat der Pflegekraft nur die Zeit der Händedesinfektion angerechnet bevor und nach dem Dienst. Die Begründung warum das Umkleiden nicht zur Arbeitszeit zählt weiss ich nicht mehr. Der erste Urteilsspruch wurde glaube ich in Stuttgart getätigt.
Im TVÖD gibt es die Umziehzeiten nicht mehr, im BAT gab es sie noch.
Alesig
 

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