"Report" deckt Pflegenotstand in Kliniken auf

flexi

Administrator
Teammitglied
Registriert
11.02.2002
Beiträge
7.911
Ort
Großraum Hannover
Beruf
Krankenpfleger
Quelle: Mainz: "Report" deckt Pflegenotstand in Kliniken auf - Nachrichten | SWR.de

Mainz"Report" deckt Pflegenotstand in Kliniken auf


An deutschen Kliniken herrschen nach einem Bericht des ARD-Politikmagazins "Report Mainz" Missstände im Bereich der Pflege. Danach können frisch Operierte oft nicht angemessen versorgt und Pflegebedürftige nicht ausreichend betreut werden. Die Patientensicherheit sei langfristig nicht mehr gewährleistet.

Notstand in der Pflege


Das Magazin beruft sich auf die noch unveröffentlichte, repräsentative Studie "Pflege-Thermometer 2007" des Deutschen Instituts für angewandte Pflegeforschung (DIP), in Köln. Die Studie wertet die Angaben von 260 Pflegedirektionen deutscher Krankenhäuser aus. Das "Pflege-Thermometer" untersucht jedes Jahr einen anderen Bereich der Pflege.
Der Direktor des DIP, Prof. Frank Weidner, erklärt in "Report Mainz", es bestehe ein Risiko, "in Notfällen nicht schnell genug versorgt zu werden und gegebenenfalls bei mangelnder Pflegeversorgung auch zu sterben, im Ernstfall oder im Einzelfall ist das sogar nicht mehr auszuschließen."
Die Pflegewissenschaftlerin Prof. Sabine Bartholomeyczik bestätigt diese Aussage. In eigenen Untersuchungen hat sie einen "Rückgang der direkten Pflege" an den deutschen Kliniken festgestellt. Hedwig Francois-Kettner, Pflegedirektorin an der Berliner Charité und Mitglied im Präsidium des Deutschen Pflegerates (DPR) befürchtet eine Entwicklung, "die für die Patienten sehr gefährlich wird."

Stellenabbau im Pflegedienst

Ursache sei vor allem der Personalabbau im Pflegedienst der Krankenhäuser von 429.183 Stellen im Jahr 1995 auf 393.186 Stellen im Jahr 2005. Das ist ein Rückgang um 13,5 Prozent. Gleichzeitig hat laut DIP die Zahl der Patienten zugenommen. Diese seien im Durchschnitt älter und pflegebedürftiger geworden, so dass die Arbeitsbelastung für die Krankenschwestern gestiegen sei. Beide Wissenschaftler sprechen von einer "Rationierung der Pflege im Krankenhaus".
Bundesregierung und Krankenhausbetreiber bestreiten unterdessen eine Rationierung der Krankenpflege. Im europäischen Vergleich liegt Deutschland nach Angaben der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) beim Quotient Pflegekraft in der Akutversorgung pro Bett im Mittelfeld (Deutschland 2004: 0,75). In Großbritannien (1,80), Irland (1,50) und Portugal (0,87) beispielsweise ist der Schlüssel wesentlich günstiger.

Zeitaufwändige Pflege nicht finanzierbar


Diagnosis Related Groups (DRG, Diagnosebezogene Fallgruppen), Abrechnungssystem bei dem Patienten je nach Diagnose und durchgeführter Behandlung in Fallgruppen eingeteilt werden. Diese sind wiederum nach Kosten und Aufwand der Behandlung unterteilt und eingestuft.


Ein weiterer Grund für die Misere sei eine unzureichende Finanzierung der Pflegeleistungen durch die Fallpauschalen (DRGs) im Krankenhaus. "Die Pflege ist im DRG-System bisher völlig unzureichend, wenn überhaupt abgebildet,", sagt Prof. Sabine Bartholomeyczik. Zeitaufwändige Pflegeleistungen wie Hilfe beim Essen oder Trinken seien somit praktisch nicht finanzierbar.

Ministerium sieht Verantwortung bei Kliniken


Das Bundesgesundheitsministerium sieht die Krankenhäuser in der Pflicht, die Pflege in den Kliniken zu verbessern. Die Krankenhäuser seien verantwortlich für ihren Personaleinsatz, damit die Patientinnen und Patienten ordentlich gepflegt würden, so Staatssekretär Klaus Theo Schröder.

Georg Baum, Hauptgeschäftsführer der Deutschen Krankenhausgesellschaft, beklagt in "Report Mainz" eine Einsparung von 700 Millionen Euro in den deutschen Kliniken in diesem Jahr aufgrund der Gesundheitsreform: "Das zwingt die Krankenhäuser zu rationalisieren, Anpassungen in den Betriebsabläufen vorzunehmen, und das führt natürlich dann auch in der Pflege im Ergebnis zu weniger Zuwendung am Krankenbett."
 
