Demente Bekannte

flohri

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27.06.2008
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41
Ort
Dresden
Beruf
Präsenzkraft
Akt. Einsatzbereich
Seniorenwohngemeinschaft
Liebe Forenteilnehmerinnen und Forenteilnehmer, ich benötige Eure Ratschläge.

Eine Bekannte von mir, 78 Jahre, wohnt allein in ihrer Wohnung. Sie läßt absolut keine Hilfe zu. Ein ambulanter Pflegedienst wurde von ihren Angehörigen im Sommer beauftragt, zweimal täglich nach dem rechten zu schauen. Diese Hilfe hat die Bekannte kurze Zeit später "aus der Wohnung verwiesen". Seitdem ist Sie wieder ohne Unterstützung.
Sie hat sich mit ihren gesamten Angehörigen zerstritten. "Warum soll ich in ein Pflegeheim? Ich mach doch alles allein!" So die Aussage der Bekannten.
Auch ihr Bruder hat keinen Zugang mehr zu ihr. Ich möchte mich zwar nur sehr ungern da einbringen. Mir tut sie aber dennoch leid.
Ich habe sie im November im Bus gesehen. Es war ein Bild des Jammerns.
Wie kann der Bekannten geholfen werden?

Mit freundlichen Grüssen

Flohri
 
Wenn Du sicher bist, dass es Demenz ist und nicht eine Charaktereigenschaft (vielleicht will sie alleine sein?) dann gibt es immer noch die Möglichkeit der richterlichen Begutachtung, die die Familie auch beantragen kann.
Ein Pflegedienst war schon beauftragt, warum sind die denn abgerückt, wenn die Dame alleine nicht zurecht kommt? Normalerweise läßt man einen potenziellen Kunden ja nicht gehen?
Grundsätzlich gilt: jeder hat das Recht auf Unglück und nur weil ich eine andere Auffassung von Glück und Zufriedenheit habe, muss dies mein Nachbar nicht teilen. Wenn es aber um Verwahrlosung oder lebensbedrohliche Zustände geht, hilft nur der Richter und dann kann jemand anders für die Dame entscheiden.
Hilft's?
 
Ich stimme Nordlicht zu. Du kannst höchstens anregen sie entmündigen zu lassen. Aber das ist meist ein hartes Ding.
 
Hart? Muss nicht sein.
Meine Erfahrungen sind da anders. Sicherlich ist der Besuch des Richters ungewöhnlich, kann aber möglichts mit Angehörigen gestaltet werden. Durchaus gab es auch Situationen, nach denen die Personen froh waren, das ihnen etwas abgenommen wird, da sie schon bemerkt hatten, dass sie selbst mit dem Leben überfordert waren.
 
Interessant, ausser in der Überschrift hab ich nichts gelesen was eine Betreuung notwendig machen würde.
Von Verwahrlosung oder lebensgefährlichen Zuständen lese ich da erstmal nichts.
Hier gleich eine Entmündigung vorzuschlagen finde ich ein wenig befremdlich.
 
Kann auch keine Gefährdungssituation aus den Schilderungen erkennen.

Und bitte - Entmündigung - wurde vor mindestens schon 15 Jahren abgeschafft, die gibt es nicht mehr.
 
Hast Recht, müsste irgendwann Anfang der Neunziger gewesen sein.
Trotzdem, einem Menschen das Recht abzusprechen, selbst entscheiden zu dürfen was er macht/will/zulässt stellt meiner Meinung nach einen gravierenden Eingriff in die Persönlichkeitsrechte da und sollte nur als letzte Möglichkeit gewählt werden.

Vielleicht schildert die TE ja die Situation nochmal etwas genauer, dann kann man sich hier wesentlich konkreter Gedanken machen und Lösungsvorschläge presentieren.
 
Beachte:

Wenn Du sicher bist, dass es Demenz ist und nicht eine Charaktereigenschaft (vielleicht will sie alleine sein?) .......

.........und nur weil ich eine andere Auffassung von Glück und Zufriedenheit habe, muss dies mein Nachbar nicht teilen.
so, wenn das ausgeschlossen werden kann und es sich um bedrohliche Situationen handelt, dann kann weiter verfahren werden.
Es war durchaus kein Aufruf zur rechtlichen Betreuung.

(verflixtes Ding mit Sender, Empfänger, Appellohr.....)
 
Ging auch eher an Nachteil beziehnungsweise war ganz allgemein gehalten.
Wobei sich dein zweiter Beitrag schon ein wenig nach "So schlimm ist es eigentlich gar nicht..." anhört.
Nichts für ungut.
 
Hallo Ihr, vielen Dank für Eure Gedanken. Gestern war ihr Bruder bei uns zu Besuch. Er hat einiges erzählt. Er wohnt in Sa.- Anhalt. Hat dort eine Zahnarztpraxis. Also kann er auch selten ihr helfen.

