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- Kinderkrankenschwester; ev. Diakonin
in dem Thread http://www.krankenschwester.de/forum/altenpflege/9419-erniedrigung-bewohner.html schreib netti Folgendes:
Dazu möchte ich euch eine Passage aus meiner Examensarbeit zur Diakonin zitieren. Die Examensarbeit hat den Titel "Erfahrungen des Göttlichen im (Pflege)Alltag - Veränderungen im Umgang mit Spritualität in der Pflege"
Ein Kapitel handelt von [FONT="]"Umgang mit fremder Spiritualität und Kultur in der Pflege". Dies Thema finde ich sehr nachdenkenswert und vielleicht regt es den ein oder anderen zum Nachdenken...und zum Diskutieren... an
[/FONT]
[FONT="]Das Zitat stelle ich als Antwort ein:[/FONT]
1.1.Umgang mit fremder Spiritualität und Kultur in der Pflege
Mittlerweile gibt es von verschiedenen Anbietern, z. B. Berufsverbänden für Pflege, Fortbildungsveranstaltungen, die sich mit der Migranten- und Flüchtlings-Generation befassen, die in ambulanten und stationären (Alten-) Pflegeeinrichtungen gepflegt und unterstützt wird. Im Internet findet man ebenfalls Vorträge zu diesem Thema[1]. Kultursensible Pflege als Qualitätsmerkmal gerät zunehmend ins Bewusstsein der professionellen Pflege. Dabei wird der Blick auf den spirituellen und kulturellen Hintergrund der Pflegebedürftigen und der Pflegekräfte gelenkt.[2]
Von Vorteil für eine gelingende multikulturelle Arbeit auf Grund multikultureller Anforderungen durch die Pflegebedürftigen kann in diesem Zusammenhang sein, wenn in Pflegeeinrichtungen auch Fachkräfte aus anderen Kulturzusammenhängen arbeiten. Dies habe ich selber erfahren bei der Versorgung türkischer Patientinnen auf einer Entbindungsstation. Hier konnte eine türkische Pflegekraft das Vertrauen zu den Patientinnen schneller aufbauen.
Aber es kann auch Barrieren geben: Manche Pflegebedürftige möchten nicht von einer Pflegekraft betreut werden, die aus einem anderen Kulturkreis stammt. Und auch das Pflegepersonal kann Berührungsängste haben aus Unsicherheit im Umgang mit der für sie unbekannten Kultur und Religion des Pflegebedürftigen.
Besonderes Augenmerk sollte auf die Situation gelenkt werden, dass viele Pflegepersonen mittlerweile aus dem osteuropäischen Ausland kommen. Insbesondere ältere Pflegebedürftige verknüpfen mit ihnen vielleicht die eigenen Erfahrungen aus der Zeit des Nationalsozialismus mit Krieg und Flucht und lehnen deshalb osteuropäische Pflegekräfte eventuell ab. Oder das Pflegepersonal bringt Erfahrungen und Berichte der Großeltern bewusst oder unbewusst in die Pflege ein. Diese Täter-Opfer-Konstellation kann viel Zündstoff bergen.[3]
Deshalb ist es nach meiner Ansicht sehr hilfreich, wenn bei der Patientenaufnahme und Pflegeplanung eine ausführliche Biografie-Befragung gemacht wird. Diese erleichtert nicht nur den Zugang zum Pflegebedürftigen im Gespräch während der Versorgung, sondern deckt auch Ängste und Bedenken auf Grund von persönlichen Erfahrungen des Pflegebedürftigen auf. Es ist z. B. wichtig zu wissen, ob der Pflegebedürftige im Krieg nahe Angehörige verloren hat oder selber als Flüchtling nach Deutschland gekommen ist. Bei jüngeren Pflegebedürftigen ist eine solche Biografiearbeit von Vorteil, weil auch hier persönliche Erlebnisse und Lebenserfahrungen des Pflegebedürftigen in die Betreuung einfließen können. Zur Biografie-Befragung gehört in jedem Fall auch die Frage nach der Glaubenszugehörigkeit und dem kulturellen Hintergrund des Kunden.
Wichtig für die Pflege und Betreuung von und durch Menschen mit anderen kulturellen und spirituellen Hintergründen ist die Kenntnis des Fremdartigen und damit eine Offenheit im Umgang mit den Unterschieden und eine Akzeptanz dieser Unterschiede.
Ziel sollte die Entwicklung einer interkulturellen Kompetenz sein, in der gegenseitige Wertschätzung selbstverständlich ist und Unterschiede nicht als Probleme sondern als Ressourcen erkannt werden. Die Frage nach der Ethik und Spiritualität in der Pflege und in der Personalentwicklung gewinnt hier meiner Meinung nach eine neue Bedeutung. Dies sollte auch von konfessionellen Trägern, die derzeit bewusst kein nicht-christliches Pflegepersonal einstellen, überdacht werden.
[1] z. B. http://www.kloster-denkendorf.de/denkendorfer_denkzettel_2.htm
[2] Ulla Reyle, Denkendorfer Denkzettel, 2002, vgl. http://www.kloster-denkendorf.de/denkendorfer_denkzettel_2.htm
[3] Ulla Reyle, Denkendorfer Denkzettel, 2002, vgl. http://www.kloster-denkendorf.de/denkendorfer_denkzettel_2.htm
zitiert aus meiner Examensarbeit für die Ausbildung zur Diakonin!
