Pflegenotstand (häuslich) - auch religös bedingt?

lisalein

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Hallöchen ihr,

wir hatten heute eine Diskussion über die Gründe, warum häusliche (also auch angehörigen) Pflege immer weniger praktiziert wird/praktiziert werden kann. U.A. ist ja auch der demographischer Wandel, Emanzipation (Frauen wollen und müssen arbeiten) ein Grund hierfür.

Nicht dass ihr mich falsch versteht, ich bin nicht sonderlich der Kirche verschrieben, aber aus ihr ist nunmal die Pflege entstanden, und viele kirchliche Institutionen/ Ehrenamtliche praktizieren sie ja auch. Nun ist in den letzten Jahren die Anzahl der Personen die religiös sind und einer Kirche angehören auch sehr gesunken. Ich selber komme vom Land, und hier gibt/gab es einige ehrenamtliche Personen (meist Frauen) aus der Kirchengemeinde, die ältere Leute besucht/betreut haben :"Liebe deinen Nächsten...", "Du sollst Vater und Mutter ehren" ... . Damals war es noch eher verpönt sich nicht um die eigenen Eltern/ oder anderweitige ältere Leute zu kümmern, heute verlieren die christlichen Werte immer mehr an Bedeutung. Wenn man ein "paar" Jahre zurück denkt, so war der letzte große Pflegenotstand zu Zeiten der Reformation : Kirchenkrieg. Es wanden sich viele Leute der Kirche ab so gab es auch deswegen einen großen Mangel an Pflegenden- Pflegenotstand. Das ist zwar ein kleiner "Beweis" aber dies ist nun so viele Jahre her und es ist so ein großer Wandel in der Pflege entstanden, dass dies auch kein richtiger wissenschaftlicher Beweis ist. :nurse:

Was haltet ihr davon?? Habt ihr irgendwelche Statistiken gefunden die den "religiösen" Wandel im Zusammenhang auf den Pflegenotstand der häuslichen-/angehörigen Pflege beweisen? Ich konnte leider nichts finden aber muss sagen dass das zu mindestens in dörflichen Regionen so ist/war. Leider kann man dies nicht als Ursache/These aufstellen, wenn dies nicht durch irgend eine wissenschaftliche Literatur bewiesen worden ist. Nicht das ihr mich falsch versteht es gibt sehr viele Gründe für den Pflegenotstand aber ich würde meine These gerne irgendwie begründen können, weil mir diese selbst als nicht wirklich religiöser/kirchlicher Mensch als sehr plausibel, nachvollziehbar etc. klingt.:besserwisser:


Viele Grüße
lisalein
 
Hallo

Sehr interesante Fragestellung.

Ich habe dazu folgende Meinung:

Ja dadurch das die Menschen demografisch immer Älter werden nehmen auch die Altersbedingten Erkrankungen zu. Dadurch sind viele Angehörige mit der Pflege überfordert, dazu kommt der berufliche Stress den sie in der Arbeitswelt ausgesetzt sind. Alles muss immer schneller und schneller gehen.

Beispiel: Demenzielle Erkrankungen nehmen rasant schnell zu

Da der umgang mit Dementen Menschen eine sehr umfangreiche Aufgabe ist verwundert es mich nicht das die Angehörigen überfordert sind.

Demente Menschen brauchen immer viel zuwendung und geduld das ist vielen Angehörigen als 24 Stunden job zu anstrengend.

Warum nenne ich dieses Beispiel: Weil ich es tagtäglich bei meiner Arbeit beobachte!!!!
Viele angehörige sind für 2-3 Stunden die Woche bei den Angehörigen und Wirken oft mit der Situation überfordert und Fragen mich dann um Rat.

