Rechtliche Situation: Folgedienst krank und kein Ersatz vorhanden

  • Ersteller Ersteller Barotrauma
  • Erstellt am Erstellt am
B

Barotrauma

Gast
Hallo liebe Kollegen.

In einem anderen Forum, in dem ich nur Mitleser bin, bin ich gerade auf einen Sachverhalt gestoßen, der sozusagen erst durch diese Diskussion ausgelöst zu Tage trat, der mich aber rechtlich schon sehr interessiert.

Nehmen wir mal folgende Situation:

Heimbeatmung oder kleines Altenpflegeheim, wo man mit dem Patienten alleine ist bzw. im Heim der ND alleine in der Einrichtung ist. Der Nachtdienst meldet sich krank und es findet sich kein Ersatz. Die Pflegedienstleitung verbietet nun dem Tag-/Spätdienst, den Patienten bzw. das Haus zu verlassen, mit dem Hinweis, dass man sich sonst strafbar mache (weil man Schutzbefohlen sich selbst überlassen hat) und verpflichtet sei, vorort zu bleiben, bis Ersatz gefunden ist.

Muss die betreffende Pflegefachkraft nun wirklich nach Ableistung ihrer regulären Arbeitszeit (in der Heimbeatmung reden wir hier ja von 12h), vorort bleiben? Was wenn sich kein Ersatz findet ? Man kann doch nicht von jemandem verlangen, dass er 24h durcharbeitet. Selbst im Heim würde ja dann nach 2h ein Verstoß gegen das Arbeitszeitgesetz vorliegen, wenn man von 8 Stunden Spätdiensten ausgeht.
Was ist z.B. mit einer Mutter, die ihr Kind im KiGa hat und niemanden, der das Kind dann abholt?
 
Interessante Frage, ich hoffe mal es findet sich jemand, der sich damit auskennt, denn leider habe ich darauf auch keine Antwort.

Bei uns stellt sich solch eine Frage nicht, denn bei uns gibt es für solche Fälle eine Bereitschaft, die den Dienst dann übernimmt und die auch so "lokalisiert" ist, dass der vorhergehende Dienst im allerschlimmsten Fall 1h warten muss.

Ich habe aber auch schon desöfteren gehört, dass es Pflegedienste gibt, wo es für sowas keinen "Notfallplan" gibt und dann eben keine Ersatz gefunden wird und man eine Doppelschicht schieben muss. Wobei ich mich dann auch frage, wie sowas gehen soll, wenn man Kinder hat und der Partner vllt. auch berufstätig ist oder aber bei alleinerziehend.
 
Ich erinnere mich an den Sturm Kyrill - ich hatte Tagdienst (12 h ) bei einer Heimbeatmeten Patientin - und der Nachtdienst konnte nicht kommen da alles wirklich dicht war! Auch der Bereitschaftsdienst kam nicht durch um mich abzulösen. Also bekam ich vom Arbeitgeber das Versprechen dass bis zum nächsten Morgen sich jemand durchkäme bis zu mir um mich abzulösen. Als ich eine Prämie von 60 € (in Form von Gutscheinen) plus Extra Tag Frei ausgehandelt hatte blieb ich natürlich da (wäre ja sowieso auch nicht nach Hause gekommen) wir wurden auch von der Feuerwehr mit Notstrom versorgt so dass ich nicht die ganze Nacht bebeuteln brauchte und sogar von den Angehörigen lecker bekocht wurde als Belohnung. Ansonsten gab es Nie dieses Problem da die Bereitschaft immer in der Nähe war auch bei kurzfristigem Ausfall max 1-2 h Länger Arbeiten...
 
Danke Markus, da ist das bei dir natürlich trotz Katastrophe noch relativ gut für Dich gelaufen, aber leider beantwortet das meine Frage nicht.
 
Bei Versorgungsproblemen landen Pat. im KH.
Ja klar. Der Hausarzt stellt dir für sowas sicher keinen Transportschein aus (wenn Wochenende ist kannst du das dann eh vergessen), der Bereitschaftsarzt wird sich auch weigern zu kommen und der Notarzt kommt nicht, weil kein Notfall vorliegt, also wie willst du den Pat. dann ins KH kriegen.?
 
