Ist Umziehzeit Arbeitszeit?

Der TVöD hat es dem AG frei gestellt ob er zahlen will oder nicht- es gibt keinen Passus mehr in den Paragraphen. Scheint also eine haustarifliche Vereinbarung möglich, der der Betriebsrat zustimmen muss!

Umkleidezeit als Arbeitszeit - Rechtsanwälte - Berlin & Potsdam - Schwoerer & Kollegen

Bundesarbeitsgericht

Und dann verstehe ich auch, warum es in einem Haus die Umkleidezeit gibt in anderen nicht. Es hängt von den Fähigkeiten des BRs ab. Das sollte man vielleicht bei der nächsten Wahl berücksichtigen und net vergessen ihn nach der Wahl auch zu unterstützen.

Elisabeth
 
@ Elisabeth:
Hier wirfst Du Kollektivrecht und Individualrecht durcheinander. In diesem Beschluss hatte der Betriebsrat Rechtsbeschwerde eingelegt, weil seine Mitbestimmungsrechte verletzt wurden. Deshalb wurde klar gestellt, dass die Frage der Anrechnung von Umkleide- und Wegezeiten mitbestimmungspflichtig ist. Das bedeutet aber nicht, dass es ohne Betriebsrat und ohne Betriebsvereinbarung kein Recht auf eine Anerkennung der Umkleide- und Wegezeiten als Arbeitszeit gäbe. Wenn ich als Krankenschwester klage, dann werde ich trotzdem recht bekommen, wenn die Voraussetzungen vorliegen, auch dann, wenn ich keinen oder nur einen schlafenden Betriebsrat im Haus habe.

@ alesig:
Das von Dir angesprochene Urteil ist mir bekannt. Es ist aber ein zweitinstanzliches und noch kein rechtskräftiges Urteil. Das Bundesarbeitsgericht hat in seiner Rechtssprechung immer differenziert, ob bei den Umkleidezeiten eine Fremdnützigkeit vorliegt oder nicht. Kriterien hierfür sind Fragen wie:
- Ist das Umkleiden zwingend vorgeschrieben, z.B. aus hygienischen Gründen?
- Muss ich mich an einem bestimmten Ort umziehen?
- Darf ich nur ganz bestimmte vorgeschriebene Kleidung anlegen?
Es ist richtig, dass der TVÖD im Gegensatz zum BAT keine Angabe mehr macht, wann und wo die Arbeitszeit beginnt. Aber der TVÖD ist nicht die einzige geltende Rechtsquelle für ein Arbeitsverhältnis. Es gelten noch weitere, sogar höhere Gesetzesquellen, wie z.B. das BGB. Auch die EU-Richtlinien sind bindend. Hier ist z.B. Arbeitszeit definiert als:
"jede Zeitspanne, während der ein
Arbeitnehmer gemäß den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und/oder
Gepflogenheiten arbeitet, dem Arbeitgeber zur Verfügung steht und seine Tätigkeit ausübt oder Aufgaben wahrnimmt“.
Das kann man nicht damit als ungültig erklären, indem man in einem Tarifvertrag diese Frage einfach unbeantwortet lässt.
Ich kann mir nicht vorstellen, dass das Bundesarbeitsgericht seine Rechtssprechung hierin ändern wird. Das Urteil des Oberlandesgerichts Stuttgart ist eine absolute Ausnahme.
 
Kannst du deine Ausführungen bitte mit konkreten Links belegen? Genauer Gesetzestext nebst Erklärungen. Urteil inklusive Erklärung.

Elisabeth
 
Der gesunde Menschenverstand sollte doch dem Richter sagen, daß der Arbeitnehmer sich nicht aus privaten, sondern betrieblichen Gründen umzieht. Und daher müßte das eigentlich Arbeitszeit sein, sofern nicht innerbetriebliche Regeln etwas anderes sagen. (Zum Beispiel: Fünf Minuten vor Schichtbeginn kommen, um sich umziehen zu können, und zehn Minuten vor Schichtende gehen, um sich erneut umzuziehen und die fünf Minuten vom Schichtbeginn "abzufeiern".)
Normalerweise macht sich doch wegen sowas auch keiner ins Hemd, es sei denn, von der Zentralumkleide zum Arbeitsplatz sind es zehn Minuten Fußweg. Oder der Vorgesetzte meckert, weil man mal ausnahmsweise drei Minuten zu spät kommt.
 