Auch ist die Geburtenrate sind stetig zurückgegangen wodurch mehr Pflegebedürftige da sind als Pflegepersonal

und (habe ich leider selber erlebt) oft wird die Pflegehelfer- und Pflegefachkraftausbildung an die Religionen gekoppelt und willige Menschen müssen lange suchen bis sie die change erhalten eine Pflegeausbildung zu erhalten ( Über die einzelne Qualität der Arbeitskräfte schweige ich lieber ( ist zu haarsträubend was man alles erlebt)
 
Hallo Keen,

Vielen Dank für die Antwort :)
Was du beschreibst ist natürlich richtig, im Bezug auf die häusliche Pflege. Aber soweit ich weiß bekommt man mit einer Demenz noch nicht die Pflegestufe 1, sondern eine Pflegestufe 0 sprich 2400 Euro jährlich-bpsw. für psychsoziale (gerontologisch) Betreuung, was ja auch nur ein Tropfen auf dem heißen Stein ist, sprich so lange die Familie nicht das Geld für ein Pflegeheim allein aufbringen kann, werden sich die Familienmitglieder etc. wohl fast ausschließlich um die betroffenen Person kümmern. Ich selber habe noch nicht so viel Erfahrung mit dementen Menschen, da ich vor dem Studium nicht in der direkten Pflege gearbeitet habe, aber was ich davon mitbekommen habe, in einigen Fällen ist besonders für Angehörige doch sehr dramatisch.

Es gibt ja die "süßen" Dementen Leute, die lieb und nett sind und mit 85 Jahren sagen dass sie bei ihren Eltern wohnen die 90 sind und das ja damals andere Zeiten waren ;)) Aber es gibt halt auch viele Demente Leute die aufgrund der Erkrankung dann denken, dass man ihnen etwas geklaut hat und die dann richtig "ausrasten". Ihre Verwandten tw. sagen dass die sie um die Ecke bringen wollen, weil sie sie ins Krankenhaus bringen, um an ihr Erbe zu kommen etc. . Also wäre das meine Mutter würde das mich sehr belasten. Wenn die Demenz sehr fortgeschritten ist gibt es außer die Embryonalshaltung und "Mama" und "Aua", Schreie etc. eigentlich gar keine Kommunikation mehr.

Ich finde wirklich keine Statistik/Artikel die das mit dem religiösen Wandel beschreiben... Also entweder ist das eine blöde Feststellung oder es gibt hierzu noch nichts oder ich bin zu blöd etwas passendes zu finden. Das ärgert mich wirklich, weil ich denke, dass ich hiermit nicht falsch liege, auch aus eigenen Erfahrungen? Nagut die Kirche wird nun nicht so viel Forschung betreiben, weil sie sich damit evtl. selber ins Fleisch schneiden würde.
:-?
 
warum häusliche (also auch angehörigen) Pflege immer weniger praktiziert wird/praktiziert werden kann.
ist das denn so? Meines Wissens nach wird immer noch ein Großteil der Pflegebedürftigen zu Hause gepflegt.

hab mal ganz ganz schnell gegoogelt... hier Zahlen aus Mecklenburg, die sich aber auch ungefähr mit dem decken, was ich in Erinnerung habe:
72 Prozent der Pflegebedürftigen zu Hause betreut

Quelle: Presseinformationen - Statistisches Amt Mecklenburg-Vorpommern

Meines Wissens nach bleibt der Anteil der Pflegebedürftigen zu Hause in den letzten Jahren prozentual ungefähr gleich. - aber da die Zahl der Pflegebedürftigen insgesamt wächst, steigt auch die Zahl derer, die im Heim ect. versorgt werden... Dass mehr ambulante Hilfe in Anspruch genommen wird, hat sicher verschiedene Ursachen.

Liebe Grüße
 
Directupload.net - Dysrit6bq.png


Klar wird ein Großteil der Pflege noch ambulant/daheim ausgeführt. Ich habe hierzu eine Statistik verkürzt in eine Tabelle geschrieben. In der ursprünglichen Tabelle „Leistungsempfänger insgesamt nach Pflegestufen 1997-2003“, welche in einem Skript von einem Prof ist, sind die einzelnen Jahre nochmals aufgezählt also auch 1998,99 ... und dann noch die Unterteilung der ambulanten- und stationären Pflegedienstleistungen in die Pflegestufen. Aber um den Wandel kurz zu verdeutlichen habe ich diese hier verkürzt wiedergegeben. Wie man erkennen kann ist die absolute Zahl der Leistungsempfänger um ca. 13,9% gestiegen. Während in der ambulanten Pflege die Dienstleistungen „nur“ um 6,7% gestiegen sind sind in stationären Einrichtungen die „Dienstleistungen“ um satte 32,4 % gestiegen. Und das innerhalb von 6 Jahren!!! Also das ist ein ziemlich kurzer Zeitraum, nagut man darf nicht vergessen das die Pflegeversicherung erst 1995 eingeführt worden ist und es deshalb evtl. auch anfangs mehr „Defizite“ gab.
 
