Schweiz: Fachweiterbildung Intensivpflege

nurse11

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31.03.2015
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Beruf
Gesundheits- und Krankenpflegerin
Hallo

Leider habe ich keinen Beitrag dazu gefunden und hoffe, mir kann hier jemand meine Fragen beantworten.

Ich interessiere mich für die Fachweiterbildung Intensivpflege in der Schweiz.

  • Wie viel Prozent ist Praxis und Theorie jeweils?
  • Arbeite ich Selbstständig oder laufe ich mit jemandem mit?
  • Welche Fachabteilungen durchlaufe ich?
  • Wie lange muss ich auf einer Intensivstation arbeiten, bis mir die Fachweiterbildung angeboten wird?

So das wären erstmal meine Fragen.
 
Als Erstes muss man sagen, dass dies alles von der Schule, Arbeitgeber und Kanton abhängt. Da sind die Systeme sehr unterschiedlich. Trotzdem mal die Antworten aus meiner Sicht im Kanton Bern (Berner Bildungszentrum Pflege):
  • Ich kann dir nicht sagen, wieviel Prozent es sind, aber nicht sehr viel. Wir haben blockweise Schule, also mal 2 Wochen am Stück, dann wieder nur einzelne Tage. Sehr viel Schule ist es aber nicht, vielleicht 10-20%.
  • Bei uns hängt es ganz von den Patienten ab, wie man arbeitet. Ich bin seit knapp 2 Monaten in der Ausbildung (hatte aber noch keine Schule). Ich wähle am Morgen einen Patienten aus, der zu meinem Ausbildungsstand passt (im Moment keine Beatmeten). Je nachdem wie viel Personal da ist, mache ich den entweder zu zweit mit jemandem, oder ich übernehme ihn komplett, habe aber immer eine Fachperson im Hintergrund. Mit der wird der Tag immer vor- und nachbesprochen. Wenn viel zu tun ist, kann ich also von A-Z selbständig arbeiten, natürlich immer mit Unterstützung im Rücken. Auf unserer Abteilung legen sie extrem viel Wert auf die Betreuung der Schüler. Sie haben am Morgen immer als Erstes das Anrecht, ihren Patienten auszuwählen. Wenn z.B. erst 2 Stunden nach Schichtbeginn ein Patient für eine Kardioversion oder einen anderen Eingriff angemeldet ist, darf der Schüler diesen trotzdem auswählen und sich dann die Zeit nehmen, sich einzulesen, vorzubereiten etc.
  • Die Fachabteilungen hängen sehr von der Ausbildung ab. Bei uns macht man 2 Wochen Praktikum auf der Notfall und 2 in der Anästhesie. Das wars.
  • Das ist sehr vom Krankenhaus abhängig. Üblicherweise kann bzw. darf man ohne Fachweiterbildung nicht auf einer Intensivstation arbeiten. Man bewirbt sich direkt dort für die Weiterbildung. Je nach Vorbildung fängt man dann direkt an, oder sie bieten z.B. noch ein Vorpraktikum an.

Ich hatte 1 Jahr Berufserfahrung, hatte in meiner Ausbildung nur Praktika in der Langzeitpflege und auf der Orthopädie. Entsprechend dessen fehlte mir jegliche Erfahrung im medizinischen Bereich. Aus diesem Grund wurde mir angeboten, 2 Monate vor Ausbildungsbeginn dort schonmal als normale Pflegefachfrau zu arbeiten, damit ich schonmal ein wenig Einarbeitungszeit habe.
 
Sorry, dass ich mich hier so dreist mit dranhänge, aber mich interessiert wie realistisch es ist, als Nicht-Schweizer, diese Fachweiterbildung oder die für Anästhesie, überhaupt angeboten zu bekommen?
 
Hey,

danke für dein ausführliche Antwort. :-) Damit hast du viele meiner Fragen beantwortet.;)

Ich finds echt positiv, dass großer Wert drauf auf die Betreuung der Auszubildenden gelegt wird. Schade aber, dass so wenig theoretischer Unterricht statt findet.

Also wenn ich in die Schweiz auswandern will, könnte ich nicht direkt auf der Intensivstation arbeiten, obwohl ich Intensiv-Erfahrung habe? Müsste ich erstmal auf einer peripheren Station arbeiten?
 
Man arbeitet relativ viel selbständig auf. Der Vorteil an viel Praxis ist, dass man lohntechnisch kaum Abzüge machen muss. Ich verdiene gleich viel, wie als normale Pflegefachfrau, im 2. Jahr sogar etwas mehr.

Zur Theorie muss ich sagen, dass diese ja nicht nur aus Schule besteht. Wir haben noch klinischen Unterricht am Patientenbett, also komplett 1:1-Betreuung mit der Berufsbildnerin. Da kann man auch noch viele Sachen besprechen, nachlesen, anwenden, üben, etc. Das sind irgendwie 15 Tage in den 2 Jahren. Ausserdem technischer Unterricht, da wird ebenfalls auf der eigenen Station die Bedienung und Umgang mit einzelnen Geräten in die Tiefe angeschaut.

Man kann es versuchen, sich direkt auf einer Intensivstation zu bewerben. Die Chance ist aber extrem klein, gerade als Nicht-Schweizer. Bei Schweizern mit der HF-Ausbildung wissen sie, mit welchem Wissensstand sie zu rechnen haben. Das ist bei Personal aus Deutschland meist nicht der Fall.

Wichtig ist es übrigens, die Finanzierung zu klären. Die Studiengebühren für den Theorieunterricht werden in der Regel durch den Kanton bezahlt. Dazu muss man aber auch in diesem Kanton wohnen. Ob es da spezielle Auflagen für ausländisches Personal gibt, müsstest du sicher abklären. Viele Häuser übernehmen dann noch den Rest der Kosten, aber noch lange nicht alle.

