Schwere Entscheidung - lebensverlängernde Maßnahmen

Bagira35

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04.07.2011
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Guten Abend zusammen!

Ich durchlebe zurzeit eine sehr schwere Situation.

Mein Vater (60) hatte vor einem halben Jahr einen schweren Schlaganfall (sein zweiter). Zuerst ging es ihm recht gut - doch sein Zustand hat sich soweit verschlechtert, dass er mittlerweile im Wachkoma ist.
Er kriegt jedoch durchaus etwas mit - z.B. wenn ich in sein Zimmer komme, dreht er seinen Kopf. Er erkennt mich (mit Kopfnicken). Drückt mir die Hand. Und er sieht mich. An guten Tagen kann ich durchaus mit ihm ein bisschen kommunizieren.

Mein Vater hat eine Magensonde, Katheter und Tracheastoma.
Außerdem: zwei sehr resistente Krankenhauskeime (ich darf ohne Mantel, Mundschutz und Handschuhe sein Zimmer nicht betreten).

Seit zwei Monaten befindet er sich im Pflegeheim (nach Reha-Aufenthalt) und war in diesen zwei Monaten bereits wieder zwei Mal im KH.
Im Krankenhaus hatten wir ein Gespräch mit dem Arzt - sein Zustand wird sich nicht mehr verbessern, er hat überall und ständig Infektionen aufgrund der vielen Keime. Behandelt man diese mit Antibiotika (sehr stark und teuer!), versagt seine Niere. Es ist ein Kreislauf.
Er wird alle paar Wochen ins Krankenhaus müssen, weil sich sein Zustand immer wieder verschlechtern wird. Sie bat uns, die Entscheidung der maximalen Therapie zu überdenken. Unter anderem bezüglich der Reanimation bzw. Verlegung auf die Intensivstation - die für jeden Patienten eine grosse Belastung darstellt.
Wird er reanimiert, wird er ohne Maschinen nicht leben können.

Der Arzt aus dem KH und seine Hausärztin sind der Meinung, das wir nur sein Leiden verlängern.

Manchmal, wenn ich neben seinem Bett sitze, kraftlos bin und weine - sehe ich auch seine Tränen. Wenn ich bloß wüsste, was mein Vater will.

Ich wäre über EURE Erfahrungsberichte sehr dankbar!
 
Ich glaube, nicht immer ist alles, was medizinisch machbar ist, auch sinnvoll.
In einem konkreten Fall ist es nahezu unmöglich zu beurteilen, wenn man den Patienten nicht selbst kennt. Die behandelnden Ärzte scheinen sich aber einig darüber zu sein, dass sie mit der bisherigen Maximaltherapie Deinem Vater keinen Gefallen tun.

Du schreibst, es handelt sich um den zweiten Schlaganfall, also hatte Dein Vater bereits einiges an KH-Aufenthalt und Therapie hinter sich. Habt Ihr in diesem Zusammenhang jemals über Pflegebedürftigkeit, lebensverlängernde Maßnahmen, künstliche Ernährung o.ä. gesprochen? Oder kam in anderem Zusammenhang das Thema darauf?

Du schreibst, Du kannst an guten Tagen mit Deinem Vater kommunizieren (oder er mit dir). Kannst Du Dir vorstellen, an so einem Tag die Frage zu stellen, ob Dein Vater so, wie er jetzt ist, weiterleben möchte?

Dein Vater wird in der Reha oder im Krankenhaus doch auch pflegerisch betreut. Wie schätzt denn das Pflegepersonal die Situation ein? Halten sie die Maximaltherapie für angebracht?
 