Sie ißt und trinkt sehr unregelmäßig. Um nicht zu sagen, gar nicht, weil sie es vergißt. Die Wohnung sieht sehr unordentlich aus. Die Lebensmittel, welche er zu Weihnachten eingekaut hat, liegen noch so im Kühlschrank, wie er sie hineingelegt hat. Das Problem ist wirklich, dass sie fast alle Hilfe ablehnt. Es gibt einen Nachbarn, welcher ab und zu einkauft und nach dem rechten sieht.
Sie meint, sie braucht keinen Arzt, egal welcher Fachrichtung. Die Rechnungen stapeln sich. Natürlich weiss ich, dass sie ein Recht auf Verwahrlosung hat. Im letzten Jahr war sie ja schon mnal im KH, weil sie "zusammengebrochen" war. Dort wurde allles schon vorbereitet, dass sie in eine KPZ vorläufig kann. Darauf hat sie sich selbst entlassen. Ihre Angehörigen und vor allem ihren Bruder hat sie beleidigt. Sie denkt, dass ihre Umwelt sie loswerden möchte.

Ihr Bruder ist ganz verzweifelt. Aber es ist eben seine Schwester. Da fühlt er sich verpflichtet, ihr zu helfen. Er weiss sich keinen Rat mehr.

An @nordlicht. Den Tipp über das Gericht eine richterliche Begutachtung zu beantragen, werde ich ihrem Bruder mitteilen. Nur habe ich die Befürchtung, dass die Dame nach der richterlichen Begutachtung dann die / den BetreuerIn auch wieder aus der Wohnung wirft, wie im letzten Jahr passiert, den Pflegedienst.
 
Ich hatte einen ähnlichen Fall in meiner Familie. Meine Großmutter wollte partout nicht ins Pflegeheim. Das ganze wurde dann durch eine Vormundschaft gelöst. Viel Überzeugungsarbeit war nötig. Aber im Anschluss hat es ihr doch dann gut gefallen.

Vielleicht ist es auch eine Idee, deine Bekanntin mit Bewohnern eines Pflegeheims ins Gespräch zu bringen, um sie dadurch zu überzeugen, dass es nicht schlimm ist.
 
Wenn ich mir die Medienberichte so anschue, dann kann ich jeden verstehen, der nicht ins Heim will.

Btw.- ich würde auch jeden rausschmeissen, der daherkommt um mich zu kontrollieren. Fremdbeauftragungen haben immer so ein Geschmäckle. Denn der Vorwurf, dass sie keinerlei Hilfe annimmt, stimmt ja so nicht. Die Nachbarschaftshilfe wird sehr wohl angenommen. Wäre vielleicht mal zu überlegen, ob es auch an der Art und Weise des Auftretens des Pflegedienstes lag, dass man keinen Zugang fand. Hilfsangebot vs. Kontrolle... Autonomie vs. Bevormundung.

Elisabeth
 
Hallo Schwester_Lisa und Schwester Elisabeth,

vielen Dank für Eure Infos. -

Ich habe meine ehemalige Nachbarin seit längerer Zeit nicht mehr gesehen. -

Schon der Gedanke bei meiner Bekannten, sich mit Bewohnern aus einem Pflege- bzw. Seniorenheim zu treffen, ist für sie der absolute Horror. Das hatte ich Ihr auch schon mal vor längerer Zeit vorgeschlagen. Ihre Aussage dazu: "Ja, Du willst auch nur das ich in die 'Klapse' gehe, Ihr alle habt Euch gegen mich verschworen." -

Wie es z.Z. mit der Nachbarschafthilfe ist, weiß ich nicht, ob der Nachbar das noch macht oder nicht.
Ich gebe aber auch Elisabeth Recht, daß der der Pflegedienst hätte sicher besser arbeiten können.

Was will man da noch unternehmen? Sie will einfach nicht, daß ihr geholfen wird.
 
Als Pflegedienst habe ich keinerlei handhabe, wenn jemand nicht möchte, dass wir kommen.
Und wenn wir hundertmal denken, dass der Kunde nicht zurecht kommt.

Bei dementiell Erkrankten kann man nur sehr sehr langsam und behutsam einsteigen.
Erstmal die "Zustände" ignorieren, es ist nicht das Schlimmste, wenn es unordentlich ist, der Mensch lebt ja schon eine Weile so, da kommt es auf ein paar Tage nicht an.

Außerdem müssen die Mitarbeiter gut geschult sein, was Validation betrifft UND das beachten von Charakteren. Einem autonomen Menschen zwingt man nix auf. Da muß man Wege finden diese ins Boot zu holen und das benötigt Zeit und genaues hinsehen mit anschließend entsprechenden Maßnahmen.