Rechtliche Situation bei Urlaub der nie offiziell genehmigt wird

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Barotrauma

Gast
Hallo Kollegen


Ich habe mal eine Grundsatzfrage zum Thema Urlaub, da es bei der Verfahrensweise unserer Urlaubsplanung immer wieder zu Fragen oder Problemen kommt. Es gibt zwar schon etliche Threads zum Thema, aber auf meine spezielle Frage konnte ich bisher noch keine Antwort finden.

Ich arbeite in der Heimbeatmung. Unsere Urlaubsplanung wird immer im Dezember des Vorjahres gemacht. Wir haben dazu im Team eine Urlaubsliste (das ist nicht irgendein Kalender oder Zettel, sondern ein Vordruck) in der jeder einträgt, wann er seinen Urlaub wie nehmen möchte.

So:

Name---------- Januar----------- Februar---------- März---------- April------------ Mai------ ...----- Dezember

Baro Trauma ----10.-15.01. --------------------------------------------- 12.-22.04.--------------------------- 01.-08.12. ...
---------------------5 Tage------------------------------------------------- 10 Tage------------------------------- 7 Tage


Die Liste liegt dann im Team, meines Wissens nach, geht nicht mal eine Kopie an die Verwaltung. Die Liste wird weder von Teamleitung noch von PDL unterschrieben, auch gibt es bei uns keine Urlaubsscheine, die man dann nochmal extra schreibt und die dann von TL oder PDL unterschrieben werden.

Das heißt, eigentlich, wird der Urlaub nie offiziell genehmigt bzw. erst dann, wenn er im DP steht und der von der PDL unterschrieben wurde, was im Endeffekt heißt: Es kann sein der DP ist schon längst in Kraft getreten, wenn er von der PDL unterschrieben wird, da diese ja nicht ständig Vorort ist, den DP meist auf dem Postweg erhält und irgendwann mal unterschreibt und eine Kopie dann ins Team zurückschickt.
Bis dahin ist bei uns eine ununterschriebene Kopie im Team.
Die Teamleitung unterschreibt bei uns den Dienstplan nicht, sondern ist nur im "Dienstplankopf" als Teamleitung eingetragen.

Nun frage ich mich, wo da die rechtliche Absicherung für mich ist? Schließlich bucht man ja seinen Urlaub nicht erst, wenn der Dienstplan unterschrieben und der Urlaub damit offiziell genehmigt ist.
Da der Urlaub ja nie offiziell genehmigt wird, wie verhält sich das dann, wenn ich meinen Urlaub ordnungsgemäß im Dezember in diese Urlaubsliste eintrage, es auch im Team diesbezüglich in diesem Moment keine Probleme gibt, ich dann meinen Urlaub kurz darauf buche und irgendwann drei Monate später heißt es: "Nö, sorry da kannst du keinen Urlaub nehmen und schon gar nicht drei Wochen, Urlaub ist gestrichen, da kannst du auch nichts dagegen machen, denn dir wurde nie zugesichert, dass du deinen Urlaub so nehmen darfst.
 
Hallo Baro

Das ist ne echt schwierige Frage. Ich habe auch ewig gesucht und gelesen, bevor ich was gefunden habe, was mir aber auf diese spezielle Frage, auch nicht wirklich weitergeholfen hat. Ich stelle hier mal sowohl die wichtigsten Aspekte, als auch den Link ein, wo ich die beste Erklärung gefunden habe:
FRAGE:
WER LEGT DEN URLAUB FEST ?
ANTWORT:
DAS WEISS KEIN MENSCH?

Wie bitte? Ja. Jede kurze Antwort wäre falsch.
Die Antwort scheint zunächst ganz einfach zu sein: Nach § 7 Abs. 1 BUrlG legt der Arbeitnehmer den Urlaub fest. Diese Aussage muss aber im Einzelnen qualifiziert werden.
Nach dem Gesetz sind seine Urlaubswünsche zu berücksichtigen, allerdings ist die Rechtspraxis so ausgestaltet, dass es vorrangig auf diese Urlaubswünsche ankommt. Wer in einem bestimmten Zeitraum Urlaub haben will, muss ihn grundsätzlich auch in diesem Zeitraum bekommen. Der Arbeitgeber legt aber durch die Gewährung von Urlaub erst fest, dass der Urlaub tatsächlich stattfinden darf.