Hallo lisalein

Hab mir noch eine andere Statistik durchgelesen. http://www.destatis.de/jetspeed/por...ungen/2008__11/2008__11Pflegebeduerftige.psml

Auch hier steigt der Anteil der Pflegebedürftigen. 2005 waren 2,13 Millionen Menschen in Deutschland pflegebedürftig. 68% oder 1,45 Millionen der Pflegebedürftigen wurden zu Hause versorgt, 677 000 Pflegebedürftige (32%) wurden in Pflegeheimen betreut.

Der Anteil der zu Hause Versorgten sank von 72% im Jahr 1999 über 69% (2003) auf 68% im Jahr 2005.


Interessant in dem Zusammenhang folgende Aussage: 1999 waren 3,6% der Bevölkerung 80 Jahre und älter. Im Jahr 2005 waren es dann 4,5%.

um aber die Frage nach dem "warum weniger zu Hause gepflegt" wirdzu beantworten muss man wohl schauen, wer überhaupt pflegt. Detail[tt_news]=2304&cHash=fbb58e0551bd0c681fc85d535ccf2dff

73% Frauen und 27% Männer sind in der häuslichen Pflege (ohne Hilfe von Pflegediensten) tätig. Das sind pflegende Töchter und Schwiegertöchter, sowie pflegende Ehefrauen, die ja oft jünger sind als ihre Männer.

Also die Pflegebedürftigen werden immer älter, somit auch die Angehörigen. Den Ehefrauen fällt es vielleicht kräftemäßig immer schwerer, ihre Ehemänner zu pflegen. Ich vermute aber auch, dass der Rückgang der häuslichen Pflege etwas mit dem veränderten Rollenverständnis der Frauen der Nachkriegsgeneration (das sind ja die Töchter und Schwiegertöchter) zu tun hat.

Ob da eine sinkende Religiösität eine Rolle spielt?...hm.

Liebe Grüße Maria
 
Hallo Isarlein,
wenn ich das richtig verstehe, meinst Du die Pflege von Kranke und Alten durch die Angehörigen. Ist das richtig?
Ich bin mir nicht sicher ob „die Pflege“ aus der Kirche entstanden ist. Denke mal, auch in Vorchristlichen Zeiten wird es Menschen gegeben haben, die Ihre Angehörigen gepflegt haben. Allein diese These zu untersuchen, wäre schon ganz interessant. Wo hast Du die These her, dass sich viele Menschen zur Zeit der Reformation von „der Kirche abwandten“? Die Reformation war eine Spaltung i n n e r h a l b der Kirche. Und zwar, weil die römisch katholische Kirche total korrupt war (siehe Ablassbriefe) etc. Da haben sich zwei neue Untergruppen, die Lutheraner und die Reformierten gebildet. Ich habe noch nie gelesen, dass dies einen Pflegenotstand ergeben hätte. Hast du da Quellen?
Es gibt in der Tat Zahlen darüber, dass in der letzten Zeit viele Menschen aus der Kirche austreten. Ich bin aber nicht so sicher, dass dies am Bedeutungsverlust der christlichen Werte liegt. Es könnte doch sein, dass die Menschen, die aus der Kirche austreten, sehr wohl christliche Werte haben und nur keine Lust haben, sich in einer großen Institution zu engagieren.
Ich bin mir nicht sicher, ob man den Zusammenhang mit dem postulierten Verlust an christlichen Werten und der Abnahme der Bereitschaft zur Pflege der Angehörigen so ohne weiteres ziehen kann.

Viele Grüße
 
Die These Religion ist net haltbar. Sich um Alte und Gebrechliche zu kümmern hat was mit Humanität zu tun. Und auf Menschlichkeit hat Kirche kein Monopol.