Sehr interessantes Thema.

Man muss ja nichtmal nur ein kleines Heim oder Heimbeatmung nehmen.
So eine Situation kann auch in einem großen Krankenhau vorkommen.
Wo ich z.B. arbeite, ist auch einer in der Nacht alleine und eine Rufbereitschaft der PDL ist nicht vorhanden. Meldet sich also jemand nach den Dienstzeiten der PDL krank und keiner aus dem Team kann einspringen ist man schon bei der gleichen Situation.

Ich habe diese Situation zum Glück noch nicht erlebt.
Und es würde mich sehr interessieren wie man da am besten vorgeht.

Eine weitere interessante Frage die mir bei diesem Thema wieder einfällt.
Was tun, wenn man selbst krank wird während man alleine auf Station arbeitet oder in der Heimbeatmung etc.
so ein Migräneanfall kann in der Arbeit beispielsweise massivst einschränken oder die Arbeit sogar unmöglich machen.
Einfach nahc Hause gehen und Station allein lassen geht ja nun auch nicht.
Aber was tun?

Bei uns hat sich bisher immer jemand aus dem Team gefunden, der eingesprungen ist.
Aber wenn das mal nicht der Fall sein sollte, wüsste ich auch nicht weiter.
und wie es rectlich aussieht leider auch nicht.
 
Wenn der Pat. zu Hause nicht versorgt ist, kommt es schon zum Notfall und die Androhung dessen bewegt die Damen und Herren von der Rettung.
Warum so aggressiv? Irgendwo müssen die Pat. mit Versorgungsproblemen und keiner akuten Diagnose herkommen, die im KH landen und irgendwer fährt sie mit einem vorhandenen Transportschein her.
Ich bin nun kein Experte für die Heimbeatmung, aber wer nicht zu Hause versorgt werden kann, so meine Erfahrung, kommt ins KH.

Vielleicht sind die Kollegen in unserem Kreis auch schneller mit Einweisung und Transportschein, mag sein, aber ich habe noch nie das Problem ambulant gehabt, dass keine Einweisung bei Dringlichkeit (und die besteht bei ungenügender Versorgung) ausgestellt wurde und nun im KH stellen wir auch fest, dass Pat. eigentlich keine akuten Probleme sondern eher ein Versorgungsproblem haben.
 
..aber zum Thema zurück:
Barotrauma schrieb: was, wenn die PDL der PFK verbietet, den Pat. alleinezu lassen...... Das kann nicht rechtens sein, da die Leitung/der Betreiber dafür verantwortlich ist, dass ausreichend Personal vorhanden ist.

Die PFK aus dem vorherigen Dienst muss sich u.a. an das Arbeitszeitgesetz und das Arbeitschutzgesetz halten. Die PDL kann der PFK nicht verbieten, nach Hause zu gehen und hier wird wieder mit einer Grundeigenschaft unseres Berufsstands gespielt: in der Regel sind wir so sozial eingestellt, dass wir in Ausnahmesituationen für den Pat. und gegen uns/die Familie entscheiden oder zumindest in große Konflikte kommen.

Abweichend könnte hier eine Anwesenheitspflicht, also kein reiner Dienst mit 8 Std. Tätigkeit sein.
 
Hallo,

das Spital ist in der Pflicht Personal zur Verfügung zu stellen. Wenn das Personal aus irgendwelchen Gründen verhindert ist (Krankheit, etc.) auch kurzfristig muss eine Lösung her. Man kann die Patienten nicht alleine lassen. Solche Fälle sind aber die Ausnahme und auch nicht im Arbeitszeitgesetz verankert. Sprich die Krankenschwester die zuvor Dienst hatten wird gebeten den Folgedienst zu übernehmen. Was im Fall einer Ablehnung passiert kann ich Dir nicht sagen, kommt wahrscheinlich aber nicht vor.

Grüße
 
@corv:
noch ist im Regelfall eine Station doppelt besetzt, dass einer rüber springen kann. Allerdings geht der Trend in die Richtung 3-2-1 bzw. 2-2-1PFK pro Schicht F-S-N.
Wir lassen die Pat. nicht alleine, aber was willst Du machen, wenn eine Kollegin zusammenbricht und selbst ins Bett muss... da muss die PDL/Vertretung angerufen werden ( warum kann die nicht gestört werden, wenn die Hütte brennt? Sie trägt letztendlich die Verantwortung.) und die Stationsleitung, denn die Zeit, sich ans Telefon zu hängen und rumzutelefonieren, während die Pat. versorgt werden müssen habe ich nachts bei 9 Std. Dauerlauf nicht.

