Frustration durch Umgang am Arbeitsplatz

-Claudia-

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Ich stelle hier einen Teil eines Beitrags ein, dessen Antwortfunktion ich aufgrund einer darin enthaltenen Leumundsabfrage gesperrt. Obwohl diese (also: Leumundsabfragen) nicht erlaubt sind, halte ich die Empfindungen von @Clarisse nämlich für bemerkenswert.

Hier also der Beitrag von @Clarisse :


Bin im ersten Corona-Lockdown nach 12 Jahren Familienzeit aus Überzeugung und mit voller Unterstützung meiner Familie wieder eingestiegen, über einen Personaldienstleister. Der ist gut und stärkt mir den Rücken bei Schwierigkeiten, doch insgesamt ist es extremst frustrierend. Die viele Arbeit und das Arbeiten unter Druck packe ich - was mir zu schaffen macht ist der Umgang untereinander: Leitungen, egal auf welcher Stufe, schimpfen offen über Mitarbeiter, ich werde jeden Tag für Sachen zusammengestaucht die nicht in meiner Macht stehen, viele Bewohner, Patienten, Angehörige, Ärzte und andere Funktionserbringer lassen ihrem Frust auf kränkende Weise freien Lauf..., es werden Leistungen erwartet, für die ich keinen Auftrag habe, keine Verordnung, keine Zeit. Ich verstehe, dass die schlimmste Krankheit Einsamkeit ist und ich habe vollstes Verständnis dafür, dass zunehmende Hilflosigkeit und drohendes Lebensende ein Verarbeitungsprozess ist. Aber das Alter ist auch die Summe von Lebensentscheidungen, die nicht meine sind. Ich reiße mir jeden Tag den Allerwertesten auf um alles zu schaffen, stehe um 4 Uhr auf um vor dem eigentlichen Schichtbeginn Medis zu richten und anderes zu tun, wofür ich Konzentration brauche, - Ich bin ein Dienstleister, und kein "Bediensteter". Ich habe Zusatzqualifiaktionen in Betriebswirtschaft, ein Sekretärinnendiplom und bin auf eigene Kosten in der Weiterbildung zur Wohnbereichs/Stationsleitung.

Ich habe noch Selbstwert und bin nicht mehr bereit, so zu arbeiten. Gerne setze ich mich mit voller Kraft in einem Haus ein, in dem ich mit meiner Erfahrung, meinem Wissen und meiner Persönlichkeit willkommen bin.

Wenn ich nicht in den nächsten Wochen einen "besseren" Arbeitsplatz finde, werde ich wieder aussteigen. Man kann auch gut als Buchhalter und Aktenwälzer oder sonstigen nicht-pflegerischen Tätigkeiten überleben...
 
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@Clarisse: ich bin ehrlich gesagt, sehr betroffen darüber, wie Du die Situation an Deinem Arbeitsplatz empfindest. Ich will nicht sagen, dass bei meinem AG immer Sonnenschein herrscht und bei uns nie einer laut wird oder sich nie jemand über das Verhalten (bestimmter) Angehörige anderer Berufsgruppen beschwert. Es menschelt überall. Aber dass ich
jeden Tag für Sachen zusammengestaucht [werde], die nicht in meiner Macht stehen,
und das seit gut zwei Jahren - das hab ich so noch nicht erlebt. Und ich würde es mir auch nicht gefallen lassen.

Nun hat eine Leitung natürlich nur eine begrenzte Macht, was das Kommunikationsverhalten anderer Menschen betrifft. Man kann eine Unternehmungskultur aufbauen, in der auf eine wertschätzende Kommunikation zwischen allen Berufsgruppen Wert gelegt wird - womit sich das "Zusammenstauchen" wie bei mir zumindest auf ein tolerables Maß reduzieren könnte. Man kann Deeskalationsschulungen, Supervisionen oder Coaching anbieten. Aber damit kann ich ausschließlich die Beschäftigten beeinflussen. Dagegen dürfte es mir auch als Leitung schwer fallen, das Verhalten von Patient*innen oder Angehörigen zu steuern. Eine Leitung kann sich im Falle des Falles für ihre Mitarbeiter*innen einsetzen - sie kann unmöglich verhindern, dass sich Patient*innen im Ton vergreifen.

Ich versuche bis zu einem gewissen Grad Verständnis für aggressive Kommunikation aufzubringen. Ich denke, sie ist oft der belastenden Situation geschuldet. Ärzt*innen, Therapeut*innen, Kolleg*innen sind gestresst, weil es viel Arbeit und wenig Personal und Zeit dafür gibt, und vielleicht auch, weil sie gerade selbst ungerechtfertigt eins auf den Deckel gekriegt haben. Die Patient*innen sind gestresst, weil sie Schmerzen haben oder ihnen schlecht oder sie Angst vorm Ergebnis der Histologie haben. Die Angehörigen sind gestresst, weil eine/r ihrer Lieben krank ist und Schmerzen hat und sie sich Sorgen um ihn oder sie machen. Und dass es im Augenblick so drückend heiß ist, trägt auch nicht eben zur Erleichterung bei.