Ursachen sind m.E.:
- Einschränkungen, Altern und Sterben haben in einer Gesellschaft, die sich an jungen, gesunden, dynamischen und vor allem leistungsstarken Menschen orientiert, keinen Platz.
- Industrialisierung brachte den Zerfall der Großfamilien. Diese Entwicklung wird aktuell forciert durch die Globalisierung. Der Mensch muss flexibel sein, der Arbeit hinterher ziehen.
- Pflege wurde in den letzten Jahrzehenten zunehmend "professionalisiert". Man hat lange Zeit propagiert, dass die Versorgung von alten, kranken und sterbenden Menschen nur optimal geleistet werden kann in entsprechenden Institutionen. Die Geister, die man rief, wird man nun net wieder los. Es hat sich eine Generation entwickelt, der tatsächlich das notwendige Verständnis für die einfache Pflege fehlt.
- Das steigende Lebensalter dürfte sein übriges tun- wie oben schon beschrieben.

Elisabeth

PS Glauben vs. Kirche- das hat H.Kerkeling wunderschön auf den Punkt gebracht: http://www.kirchenserver.net/bwo/dc...ilfe2010/texte/DieKirchedasDorfkino_Texte.pdf
 
Ich denke mal, wir haben es hier (wie so oft im Forum) mit dem klassischen Problem des:
Cum hoc ergo propter hoc (viel Spaß beim googeln!) zu tun.
Ich bin in diesem Fall aber der Meinung:
Cum hoc non est propter hoc.


Grüße
 
Wo hast Du die These her, dass sich viele Menschen zur Zeit der Reformation von „der Kirche abwandten“? Die Reformation war eine Spaltung i n n e r h a l b der Kirche. Und zwar, weil die römisch katholische Kirche total korrupt war (siehe Ablassbriefe) etc. Da haben sich zwei neue Untergruppen, die Lutheraner und die Reformierten gebildet. Ich habe noch nie gelesen, dass dies einen Pflegenotstand ergeben hätte. Hast du da Quellen?

Damals gab es den Pflegeberuf als solchen noch gar nicht, und mit Sicherheit keine Daten darüber, wie viele Menschen von wem in häuslicher Umgebung gepflegt wurden.

Ich wehre mich übrigens ein wenig gegen das leuchtende Bild der Pflege durch Angehörige, die in früherer Zeit so selbstverständlich gewesen sei. Damals wurde zwar jeder Alte oder Kranke zu Hause behalten - anders hätte man sich nicht mehr unters Volk trauen können - aber ob die Betroffenen immer gut gepflegt wurden, steht auf einem ganz anderen Blatt. Auch damals hat sich sicher nicht jeder gut mit seiner Verwandtschaft verstanden. Diese Geschichte gibt's nicht von ungefähr:
Der alte Grovater und sein Enkel
 
Hallöchen,

ja ich meine u.A. die Pflege durch Angehörige mit Einbeziehung des ambulanten Pflegedienstes. In der Regel müssen ja die Menschen auch außerhalb des ambulanten Pflegedienstes durch Angehörige betreut werden. Mir ist es klar, dass der religiöse Aspekt nicht einen Großteil der Ursachen ausmacht- deswegen habe ich ja in meiner Fragestellung erläutert ob jemand Quellen oder Hinweise hat, ob der religiöse Aspekt dabei auch eine Rolle spielt. Die anderen gesagten möglichen Ursachen sind mir größtenteils bereits bekannt.

Mir ist zu denen nur noch der religiöse Aspekt eingefallen, da gerade in den Jahren, wo ein derartiger Anstieg in die stationäre Pflege stattgefunden hat eben auch die menschlichen Werte/Religiosität an Bedeutung verloren hat. Natürlich kann ich hierbei, in den Extremen nur von meiner Region sprechen- allgemein hat dies laut aktuellen Medien (Austritt) aber auch stattgefunden, Aber man darf nicht vergessen das Kirchenangehörige nicht zwingend religiös sind- mit der Taufe sind sie mehr oder weniger in diese eingeschleust worden und bezahlen später oft weiterhin die Kirchensteuer- dies ist aber nur ein Erfahrungswert meinerseits.

Vor ein paar Jahren musste man auch gezwungenermaßen regelmäßig in die Kirche sonst wurde man zum Gespött der ganzen Leute. Ich möchte dies alles nicht gutheißen oder sonstiges aber anscheinend hatte dieser Druck auch als Auswirkung, sich anderweitig zu engagieren, bspw. alte Leute regelmäßig zu besuchen.