Aufruf zu gesundem Arbeitsklima für Pflegekräfte

zwd Dortmund (TICKER/kri). Im Vorfeld der Sitzung des Koalitionsausschusses zur Reform der Pflegeversicherung plädiert die Initiative Neue Qualität der Arbeit (INQA) "Für eine neue Qualität der Arbeit in der Pflege". Das gleichnamige Memorandum, das am 18. Juni in Dortmund vorgestellt wurde, verspricht Lösungsansätze, um das Dilemma zwischen dem wachsenden Bedarf an professioneller Pflege und einem stetig sinkenden Arbeitskräftetential zu lösen.

Im Mittelpunkt des Memorandums stehen Leitgedanken einer gesunden Pflege. "Gesunde Arbeitsplätze sind keinesfalls selbstverständlich. Arbeitsverdichtung und zunehmende Bürokratie sind nur zwei Faktoren, die zu psychischen und physischen Fehlbelastungen beim Pflegepersonal führen", erläutert Gabriele Richter vom INQA-Initiativkreis "Gesund Pflegen".

Die Folgen seien steigende Fehlzeiten, Fluktuation, vorzeitige Berufsausstiege und Frühverrentungen, die deutlich über dem Durchschnitt der gesamten Bevölkerung liegen, so Richter weiter. Bereits die europäische NEXT-Studie hatte ermittelt, dass Pflegeberufe zu den potenziellen "Aussteigerberufen" zählen. Jeder fünfte Beschäftigte denkt laut dieser Studie über einen vorzeitigen Berufsaustritt nach. Einen der Auswege aus den Problemen sieht das INQA-Memorandum in der gezielten Gesundheitsförderung des Personals. "Nur eine gesunde Pflege kann wieder zukunftsfähig werden und das bedeutsame Berufsfeld attraktiver machen", betont Richter.

Das Memorandum richtet sich neben den Pflegekräften auch an Trägerorganisationen sowie Führungskräfte und stellt neun konkrete Handlungsansätze heraus. Sie reichen von der sicheren und gesunden Arbeitsumgebung über den Umgang mit schwierigen Situationen und Krisen bis hin zum Selbstmanagement der Pflegekräfte.

INQA ist eine Gemeinschaftsinitiative aus Bund, Ländern, Sozialpartnerinnen, Sozialversicherungsträgern, Stiftungen und Unternehmen, die sich 2002 gegründet hat und der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin angegliedert ist. Die Vision des Projekts ist die „Schaffung sicherer, und zugleich wettbewerbsfähiger Arbeitsplätze. Unter dem Dach der INQA haben sich einzelne Initiativkreise gebildet - Das Memorandum des Initiativkreises „Gesund Pflegen“ kann im INQA-Onlineshop unter INQA - Startseite bestellt werden.


(18.06.2007) Gesundheit und Politik, Multimedia und eLearning
 
Pflegekräfte haben zu wenig Zeit
Beim siebten Ortenauer Pflegetag wurde nach Möglichkeiten gesucht, um Ressoucen einzusparen

Rund 320 Teilnehmer von Krankenhäusern, Pflegeheimen und ambulanten Diensten aus ganz Baden-Württemberg trafen sich gestern zum siebten Ortenauer Pflegetag in Oberkirch. Bei der Veranstaltung wurde vor allem die schlechte Finanzierung von Pflegestellen diskutiert.