Netti schrieb:{...}
Und oft muss ich mir ausländerfeinliche Sachen über unsere dunkelhäutigen Mitarbeiter anhören.
Wie ist es bei euch?
Dazu möchte ich euch eine Passage aus meiner Examensarbeit zur Diakonin zitieren. Die Examensarbeit hat den Titel "Erfahrungen des Göttlichen im (Pflege)Alltag - Veränderungen im Umgang mit Spritualität in der Pflege"
Ein Kapitel handelt von [FONT="]"Umgang mit fremder Spiritualität und Kultur in der Pflege". Dies Thema finde ich sehr nachdenkenswert und vielleicht regt es den ein oder anderen zum Nachdenken...und zum Diskutieren... an
[FONT="]Das Zitat stelle ich als Antwort ein:[/FONT]
1.1.Umgang mit fremder Spiritualität und Kultur in der Pflege
Mittlerweile gibt es von verschiedenen Anbietern, z. B. Berufsverbänden für Pflege, Fortbildungsveranstaltungen, die sich mit der Migranten- und Flüchtlings-Generation befassen, die in ambulanten und stationären (Alten-) Pflegeeinrichtungen gepflegt und unterstützt wird. Im Internet findet man ebenfalls Vorträge zu diesem Thema[1]. Kultursensible Pflege als Qualitätsmerkmal gerät zunehmend ins Bewusstsein der professionellen Pflege. Dabei wird der Blick auf den spirituellen und kulturellen Hintergrund der Pflegebedürftigen und der Pflegekräfte gelenkt.[2]
Von Vorteil für eine gelingende multikulturelle Arbeit auf Grund multikultureller Anforderungen durch die Pflegebedürftigen kann in diesem Zusammenhang sein, wenn in Pflegeeinrichtungen auch Fachkräfte aus anderen Kulturzusammenhängen arbeiten. Dies habe ich selber erfahren bei der Versorgung türkischer Patientinnen auf einer Entbindungsstation. Hier konnte eine türkische Pflegekraft das Vertrauen zu den Patientinnen schneller aufbauen.
Aber es kann auch Barrieren geben: Manche Pflegebedürftige möchten nicht von einer Pflegekraft betreut werden, die aus einem anderen Kulturkreis stammt. Und auch das Pflegepersonal kann Berührungsängste haben aus Unsicherheit im Umgang mit der für sie unbekannten Kultur und Religion des Pflegebedürftigen.
Besonderes Augenmerk sollte auf die Situation gelenkt werden, dass viele Pflegepersonen mittlerweile aus dem osteuropäischen Ausland kommen. Insbesondere ältere Pflegebedürftige verknüpfen mit ihnen vielleicht die eigenen Erfahrungen aus der Zeit des Nationalsozialismus mit Krieg und Flucht und lehnen deshalb osteuropäische Pflegekräfte eventuell ab. Oder das Pflegepersonal bringt Erfahrungen und Berichte der Großeltern bewusst oder unbewusst in die Pflege ein. Diese Täter-Opfer-Konstellation kann viel Zündstoff bergen.[3]
Deshalb ist es nach meiner Ansicht sehr hilfreich, wenn bei der Patientenaufnahme und Pflegeplanung eine ausführliche Biografie-Befragung gemacht wird. Diese erleichtert nicht nur den Zugang zum Pflegebedürftigen im Gespräch während der Versorgung, sondern deckt auch Ängste und Bedenken auf Grund von persönlichen Erfahrungen des Pflegebedürftigen auf. Es ist z. B. wichtig zu wissen, ob der Pflegebedürftige im Krieg nahe Angehörige verloren hat oder selber als Flüchtling nach Deutschland gekommen ist. Bei jüngeren Pflegebedürftigen ist eine solche Biografiearbeit von Vorteil, weil auch hier persönliche Erlebnisse und Lebenserfahrungen des Pflegebedürftigen in die Betreuung einfließen können. Zur Biografie-Befragung gehört in jedem Fall auch die Frage nach der Glaubenszugehörigkeit und dem kulturellen Hintergrund des Kunden.
Wichtig für die Pflege und Betreuung von und durch Menschen mit anderen kulturellen und spirituellen Hintergründen ist die Kenntnis des Fremdartigen und damit eine Offenheit im Umgang mit den Unterschieden und eine Akzeptanz dieser Unterschiede.
Ziel sollte die Entwicklung einer interkulturellen Kompetenz sein, in der gegenseitige Wertschätzung selbstverständlich ist und Unterschiede nicht als Probleme sondern als Ressourcen erkannt werden. Die Frage nach der Ethik und Spiritualität in der Pflege und in der Personalentwicklung gewinnt hier meiner Meinung nach eine neue Bedeutung. Dies sollte auch von konfessionellen Trägern, die derzeit bewusst kein nicht-christliches Pflegepersonal einstellen, überdacht werden.
[1] z. B. http://www.kloster-denkendorf.de/denkendorfer_denkzettel_2.htm
[2] Ulla Reyle, Denkendorfer Denkzettel, 2002, vgl. http://www.kloster-denkendorf.de/denkendorfer_denkzettel_2.htm
[3] Ulla Reyle, Denkendorfer Denkzettel, 2002, vgl. http://www.kloster-denkendorf.de/denkendorfer_denkzettel_2.htm
zitiert aus meiner Examensarbeit für die Ausbildung zur Diakonin!
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