Ethik und Ich- das klappt noch nicht.

Pfleger2610

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Gesundheits- und Krankenpfleger// Pflegeexperte IMC
Akt. Einsatzbereich
Internistische Intensivstation
Guten Tag,

im Rahmen meiner FWB A/I steht bald die Modulprüfung für das Thema Ethik vor der Tür.


Ethik und ich, sind aber keine Freunde.
Das Thema habe ich schon in der Ausbildung verdrängt.

Sicher ist mir bewusst, dass Ethik einen hohen Stellenwert in der Pflege hat.
Wir haben ja oft gerade im ICU Bereich Fälle, wo Ethik ein großes Thema spielt.

Aber diese Philosophische Abfolgerung bereitet mir noch Schwierigkeiten.


Wer könnte mir kurz und auch einfach erklärt folgende Begriffe erklären.


Was ist Ethik?

Was ist Moral und was sind moralische Werte.

Was für Ethische Werte als ICU-Pfleger

Was sind Ethische Dilemmata gerade im Bezug auf ICU.

Was versteht man unter Pflichtethik.

Sicher kann ich das auch Googeln aber ich brauche jemanden, der das auch für Dummies erklären kann.
 
Hallo Pfleger2610!


"Ethik für Dummies", 2. Auflage März 2023
, 360 Seiten, Softcover,
Deutsche Dummies, ISBN: 978-3-527-72031-6, Wiley-VCH, Weinheim, 19,99€.
Schönen Gruß, Gego
 
Super danke.

Für meine Facharbeit benötige ich einige reale Fälle aus der Praxis von Ethischen Konflikten.

Wer hat interessante Fälle von Ethischen Problemen aus seiner Praxis und möchte diese hier kurz vorstellen.

Insbesondere welche 4 Ethischen Prinzipien wurden hierbei verletzt.
 
Die bekanntesten vier ethischen Prinzipien sind die von Beauchamp & Childress: Benifizienz, Non-Malefizienz, Autonomie, Gerechtigkeit.


Beispiel für Ethische Konflikte:
  • Therapie bei Schwerstkranken, obwohl die Aussichten auf Besserung gering sind, oder Verzicht auf kurative Therapie und Änderung auf Symptomkontrolle. (Betrifft die ersten beiden Prinzipien. Was ist in diesem Fall Gutes tun und Nicht Schaden? Darüber kann man sich streiten.
  • Patient will Therapieabbruch, Angehöriger will dies nicht zulassen. Prinzip der Autonomie - darf der Patient entscheiden? Ist er entscheidungsfähig?
  • Corona-Pandemie, heftige Welle, Intensivbetten sind Mangelware. Mehr Patienten angekündigt, als wir versorgen können. Wen nehmen wir auf, wer muss in ein entfernteres Krankenhaus transportiert werden, mit dem Risiko, dort nicht mehr lebend anzukommen. Prinzip der Gerechtigkeit.
 
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Dankeschön, für meine mündliche Prüfung in der Modulprüfung Ethik, würde ich euch gern meinen Fall vorstellen.

Ein 69 jähriger Patient kommt zur Aufnahme auf die internistische Intensivstation aufgrund von respiratorischer Insuffizienz und Aszites.
Aus Gründen der Schweigepflicht nennen wir Ihn einfach Herrn Müller.

Bei Herrn Müller ist ein Kolonkarzinom bekannt, welches mit Chemo und Op eigentlich gut behandelt war.
In dem vor Aufnahme durchgeführten CT-Abdomen sah man unklare Herde an der Leber mit dem Verdacht von Metastasen oder Primär Tumor.

Herrn Müller lebt in einem Pflegeheim, aufgrund eines Apoplex den er vor 6 Jahren erlitten hat ,mit Hemiparese auf der linken Seite.

Bei Aufnahme auf die Intensivstation sieht man einen zu allen 4 Qualitäten orientierten Patienten mit ausgeprägter Kachexie und Dyspnoe sowie starken Schmerzen.

Unter HiFlow Therapie stabilisiert sich der Patient langsam und die Blutgase waren wieder Normwertig.

Am nächsten Morgen wurde ein Ultraschall durchgeführt und dort nochmal der Verdacht der Metastasen erhärtet.

Der Hautzustand war aufgrund der Kachexie schwer Dekubitus gefährdet und teilweise an den Scherkräften sehr gerötet.