Meine Meinung wird dir nicht viel bringen und dich ggf nur unnötig in eine Richtung drängen die die falsche sein kann.
Deswegen gehe ich nur hierdrauf ein:
Er kriegt jedoch durchaus etwas mit - z.B. wenn ich in sein Zimmer komme, dreht er seinen Kopf. Er erkennt mich (mit Kopfnicken). Drückt mir die Hand. Und er sieht mich. An guten Tagen kann ich durchaus mit ihm ein bisschen kommunizieren.
Nimm dir ein herz, warte so einen Moment ab und erkläre deinem Vater kurz die Situation. Bitte ihn sich darüber Gedanken zu machen, gib ihm zeit und lass ihn mit nicken oder Handdrücken antworten (wenn das denn deutlich ist).
Zeige ihm ruhig, dass du unentschlossen bist, aber mach es ihm nicht ZU schwer, indem du in Tränen ausbrichst und dadurch ggf sagst "Ich will nicht dass du gehst"...
 
@ Cladia

Hallo Cladia,
danke für deine Antwort!
Komm leider erst jetzt dazu, zu anworten.

Beim zweiten Schlaganfall wurde erst festgestellt, das mein Vater bereits einen SA hatte. Dieser muss aber sehr leicht gewesen sein, so das er ihn nicht bemerkte. Beim Zweiten gab es dann einige Komplikationen. Er hatte eine Lungenentzündung und war ziemlich schnell nicht mehr ansprechbar. Woraufhin er dann die PEG bekam. Damals hatten wir noch Hoffnung...wer hätte denn gedacht, dass sich sein Zustand so entwickelt. Und nein, leider haben wir überhaupt nicht über lebensverlängernde Maßnahmen gesprochen.

Ich habe meinem Vater schon so einige Fragen gestellt. Nur weiß ich nicht, ob er sie auch wirklich im Stande ist zu beantworten. Sein Zustand ist nicht immer gleich - manchmal erkennt er mich, manchmal aber auch nicht. Und manchmal beobachtet er mich, an manchen Tagen hat er die Augen während des gesamten Besuchs geschlossen und reagiert weder auf Berührungen, noch auf meine Stimme.

Er möchte, dass es ihm besser geht.
Ich konnte ihm einfach nicht sagen, dass die Ärzte keine Chancen mehr sehen.
Auf die Frage ob er Schmerzen hat, schüttelte er mit dem Kopf (nein).


@ Maniac
Auch dir danke ich für deine Antwort!

Wir haben ein grosses Problem: wir wissen nicht, inwieweit das Gehirn meines Vaters durch den SA angegriffen ist. Das kann mir noch nicht einmal der Azrt beantworten. Es ist durchaus möglich, das er auf dem Stand eines 4 oder 5jährigen Kindes ist.
Ich habe Angst, falsche Antworten auf meine Fragen zu bekommen.
 
Er möchte, dass es ihm besser geht.

Das sagt alles und nichts. Den behandelnden Ärzten zufolge ist eine Verbesserung seines Zustandes auch durch Maximaltherapie aber nicht realistisch.

Was bedeutet "besser gehen" Deiner Meinung nach für Deinen Vater, wenn eine Genesung an sich nicht mehr möglich ist? Selbst wenn sich sein Zustand stabilisiert und er nicht mehr alle Nase lang ins Krankenhaus muss - möglicherweise ist er für den Rest seines Lebens auf Tracheostoma und künstliche Ernährung angewiesen.

Hast Du schon mal mit jemandem vom Pflegepersonal gesprochen? Wir sind meist länger in Kontakt mit den Patienten als die Ärzte und bekommen so einen guten Eindruck.
 
Liebe Bagira,

ich würde mich an deiner Stelle nochmals mit allen beteiligten Berufsgruppen zusammensetzen. Es wird meiner Erfahrung nach kein Arzt zu früh sagen, man sollte die Entscheidung der maximalen Therapie überdenken. Nur ist es einfach so, dass manchmal eben auch mit der Maximaltherapie dem Patienten nicht mehr wirklich geholfen werden kann. In deinem Fall ist dein Vater noch relativ jung und schon schwer krank - da ist das immer noch schwieriger zu entscheiden, als wenn er schon 20 Jahre älter wäre.

Auch wenn es schwer ist: ich würde zumindest auf eine Reanimation verzichten, wenn es so weit wäre.

Kommst du aus dem Bereich der Pflege oder bist du eine Angehörige ohne medizinisch-pflegerischen Hintergrund?
 

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