21.06.2007 - Ortenau. »Seit Mitte der 90er Jahre sind bundesweit rund 40 000 von geschätzten 1,3 Millionen Pflegestellen abgebaut worden«, sagte Hans-Jürgen Kargoll, Vorsitzender des Arbeitskreises der Ortenauer Pflegedirektoren. Problematisch sei, dass es gleichzeitig immer mehr alte Menschen gebe. Viele Pflegekräfte befänden sich deshalb in einer Überlastungssituation. Diese führe zu Stress und Berufsunzufriedenheit, was sich auch auch die Pflegebedürftigen auswirke.
Keine Zeit für Kontakte
»Das Umsorgen der Leute wird immer weiter in den Hintergrund gedrängt«, betonte Kargoll. Er ging sogar davon aus, dass die Genesung der Patienten durch mangelnde Fürsorge behindert werde. Das Hauptproblem sei, dass sich die Vergütung für die Pflegedienste nach Minutenwerten pro mess- barer Pflegeeinheit richte. Jede Tätigkeit, wie Waschen oder Anziehen werde seperat berechnet. Dabei blieben zwischenmenschliche Kontakte zu den Patienten auf der Strecke.
Der Pflegedirektor des Kreiskrankenhauses Oberkirch, Marco Porta, erklärte, dass durch die richtige Steuerung von Arbeitsprozessen versucht werde, Zeitressourcen zu gewinnen. Durch bessere Abstimmungen der einzelnen Abteilungen in den Kliniken ließe sich der Patientendurchlauf erhöhen und somit Zeit einsparen. Seit 1996 habe es in der Pflege ständige Optimierungsmaßnahmen gegeben, nun sei das Potential allerdings ausgeschöpft. »Mit viel Aufwand lässt sich nur noch wenig verbessern«, ergänzte Kargoll.
Ein weiteres Problem sei, dass mit dem Abbau der Pflegestellen auch ein Rückgang der Ausbildungsplätze verbunden sei. Kargoll befürchtete: »Jetzt haben wir einen Finanznotstand, in einigen Jahren wird es zu einem Pflegenotstand kommen«. In der Ortenau seien im Gegensatz zu anderen Gebieten zwar keine Entlassungen zu befürchten, allerdings könne auch kein weiteres Pereingestellt werden. Auch der Nachwuchs gebe Anlass zur Sorge. Derzeit sei es zwar noch möglich, alle Ausbildungsplätze zu besetzen, aber »es gibt unter den Bewerbern viel Quantität und wenig Qualität«, sagte Kargoll.
Andere Lösungen finden
Die angespannte Lage zeige sich unter anderem dadurch, dass immer häufiger osteuropäische Pflegekräfte illegal beschäftigt werden. Meist handle es sich dabei allerdings nur um eine Betreueung und nicht um eine professionelle Pflege. Denn die könnten sich die Angehörigen oft nicht leisten. Vielen sei nicht bewusst, dass zu einer professionellen Pflege Spezialkenntnisse nötig seien und sie nicht von jedem geleistet werden könne. Kargoll forderte deshalb, dass mehr Geld ins System fließen müsse, um die ambulanten Pflegedienste besser einsetzen zu können. Vom Gesetzgeber werde aber oft über die Finanzierung der Pflege hinweg geschaut. »Pflege ist ein Tabu-Thema, fast wie der Tod«, vermutete Porta als Ursache. Ein kostengünstiger Lösungsansatz sei die Gründung von Alterswohngemeinschaften, bei denen sich mehrere Pflegebedürftige zusammenschließen und für einander sorgen können. Diese Entwicklungen stünden bisher aber noch am Anfang.

Baden Online - Portal der Ortenau
 
» Pflegekräftemangel: Personalmix ist die Lösung der Zukunft

Malteser Hilfsdienst e.V.
(Verbandspresse, 17.07.2007 12:53)


(Köln) - Der Pflegekräftemangel in Deutschland läßt sich nach Meinung der Malteser nur mit einem „Personalmix aus Pflegefachkräften und qualifizierten Pflegehilfskräften“ lösen. „Bereits heute haben wir 70.000 Pflegekräfte zu wenig in Deutschland, im Jahr 2050 werden es unter Berücksichtigung der demographischen Entwicklung sogar 1, 8 Million sein“, so Werner Müller, Leiter Sozialpflegerische Ausbildung der Malteser. „Eine solch hohe Zahl von Fachkräften läßt sich weder qualifizieren, noch finanzieren – wir brauchen schlichtweg mehr qualifizierte Hilfskräfte, um die drohende Pflegelücke zu schließen.“ Hilfskräfte, so Müller, denen man auch mehr Verantwortung übertragen dürfe, etwa bei der Betreuung und Begleitung von Demenzkranken, in der Hauswirtschaft, bei der Sterbebegleitung oder der Behandlungspflege.

Die Malteser setzen dabei nicht nur auf ein Schwesternhelferinnen-Programm und andere Aus- und Fortbildungsangebote. „Auch die Schulung ehrenamtlicher Hilfskräfte, wie zum Beispiel Familiengehöriger oder Nachbarn, spielt bei uns eine große Rolle. Das wird in Zukunft noch stärker ausgebaut werden“, ist Müller überzeugt. Eine der größten gesellschaftlichen Herausfordungen könne nur im Verbund von Profis, Hilfskräften und ehrenamtlich Engagierten gestemmt werden.

Die Malteser bilden jährlich 6.000 Schwesternhelferinnen aus. Dazu werden jährlich 10.000 Pflegekräfte weitergebildet. Über 1350 ehrenamtliche Helfer des Malteser Besuchs- und Begleitungsdienstes unterstützen pflegende Angehörige bei ihrer Tätigkeit.
Verbände Forum - Deutsches Verbände Forum - Pressemitteilung
 

Ähnliche Themen