Verwirrt? Kein Wunder! Eine Fristenlösung hat der Gesetzgeber nicht getroffen, obwohl viele Arbeitnehmer das glauben. Die sähe so aus: Ich beantrage Urlaub, antwortet der Arbeitgeber innerhalb zweier Wochen nicht, gilt er als erteilt. So ist es aber nicht.

Man muss also fragen – Urlaubsantrag wird das meistens genannt. Der Arbeitgeber kann den Urlaub nur verweigern, wenn sog. dringende betriebliche Gründe dem entgegenstehen. Aus der Praxis lässt sich sagen: Das ist eigentlich nie der Fall. Natürlich gibt es Betriebe, in denen die Verhältnisse so außerordentlich sind, dass man gelegentlich einen solchen Grund geltend machen kann. Für die große Masse der Arbeitsverhältnisse dürfte das aber nicht zutreffen. Auch von dieser Ausnahme gibt es wieder eine Ausnahme – wenn die Urlaubswünsche anderer Arbeitnehmer, die ihren Urlaub früher beantragt haben, entgegenstehen, kann im Einzelfall ein sehr später Urlaubsantrag doch verweigert werden. Ein rechtzeitiger Urlaubsantrag ist also wichtig.

Was aber, wenn der Arbeitgeber auf den Urlaubsantrag nicht reagiert? Der Arbeitnehmer befindet sich hier zwischen Baum und Borke. Eine Fristenlösung gibt es – siehe oben – wirklich nicht.
...
Es gibt in der Tat eine Fülle von Einzelfällen, in denen die Gerichte versucht haben, dem Arbeitgeber eine Art Genehmigungsfiktion unterzujubeln, um dem Arbeitnehmer zu helfen, der keinen Grund hatte, von einer Nichtgenehmigung auszugehen. Das geht nur über den Rechtsgrundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB), ein schwankender Kahn. Relevante Fälle schließen z.B. Vorkommnisse ein, in denen ein Urlaubsantrag mehrere Urlaube erfaßt, einer davon abgelehnt, aber zu den anderen nichts gesagt wurde. Hier darf man nach Auffassung des (früheren) LAG Berlin von einer Genehmigung ausgehen, obwohl sie ausdrücklich nicht vorliegt (20.8.2004, 6 Sa 777/04). Schweigen kann je nach den Umständen des Einzelfalls auch eine Urlaubsgewährung darstellen (LAG Köln, 6.2.2002 8 Sa 1278/01, der Fall paßt aber nur beschränkt auf die meisten Situationen). Auch eine Uraltentscheidung des LAG Düsseldorf aus dem Jahr 1970, die gerne herangezogen wird, ist nicht tauglich (Urteil vom 8. 5. 1970 – 3 Sa 89/70 = DB 1970, 1136). Dort hatte sich jemand in eine offizielle Urlaubsliste eingetragen und vier Wochen nichts gehört – in den meisten Betrieben fehlt es schon an solchen Listen.

Wer sich selbst in dieser Situation beurlaubt, muss mit einer (fristlosen!) Kündigung rechnen, allerdings kommt es auch da auf die Umstände an – das BAG hatte 1996 einen Arbeitnehmer vom Haken gelassen, dessen Selbstbeurlaubung nicht als verwerflich erschien (31.1.1996, 2 AZR 282/95). Einige Tarifwerke sehen wohl auch eine Genehmigungsfiktion vor. Generell aber gilt: Ohne ausdrückliche Genehmigung kann der Urlaub nicht angetreten werden. Da der Arbeitgeber aber (siehe oben) ohnehin verpflichtet ist, einen Urlaub, dem Hinderungsgründe nicht entgegenstehen, zu gewähren, bleibt nur das Ausweichen auf einen einstweiligen Verfügungsantrag (siehe unten), dem meist Erfolg beschieden sein wird.

FRAGE:

WAS TUN, WENN ICH AUF MEINEN ANTRAG NICHTS HÖRE; DER URLAUB VERWEIGERT ODER WIDERRUFEN WIRD ?
ANTWORT:
ERST ZUM ANWALT, DANN ZUM ARBEITSGERICHT?


