Melperon - mehr Kontra als Pro?

Sash

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Baden-Baden
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Gesundheits & Krankenpfleger
Akt. Einsatzbereich
Anästhesie
Liebe Kollegin,

auch heute stelle ich wieder fest, das Melperon bei älteren Patienten unglaublich verwirrt. Ich habe hier eine Patientin auf der Station (72) Jahre, die Nacht's einfach keine Ruhe findet. Diese ältere Dame wird Zuhause von ihren Töchtern und dem Ehemann pflegerisch versorgt. Bei der Aufnahme, wurde uns schon durch die Angehörigen mitgeteilt, das sie Nacht's so gut wie alle 30 - 60 Min. ruft und dann irgendetwas braucht. Meistens muss sie dann auf die Bettpfanne. Allerdings kommen dann nur wirklich 2 herausgepresste Tröpfchen Urin.

Natürlich kann man nachvollziehen, das eine ältere Bettlägerige Dame, schnell Langeweile entwickelt, und da ist doch der rote Knopf den man drücken immer eine willkommene Abwechslung. Einfach drücken, und schon kommt jemand der etwas Unterhaltung mitbringt. Naja, wie das eben meistens so ist.

Auf jeden Fall, damit die Patientin auch mal etwas schlafen kann (da am Tag total erschöpft und niedergeschlagen) wurde jetzt durch unseren Arzt Melperon 50 mg Tbl. angeordnet. Aufgrund meiner Erfahrung, befürchtete ich schon das die Dame dann genauso wenig schläft wie zuvor. Sie wacht jetzt gerade zwischendurch immer mal wieder auf, klingelt, fragt dann wo sie denn sei, und das sie so unglaublich komische Sachen träumt. Genau diese Erfahrung habe ich immer wieder mit diesem Medikament bei älteren Patienten gemacht.

Nun wollte ich mal bei euch nachhaken, ob evtl. jemand ähnliche Erfahrung gemacht hat. Und ob es in so einem Fall dann nicht besser ist einfach anstatt ein mittelpotentes Neuroleptikum (finde ich generell überwiegend furchtbare Medikamente), einfach ein Z-Benzo zum schlafen gibt wie z.B. Zopiclon 7,5 mg oder Zolpidem 10 mg?

LG
 
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Auf Z-Drugs reagieren sehr viele ältere Menschen paradox.
Sie bekommen Halluzinationen oder werden total aufgedreht.
 
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Hmm ... also dann hätte das dann ja den gleichen Effekt wie Melperon. Müsste man ausprobieren. Alternativ eine Idee? Oxazepam?
 
Ich könnte es jetzt von Melperon nicht behaupten, allerdings bei dem ähnlich eingesetzten Atosil/Promethazin habe ich das des Öfteren erlebt.

Neuroleptika sind aber auch ganz klar nicht das Mittel der Wahl zur Behandlung irgendwelcher Schlafstörungen, es sollte immer abgewogen werden, ob oder warum man darauf umschwenkt.
 
Hmm ... also dann hätte das dann ja den gleichen Effekt wie Melperon. Müsste man ausprobieren. Alternativ eine Idee? Oxazepam?
Wer setzt bei euch Medikamente an? Ferndiagnosen und Fernberatungen sind wohl kaum möglich.
Medikamente sollten nicht "frei Schnauze" verteilt werden, sondern dem Krankheitsbild des Patienten angepasst sein.
Jeder Mensch reagiert auf Medikamente unterschiedlich.

lg
Narde
 
Keine Empfehlung, sondern Erfahrungsbericht:

Meine Mutter (87) hatte einen unruhigen Schlaf.
Verordnete Medikamente verschärften das Problem bis zur Wahnvorstellung.
Nach einer (oder zwei) Tassen guten Bohnenkaffee`s "schläft" sie, dass die Dachpfannen zittern.

Mein Fazit: In Ruhe sinkt der Blutdruck soweit, dass infolge der - altersbedingten - Gefäßsklerose die Hirndurchblutung leidet. Wir setzen also den "Kontraeffekt" gezielt ein.
(Hausmittel sind oft die Besten.)

LG, Frieda
 
Einige Neuroleptika sind sogar ausgeschrieben als schlafanstoßende Mittel, das ist also nicht mal off -label use.
Mir fällt da grade noch Levomepromazin ein. das hat ne Halbwertszeit von 24h und hat laut Beipackzettel eine "extrem sedierende Wirkung". alternativ evtl Dipiperon.
Ich habe erst Dipiperon genommen, dann lange Levomepromazin und jetzt Melperon. Das Dipiperon hat mich irgendwann nicht mehr müde gemacht, dann hab ich das Levomepromazin bekommen. Zusätzlich nehme ich die ganze Zeit über Valdoxan dazu. Mit der Kombi vValdoxan + Neurocil habe ich bombe geschlafen, kein Aufwachen mehr nachts, keine verwirrenden Träume mehr.

