Enttäuschung, Ekel und Angst vor Praxis

Melvin

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15.08.2014
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Hallo!

Ich habe vor Kurzem erst mein "Studium" zum Pflegefachmann HF in Zürich aufgenommen. Ich komme aus Deutschland und bin quasi Quereinsteiger, 26 und habe bereits ein kurzes Praktikum hinter mir, das mir eigentlich gut gefallen hat. Davor habe ich studiert, die Universität allerdings nach einigen Semestern verlassen, da mir der Realitätsbezug gefehlt hat.

Mir fällt die Theorie in meiner jetzigen Ausbildung sehr leicht. Diese dauert nun noch 6 Wochen bis zu Beginn des praktischen Blocks. Und der bereitet mir nun, nach allen, was ich von meinen Lehrern und Mitschülern mit Pflegeerfahrung gehört habe, nun echt Kopfzerbrechen und sogar Angst. Natürlich weiß ich um den Kontakt zu Menschen in diesem Beruf. Allerdings hat man mir vor dem Studium, finde ich nun, ein bisschen was vorgemacht. Bei Gesprächen mit den Bildungsverantwortlichen und beim Bewerbungsgespräch hat man das "Studium HF" in höchsten Tönen gelobt. Nun finde ich mich allerdings auf einem Niveau, das wirklich keinem Studium entspricht. Kurz gesagt: Da hätte ich mir den 6-monatigen Bewerbungsprozess mit 3-stündiger Aufnahmeprüfung, Eignungstest, Eignungspraktikum und ewigem Bewerbungsgespräch, in welchem ich mich noch runterputzen lassen musste,, sparen und eine "ganz normale" Pflegegausbildung (ohne vermeintliches "Studium") aufnehmen können. Ich verstehe nicht, warum man das alles als etwas darstellt, was es beim besten Willen nicht ist und Bewerbern damit quasi etwas vormacht.

Bevor mir jetzt jemand schreibt, wir ich das in anderen Beiträgen gelesen habe, dass ich jemandem dem Ausbildungsplatz weggenommen hätte: Habe ich nicht. Es gibt mehr Stellen als Bewerber. Da nimmt niemand irgend jemandem etwas weg.

Meine Frage zur Praxis ist nun: Hattet ihr vor Berufsstart Bedenken, was den Umgang mit Patienten anbelangt? Hattet ihr Bedenken wegen Fäkalien, Ekel, etc.? Musstet ihr euch erst daran gewöhnen? Kann man sowas überhaupt wirklich lernen? Und wie geht man zu Beginn damit um? Ich habe von etlichen Studien gelesen, die besagen, dass viele, im Pflegebereich tätige Menschen häufiger als gedacht und erwähnt ein "Ekel-Burn-Out" kriegen und dass das ein ziemliches Tabu-Thema ist. Und ich habe vom berühmten "Praxisschock" gehört, der viele dazu bringt, ihre Ausbildung abzubrechen.

Was habt ihr da so für Erfahrungen gemacht? Wie hoch war die Abbrecherquote während eurer Ausbildung?
Wenn man irgendwas einfach nicht machen kann oder will während der Praxis, kann man das dann sagen? Oder wird man dann sofort gekickt?
Also wenn ich zum jetzigen Zeitpunkt, nachdem ich einige Geschichten von meinen Mitschülern gehört habe, darüber nachdenke, wie ich ein Zimmer, das komplett vollgedünnpfifft ist, inklusiver vollgedünnpfiffter Person sauber machen muss, dann dreht sich mir der Magen um. Wunden und Blut fände ich gar nicht so schlimm. Auch Maden können mir nix. Sowas habe ich schon gesehen. Aber ich habe, glaube ich, echt ein Problem mit Kot und dem Reinigen von Genitalien fremder Leute. Bei Kindern habe ich da weniger Ekel, was Fäkalien angeht. Zumindest in meiner Vorstellung. Aber bei Erwachsenen und vor allem Alten...
Ich könnte mir ja später aussuchen, wo ich dann arbeiten will, aber bis dahin bleibt mir das ja nicht erspart. Sollte ich das Ganze vielleicht abbrechen?

Ich suche hier Erfahrungsberichte, Erlebnisse, Tipps oder Ratschläge und keine Boshaftigkeiten. Ich meine ja auch nichts von dem, was ich schreibe, böse.
Danke im Vorraus für alle freundlichen Antworten. :)
 
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Willkommen auf krankenschwester.de!

