Erste Hilfe leisten - rechtliche Situation?

graógramán

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Freiburg
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Gesundheits- und Krankenpfleger
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Kardiologische Intensivstation
Hi,

kann mir jemand sagen wie es rechtlich bei folgender Situation aussieht?!

Es ist ein Autounfall und es kommt ein Passant zum Unfallort.
Die verunfallte Person muß reanimiert werden.
Der Passant ruft den Notarzt und sichert die Unfallstelle und macht sonst aber weiter nichts. Er wartet auf den Arzt.

Der Verletzte stirbt noch am Unfallort.

Können die Angehörigen nun den Passanten verklagen auf unterlassene Hilfeleistung??

Anderer Fall:

Es ist die gleiche Ausgangssituation.
Allerdings bin ich jetzt der Passant.
nachdem ich den Notarzt gerufen hab fang ich an zu reanimieren.
Trotz Reanimation stirbt der Verunfallte.

Können mich die Angehörigen jetzt auch verklagen, weil er trotzdem gestorben ist, oder nicht??

Vielen Dank schon mal für die Hilfe.

graógramán
 
Zu 1: Wer nicht hilft muss mit straf- und zivilrechtlichen Folgen rechnen.
Aber natürlich nicht wenn es wirklich um eine Reanimation geht und der Passant nie einen Erste Hilfe Kurs besucht hat. Also z.B. ein Jugendlicher.
Wer aber mehr kann als er tut, nur aus Angst etwas falsch zu machen, muss mit rechtlichen Konsequenzen rechnen.


Zu 2: Nein, du kannst ja nichts dafür, dass er trotzdem stirbt, du hast dein Möglichstes getan... (Es sei denn du hast einen Notfallkoffer dabei ;)

Edit: Guckst du hier Rechtliche Aspekte bei Hilfeleistung - Wikipedia
 
Hi graógramán !

Wenn Du jemanden wie in Deinem Beispiel reanimierst und der Patient verstirb, dann kann Dir rechtlich nichts passieren.
Dann würde ja niemand mehr erste Hilfe leisten aus Angst anschließend rechtlich belangt zu werden.
Wenn Du nichts unternimmst, dann sieht die Sache schon wieder anders aus(unterlassene Hilfeleistung).
Es werden dann bei Dir medizinische Vorkenntnisse vorausgesetzt, die Du in so einer Situation anwenden kannst/könntest!
 
Vielen Dank für die Hilfe.

graógramán
 
Also, ich hänge immer noch bei dem ersten Beispiel, das Zweite ist ja eigentlich klar.

Es heißt ja im Paragraph 323c StGB:


UNTERLASSENE HILFELEISTUNG:

Wer bei Unglücksfällen oder gemeiner Gefahr oder Not nicht Hilfe leistet, obwohl dies erforderlich und ihm den Umständen nach zuzumuten, insbesondere ohne erhebliche eigene Gefahr und ohne Verletzung anderer wichtiger Pflichten möglich ist, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.


Was bedeutet denn da genau: "und ihm den Umständen nach zuzumuten"?
Das würde ja heißen, dass, sollte es zu einer Anzeige wegen unterlassener Hilfeleistung kommen, das Gericht entscheidet, ob derjenige belangt werden kann, oder nicht.

Also kann man die Frage nicht pauschal beantworten, finde ich.
Oder habe ich da jetzt einen Denkfehler drin?
 
Hallo Coco,

ich denke das ist so gemeint, daß z.B. eine Frau die im 8 Monat Schwanger ist, oder ein alter mann mit 89 Jahren; das es für diese nicht zumutbar ist jemanden zu reanimieren.
Oder ein Teenie der 10 Jahre alt ist.

So denk ich mal, daß das gemeint ist, oder??

graógramán
 
...ich denke das ist so gemeint, daß z.B. eine Frau die im 8 Monat Schwanger ist, oder ein alter mann mit 89 Jahren; das es für diese nicht zumutbar ist jemanden zu reanimieren.
Oder ein Teenie der 10 Jahre alt ist.
Hallo grangaomann,
da kommst du jetzt plötzlich raus mit extremen Altersgruppen....
Deine Eingangsfrage war offensichtlich auf eine Alltagssituation bezogen.
Mach deine Fragestellungen klar und deutlich, und lass uns nicht zwischen den Zeilen lesen.

Weder dem 89-jährigen noch dem 10-jährigem ist es unbedingt zuzumuten, zu reanimieren. Auch ein Strafrichter wird dies höchstwahrscheinlich so aburteilen. Man muss weder allgemein noch als 89-jähriger Leib und Leben riskieren, um jemanden anders zu retten, zumindest nicht im strafrechtlichem Sinn. Beide müssten dementsprechend auch in einen reissenden Fluss springen.....
Abgesehen davon ist der 10-jährige eh noch garnicht strafmündig, dem passiert garnix.

@coco:
Ja, das Gericht wird ggf die Zumutbarkeit prüfen und bewerten. Das ist nun mal die Aufgabe des Strafrichters, allerdings kann er sich natürlich eines Gutachters bedienen.
 
Hallo Coco,

ich denke das ist so gemeint, daß z.B. eine Frau die im 8 Monat Schwanger ist, oder ein alter mann mit 89 Jahren; das es für diese nicht zumutbar ist jemanden zu reanimieren.
Oder ein Teenie der 10 Jahre alt ist.