Was ich nur von meiner Seite aus sagen kann, als Protestant der in einer streng katholischen, dörflichen Region aufgewachsen ist, dass hier Ehrenamt sehr viel zählt/gezählt hat- und das die letzten Jahre doch rapide abgenommen hat. Nicht nur was das Ehrenamt- von kirchengemeindlicher Seite anbelangt, sondern auch die menschlichen, christlichen Werte allgemein, was wohl nicht nur in den dörflichen, christlich geprägten Regionen so ist. Die beiden wichtigsten Grundsätze „du sollst Vater und Mutter ehren“ „ liebe deinen Nächsten….“ Etc. habe ich ja hier schon benannt.

Zu Zeiten meiner Eltern wurde das jedenfalls noch so streng gehandhabt. Oma/Opa bzw. Uroma/Uropa ins Pflegeheim?? Das wäre niemals in Betracht gekommen und eine Schande für die ganze Familie. Ihr habt aber wirklich viele und gute Gegenargumente, dass ich damit wohl im Bezug auf die Allgemeinheit falsch liege :?: Sorry, blöde Annahme aber gut dass die jetzt deutlich angerüttelt ist :D:D


Imageshack - pflegenotstand.png

Was den kirchlichen Aspekt- Luthers Thesenanschlag betrifft, so hat er sich auf die Pflege ausgewirkt, wie man in dem folgendem PDF Dokument erkennen kann. Jedoch nicht weil sich die Menschen der Kirche allgemein abwandten, sondern weil viele Spitäler, Klöster zerstört worden sind (die katholischen), durch die Auflösung von Orden auch viele Ordensschwestern fehlten und weil die Ehe über die Keuschheit gestellt worden ist- daraus werden folglich viele Gläubige ihr „Ideal“ nicht mehr in der Keuschheit gesehen haben … etc. Gerade in protestantischen Gegenden gab es ein Mangel an Pflegenden. …..(& vieles mehr, das wird sonst alles zu ausschweifend).


Das ist mir noch aus einem kleinen Exkurs der Pflegegeschichte bekannt- nur dass ich dachte dass sich viele Menschen der Kirche abgewendet haben dabei war es ja die "Spaltung" die zu vielen Problemen geführt hat:knockin:, hierbei ist mir ein Fehler unterlaufen aber das hat natürlich mit der heutigen Pflegesituation relativ wenig zutun^^ nur ein etwas zu ausschweifender Gedanke.
:schraube:

LG
 
Die Moral verfällt nicht, weil die Leute net mehr in die Kirche gehen.

Wenn du die moralische bzw. ethische Sichtweise mit einbeziehen willst, dann solltest du bei den Philosophen oder den Psychologen reinschauen. Stichwort: das Gute im Menschen.

Aktuell zum Thema auf dem Büchermarkt: Richard David Precht ▪ Die Kunst, kein Egoist zu sein Leseprobe: Precht, Richard David - Die Kunst, kein Egoist zu sein


Elisabeth

PS Verfolgst du mit deiner These ein Ziel? Wo hast du vor dem Studium gearbeitet- in welchem Bereich?
 
Hallo Elisabeth, vielen Dank für Deine Antwort :)

Natürlich verfliegt die Moral nicht zwingend, wenn man nicht (mehr) in die Kirche geht. Aber es gibt einige, wenn nicht sogar viele (teils) unmoralische Menschen die nun nicht einmal mehr den Druck der Kirche/Gruppe verspüren.

Ich verfolge mit meiner These gar kein Ziel, dass war nur eine Idee wegen einer Diskussion in einer Vorlesung, was die Gründe für dieses Phänomen sind/ sein könnten. Wo auch die schon genannten Dinge Emanzipation, veränderte Familienstruktur (.....) eine große Rolle spielen. Und hier, in einer recht kirchlich/katholisch geprägten Region hat man eben schon sehr viele positive und negative Sachen mitbekommen, da ist mir das in den Sinn gekommen, weil das mir die letzten Jahre eben sehr aufgefallen ist, durch eigene Erfahrung und Erfahrungsaustausch :).

Nur habe ich leider nichts dazu bei google gefunden :lol1: und dachte dass hier vlt. jemand davon Ahnung hat oder Quellen kennt. Aber anscheinend ist das eher zusammenhangslos - für die Allgmeinheit.