Die Schmerzen wurde von Tag zu Tag schlimmer trotz laufender Analgesie welche jeweils immer erneut angepasst wurde.

Herr Müller war eigentlich nur dann etwas Schmerz gelindert, wenn er auf dem Rücken lag und die Beine ein wenig angewinkelt waren.

Meine Kollegen lagerten den Patienten alle 2h um einen Dekubitus zu verhindern.

Als ich zum Nachtdienst kam, wurde mir von der Kollegin übergeben, dass mit dem Patienten ein DNI/DNR besprochen wurde und er dies auch zustimmt.

Die Therapie hatte jetzt nur noch ein palliatives Ziel.
Die Kollegin des Spätdienst übergab mir, dass man diesen aufjedenfall alle 2h lagern müsse.

Als ich meinen ersten Durchgang machte, erkundigte ich mich nach seinem Wohlbefinden. Er teilte mir mit, dass er am liebsten auf dem Rücken schlafen möchte, da Ihm die Seitenlagerung nur schmerzen würde und er einfach gerne mal eine Nacht ohne Scherzen schlafen würde.

Ich hing ihm noch 1g Novalgin als KI an und gab Ihm 3,75 mg Piritramid.

Am nächsten Morgen gegen 5:00 in meinem letzten Nachtdienst Durchgang wurde der Patient wach und bedankte sich bei mir, dass er endlich ohne Schmerzen schlafen konnte.


Als ich am nächsten Abend zu meinem erneuten Nachtdienst gekommen bin, war auch die Kollegin anwesend, welche den Patienten im Spätdienst betreut hatte.

Sie zitierte mich zu einem Gespräch und teilte mir mit , dass der Patient nun einen Dekubitus entwickelt hätte, da ich Ihn nicht gelagert hätte .

Ich argumentierte damit, dass der Patient zu allen Qualitäten orientiert sei und klar geäußert hatte aufgrund der Schmerzen nicht gelagert werden möchte.

Die 4 Ethischen Prinzipien nach Childress und Beauchamp sagen folgendes.

1. Autonomie
2. Prinzip des nicht Schadens.
3. Prinzip der Fürsorge
4. Gerechtigkeit.

Meiner Meinung nach stehen sich die Autonomie des Pat, sowie das Prinzip des nicht Schadens gegenüber.

Die Würde des Menschens ist unantastbar und der Wille des Patienten sollte immer berücksichtigt werden.

Das Prinzip nicht zu schaden: sicher habe ich einen Schaden durch das nicht lagern verursacht jedoch hätte der Patient auch einen Schaden erlangt wenn ich diesen gelagert hätte nämlich seiner Schmerzen.


Für eine Analyse und Verbesserungsvorschläge wäre ich sehr dankbar insbesondere zu den 4 Prinzipien.


Rechtschreibfehler aufgrund von Handy.

Vielen Dank
 
Das Prinzip der Autonomie wurde bei der DNR/DNI Regelung gut berücksichtigt. Die Situation wurde mit dem Patienten besprochen, ihm wurden die Konsequenzen aufgezeigt und er hat seine informierte Zustimmung gegeben.

Bei Frage der Lagerung kollidieren, wie Du ganz richtig erkennst, mehrere Prinzipien miteinander:
  • Prinzip der Autonomie: Patient ist entscheidungsfähig. Keine Handlung gegen seinen Willen. Wurde respektiert, Du hast keine Lagerung vorgenommen, die er wegen der Schmerzen nicht haben wollte.
  • Prinzip der Fürsorge und des Nicht-Schadens: Du solltest die Schmerzen soweit wie möglich lindern. Du hast eine Variante gewählt, bei der keine Schmerzen durch die Lagerung hatte. (Außerdem hast Du Schmerzmittel verabreicht, aber das hättest Du ja auch bei Seitenlage tun können.)
  • Ebenfalls Prinzip der Fürsorge und des Nicht-Schadens: Du weißt, dass nicht zu lagern einen Schaden verursachen kann. Das hohe Dekubitusrisiko ist Dir bekannt, dem Patienten wahrscheinlich nicht (er ist Laie). Damit war seine Entscheidung kein informed consent. Er hat einen Wunsch geäußert, war sich aber der voraussichtlichen Konsequenzen nicht bewusst. Du hast das Prinzip der Fürsorge verletzt, weil Du ihn nicht auf die Gefahr des Wundliegens aufmerksam gemacht hast.
  • Immer noch Prinzip der Fürsorge und des Nicht-Schadens: Neben "Nur auf dem Rücken liegen und Deku entwickeln" und "alle 2 Stunden unter Schmerzen von links nach rechts gedreht werden" gibt es ja auch noch weitere Möglichkeiten. Weichlagerung, Wechseldruck, Mikrolagerung. Euer Team verletzt das Prinzip der Fürsorge, weil es die Pflegemaßnahmen nicht an die Situation anpasst.
 