Gelegentlich kommt es vor, dass Arbeitgeber ausdrücklich einem Urlaubsantrag widersprechen. Dann muss, insbesondere wenn bereits eine Reise gebucht ist, schnell gehandelt werden. Zunächst müsste durch Fachleute geprüft werden (man sollte sich hier wirklich an seine Gewerkschaft oder einen Rechtsanwalt wenden), ob die Verweigerung tragfähig ist. Wäre sie das – was nur in Ausnahmefällen in Betracht kommt – dann kann der Urlaub nicht angetreten werden.
Wer bereits gebucht hat, wie bei Pauschalreisen üblich, bleibt auf den Stornokosten und ggf. sonstigen Aufwendungen sitzen. Einen Ersatzanspruch hat er hierfür nicht.

Der Regelfall wird allerdings eine unberechtigte Ablehnung sein. Um dem Arbeitnehmer zu ersparen, dass er ohne den Willen seines Arbeitgebers in den Urlaub geht, kann er deswegen eine einstweilige Verfügung beim zuständigen Arbeitsgericht auf Freistellung für die Zeit des Urlaubs beantragen. Diese Verfahren werden sehr schnell, in der Regel innerhalb weniger Tage, abgewickelt und prüfen zunächst summarisch, ob nach dem äußeren Erscheinungsbild hier ein Widerspruchsgrund vorliegt oder nicht. Ist das nicht der Fall, stellt das Arbeitsgericht per einstweiliger Verfügung den Arbeitnehmer frei. Er darf dann auch fahren. Der Arbeitgeber kann ihm hieraus keine negativen Konsequenzen zu Teil werden lassen, insbesondere also nicht wegen unerlaubter Abwesenheit abmahnen oder gar kündigen. Allerdings gibt es gelegentlich im Anschluss Streit über das Urlaubsentgelt. Einstweilige Verfügungen auf Urlaubsgewährung sind nämlich eigentlich nur auf Freistellung von der Arbeit gerichtet, sagen aber wegen des summarischen Charakters der Verfahren nichts darüber aus, ob auch wirklich ein Anspruch auf Urlaub im konkreten Zeitraum bestand und deswegen das Urlaubsentgelt zu zahlen ist.

So etwas muss, wenn der Streit fortdauert, in einem gewöhnlichen arbeitsgerichtlichen Verfahren geklärt werden und kann zu durchaus unterschiedlichen Ergebnissen führen. War die einstweilige Verfügung nämlich sachlich falsch, durfte der Arbeitnehmer zwar fahren, erhält aber in der Zeit seines Urlaubs kein Geld. Es soll nicht verschwiegen werden, dass das LAG Baden-Württemberg in einer Entscheidung aus 2009 deshalb einen anderen Weg gegangen ist (10 SaGa 1/09, Urteil vom 30.6.2009): Nach deren Auffassung kann die einstweilige Verfügung auf Erteilung des Urlaubs gerichtet sein; das Verfahren klärt die Frage dann abschließend. Unseres Erachtens ist das mit dem Prinzip des summarischen Verfahrens nicht vereinbaren – aber nachdem ein Rechtsmittel gegen solche Entscheidungen nicht gegeben ist, kann letztlich jedes LAG machen, was es will.

Urlaub FAQs | reuter-arbeitsrecht.de
 
Hallo,

Wir haben dazu im Team eine Urlaubsliste (das ist nicht irgendein Kalender oder Zettel, sondern ein Vordruck) in der jeder einträgt, wann er seinen Urlaub wie nehmen möchte
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Formal erfüllst Du damit einen korrekten Urlaubsantrag. Um eine wirkliche Rechtssicherheit zu haben, wäre natürlich eine schriftliche Bestätigung oder zumindest eine mündliche unter Zeugen am besten.

Eine stillschweigende Genehmigung ist wohl problematisch. Ich hatte zu dem Thema auch mal recherchiert und da sehr widersprüchliche Informationen gefunden.

Der Arbeitgeber muss sich in einer angemessenen Zeit äußern. Angemessen war nach einem Gerichtsurteil mal 1 Monat. Tut er das nicht, ergibt sich daraus aber nicht automatisch, daß man seinen Urlaub antreten kann. Hier sollte man besser schriftlich nachfragen mit dem Hinweis, bis wann man eine Nachricht bräuchte, um seine Reise zu buchen.