Ich habe vor dem Studium nicht in der Pflege gearbeitet, nur FOS mit einem Praktikum in einer orthopädisch-/chirurgischen Praxis gemacht. Für das Studium hier braucht man keine Ausbildung :mrgreen:
 
Unmoralisch werden dei Menschen net, wenn sie aus der Kirche austreten. ich behaupte mal, die Verteilung der moralsichen udn unmoralsichen leute ist überall gleich- egal ob gläubig oder ungläubig.

Du schaust momentan mit einem eingeengten Focus auf das Problem. Das hängt mit deiner Lebeneserfahrung zusammen. Aus meiner Sicht versuchst du etwas zusammen zu bringen, was so net zusammen gehört. Versuch mal, den Blickwinkel zu ändern und Argumente gegen deine These zu suchen.

Schau mal hier: Altruismus Glauben Kirche - Google-Suche

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Elisabeth
 
Naja, ist ja auch kein so abwegiger Gedanke, das es einen Zusammenhag zwischen Religion und der Bereitschaft zu pflegen geben kønnte. Aber es ist sehr schwer so etwas festzustellen. Und vor allem kann eine Verånderung im Verhalten mehrere Faktoren haben. Und dann wird es richtig schwer.

Zum Thema Pflege auf dem Dorf wåre zu sagen, dass ueber Jahrunderte die Versorgung der Alten durch die Familie nicht durch Barmherzigkeit bestimmt wurde. Man hat vielmehr knallharte Vertråge mit den Alten geschlossen, die beispielsweise die Groesse des Waermeloches bestimmten, dass durch die Decke der Stube gebohrt wurde. Und ueber den Umfang der Pflege, diee gewaehrleistet wurde. Das hiess dann das "Altenteil". Nix Caritas.
 
Ich denke, daß wir eher ein generelles Problem der Familien in der Gesellschaft haben, das nichts mit Religion zu tun hat.

Früher war die Familie so definiert, daß die Frauen zuhause blieben, sich um die Kinder und um die Familien zu kümmern hatten mit allen Vor-und Nachteilen für die Familie.

Es war also immer jemand im Haus, der die Familienstrukturen zusammenhalten oder bewahren konnte.
Die dadurch entstandenen Bindungen waren sicherlich oftmals belastbarer.
Es waren immer fast ausschließlich die Frauen, die Familienangehörige pflegten.
Nimmt man diese Personen zu einem Großteil aus den Familienstrukturen heraus, so entstehen nicht nur andere Verpflichtungen, sondern auch andere Beziehungen und Ansprüche.
Bsp: Meine Aufgabe ist es eine 40 Stundenwoche beim Arbeitgeber abzuliefern und den Haushalt zu bewältigen, -packt man da noch eine Portion Arbeit durch die Pflege eines Angehörigen drauf, so kommt man ganz leicht an seine Grenzen.
Wenn dann in der Kindheit das Gefühl entstand, daß sich da auch keiner sonderlich kümmern konnte, dann sinkt die Einsicht, daß diese Verpflichtung
zusätzlich aufgebürdet wird um mindestens 100 %.

Auch die Wohnsituationen der Familien haben sich grundlegend geändert.
Zudem dürfte die Anzahl der Kinder, größer gewesen sein, die eine Versorgung der Pflegefälle zuhause gewährleisten könnten.

Mit Religion hat das sicherlich nicht so viel zu tun, eher mit Familien -und Sozialpolitik und dem Bild, das die Gesellschaft von der Institution Familie vermittelt bekommt.

Die Religion dürfte meines Erachtens nur eine Rolle spielen wenn es um das Gemeinschaftsgefühl geht. Aber was da zuerst greift, eben ob die Menschen mit einem großen Gemeinschaftssinn sich vermehrt religiös betätigen oder aber ob die Religion diesen Gemeinschaftssinn anerzieht, das wäre sicherlich interessant zu ermitteln.

Vor allem aber denke ich, daß es oft so ist: Wie man sich bettet so liegt man. Dh. wenn ich 40 Jahre lang in die Beziehung zu meiner Familie nichts anderes investiert habe als Forderungen oder wenn ich bemüht war, daß ausreichend Unfrieden entstand, dann sinkt die Bereitschaft einen Angehörigen zu pflegen proportional zusätzlich.
Schaut man sich an, wie man sich seine Rentenjahre vorstellt, dann wird man oftmals von Reisen hören, die man unternehmen möchte und allerlei Unternehmungen, die sehr wenig mit der Familie zu tun haben. Den alten Menschen in der Gesellschaft gibt es in unserem Denken ja fast gar nicht.
Das sind alles agile, fitte Menschen, die uns suggeriert werden und kaum einer sorgt für sein Alter in derart vor, daß er plant er könne einmal ein Pflegefall werden, oder betroffen sein.
Meines Erachtens ist es die Anspruchshaltung, die sich verändert hat.