Es ist so, dass du z.B. als Frau bei einem verunfallten Fahrzeug mitten in einem
dunklen Wald nicht aus dem Auto musst.
Hilfe bedeutet schon, dass du einen Notarzt rufst.
Sobald dein eigenes Leben/Sicherheit in Gefahr gerät, musst du auch nichts tun.
Ich würde auch niemanden beatmen, der massiv aus dem Mund blutet.
Einfach, weil für mich die Ansteckungsgefahr zu groß ist.

Beatmung wird ebenfalls nicht mehr vorausgesetzt, aber Pumpen musst du.

Sorry für eventuelle Rechtschreibefehler, ich sitz im Internetcafe, und die Tastatur klemmt teilweise.
 
Es ist so, dass du z.B. als Frau bei einem verunfallten Fahrzeug mitten in einem
dunklen Wald nicht aus dem Auto musst.

Was ich persönlich eine Frechheit finde! Da geht es ja nicht nur um Wald sondern um einsame Straßen. Also wenn sonst keiner da ist. Aber genau das ist die Situation wo die Frau gebraucht werden würde.
Stelle mir grade vor wie ich da liege, die Frau anflehe mir zu helfen und dann schön langsam verblute weil Madame meint da wär irgendwo ein Vergewaltiger...
 
Hallo,
ich habe mich mit meinem Nachbarn darüber unterhalten, er ist Richter.
Er sagt, jeder ist, steht auch so im §323 soweit zur Hilfe verpflichter, wie ihm zumutbar ist.
Soweit sind wir uns ja alle einig.
Die Rechtsprechung sagt, dass der Notruf jedem Zumutbar ist.
Ob ich jetzt im dunklen Wald aussteige und helfe, bleibt mir überlassen.

Also, wenn ich den Notruf nicht absetze mache mich strafbar.

Was ich nachts im dunklen Wald machen würde? Vermutlich aussteigen, aber versprechen kann ich es nicht.
Maniac, würde ich wissen dass du es bist, würde ich selbstverständlich aussteigen und helfen.:rofl:

Sonnige Grüsse
Narde
 
...wobei selbst die Polizeibeamten gehalten sind, auf eine ausreichende Eigensicherung dabei zu achten.

in diesem Thread geht es jedoch nicht um die moralische Verpflichtung, sondern um die rechtliche Würdigung.
 
Maniac, würde ich wissen dass du es bist, würde ich selbstverständlich aussteigen und helfen.:rofl:

Danke, das ist nett von dir ;)

Und jetzt schnell weg von der Moral und der Liebenswürdigkeit, sondern zurück zum Recht - oder wurde schon alles gesagt!?
 
Eine kleine Frage habe ich nun doch noch....
Bin ja nun auch eine kleine schwache Frau :mryellow: , aber mit Garantenstellung- wie sieht es da aus? Kann ich mich da auch auf den Eigenschutz berufen in dem Bsp nachts im Wald und so?
 
Hallo Coco206,

hast du auch die Seite 1 des Thread's gelesen? Da ging es nämlich auch um das Thema, nachts alleine im Wald.

Liebe Grüsse
Narde
 
Das meiste wurde schon gesagt.

Mit dem Anruf ist "Erste Hilfe" bereits getan und man kann nicht rechtlich belangt werden. Nur keine Hilfe zu holen ist strafbar.

Selbst wenn man als KS keine Reanimation durchführt oder Fehler begeht, kann Sie nicht belangt werden. Denn es ist eine Freizeitsituation. Natürlich muss Sie aber den Notarzt verständigen.

Anders sieht es im Beruf aus. Im KH wird man belangt.

Zu den Thema, etwas Falsch zu machen:

Der Mensch der da liegt ist bereits schon in eine lebensbedrohliche Situation. Schlimmer kann es nicht werden. Sonst würd er keine Hilfe benötigen. So oder so würd er sterben. Durch "erste Hilfe" hat er wenigstens eine Chance. Da sollte man sich wirklich überlegen, ob so ein Anruf reicht, nur aus Angst, was Falsches zu tun....
 
"In der Freizeit bin ich keine Pflegekraft, kann daher im (zumutbaren) Rahmen nicht helfen!" - das wird ein Gericht anders sehen. Zum Thema Garantenstellung: Recht im SanD/RD: Garantenstellung

ciao
Manuel
 
Jap, jeder "Ottonormalverbraucher" ist mit dem Notruf auf der sicheren Seite, jedoch würde man das bei dir als qualifizierte Person (ich gehe davon aus das wir alle im Schlaf reanimieren können!) etwas anders sehen, inwiefern das jetzt genau ausfallen würde, keine Ahnung. Aber man würde bei dir auf jeden fall mehr hinterfragen, wieso, weshalb, warum! Und nach den neuen Richtlinien steht sowieso nur die Cardiokompression im Vordergrung! Ohne Ambubeutel hätte ich nämlich da auchehrlich gesagt meine Hemmungen!
 
hallo
ich bin rett-ass und krankenschwester.und ich kann dir defi, sagen, dass du in beiden fällen nicht belangt werden kannst.sobald du die 112 angerufen hast bist du rechtlich raus.denn dies ist erste hilfe...und soweit du keine garantenstellung hast(das heisst im medizinischem beruf bist)passiert auch nichts.und selbst wenn...kannst du immer noch sagen, dass du nicht in der lage warst weitere maßnahmen zu ergreifen(z.B.alkohol getrunken usw.)aber keine sorge, du hast alles richtig gemacht....hilfe wurde geholt...und niemand würde hier weitere fragen stellen.........
 

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