Angst im Umgang mit Infektionskrankheiten?

narde2003

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Liebe Kolleginnen und Kollegen,

warum herrscht so eine Unsicherheit und Angst im Umgang mit Infektionskrankheiten? Ich spreche jetzt nicht von den Hochinfektionserkrankungen, sondern von ganz "normalen" Infektionen wie MRSA, Meningitis, TBC und dergleichen.
Der Umgang damit ist eigentlich ganz klar geregelt und vom RKI vorgegeben, in meinen Augen besser als so manch anderer Bereich.
Ich erlebe es auch im Klinikalltag tagtäglich, dass mich KollegInnen ansprechen und meinen, ich muss dich bewundern, ich könnte dort nicht arbeiten.
Dass mir diese Aussage im Privatbereich noch häufiger begegnet, muss ich wohl nicht betonen.
Meine Standardantwort ist: Im Auge des Sturmes lebt es sich am sichersten.
Warum? Ganz einfach, sind die Patienten in unserem Bereich, wissen wir, dass sie eine Infektionskrankheit haben und schützen uns entsprechend. Was ist aber in U-Bahn und Bus? Dort lebt es sich deutlich gefährlicher als in der Infektiologie.

Darum meine Frage, warum habt ihr solche Bedenken, wenn ihr Patienten mit Infektionskrankheiten betreuen müsst? Die Vorgaben können in der Regel auch auf normalen Stationen erfüllt werden.

Ich bin übrigens nicht gegen mehr geimpft als alle anderen Mitarbeiter der Klinik, auch nicht öfter krank und pflege ganz normale soziale Kontakte.

Sonnige Grüsse
Narde
 
Liegts daran, dass man weiß: es gibt keine 100%ige Sicherheit? Man kann versuchen, dass Risiko zu minimieren. Das Quentchen Unsicherheit wird bleiben.

Wir hatten einen jungen Mann aufgenommen mit V.a. Meningitis. Es sollte arteriell Blut abgenommen werden. Mir assistierte eine Praktikantin. Beim Abnehmen der Kanüle verhält sie sich so ungeschickt, dass sie mich durch den Handschuh piekt. Was nun? Mir gings den Rest des Dienstes nicht so toll. Da kommen schon Fragen wie: Reicht die Antibiotikaprophylaxe? Du hast zu Hause ein immunsuprimiertes Kind- was wird wenn... usw., usw., usw..
Der Satz aus meiner Ausbildung: Man bekommt nur das wovor man Angst hat, greift hier nur sehr bedingt.

Ich hab danach in ähnlichen Situationen immer versucht möglichst alleine zu arbeiten um solche Probs auszuschließen. Alles was ev. im Nachgang noch korrigierbar ist- siehe Beispiel- stellt für mich kein Problem dar. MRSA ist kein Problem für mich, weil gesund und Kind mittlerweile ebenfalls gesund bzw. ausgezogen.

Elisabeth
 
Angst hat oft etwas mit Unwissenheit zu tun.
Mir begegnet diese Aussage auch oft, wenn auch eher privat (da kann ich es verstehen), aber auch ab und an im Krankenhaus.
Ich arbeite auf einer internistischen Entzugsstation (Alkohol, Drogen etc...). Unsere Patienten sind häufig HIV positiv, haben MRSA oder eine Tbc, alle Arten von Hepatitis.
Ich habe festgestellt, dass Kollegen aus anderen Fachgebieten, die selten mit Infektionskrankheiten zu tun haben, leider auch oft recht unwissend sind, was Übertragung und Isolation angeht.
Das bestätigt mich eigentlich immer wieder in meiner Ansicht, dass regelmäßige Fortbildungsmaßnahmen für Pflegekräfte zur Pflicht werden sollten und Wissen in regelmäßigen Abständen von einer unabhängigen Kommission abgeprüft werden sollte... *seufz*
 
Hallo zusammen!

Ich erlebe es auch immer wieder häufig, dass manche Kolleginnen, Kinder mit Infektionskrankheiten nicht betreuen wollen!
Habe aber dazu leider auch schon Stimmen gehört, die sagen, dass das nicht nur die Angst sondern auch pure Faulheit ist, die erforderlichen Schutzmaßnahmen zu ergreifen; sprich Handschuhe+KIttel+Mundschutz usw.

Ich finde das ganz schön traurig!