Das hohe Dekubitusrisiko ist Dir bekannt, dem Patienten wahrscheinlich nicht (er ist Laie). Damit war seine Entscheidung kein informed consent. Er hat einen Wunsch geäußert, war sich aber der voraussichtlichen Konsequenzen nicht bewusst. Du hast das Prinzip der Fürsorge verletzt, weil Du ihn nicht auf die Gefahr des Wundliegens aufmerksam gemacht hast.
Im Idealfall wurde der Patient über die Risiken und Konsequenzen aufgeklärt, was aus dem Beispiel nicht eindeutig hervorgeht. Entscheidet der Patient sich dann weiterhin gegen eine Lagerung, kann man das als Informed Consent betrachten. Wichtig ist, dies unbedingt lückenlos zu dokumentieren. Das Fürsorge-Prinzip wird so mehr oder weniger vollständig aufrecht erhalten. Die möglicherweise fehlende Nutzung angepasster Lagerungsmöglichkeiten bleibt als Mangel bestehen.
 
Selbstverständlich ist der Patient darüber aufgeklärt worden, dass er sich bei mangelnder Lagerung und aufgrund seines schlechten AZ schnell Druckstellen zu ziehen kann, dies war Ihm aber egal, da es Ihm nur wichtig war keine Schmerzen gehabt zu haben.


Bezüglich der Autonomie des Patienten:

Der Patient hat klar den Wunsch geäußert nicht gelagert zu werden und nur am Rücken liegen zu bleiben, das sollte man klar berücksichtigen. Der Patient ist in der Lage selbst zu entscheiden was gut und was schlecht ist für Ihn.

Es handelt sich hier um einen fiktiven Fall, der so nie passiert ist. Er wurde nur so dargelegt als sei er real.
Diesen Fall würde ich gerne für meine mündliche Prüfung für das Thema Ethik benutzen.

Gibt es Verbesserungsvorschläge?
 
Bzw wie könnte ich noch die Lagerungsmöglichkeiten in den Text einpflegen?
 
Oder aber ich schreibe, dass der Patient aufgrund seiner schweren Erkrankung nur noch Palliativ behandelt wird. Auf der Palliativstation ist jedoch kein Bett vorhanden.

Eine Wechseldruckmatratze ist bestellt, da momentan keine im Haus verfügbar.


Nach den 4 Ethischen Prinzipien:

1. Autonomie: wie oben von Claudia beschrieben.

Prinzip des nicht Schadens:
Da bräuchte ich noch Hilfe.
Ich würde sagen, dass durch eine adäquate Schmerztherapie sowie der Wille des Patienten berücksichtigt wurde und so auf die Lagerung verzichtet wurde.

Das Prinzip der Fürsorge :
Es wurde auf die Wünsche des Patienten eingegangen, dass er nicht gelagert werden möchte sondern nur am Rücken liegen möchte
 
Es handelt sich hier um einen fiktiven Fall, der so nie passiert ist. Er wurde nur so dargelegt als sei er real.
:up:
Ich hatte mich schon gefragt, in welcher Intensivstation noch der völlig überholte 2 stdl. Lagerungswechsel praktiziert wird.
Selbstverständlich ist der Patient darüber aufgeklärt worden, dass er sich bei mangelnder Lagerung und aufgrund seines schlechten AZ schnell Druckstellen zu ziehen kann,
Das ist leider nicht selbstverständlich. Aber dem Autonomieprinzip wäre damit entsprochen.

