Hallo zusammen!
Als jahrelange Nachtschwester auf verschiedenen Fachgebieten inkl. Intensiv möchte ich Euch mal folgendes sagen:
Ihr habt recht. Nachts allein auf großen Stationen mit vielen Pflege-Patienten zu arbeiten ist bei uns im Land (D) "normal"! Das heißt aber noch lange nicht, dass es angemessen ist. Nur haben wir uns schon zu sehr an die Situation gewöhnt. Teilweise sind wir auch noch stolz darauf, wie toll wir so eine Nacht mit hoher Patientenzahl und hohem Arbeitsaufkommen bewältigen! Wir sprechen schon mit unseren Arbeitgeber: Ja, alles ok, völlig ausreichend.
Wenn etwas passiert, seid Ihr es, die haften, und Euer AG zieht den Schwanz ein. Wenn Ihr ganz ehrlich seid: Eine hochqualikative Pflege könnt Ihr nicht gewährleisten, eine sichere nicht immer. Du stehst voll eingekittelt im Isolierzimmer, die Türen haben da zu zu sein, und draußen fällt eine Oma aus dem Bett, kein anderer im Zimmer, das kriegst Du nicht mit! 5 Klingeln gleichzeitig, einer hat vielleicht Luftnot, aber man kann eben nur eine Klingel nach der anderen abarbeiten. Und wenn der Luftnot-Patient zufällig der letzte ist?
Ich kenne die Realitäten. Und auch die rechtliche Situation. Im Vergleich mit anderen EU-Ländern stehen wir, was den Personalschlüssel betrifft, nicht besonders gut da. Die zunehmende Privatisierung der Häuser trägt zum Abbau von Personal bei. Die Aktionäre und Gesellschafter warten auf die Gewinnausschüttung, und Fachkräfte sind teuer.
Für Corinna: Ich würde auf jeden Fall um eine Einarbeitungsnacht bitten. Es nimmt viel Angst, wenn man mal eine Nacht mitlaufen kann, sich den Zeitablauf ansehen kann. Du kannst Dich, wenn nichts anderes in Deinem Vertrag steht, nicht weigern, Nachtdienst zu machen. Wenn Du aber wirklich meinst, Du kannst die Verantwortung nicht übernehmen, kannst Du Deinen Arbeitgeber auf die Überlastung hinweisen. Besser wäre es, wenn mehrere sich zusammen täten, denn dann gebt ihr quasi die Haftung an Euren Arbeitgeber zurück. Ihr habt auf die Mißorganisation hingewiesen, und für Schäden, die aufgrund von Organisationsverschulden entstehen, haftet der Arbeitgeber.
Auch Gesundheitsschutz spielt eine Rolle. Der AG hat nicht nur den Patienten gegenüber, sondern auch dem Personal gegenüber eine Verantwortung. Er hat eine Fürsorgepflicht, was Gesundheitsgefahren anbelangt. Wenn viele Scherstpflegepatienten zu versorgen sind, gelagert und umgebettet werden muß, gehört zumindest eine Hilfskraft her, die mit anpacken kann.
Aber weigern würde ich mich nicht, den Nachtdienst zu machen. Denn das wäre Arbeitsverweigerung, was im schlimmsten Fall zur Kündigung führen kann. Du kannst aber sehr wohl Deine Bedenken äußern. Auch der Betriebsrat/MAV könnte Hilfe leisten.