Das Problem beim Levium ist aber eben, dass man leicht einen Überhang bekommt. Das war auch der Grund warum ich vor kurzem auf Melperon gewechselt hab.

Ich weiß natürlich, dass Medikamente bei älteren Menschen oft paradox wirken.
Aber man könnte ja mal eine Kombination aus Valdoxan und Levium versuchen. oder als Alternative Mirtazapin.
 
Ich hab bei älteren Patienten bisher mit Melperon die besten Erfahrungen gemacht.
Das bekommen bei uns die meisten Älteren.
Ansonsten hat jeder unserer Dienstärzte "sein" Lieblingsmedikament das alle als Bedarfsangabe haben.
 
Wie Narde schon sagt Ferndiagnosen und Empflehungen sind schwierig, und Elfriede hat recht Kaffee ist bei älteren Menschen am Abend ist sehr hilfreich zum Einschlafen. Wenn sie keinen Kaffe mag, ist der Schlaftee von Lidl sehr gut.

Generell kann ich deine Erfahrung mit Melperon nicht bestätigen, wir geben es unseren Geronto-Patienten häufig.

Z-Substanzen sind schon ok, mit 72 darf man schon ein wenig Benzo-Abhängig sein. Dipiperon ist auch ok, aber es kommt halt auch auf Nebendiagnose und anderen Medikamente an. So kann man echt nichts empfehlen. Fände ich auch fahrlässig zu sagen, ja gib ihr dieses oder jenes.

Levomepromazin ist zwar die gleiche Gruppe wie Dipiperon und Mepero und Atosil, aber wir geben es eher jüngeren Patienten mit Aggressionspotenzial - weil es doch sehr dämpfend ist, deswegen würde ich es bei einer so älteren Frau nicht empfehlen.

Wenn sie keine andere Medikamente hat und Schlaftees nichts bringen, dann würde ich eher zu Z-Substanzen greifen als Neuroleptika.
 
Es ist von Patient zu Patient unterschiedlich, ob er auf Melneurin oder Zopiclon in gewünschter Weise reagiert oder gar nicht. Mit nächtlichen Kaffeekränzchen habe ich im Einzelfall aber auch schon sehr gute Erfahrungen gemacht. Auch die Kombination Zopiclon - Kaffee wirkt mitunter wunderbar. Jen nach Arzt gibt man mal mehr Melneurin oder Pipamperon ... aber gerade die jungen Assistenzärzte sind für Tipps von erfahrenen Pflegekräften mitunter sehr empfänglich ...
 
Also ich bin seit 6 Jahren überwiegend im Nachtdienst auf einer internistischen Station und muss sagen das man Melperon meistens den "Hasen" geben kann. Bei leichter Unruhe ok, sediert ein wenig aber bei stark ausgeprägter Unruhe bzw. wie in deinem beschriebenen Fall habe ich sehr oft die selben Erfahrungen wie Du gemacht. Die Nebenwirkungen bzw. paradoxen Wirkungen sind nach meiner Erfahrung deutlich vermehrt aufgetreten als bei anderen Sedativa oder alternativ wirkenden Präparaten. Im übrigen ist nachgewiesen, das die Sterberate unter Psychopharmaka bzw. Neuroleptika um ein 20faches erhöht ist!
Das selbe Thema wurde hier übrigens schonmal diskutiert allerdings wurde ich damals ua von Elisabeth Dinse als nichtswissender Laie dargestellt...
Im übrigen ist es Käse sich immer auf den Arzt zu verlassen, denn wie sieht die Praxis aus? Ein Patient ist nachts sehr unruhig, man ruft den Diensthabenden Arzt an der den Patient noch nie gesehen hat und keine Diagnosen oder Krankengeschichte kennt. Er ordnet Präparat xy telefonisch an. Ok jetzt leidet der Patient zb an Morbus Parkinson was bei vielen Medikamenten eine erhebliche Kontraindikation darstellt.
Wäre es da nicht manchmal besser seine Vorschläge miteinzubringen und zusammen eine Lösung finden?
 
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Solche Menschen mobilisiere ich in einen Mobilisationssessel und fahre sie mit mir herum. Meistens schlafen sie dabei ein und ich kippe die Rückenlehne einfach zurück.
 
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