Schau ich mir zb. die Situation einer Freundin mit kleinen Kindern an, so werden die überhaupt nicht mehr von der Oma beachtet, die nach dem Tod ihres Mannes einen neuen Lover hat. Die Kinder und Enkel werden solange zu Familienfeiern ausgeladen, bis man auf der Nase liegt und nicht mehr fit ist, und man vergißt leicht, WER für einen den Altenheimplatz aussuchen muß.
Schau ich mir das bei meiner Mom an, für deren Pflege ich zuständig bin, dann erfülle ich diese Aufgabe, hätte mir aber gewünscht, daß ich diese freudiger erfüllen könnte und nicht für einen Menschen, der sich 35 Jahre nicht um uns gekümmert hat.
Mit Liebe geht nämlich alles viel leichter von der Hand, aber Liebe ist keine Einbahnstraße.
Wäre ich nicht berufstätig, so wäre das selbstverständlich meine Aufgabe.
Aber ich habe 3 alte Menschen in der Familie, die allesamt auf Pflege im Alter von uns hoffen und die nichts selbst vorbereitet haben.
Die sich aber zeitlebens selbst niemals um irgendeinen anderen Menschen gekümmert haben und auch nicht um die eigenen Eltern.

Selbst als sehr religöser Mensch empfinde ich dies als meine private " Krabbelgruppe", neben meinem Dienst.
Liebe Grüße Fearn
 
Definieren wir doch mal den Unterschied zwischen einem religiösen Menschen und einem Atheisten im Bereich Moral/Ethik?

Ist jeder religiös gebundener Mensch generell altruistischer veranlagt als ein Atheist? Ist ein Atheist eher ein Egoist? Gibt es keine egoistische religiöse Menschen?

Worin drückt sich Altrusimus überhaupt aus? Gibt es das nur beim Menschen? Denn nur dieser kann ja einem Glauben folgen.

Elisabeth
 
Religion hatte früher und vielleicht auch heute vereinzelt noch etwas mit Pflege zu tun.
Unter dem Deckmäntelchen der Nächstenliebe.

Heute ist Pflege aber ein großer Wirtschaftssektor.
Es läßt sich Geld damit verdienen und daher machen das nicht mehr nur kirchliche Träger.

Religion...ist nicht mehr die treibende Kraft für Kranken.- und Altenpflege, sie dürfte aber auch nichts mit unserem Pflegenotstand zu tun haben.

Früher gab es auch nicht überall ein Kloster, welches Kranke und Bedürftige aufgenommen hat.
Mönche und auch Ordensschwestern sind nicht selten längere Wege gegangen um Menschen zu helfen.
Umgekehrt haben nicht wenige Menschen den weiten Weg zum nächsten Kloster nehmen müssen.

Auch dürfte die Zahl der Mönche und Schwestern nicht ausgereicht haben um alle zu versorgen, die es gebraucht hätten.
Dafür gab es Bader oder Kräuterfrauen, die von der Kirche ja nicht gerne gesehen waren.


Zuhause zu pflegen, hat ja auch nicht zwingend mit Religion zu tun....ich sehe da keinen Zusammenhang.
Vielleicht eher Tradition, die die Familien früher noch Zuhause pflegen ließen und weil es keine Einrichtungen dafür gab.

Da aber Familie im Sinne von Familie, wo einfach mehrere Generationen in einem Haus leben und es selbstverständlich ist, daß Oma und Opa Zuhause gepflegt werden, immer seltener werden, nimmt eben die Pflege Zuhause auch eher ab.
Dazu kommt, wie schon erwähnt, daß berufliche und andere Verpflichtungen, daß nicht mehr zulassen.

Hat also auch nicht unbedingt mit dem hier angesprochenen Egoismus zu tun oder Ungläubigkeit.
 
