Tut mir leid,
@InetNinja , aber da werden jetzt einige Dinge durcheinander geschmissen...
Es stimmt nicht, daß eine Berufshaftpflicht "eigentlich" im Angestelltenverhältnis unnötig sei und nur "auf unsere schlechte Organisation und Struktur" zurückzuführen sei.
Sondern Tatsache ist ganz einfach, daß in unserem Beruf ganz viele schwere (folgenreiche) Fehler passieren können, die einen Pat. fürs ganze Leben schwerst schädigen oder sogar töten können. Das trifft auf ganz viele andere (normale) Berufe eben nicht zu, jedenfalls nicht in diesem Ausmaß.
Bei den meisten Pflegekräften, die in einem Angestelltenverhältnis stehen, übernimmt der AG einen Großteil der Haftpflicht, was sich aus § 278 BGB (Haftung für fremdes Verschulden) ergibt. In dem Fall sind die Angestellten Pflegekräfte seine "Erfüllungsgehilfen". Das ergibt sich aus der Haftung aus Vertrag.
Dann gibt es aber im Zivilrecht auch noch die deliktische Haftung, die sich aus §823 ergibt (
"(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet."). Hierbei muss als Voraussetzung Vorsatz oder Fahrlässigkeit vorliegen. Im Fall des Angestelltenverhältnisses haftet der AG hier für seine "Verrichtungsgehilfen" (§831).
Was man aber bei der Arbeitnehmerhaftung/Regress bedenken muss (und deswegen steht das auch in dem DBfK-Link von mir weiter oben):
Um was für eine Art von Fahrlässigkeit handelt es sich?
Bei "einfacher/leichter Fahrlässigkeit haftet der AN nicht.
Bei "mittlerer Fahrlässigkeit" wird die Haftung unter Berücksichtigung der Gefahrgeneigtheit gequotelt.
Bei "grober Fahrlässigkeit" bzw. "Vorsatz" wird je nach Gefahrgeneigtheit gequotelt, bei Vorsatz muss der AN voll haften.
D. h., ums mal grob zu formulieren, in letzterem Fall "wälzt" der AG nicht die Haftung auf den AN ab, sondern dieser muss wegen Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit tatsächlich haften!
Dann bringst Du hier noch zwei weitere Dinge mit ins Spiel:
Einerseits die Haftungsverteilung aufgrund der (in Deutschland üblichen) Delegation:
Hier wird grundsätzlich unterschieden zwischen
- Anordnungsverantwortung (betrifft den verordnenden Arzt)
- Durchführungsverantwortung (wenn die Pflegeeinrichtung die Durchführung der ärztlichen Maßnahmen übernimmt, so haftet sie für fehlerhafte Maßnahmen)
- Handlungsverantwortung (für die Pflegehandlung haftet die Pflegeperson selbst, d. h. bei unsorgfältigem oder fehlerhaftem Handeln, und sie muss für die Maßnahme qualifiziert sein)
Grundsätzlich sollte klar sein, daß eine Arztanordnung auch tatsächlich vorliegt. Und, was man immer im Hinterkopf behalten sollte: Die Sorgfaltspflichten erfordern, daß man sich am Stand der Wissenschaft und Praxis des jeweiligen Berufszweigs orientiert.
Und was die Standards bzw. Leitlinien ("Hausstandard") betrifft: Deren blinde Befolgung hat keine grundsätzlich haftungsbefreiende Wirkung, umgekehrt begründet deren Abweichung nicht zwangsläufig grobe Pflegefehler - man muss eine Abweichung nur immer begründen und dokumentieren.
Dann bringst Du noch das Organisationsverschulden ins Spiel. Ja, es stimmt, in dem Fall muss man als AN eine Überlastungsanzeige schreiben, denn nur wenn der AG auch über Mißstände informiert wurde, kann er reagieren und diese abstellen. Es ist allerdings ein weit verbreiteter Irrtum, daß ich nur eine Überlastungsanzeige verfassen muss und mich dann zurücklehnen darf und sagen "Ab jetzt übernehme ich keinerlei Verantwortung mehr":
"Rechtsdepesche: Bietet eine Gefährdungsanzeige Pflegefachkräften haftungsrechtlichen Schutz, wenn sie Fehler machen?
Großkopf: Sie bietet eine haftungsrechtliche Entlastung im Falle eines Schadens. Dennoch darf die Gefährdungsanzeige nicht als „Freifahrtschein“ für Fehler interpretiert werden – der Beschäftigte bzw. die Pflegefachkraft hat ihre Aufgaben trotzdem immer nach bestem Wissen und Gewissen durchzuführen. Eine Mithaftung bei einem entstandenen Schaden besteht trotz Gefährdungsanzeige immer. Mithin ist der häufig zu findende Hinweis: „Ich lehne die Verantwortung ab“ gegenstandslos und sollte daher vermieden werden."
Quelle:
"Ich lehne die Verantwortung ab" - schützt die Gefährdungsanzeige eine Pflegefachkraft vor haftungsrechtlichen Konsequenzen, wenn sie Fehler bei der Arbeit macht?
www.rechtsdepesche.de