In Euerem Fall wäre zu erwägen, ob die Art der Urlaubsplanung und -genehmigung als "Betriebliche Übung" gesehen werden kann. Also, daß Du davon ausgehen kannst, daß der Urlaub, den Du zusammen mit dem Team und der Teamleitung abgestimmt und eingetragen hast, auch genehmigt ist.

Man kann also (leider) nicht davon ausgehen, daß es einen festen Zeitpunkt gibt, ab dem ein Urlaubantrag automatisch als genehmigt anzusehen ist. Ich würde Dein Gefühl von Planungsunsicherheit mit der Teamleitung besprechen, ob hier eine Lösung gefunden werden kann.
 
Barotrauma schrieb:
Wir haben dazu im Team eine Urlaubsliste (das ist nicht irgendein Kalender oder Zettel, sondern ein Vordruck) in der jeder einträgt, wann er seinen Urlaub wie nehmen möchte

hypug schrieb:
Formal erfüllst Du damit einen korrekten Urlaubsantrag.
Ich kann dazu leider keine gesetzliche Regelung finden, die das stützen würde.
 
Die einfache Textform ist immer dann ausreichend, wenn der Unterrichtungs- und Informationszweck der Erklärung im Vordergrund steht.... Wirksame Erklärungen in Textform sind z.B. möglich bei/für
- Urlaubsantrag
Urlaubsgenehmigung oder Urlaubsablehnung ...
Quelle

Quelle
 
Okay, alles klar. Aber was man nun unter "im Betrieb üblicher Frist" versteht ist mir schleierhaft. Vorallem wenn der Betrieb es sich zur Regel macht, den Urlaub nach gutdünken zu streichen so wie es ja bei der TE zu sein scheint. Da kann man ja von irgendwelchen üblichen Fristen nicht wirklich reden.
 
Ich hatte das nicht so verstanden, daß der ARbeitgeber den Urlaub nach Gutdünken streicht. Ich dachte, es geht mehr generell um die Planungssicherheit. Kann ich jetzt buchen oder nicht?

"Betrieblich üblich" ist ganz wahrscheinlich nur im Rechtstreit in Einzelfallentscheidungen zu definieren. Soweit soll es aber nach Möglichkeit doch gar nicht erst kommen...
 
Ja, okay, kann sein ich hab das EP beim Lesen falsch interpretiert.
 
Erst mal vielen Dank für Eure Hilfe.

Ich hatte das nicht so verstanden, daß der ARbeitgeber den Urlaub nach Gutdünken streicht. Ich dachte, es geht mehr generell um die Planungssicherheit. Kann ich jetzt buchen oder nicht?
Ja im Prinzip ging es auch darum, aber es ist auch schon desöfteren Vorgekommen, dass halt der Urlaub mit der Begründung von Personalmangel und der Begründung das er ja erst offiziell genehmigt sei, wenn er im Dienstplan stehe, gestrichen wurde.
 
Rechtsratgeber Urlaub


Ja im Prinzip ging es auch darum, aber es ist auch schon desöfteren Vorgekommen, dass halt der Urlaub mit der Begründung von Personalmangel und der Begründung das er ja erst offiziell genehmigt sei, wenn er im Dienstplan stehe, gestrichen wurde.

Ich glaube schon, daß Du im Ernstfall gute Chancen hättest mit einer einstweiligen Verfügung den Urlaub anzutreten. Ein Monat wird allgemein als angemessen angesehen. Aber der Begriff "angemessen" ist nicht klar definiert. Mit der Zusatzinformation, daß der Arbeitgeber sogar absichtlich keine Genehmigungen vergibt, verstößt er m.E. auf jeden Fall gegen das Gebot, über Anträge zeitnah zu entscheiden. Von einer stillschweigenden Zustimmung kannst Du mit Deinem Wissen über das Vorgehen des Arbeitgebers nicht ausgehen.

Hier müßte noch geprüft werden, ob die übliche betriebliche Praxis rechtens ist, daß Urlaub erst zu einem bestimmten Termin verbindlich zugesagt wird.

Wenn man manche Rechtsforen zu dem Thema anschaut - da klopfen sich ja schon die Juristen (wenn es denn welche sind) drüber.
 
Nachtfan und hypurg danke, dass hat mir enorm weitergeholfen und genau nach sowas habe ich auch gesucht.

Wieder was dazu gelernt. Langsam hab ich das Gefühl ich werde Fachkrankenschwester für Jura.
 

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