Wenn ich Dich richtig verstehe, hast Du noch keinen Schritt in die Praxis getan. Deine Ängste gründen sich auf Berichte von anderen - Mitschülern, Lehrern, Sekundärliteratur - und Deine eigenen Horrorvorstellungen, in der Du Dir die Pflege - zu der auch der Umgang mit Ausscheidungen gehört - in den schlimmsten Farben ausmalst.

Du kannst gern die Suchfunktion benutzen und wirst erkennen, dass Du nicht der einzige in dieser Situation bist. Und auch hier im Forum gab es ein paar, die dann schon im Voraus das Weite gesucht haben, ohne überhaupt mal einen Versuch zu wagen.

Ausbildungs- und Studienabbrüche gibt's aus den verschiedensten Gründen: weil man Heimweh hat, der Schichtdienst einem nicht zusagt, die Gesundheit nicht mitspielt oder sich doch noch eine andere berufliche Möglichkeit auftut. Solche Statistiken werden Dir nicht weiterhelfen.

Hör auch, Dir Gedanken über ungelegte Eier zu machen. Sammel keine Daten darüber, was theoretisch alles auf Dich zukommen könnte: Statistiken sagen über den Einzelfall überhaupt nichts aus. Schau, wie Du in der Praxis zurecht kommst. Hol Dir, falls wirklich Probleme auftreten sollten, Rat und Hilfe von den Menschen in Deinem Umfeld.

Du wirst nie wissen, ob Du etwas kannst, wenn Du es nicht versuchst.
 
Hallo Melvin

Dein Gefühl kenne ich. Vor Beginn der Ausbildung hatte ich ein Praktikum auf einer Psychiatrie. Dann das erste Semester nur Schule oder gegenseitiges Üben. Viele, die vorher nicht schon einmal in der Pflege gearbeitet haben, hatten bammel. Ich auch.

Ich kam in meinem ersten Praktikum auf eine MS-Wohngruppe. Lauter Patienten, die sich nicht annähernd selbst pflegen konnten. Ich hatte eine tolle Einführung in der Praxis und vom ersten Moment an waren alle Zweifel vergessen, was Ekel etc. betraf. Persönlich ist meine Arbeitskleidung mein Schutzschild. Wenn ich am arbeiten bin, bin ich eine professionelle Person, und nicht ich privat. Wenn ich privat jemand sehe der erbricht, wird mir selbst sofort schlecht. Auf der Station passiert das nicht. Also: Stürz dich darauf, mach dir keinen Kopf und du wirst früh genug merken, ob es nun wirklich nichts für dich ist.

PS: Pflegefachmann HF IST die ganz normale Pflegeausbildung hier in der Schweiz. Darunter kommen nur noch die FaGe, aber da ist viel Hauswirtschaft mit drin. Willst du eine Pflegeausbildung machen, kommen also nur diese Beiden (und dann noch FH) in Frage. Meine Ausbildung war Schultechnisch Mist, ich habe eigentlich alles in der Praxis gelernt.
 
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Hier hat sich noch eine Userin vor Ausbildungsbeginn so verrückt gemacht, dass sie gar nicht erst angefangen hat: http://www.krankenschwester.de/foru...eits-krankenpflegeassistenz-habe-zweifel.html

Vor Neuem Angst zu haben ist menschlich, aber wirf nicht voreilig die Flinte ins Korn. Zumal Du ja Mitte 20 und ohne berufliche Perspektive bist - ab einer gewissen Anzahl machen sich die Abbrüche im Lebenslauf blöd.
 
Jede Pflegekraft ekelt sich vor irgendetwas, Ekel ist normal und Ekel ist gesund. Ich kann so ziemlich alles ab - außer erbrochenes. Andere ekeln sich vor dem künstlichen Gebiß, andere das Nägelschneiden, andere vor dem Wechsel einer Trachealkanüle.

Verwundert bin ich aber über andere Sachen. Was hast Du davor studiert?
Wie JessesGirl bereits erwähnte, du machst die Höhere Fachschule. Das ist zwar nicht vergleichbar mit einem Studium an einer Universität, aber auch nicht unbedingt mit der Ausbildung in Deutschland. Das JessesGirl das Gefühl hat, mehr in der Praxis gelernt hat, kann ich nachvollziehen. Nur ist das ein trügerisches Gefühl, denn auch in der schönen Schweiz braucht man zum Pflegen Theorie.

Hast Du vor der HF kein Praktikum gemacht? Keine Gedanken gemacht, was auf Dich zukommt? Ich habe den Eindruck, Du bist etwas blauäugig an die Sache herangegangen.
 
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