Aber gerade diese Situationen sind doch Argumente, dass nicht ausreichend Personal da ist bzw. Notfallpläne vorhanden sein müssen. Wenn ohnehin auf sparsamer Rille geplant wird, muss irgendwann die Situation kommen, dass es nicht mehr geht.

Wenn der Folgedienst ausfällt, kann eine Kollegin länger bleiben, bis eine Ablösung kommt, aber eine zusätzliche Schicht ist unzumutbar. Da sind Fehler vorprogrammiert.

Kumzerta schrieb, dass eine Ablehnung wahrscheinlich nicht vorkommt. S.o. das ist ein Problem unseres Berufstands. Wir tragen Verantwortung für unsere Pat., aber ist es zu verantworten zu bleiben, wenn man selbst nicht mehr kann? Wer kommt dann dafür auf, dass Medikamente evtl. falsch verabreicht werden, Vitalzeichenkontrollen nicht durchgeführt werden oder Pat. nicht mehr positioniert werden können?

Nur da sein reicht nicht aus.
 
@nordlicht:

Wer kommt dann dafür auf, dass Medikamente evtl. falsch verabreicht werden, Vitalzeichenkontrollen nicht durchgeführt werden oder Pat. nicht mehr positioniert werden können?

Die Frage stellt sich nicht weil Beantwortet.

Natürlich derjenige der es Macht oder Unterlässt - ist doch klar.

Anschließend erfolgt evtl. ein Prüfung ob ein Organisationsverschulden vorliegen könnte seitens des AG - meist nicht allzu ergiebig.

@Barotrauma:
Ja klar. Der Hausarzt stellt dir für sowas sicher keinen Transportschein aus (wenn Wochenende ist kannst du das dann eh vergessen), der Bereitschaftsarzt wird sich auch weigern zu kommen und der Notarzt kommt nicht, weil kein Notfall vorliegt, also wie willst du den Pat. dann ins KH kriegen.?
Wenn dir als PDL keine Begründung einfällt, da könnte ich mich nur wundern?!

Oder ist das eine strategische Anwort?
Denn sollte so ein Fall eintreten ist das eindeutiges Organisationsversagen des AG und seines verlängerten Arms, die PDL - oder meinst du nicht?
 
@corv:
noch ist im Regelfall eine Station doppelt besetzt, dass einer rüber springen kann. Allerdings geht der Trend in die Richtung 3-2-1 bzw. 2-2-1PFK pro Schicht F-S-N.
Wir lassen die Pat. nicht alleine, aber was willst Du machen, wenn eine Kollegin zusammenbricht und selbst ins Bett muss... da muss die PDL/Vertretung angerufen werden ( warum kann die nicht gestört werden, wenn die Hütte brennt? Sie trägt letztendlich die Verantwortung.) und die Stationsleitung, denn die Zeit, sich ans Telefon zu hängen und rumzutelefonieren, während die Pat. versorgt werden müssen habe ich nachts bei 9 Std. Dauerlauf nicht.

Ja ok, Stationen mit imc betten sind nachts zu zweit.
und ab und zu gibts mal nen examinierten springer, wenn der nicht schon wo fest eingesetzt ist.
hat aber eben auch seinen sinn. imc ohne jemand der den monitor im blick hat ist recthtlich denke ich auch kritisch.
(was eben passieren würde wenn dort einer abgezogen wird).



Warum kann die PDL nicht gestört werden wenn die Hütte brennt?
Das ist einfach zu beantworten.
Eben weil es (zumindest dort wo ich arbeite) nachts keine Rufbereitschaft der PDL gibt.
Die werde ich über die Telefonzentrale nicht erreichen.
Und private Handynummern von PDL Mitarbeitern liegen nunmal nicht aus.
Also WO anrufen? Ich komme in der Nacht ha nicht an die PDL ran.