Liebe Grüße
 
Habe gerade erfahren, das ich meinen ersten Stationseinsatz auf einer Kinder-Infektionsstation habe.
Na ja, war am Anfang auch eher unerfreut. Aber meine Kursleiterin meinte dann, das man auf dieser Station gut lernen kann....

Wir ist eure Erfahrung mit Schülern auf der Infektionsgefahr?

Ich stelle mir des gerade so vor, das ich nur in Schutzkleidung arbeite, bin ich da richtig?

Danke schon mal für eure Antworten!
 
Hallo Julchen,

nein, du arbeitest nicht den ganzen Tag vermummt.
Auf einer Infektionsstation wirst du sehr viel über Hygiene lernen, gerade bei den Kindern wirst du auch Kinderkrankheiten wie Masern oder Windpocken sehen. Auch Kinder mit Malaria, je nach Haus in dem du eingesetzt bist, sind nicht so selten.
Ansonsten wirst du auf Kinder mit Enteritis treffen und noch viele andere interessante Krankheitsbilder.
Meningitis ist auch ein Krankheitsbild, das häufig vorkommt.

Viel Spass
Narde
 
Hi,
nun, ich finde einen gewissen Respekt schon sehr sinnvoll beim Umgang mit isolierten Patienten. Viele empfinden diesen Respekt vor allem dadurch, das sie Angst/Sorge im Umgang mit den Isos haben. Dadurch werden sie jedoch nicht nachlässig in der Hygiene und im Handeln. Leider beobachte ich viel zu häufig, das durch die vielen Isolationen unterschiedlicher Genese auf so vielen Stationen bereits eine gewisse "Normalität" und teilweise falsche Gelassenheit Einzug gehalten hat, bei der ich mir nicht immer sicher bin, ob noch der Standard aufrecht erhalten bleibt. Wenn ein bißchen Angst die Kollegen sorgfältiger arbeiten lässt, ist dies nur von Vorteil.
Die richtige Angst ist aus meiner Sicht begründet durch Unwissenheit.

Gruß
Synapse
 
@Narde:
Das hört sich ja interesant an, des bestätigt was meine Kursleiterin gemeint hat. Dann hoff ich das ich bei meinem ersten Einsatz viel lerne...
Bin übrigens in Schwabing eingesetzt.
Vielen Dank
 
Moin,

Ich arbeitete mal für 9 Wochen auf der Infektionsstation.

Da gabs ja alles.....( HIV, Malaria, TBC, MRSa,....)
Hatte, ausser einen gesunden Respekt vor den Krankheiten, keine Angst das ich mich anstecken könnte.

Die Isolationsmaßnahmen/ Hygiene waren viel besser.
Wie Narde schon sagte- lernt man ne ganze Menge/ man weiss was sie haben.

DIe Aussagen mancher Personen zu diversen Krankheiten sind schon krass.
Sicher ist die aufgrund von Unwissenheit zurückzuführen...


Ab und zu bin ich auf der Lungenstation- TBC und co....ist auch net schlecht...



na dann- bin dann im Bett

stefan
 
Hallo
Ich arbeite zwar nicht auf einer Infektionsstation aber wir haben relativ oft isolierte Patienten (MRSA,TBC,Rotaviren,Windpocken etc).
Patienten bei denen ich weiß was sie haben schrecken mich nicht, was mir zuweilen Kopfzerbrechen bereitet sind die Patienten bei denen es nicht bekannt ist das sie was ansteckendens haben könnten, oder Ärzte die Ihren Verdacht auf ansteckende Krankheit für sich behalten bis er bestätigt wird aus Faulheit- Schutzkkleidungl an-und ausziehen, Schriftkram usw.
Alesig
 
Hallo!

Also bei uns betreuen auch immer die gleichen Leute (ich gehör auch dazu) isolierte Kinder. Die anderen haben immer irgendwelche Ausreden, warum sie das nicht übernehmen können. Aber sie haben einfach keine Lust dazu. Wenn man sich ordnungsgemäß "verkleidet" und die Hygienevorschriften
einhält, kann ja eigentlich nix passieren. Angst hab ich eigentlich keine mich anzustecken. Aber ich denke, es braucht einen gewissen Respekt um nicht unaufmerksam zu werden.