Bis zu einem gewissen Punkt toleriere ich also, wenn sich jemand negativ äußert. Versuche deeskalierend zu wirken. Sage, dass ich verstehen kann, dass die Situation belastend ist, aber dass das Histologie-Ergebnis nun einmal ein paar Tage braucht oder der Chirurg eben nicht vom OP-Tisch weglaufen kann, um ein Angehörigengespräch zu führen. Im Falle von fluchenden Kolleg*innen gehe ich auch mal auf Abstand und denke mir "lass sie sich austoben, die beruhigt sich auch wieder".

Ist meine Toleranzgrenze überschritten, verbitte ich mir den entsprechenden Tonfall oder die Ausdrucksweise. Und sollte es nötig werden, hole ich mir Unterstützung. Glücklicherweise kann ich mich in diesem Punkt auf meine Leitung verlassen (ist nicht überall so).

Warum fängst Du vor Beginn der Dienstzeit schon an zu arbeiten? Wohlmöglich auch noch, ohne Dir diese Stunden aufzuschreiben? Wer verlangt das von Dir?
 
jeden Tag für Sachen zusammengestaucht [werde], die nicht in meiner Macht stehen,
und das seit gut zwei Jahren - das hab ich so noch nicht erlebt.
:-? Wie bitte? Also das ist durchaus normaler Alltag in der Pflege, daß man "für Sachen zusammengestaucht wird, die nicht in seiner Macht stehen". Z. B. darf man (=die Pflege) sich oft für Dinge rechtfertigen/den Kopf hinhalten, die von Ärzten verbockt wurden, die man aber der doofen Pflege unterschiebt.
Sicherlich nicht jeden Tag, aber es ist durchaus nicht abwegig.
 
..., es werden Leistungen erwartet, für die ich keinen Auftrag habe, keine Verordnung, keine Zeit.
Würde ich versuchen, den Leuten - möglichst sachlich - zu vermitteln.

Ich reiße mir jeden Tag den Allerwertesten auf um alles zu schaffen, stehe um 4 Uhr auf um vor dem eigentlichen Schichtbeginn Medis zu richten und anderes zu tun, wofür ich Konzentration brauche
Um Himmels Willen. Würde ich NIE tun. Hier stimmt was nicht im System.
Ich habe noch Selbstwert und bin nicht mehr bereit, so zu arbeiten. Gerne setze ich mich mit voller Kraft in einem Haus ein, in dem ich mit meiner Erfahrung, meinem Wissen und meiner Persönlichkeit willkommen bin.

Wenn ich nicht in den nächsten Wochen einen "besseren" Arbeitsplatz finde, werde ich wieder aussteigen. Man kann auch gut als Buchhalter und Aktenwälzer oder sonstigen nicht-pflegerischen Tätigkeiten überleben...
Versuche evtl. mal in die ambulante Intensivpflege zu gelangen, schau Dir das an.
Da ist auch nicht alles Gold, was glänzt, aber man kann in Ruhe arbeiten und wird i. d. R. von den Leuten sehr geschätzt.
Über den Personaldienstleister müßte das ja möglich sein.
 
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Also das ist durchaus normaler Alltag in der Pflege
Es kommt gelegentlich vor, aber definitiv nicht täglich. Jedenfalls nicht von den Seiten der Mitarbeiter*innen. Bei Patient*innen und Angehörigen gibt es so 'ne und solche, aber bei deren Betreuung wechseln wir uns notfalls im Team ab.
 
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Es kommt gelegentlich vor, aber definitiv nicht täglich. Jedenfalls nicht von den Seiten der Mitarbeiter*innen.
Hier muss ich Martin beipflichten: doch, genau das ist sehr häufig täglicher Standard. Alleine die Rivalität zwischen Stationen, Berufsgruppen und Teams, verbunden mit Unkenntnis und Unverständnis von Abläufen der jeweils anderen, sorgt für dermaßen viel Missmut, Neid, Anfeindungen oder anderem Kompetenzgerangel, dass ich die beschriebene Situation, man müsse sich ständig erklären für Dinge außerhalb des Machthorizonts, 1 zu 1 nachempfinden kann. Und das betrifft nur die internen Abläufe. Was von Patienten und Angehörigen kommt, hab ich da noch nicht berücksichtigt, schlägt aber in dieselbe Kerbe.
 
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Okay, dann empfinde ich das offensichtlich als weniger dramatisch oder es ist bei mir tatsächlich weniger ausgeprägt als bei euch. Hier ist nicht Friede-Freude-Eierkuchen, aber dass dermaßen Unmut im Kollegenteam herrscht, erlebe ich so nicht. Ist wahrscheinlich auch Ansichtssache.

Nutzt der TE aber nichts: Sie leidet darunter. Eine Leumundsabfrage ist hier im Forum aber dennoch nicht gestattet.
 
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Ich bin erst seit etwas über einem Jahr dabei und habe jetzt glaube ich 5 Praxiseinsätze hinter mir. Kein Vergleich zu euren Erfahrungen. Ich hatte bis jetzt großes Glück mit meinen Einrichtungen und kann diese Erfahrungen nicht ganz bestätigen. Ja, 2 Mal kam es vor, dass jemand frech oder unsachlich zu mir wurde. Aber dann habe ich meinen Mund aufgemacht. Einige lassen sich zu vieles gefallen, leider. Und so dreht sih die Spirale weiter. Es geht um Augenhöhe, Respekt. Wenn mir da jemand quer kommt, egal ob Leitung oder sonst wer, stelle ich die Sache klar.
Anders herum bin ich der erste der Einsicht zeigt und es zugibt Fehler gemacht zu haben.
 

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