Genau das was jemand sagte ist wohl ds Problem.
Es findet sich jemand der dann eben bleibt und noch ne Schicht macht, oder jemand der mitten in der Nacht anfängt zu areiten oder oder oder....
irgendwer findet sich der dann zwei schichten oder ähnliches schiebt.
Und genau damit plant die PDL doch.
 
Das ist mir noch alles nicht ausreichend lösungsorientiert und zu viel gejammert (wobei ich wirklich keinem zu nahe treten möchte!!)

Die PDL/der Berteiber ist verpflichtet, ausreichend Personal einzustellen.
Was sagt der Betriebsrat, wie verhalten sich die Kostenträger bei diesen Situationen?

So ganz stimmt es nicht, dass ich dann auch noch voll zur Verantwortung gezogen werden kann, wenn ich Dinge falsch erledige oder unterlasse. Hierfür schreibe ich eine Entlastungsanzeige (nicht Überlastung) und weise ausdrücklich darauf hin, dass unter den gegebenen Umständen Fehler auftreten können und ich meinem Arbeitsvertrag und den mitgeltenden Gesetzen nicht nachkommen kann.

Somit ist der Ball beim AG, der dann handeln muß/sollte...
 
@nordlicht:
da weder Entlastungsanzeige oder Überlastungsanzeige definiert sind ist es Jacke wie Hose, wie die Überschrift lautet, der Inhalt ist wichtig.

Hier nochmal, wie ich finde, eine interessante Stellungnahme bzw. Erläuterungen dazu:

ver.di: Überlastungsanzeigen
 
Warum kann die PDL nicht gestört werden wenn die Hütte brennt?
Das ist einfach zu beantworten.
Eben weil es (zumindest dort wo ich arbeite) nachts keine Rufbereitschaft der PDL gibt.
Die werde ich über die Telefonzentrale nicht erreichen.
Und private Handynummern von PDL Mitarbeitern liegen nunmal nicht aus.
Also WO anrufen? Ich komme in der Nacht ha nicht an die PDL ran.

nun, ich scheine für einen guten AG zu arbeiten - Krankenhaus - da haben wir Kstastropheneinsatzpläne.
Darin stehen von allen Mitarbeitern die Telefonnummern.

Ich war schon in der Situation.
Nachtdienst meldet sich am Samstag spätnachmittags krank.
Beim arbeiten alle eigenen Kollegen angerufen, keiner kann kommen.
Stationsleitung angerufen, nicht erreicht.
Bereichsleitung angerufen, nicht erreicht.
Pfegedirektion angerufen - erreicht! Diese meine PD fand unseren Anruf ganz normal (220 Bettenhaus) und richtig. Gefreut hat sie sich natürlich nicht.
Nun gut, sie erreichte eine der niedrigeren Leitungsebene.
Ergebnis: Ich blieb 3 Stunden länger, wurde dann von meiner Stationsleitung abgelößt.
Niemand aus der Leitungsebene hat später über diesen Anruf irgendetwas zu meckern gehabt, es wurde als ein Zeichen von Kompetenz gewertet.
 
Noch zur Ergänzung: Genauso wie wenn ich krank werden würde und kein neuer Mitarbeiter kommt, müsste der Patient auch ins Krankenhaus, wenn ich aufgrund langer Arbeitszeit eine sichere Versorgung eines Beatmungspatienten nicht mehr gewährleisten kann. Das ist doch ganz klar und sowas sollte einem das Verantwortungsgefühl auch sagen. Man ruft nicht den Notdienst, sondern den ärztlichen Bereitschaftsdienst 116 117.

In einem Pflegeheim würde ich die Überlastungsanzeige machen, egal wie man das nennt, und dann mich wie eine Privatperson verhalten. Natürlich anwesend sein, aber nur noch groben Schaden abwenden, aber z.B. keine Lagerungen mehr durchführen (ausser bei pulmonalen Problemen natürlich), keine aufschiebbaren Medikamente mehr geben. Aufgrund der Wahrscheinlichkeit Fehler zu machen, ist es sinnvoll sich nur noch auf die allernötigsten Sachen zu beschränken.

Das macht man einmal, und beim nächsten Mal wird es eine Lösung für das Problem geben, jede Wette.
 

Ähnliche Themen