Ebenfalls gut zu wissen: Je nach Schule ist es obligatorisch, die Informationsveranstaltung besucht zu haben. Ohne diesen Nachweis kann man sich nicht bewerben.

Hier mal Infos der Schule in Bern:

http://www.bzpflege.ch/weiterbildung/weiterbildungsangebote/anästhesie-intensiv-notfallpflege/intensivpflege-erwachsene/beschreibung

@mary_jane Die Chancen stehen wahrscheinlich nicht einmal sooo schlecht, halt abhängig davon, wo man sich bewirbt. Hier wird händeringend Fachpersonal für die Intensivstationen gesucht (weil sie wie gesagt kein Personal ohne Weiterbildung nehmen), entsprechend versuchen sie auch, so viele wie möglich für die Weiterbildung anzuwerben. Bei uns im Haus war bis 2 Monate vor Ausbildungsbeginn noch ein Platz frei.
 
Hey,

danke für deine ausführliche Antworten.
Jetzt bin ich etwas schlauer.
 
Keine Ursache :)

In welche Richtung der Schweiz würde es dich denn locken?
 
Hmm.... würde gern in der Nähe vom Bodensee arbeiten, aber hab mir da noch keine Gedanken gemacht.
 
@mary_jane: ob du eine Stelle in der Weiterbildung bekommst, hängt vllt. auch vom Kanton und dem Personalbedarf ab. Hier in St. Gallen sind recht viele Nichtschweizer im NDS Intensivpflege.

@nurse11: ich habe ja schon in einer anderen Rubrik geantwortet.
Wenn es dich an den Bodensee zieht, wäre das Kantonsspital St. Gallen eine gute Adresse.
Ich habe meine IPS-Ausbildung in Österreich gemacht, was ich hier vom NDS mitbekomme, sieht aber sehr gut aus.
In Summe kommt man auf 2-3 Monate Ausbildung in der Schule, hat aber oft Lernbegleitung mit den Ausbildern am Bett direkt, was ebenfalls mit viel theoretischem Input verbunden ist.

Die Selbstständigkeit ist anfangs etwas reduziert und die Aufsicht gewöhnungsbedürftig, vor allem, wenn du schon selbstständig gearbeitet hast. Andererseits bietet es die Möglichkeit, das bisher gemachte zu überdenken und weiter zu fundieren.

Auf der CHIPS (Chirurgischen Intensivstation) haben wir auch eine IMC integriert, wo du auch erstmal anfangen kannst, falls deine Vorerfahrung nicht ausreichen sollte. Das besprichst du dann aber besser im Vorstellungsgespräch (wie in jedem anderen Spital auch ;)).

Wichtig:
vorher SRK-Anerkennung - teuer (700Euro), bringt aber mehr Geld (ca. 500 Fr/Monat).
Basis Reakurs (Nicht Pflicht, aber gut zu haben).
 
Huhu,

du musst auf keiner Intensiv vorher gearbeitet haben. Jedenfalls bei uns am Unispital Bern/ Berner Bildungszentrum Pflege... was du aber brauchst ist mindestens 1 Jahr Erfahrung in der Akutpflege (hatte ich schon in einem anderen Thema geschrieben). Wie hier auch schon erwähnt wurde, kommt es auf die Stellensituation darauf an. Bei uns spielt die Nationalität keine Rolle (vorausgesetzt man spricht deutsch...). Du bewirbst dich einfach für das NDS beim Arbeitgeber bzw. Schule.

Die Ausbildung selbst dauert dann wie überall 2 Jahre. Vielleicht noch gut zu wissen für dich: du machst dann die reine Intensivausbildung... Anästhesiepflege ist wieder eine eigene Ausbildung, von den Grundmodulen aber recht ähnlich.

Am Unispital Bern gibt es nur eine interdisziplinäre Intensivstation mit 32 Beatmungsplätzen. Von der Herzchirurgie über den septischen Schock bis zur Hirnblutung ist also alles da, was man so behandeln kann. Von daher bist du auch die ganzen 2 Jahre da. So ca. 20% fallen auf die Schulzeit. Am Bett selbst hast du erst einmal 3 Monate Einführung. Im ersten Monat bist du immer mit einer Fachkraft am Bett. Dann übernimmst du selbst Patienten, hast aber immer (für den Rest der 2 Jahre) eine Fachkraft, welche für dich im jeweiligen Dienst zuständig ist. Auch hast du jeweils eine Berufsbildnerin + eine Bezugsperson aus dem Team, welche für dich speziell über die zwei Jahre zuständig sind. Die bewerten dann auch nach jeder Phase (insgesamt 4 Phasen) deine Leistungen und erstellen nach jeder Phase die Qualifikation, welche bestanden sein muss, um in die nächste Phase zu gelangen. Daneben hast du ein paar Tage klinischen Unterricht, wo eine Ausbildnerin von der Schule da ist und mit dir zusammen arbeitet.

Du bist also alles in allem bei uns sehr gut betreut. Am Ende dann hast du dann 3 Examensbestandteile. Zum einen muss eine Diplomarbeit geschrieben werden, welche als schriftliche Prüfung gilt. Das mündliche Examen besteht aus der Vorstellung der Diplomarbeit mit anschließenden Fragestellungen dazu durch einen Arzt und deiner Tutorin (also die, welche dich bei der Erstellung deiner Diplomarbeit begleitet hat. Zuletzt kommt dann noch das praktische Examen, bei dem du eine bestimmte Patientensituation vorstellen musst (den Fall bekommt man zugeteilt) und auch dazu Fragen beantworten musst. Je nach Spital ist die praktische Prüfung auch am Bett oder komplett anders.
 

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