Gesunder Menschenverstand trifft hier auf Ökonomie. Und da der Gewinn über allem steht wird auch der Richter sich der Macht des Geldes net verweigern. *fg*

Es wird so ausgelegt, dass der MA sich zu seinem eigenen Schutz umkleidet und der betrieb ihm netterweise entgegen kommt, indem er entsprechende Kleidung vorhält.

Man sieht: es ist alles eine Auslegungssache.

Deshalb sollte man ganz hellhörig werden, wenn der AG das Tragen seiner Berufsbekleidung in bestimmten Bereichen bzw. beim Verlassen des Hauses untersagt. Damit hätte man ein schönes Argument, dass der AG einen Kleidungswechsel wünscht.

Elisabeth
 
Kannst du deine Ausführungen bitte mit konkreten Links belegen? Genauer Gesetzestext nebst Erklärungen. Urteil inklusive Erklärung.

Elisabeth

Elisabeth, bitte schaue Dir die Links an in meinen Postings ab Posting Nr. 78.
 
Es wird so ausgelegt, dass der MA sich zu seinem eigenen Schutz umkleidet und der betrieb ihm netterweise entgegen kommt, indem er entsprechende Kleidung vorhält.

Elisabeth

Ich lege es mal so aus, dass der Pfleger sich zum Schutze der Kunden des Krankenhauses umzieht :hippy:

Also, doch Schutzkleidung?
 
Was mich wundert bei der angeblich ja eindeutigen Gesetzeslage und dem Mitbestimmungsrecht von BR/MAV... warum gibt es Einrichtungen, die keine Umkleidezeit bezahlen?

Elisabeth
 
Es gibt was Neues hierzu. Und leider schlechte Nachrichten für den Bereich TVÖD.

Das Bundesarbeitsgericht hat nun ein rechtskräftiges Urteil gefällt, bei welchem im Bereich des TVÖD tatsächlich die Zugehörigkeit von Wege- und Umkleidezeiten aberkannt wird. Und zwar weil die Arbeitszeit im TVÖD im Gegensatz zum BAT nicht definiert wird.

Bundesarbeitsgericht

Mich wundert dieses Urteil, es widerspricht der bisherigen BAG-Rechtssprechung. Doch müssen wir es wohl so hinnehmen. :weissnix: Es sei denn, dass irgendwann irgendwer weitergeht bis zur EU-Rechtssprechung.

Hoffnung habe ich aber nach wie vor für Mitarbeiter aus dem Bereich AVR Caritas: Hier ist in AVR Anlage 5 § 1 Absatz 9 die ursprüngliche BAT-Definition zur Arbeitszeit erhalten geblieben. Auch in den AVR neu. :aetsch:
 
Was mich wundert bei der angeblich ja eindeutigen Gesetzeslage und dem Mitbestimmungsrecht von BR/MAV... warum gibt es Einrichtungen, die keine Umkleidezeit bezahlen?

Elisabeth

:mrgreen: Goldige Frage.

Das ist ganz einfach so, dass viele Arbeitgeber sich hartnäckig über Jahre weigern, das zu tun. Und selbst wenn die MAV einen Prozess führt, kann sich so ein Verfahren sehr lange hinziehen, bis man ein rechtskräftiges Urteil erhält. Man fängt hier an bei der Einigungsstelle und kämpft sich durch bis zur letzten Instanz. Das dauert.
Auch muss man wirklich sagen, dass die Gesetzeslage hierzu nicht immer eindeutig und schon gar nicht einheitlich ist, auch bringt die Rechtssprechung immer wieder Überraschungen, wie man in meinem vorigen Posting sehen kann.
Und - natürlich - nicht jeder Betriebsrat oder MAV hat das Wissen und den Eifer, solches anzugehen.
Eine Klage eines Mitarbeiters ist gar selten.
 
...Auch muss man wirklich sagen, dass die Gesetzeslage hierzu nicht immer eindeutig und schon gar nicht einheitlich ist, auch bringt die Rechtssprechung immer wieder Überraschungen, wie man in meinem vorigen Posting sehen kann.
....

Ich stelle fest, wir nähern uns an. Meine Erfahrung: es ist mit der aktuellen Rechtslage möglich die Entlohnung der Umkleidezeit zu verweigern. Ich würd mal sagen, da hat verdi net aufgepasst... oder sie geopfert für was auch immer.