Du kannst nicht in jeder Situation alle Prinzipien gleichermaßen berücksichtigen. Fast immer sind Behandlungen mit einem (geringen) Schaden des Patienten verbunden (Blutentnahme piekst, Röntgen strahlt, Medikamente haben Nebenwirkungen). Da muss dann abgewogen werden, welcher Schaden gegenüber dem erwarteten Nutzen - im Idealfall einer erfolgreichen Therapie - in Kauf genommen wird.

In Deinem beschriebenen Fall stellst Du ganz richtig die Autonomie des Patienten über das Nicht-Schadens-Prinzip. Du kannst hier nicht beidem gleichermaßen gerecht werden. Das Prinzip der Fürsorge und des Nicht-Schadens sollte berücksichtigt werden, soweit es ohne Einschränkung in die Autonomie möglich ist, z.B. in dem ihr versucht, schmerzarme Mikrolagerung anzubieten.
 
Also meinst du, wenn ich das hier so begründe würde ich gut argumentieren und bestehen?
 
Kommt auf die Aufgabenstellung an. Was wird denn verlangt?
 
Ich soll einen Fall vorstellen ( Siehe oben)

Den dann vorab dem Dozenten veröffentlichen und dann zur mündlichen Prüfung werden mir Fragen zum Fall gestellt.

Und mit den 4 Prinzipien habe ich halt noch meine Schwierigkeiten.

1. Autonomie:
Pat ist zu 4 Qualitäten orientiert. Er äußert klar den Wunsch nicht gelagert zu werden und auf dem Rücken liegen zu bleiben.
Er ist sich bewusst, dass er durch die mangelnde Lagerung eine Druckstelle bekommen kann, dies akzeptiert er.

Das Prinzip der Fürsorge:

Der Patient erhält ein Schmerzmittel, es wird auf seine Wünsche und Bedürfnisse eingegangen.

Das Prinzip nicht schaden:

Durch die mangelnde Lagerung ist es zu einem Dekubitus gekommen, der Patient wurde jedoch darüber aufgeklärt, dass dies durch die mangelnde Lagerung entstehen kann .


Könnte ich so argumentieren?
 
Beim Prinzip der Autonomie stimme ich Dir zu, beim Nicht-Schadens-Prinzip nicht. Die Aufklärung allein rechtfertigt nicht, dem Patienten durch Unterlassen Schaden zuzufügen.

Du kannst hier gar nicht alle Prinzipien gleichermaßen erfüllen. Wenn Du das Prinzip der Autonomie respektiert, verletzt Du gegen die Prinzipien der Fürsorge und des Nicht-Schadens, weil Du das Risiko einer Schädigung in Kauf nimmst. Wenn Du aufgrund der Prinzipien der Fürsorge und des Nicht-Schadens den Patienten gegen seinen Willen lagerst, verletzt Du seine Autonomie. Du musst also die Prinzipien gegeneinander abwiegen und eine Entscheidung treffen, welches Prinzip in dieser Situation schwerer wiegt - und das hast Du ja mit Deiner Entscheidung, den Wunsch des Patienten zu erfüllen, auch getan.

Du hast einen Patienten in einer palliativen Situation gewählt. Wäre die Situation eine andere, wenn er nicht palliativ wäre, deiner Meinung nach?
 
Das ist eine schwere Frage.

Der Patient befindet sich hier in einer palliativen Situation.
Sprich für mich : Das Leiden lindern und Lebensqualität erhalten.

Wäre der Fall ein anderer ist es schwer dies zu beantworten.
Ich denke dass in einem anderen Fall natürlich oberste Priorität für mich hätte, dem Patienten keinen Schaden zuzufügen, beispielsweise Pat nach Myokardinfarkt.
Hier könnte der Patient nach seinem Infarkt sein Leben mit eventuellen Einschränkungen weiterleben, währenddessen ein Dekubitus zu einem längerem KH Aufenthalt führen könnte mit eventuell zunehmender Immobilität
 
Das ist jetzt interessant. Inwiefern rechtfertigt die Tatsache, dass der Patient kurativ ist, das Prinzip der Autonomie zu verletzen? Also: den Willen des Patienten bewusst zu ignorieren und ihm Deine Pflegemaßnahme aufzuzwingen?
 
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Reaktionen: Resigniert
Ist ein sehr schwieriges Thema. Wie würdest du entscheiden ?
 
Könnte ich das denn alle so wie hier geschildert in der Prüfung sagen und bestehen?
 

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