VG junni
 
Obwohl keine Infektions- sondern eine Intensivstation, sind schwere Infektionskrankheiten bei uns durchaus regelmäßig anzutreffen. PCP bei AIDS, Meningitiden, gelegentlich Tbc, sehr häufig infektiöse Hepatitiden aller Art. Und natürlich gehören auch Infektionen (nicht "Infektionskrankheiten") mit hochresistenten Keimen, leicht übertragbaren Viren und leider auch Schimmelpilzen zum Alltag, nicht selten auch als Sepsis.

Angst? Ja, ein bißchen Angst macht mir das schon. Infektionen sind manchmal unberechenbare Gegner. Die ewigen "Grippewellen" einmal ausgenommen: zwei bis drei Mal pro Jahr erwischt es ein gutes Viertel des gesamten Teams mit Noroviren (wenn die ersten Symptome am Patienten auftauchen, haben sich meist schon einige Kollegen angesteckt), aber auch Streptokokken-Infektionen (Tonsillitis, Sinusitis) sind schon rumgegangen und haben allerlei Unheil angerichtet - vor allem einmal bei hochresistentem Keim.

Noch übler als die Gefahren für's Personal finde ich die Unberechenbarkeit für unsere Patienten, denn immerhin gehen fast 50% aller Todesfälle bei uns auf das Konto von schweren Infektionen. Selbst normalerweise harmlose Keime können sich für einen zunächst guten Verlauf letztlich verheerend auswirken, und wenn es erst einmal geschehen ist, dann ist der Weg heraus aus der Krankheit oft ein sehr weiter und schwieriger. Besonders schlimm trifft es die - bei uns recht häufig vorkommenden - immunsupprimierten Patienten, denn sie sind mit Schwachstellen geradezu vermint, ein gefundenes Fressen für die ungeheuer einfallsreiche und wandlungsfähige Spezies der unsichtbaren Biomasse-Verwerter.

Will sagen: Infektionen sind eine Katastrophe, gerade im Krankenhaus noch immer ein nur schwer beherrschbares Problem und ein echtes Risiko für Patienten und Personal, wenngleich auch die meisten Menschen recht brauchbar durch ihr Immunsystem und geschickte Hygienemaßnahmen geschützt sind und die meisten Infektionen letztlich dann doch irgendwie glimfplich abgehen.

Genauso wichtig wie superdisziplinierte Hygiene nach Plan und Vorschrift sowie regelmäßige Kontrollen durch entsprechende Fachleute ist die wache Aufmerksamkeit (nicht aus Angst vielleicht, sondern aus Kenntnis der Sache) jedes einzelnen Mitarbeiters, und nicht zuletzt - die sinnvolle Sorge für das eigene Immunsystem.

Mich entsetzt immer noch die Tatsache, daß ein Drittel aller Krankenhausmitarbeiter noch immer die einfache hygienische Händedesinfektion nicht richtig beherrschen und daß diese vor allem in fast der Hälfte aller Situationen, wo sie erforderlich wäre, einfach "vergessen" wird.
 
hallo

ich verstehe nicht wie einige davor angst haben,oder sich nicht trauen,,,
wenn man genau über das krankheitsbild bescheid weiss und sich hygienisch richtig verhält sehe ich dort gar kein problem...ich finde wenn man angst hat,dann passiert es erst recht was man befürchtet...oder liege ich da falsch ???
 
Hmm - Angst und "sich nicht trauen" sind allerdings zwei verschiedene Dinge.

Nein - ich weiß, daß sich mit ausreichend Sachkenntnis und Einhaltung hygienischer Vorschriften das Risiko zwar verringern, aber eben nicht völlig ausschalten läßt.

Beispielsweise, wenn uns der Notarzt mal wieder einen schwer dyspnoeischen Patienten anschleppt, den wir kurz nach der Aufnahme schon intubieren und dann eine Nacht lang immer wieder reanimieren müssen, der anschließend Tage in der Sepsis verbringt, eine schwere Pneumonie mit einem sehr seltsamen Lungenbild entwickelt, von dem wir (erst!) 48h Stunden später wissen, daß es sich um eine atypische Tuberkulose handelt - und: erst aufgrund dieser Diagnose fanden wir schlußendlich heraus, daß und welche Immunschwäche dieser Mann eigentlich litt.

Haben wir uns falsch verhalten, weil wir nicht routinemaßig Schutzmasken mit Feinstaubfilter getragen haben?

Du sagst doch selbst, daß Paranoia unangebracht sind und nicht selten das Gegenteil bewirken.
 

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