Wie bestimmen Pflegende das Pneumonierisiko?

hartwig

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338
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Krankenpfleger
Akt. Einsatzbereich
Dozent, Stationäre Pflege
Moin, moin?

Die Pneumonieprophylaxe spielt zwar im Vergleich zu der Dekubitusprophylaxe immer noch eine Schattenrolle, aber angesichts der hohen Pneumonierate in den Krankenhäusern und Altenheimen, sollte das Thema sicherlich mehr in die fachliche Diskussion rücken.
Wie bestimmt Pflegepersonal eigentlich das Risiko? Findet überhaupt hier überhaupt eine Art von Diagnostik statt?
Welche Faktoren sind eurer Meinung nach wichtig? Auf was konzentriert ihr euch, um eine eventuelles Risiko zu ermitteln?

Gruss Hartwig
 
Hallo

In unserem Haus gibt es keine Skala, die wir zur Risikoeinschätzung hinzuziehen. Und wenn es eine gibt, dann hab ich bisher nichts von ihr gehört und gesehen.

Mit anderen Worten: Bei uns wird mehr oder weniger nach Ermessen der Pflegekraft entschieden. Folgende Faktoren werden dabei zum Beispiel berücksichtigt:


  • unzureichende Mobilität, z. B. Bettlägerigkeit
  • Vorbestehende Infektionen
  • Herzerkrankungen, insbesondere Linksherzinsuffizienz
  • z. N. Lungenembolien
  • Verletzungen, die die Atmung beeinträchtigen
  • Generell vorhandene Lungenerkrankungen
  • Immunstatus
  • Aspirationsgefahr
Patienten, die in dieses Schema fallen, bekommen bei uns eine pflegerische Pneumonieprophylaxe.

Ich hab mir gerade mal die Atemskala nach Bienstein angeschaut. Ich bin mir nicht sicher, ob diese wirklich verlässlich ein Pneumonierisiko angibt. Die dort genannten Risikofaktoren eignen sich aber sehr gut, um einen Patienten einzuschätzen. Nur von der Bewertung bin ich nicht ganz überzeugt. Aber bisher hab ich damit ja auch noch nicht in der Praxis gearbeitet.
 
Hallo
Wir haben bei uns (noch)keine Skalen für Pneumoniegefährdung.
Ich schaue mir die Patienten an, kenne seine Diagnose , seine Probleme seine Ressourcen, dann weiß ich welche Prophylaxen notwendig und durchfürbar sind.
Alesig
 
Können wir eigentlich nur mit Skala ein Risiko bestimmen? *grmpf*

Bei uns kommt die Atemskala von Bienstein und Co. bewusst nicht zum Einsatz. Im Stammblatt gibt es mehrere Aspekte, die hinweisend sind auf ein Pneumonierisiko. Die MA sind geschult, diese Punkte entsprechend zu bewerten und dann passende Maßnahmen einzuleiten.

Der (geforderte?) "Drehbuchstandard" ist angelegt, wurde gelesen- dann belacht- um dann gelocht abgeheftet zu werden. Die ASE haben wir vorm abheften noch rausgenommen.

Elisabeth
 
moin!

Habe hier ja bewusst nicht nach einer Skala gefragt, sondern nach Kriterien, nach denen Pflegende das Pneumonierisiko bestimmen. Und, eine Skala ersetzt nicht das Denken, sonst wird daraus ein hirnloser "Drehbuchstandard", um mal die Worte Elisabeths zu benutzen!
Mal davon abgesehen: Es gibt zur zeit keine Studie, die die Testgüte der Bienstein Skala untersucht. Ich warne nur davor, unkritisch solche Scores zu benuten, wenn man nicht weiss, ob und wie genau sie das messen, was sie zu messen vorgeben!
Also, was beobachten wir, um eine Pneumonierisiko zu bestimmen?

Gruss Hartwig
 
* Mobilität des Patienten
* Erschöpfung
* Schmerzen, die zu Schonatmung führen könnten
* bei Bettlägerigen die Lagerung (zusammengesackt im Bettknick - nicht gut)
* beinflussende (Vor-)Erkrankungen (CF, Asthma, COPD, BPD, Herzinsuffizeinz etc.)
* ob der Patient beatmet ist oder in letzter Zeit war

Den Examinierten hier fällt sicher noch mehr ein... Bei uns wird auch keine Skala benutzt, hatten die nach Bienstein aber im Unterricht (meine mich düster zu erinnern, daß wir in der Diskussion festgestellt hatten, daß man damit durchaus Risikogruppen übersehen kann).
 
moin!

Wann hat denn bei euch jemand ein hohes bzw mittleres oder geringes Pneumonierisiko? Welche Massnahmen setzt ihr bei einem hohen Risiko bzw geringen Risiko an?

Gruss Hartwig
 
Es gibt so weit ich weiß keine feste Einteilung. Die Pflegekraft handhabt das nach Gefühl, würde ich sagen. Ich habe eher selten mit hochgradig Gefährdeten zu tun - Kinder sind ja meist etwas schneller wieder auf den Beinen. Jemand aus dem E-Bereich könnte das sicher besser beantworten. In meinen Einsätzen auf der Inneren und Chirurgie habe ich mir den Patienten angesehen und dann versucht, das beobachtete Problem zu beheben. Wir haben einen Schmerzstandard, nach dem ich Schmerzen einschätzen und Analgetika geben kann. Lagerungen kann man mit ein paar Handgriffen anwenden (z.B VATI-Lagerungen, das geht schnell und dehnt den Thorax gut), den Patienten zum Essen an den Tisch holen statt ihn im Bett hängen zu lassen (wenn möglich) etc.
 
Hallo

Hinzu kommen bei uns Maßnahmem wie Blubberflasche, Triflow, Lippenbremse, mehrmals täglich ganz tief einatmen lassen, etc. Würde auch sagen, dass jede Pflegekraft die Maßnahmen mehr oder weniger nach Gefühl durchführt. Bei Pneumoniepatienten gibt es aber einen entsprechenden Behandlungspfad, der einem eh alles vorgibt.
 
Hallo,

schade, dass es nur nach Gefühl ist, ich hatte gehofft, dass es mittels Fachwissen ausgewählt wird.

Schönen Abend
Narde
 
Hallo

Nicht falsch verstehen. Fachwissen ist natürlich Voraussetzung. Zumindest trau ich all unseren Examinierten das Fachwissen zu. Ich wollte damit nur sagen, dass sie nicht nach einer Punkteskala arbeiten, nach denen sie dann entsprechende Maßnahmen planen und durchführen.
Sprich: Sie sehen einen Patienten, erkennen die Risikofaktoren und entscheiden dann, welche Prophylaxen einzusetzen sind, also wie hoch das Pneumonierisiko ist. Ein wenig geht sowas meiner Meinung nach aber immer noch dem pers. Gefühl der Pflegekraft.
 
Sprich: Sie sehen einen Patienten, erkennen die Risikofaktoren und entscheiden dann, welche Prophylaxen einzusetzen sind, also wie hoch das Pneumonierisiko ist. Ein wenig geht sowas meiner Meinung nach aber immer noch dem pers. Gefühl der Pflegekraft.

Hartwig hätte glaube ich gerne eine Verbalisierung dieses Gefühls. Was genau schafft bzw. erhöht das Pneumonierisiko?

Interesanter Aspekt und ich halte mich diesmal zurück und bin einfach nur neugierig auf die Antworten. *g* Man lernt ja nie aus.

Elisabeth
 

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