Naja, wir sollten mal genau trennen, welchen Zeitraum wir mit „früher“ meinten. Vor 50 Jahren oder vor hundert Jahren? Oder vor 500?. Dann müssen wir die Schichten trennen. In den bürgerlichen Schichten war es durchaus üblich, sich Gesinde zu halten und sich den Haushalt durch viele Hilfskräfte versorgen zu lassen. Die hatten dann eine Menge unverheiratete gelangweilte Frauen zuhause, die sich gern(wie im übrigen Florence Nightingale – die auch im Krimkrieg ihre Zofe dabei hatte, die sie gewaschen und angekleidet hatte) sehr engagiert in der christlichen Nächstenliebe betätigten. Diese Frauen wurden auch gern in Kloster eingekauft um sie loszuwerden. Die Verheirateten hatten eine Menge Zeit neben dem Geliebten, der damals keineswegs unüblich war. Der Mann war tagsüber bei der Arbeit, beispielsweise im Kontor. Abends ging er dann gerne mal ins Bordell oder machte was mit Freunden. Dazwischen spielte sich das Leben ab. Die Kinder hatten gerne eine Amme und eine Frollein aus der Unterschicht, die die Versorgung abnahm. Man ging am Sonntag in die Kirche und hat auch mal zusammen gegessen. Man hat damals nicht aus Liebe geheiratet.
Die Unterschichten haben damals hauptsächlich wie bekloppt gearbeitet. So etwas wie eine vierzig Stunden Woche gibt es noch nicht so lange. Die Kampagne „Samstag gehört der Vati mir“ war, wenn ich mich erinnere in den sechziger Jahren des vergangen Jahrhunderts. Die Frauen haben für den Mann gekocht, hatten nebenbei Aushilfsjobs(auch in den Bordells! Sehr interessant dazu die Statistiken zur Verbreitung der Geschlechtskrankheiten etwa um 1900!) . Das hatte den Vorteil, dass so etwas wie Altenpflege nicht so ausgeprägt gebraucht wurde. In Preussen wurde 1854 die Pflichtrente eingeführt. Etwa 1 % der Beitragszahler erreichten das Rentenalter. Wer sich ein Bild über die Raumsituation der Unterschichten und das Leben in der Großstadt machen möchte, der sei auf die Bilder von Heinrich Zille verwiesen. Die Schulpflicht wurde im übrigen hauptsächlich dazu eingeführt, weil Preussen Rekruten brauchte, die nicht durch die Arbeit beispielsweise in den Bergwerken verkrüppelt waren. Kinderarbeit war normal. Man hat damals nicht aus Liebe geheiratet.
Auf dem Land haben die Frauen ihre Kinder gerne auf dem Feld und ohne jegliche Hilfe bekommen. Und dann weitergearbeitet. Und danach den Haushalt versorgt. Ich bin mir nicht so sicher, das sie sich dann ausgeprägt um die Alten (wenn es sie dann gab) gekümmert haben. Die Kinder haben ebenfalls sehr früh mitgearbeitet. Am Sonntag ging man in die Kirche. Man hat nicht aus Liebe geheiratet. Misshandlungen der Kinder und der Frau waren normal und von der Kirche (Wenn du zum Weibe gehst, vergiss die Peitsche nicht!) abgesegnet.
Ich denke mal, hier herrschen romantische Vorstellungen vom Leben damals vor, die sich historisch nicht so unbedingt halten können.
 
Es spricht auch keiner von Romantik.

Es ist wie Du sagst...vielleicht habe ich mich jetzt eher auf das Mittelalter konzentriert oder die Zeit vor der Industrialisierung.

Wir brauchen auch nicht davon zu reden, daß man damals nicht aus Liebe geheiratet hat und das Frauen die als Überschuß in der Familie galten gerne an Kloster agegeben wurden.

Heute haben Kloster kaum Nachwuchst und so geht man halt in Indien oder sonst wo mossionieren und löst das Problem so, daß man da eben das fünfte Mädel, welches nicht verheiratet werden kann( weil zu teuer) eben einfach in den dort tätigen Orden gesteckt wird.

Und bevor das Mädel hungert oder an ein Freudenhaus verschachert wir, geht es gerne in einen Orden und unterwirft sich einer Religion und einem Regime, daß es vermutlich erst da kennen gelernt hat.

Hat also alles wenig bis garnichts mit Religion zu tun.
 

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