Elisabeth
 
Zitiert aus Wiki:

Im deutschen Recht ist die Revision ein Rechtsmittel gegen Urteile, das teilweise der gesonderten Zulassung bedarf (vgl. a limine). Dieses Rechtsmittel kann nicht auf neue Tatsachen, sondern nur auf einen Rechtsfehler des angefochtenen Urteils, also auf Verletzung formellen Rechts oder materiellen Rechts gestützt werden.

Der Kläger hat in diesem Fall einfach nur Pech mit seinem Rechtsanwalt gehabt, der nicht die "richtigen" Rechtsnormen für eine für den Kläger vorteilhaften Prozessausgang gefunden hatte.
Die Beklagte und ihr Rechtsbeistand musste die Sache also nur bis zur Revision aussitzen und dort das Konstrukt zum Einsturz bringen lassen. Die Normen die vom Kläger benannt wurden sagen tatsächlich nichts über seinen Anspruch gegenüber der Klägerin aus.

Es gibt keine pauschalen Urteile in Deutschland. Ein und derselbe Sachverhalt können durchaus zu unterschiedlichen Urteilen führen. Mit einer besseren Argumentationskette würde es mit Sicherheit zu einem anders lautendem Urteil kommen.

"
Was mich wundert bei der angeblich ja eindeutigen Gesetzeslage und dem Mitbestimmungsrecht von BR/MAV... warum gibt es Einrichtungen, die keine Umkleidezeit bezahlen?

Elisabeth"

Die Arbeitsgerichte scheinen da ja schon die Arbeitnehmeransicht zu teilen. Es handelt sich hier jedoch um Einzelentscheidungen, was bedeutet, dass so bald ein Arbeitgeber dieser Linie nicht Folge leistet, der Arbeitnehmer im Einzelnen dafür eintreten muss diesen Anspruch durchzusetzen.

Ein Gesetz könnte diesem Gebaren ein Riegel vorschieben, aber auch nur dann, wenn die Sanktionen bei Missachtung des selbigen entsprechend hoch wären, der Arbeitgeber also ein ordentliches Minus mit der Missachtung des Gesetzes erfahren würde. Ohne Sanktionen würde sogar ein Gesetz nichts bringen und das Individuum müsste erneut den beschwerlichen Weg über die Gerichte gehen, um zu seinem Recht zu kommen. Bin mir aber nicht sicher, ob die Gerichte, sofern das Gesetz selbst keine Sanktionen vorsieht, entsprechende Sanktionen erlassen können.

Grüße

R.
 
Wenn ich dich recht verstehe, dann ist das Gesetz nie eindeutig sondern immer eine Auslegung desjenigen, der sich damit beschäftigt. Er bewertet die Situation aus seinem Blickwinkel. Erscheint logisch.

Wenn ein Gesetz konkret sein soll, dann müsste genau aufgeführt werden, wie die Situation auszusehen hat in der der Paragraph XYZ angewandt werden soll- meint möglichst viele Eckpunkte angegeben werden damit ein subjektive Beurteilung net nötig ist.

*grübel* Ist sowas überhaupt möglich? Bis dato gibt es die Urteile, die ev. weiterhelfen. Nur entsprechen die net selten nicht dem eigenen Rechtsempfinden.

Elisabeth
 
Unsere 15 Minuten Umziehzeit sind Arbeitszeit. Wir stempeln und somit läuft unsere Uhr ab 7:08, aber um 7:15 Uhr haben wir offiziell Dienstbeginn. D. h. dann müssen wir an unserem Arbeitsplatz OP sein. Dasselbe gilt für den Spätdienst. Wenn Dienstschluss ist, verlassen wir 8 Minuten früher den Arbeitsplatz.

LG opjutti
 
Ist bei uns genauso wie bei opjutti- nur mit anderen Zeiten. Ca. 06:05 wird gestempelt und um 06:15 ist Übergabe auf Station.
 
Ich will auch eine Stempeluhr... *maul*
Wegezeit haben wir auch. 13 Minuten pro Tag.
 
Bei uns heißt es z.B. beim FD : 06:00 Uhr im Haus und 06:10 Uhr auf Station,also haben wir 10 Minuten Umziehzeit während der Dienstzeit.
 

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