Ärzte mischen sich ein...

  • Ersteller Ersteller dieter70
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Ich erinnere mich an eine "FoBi" für Ärzte, in der ich versucht habe in 1,5 Stunden ihnen das Konzept der BasStim näher zu bringen. Es waren nur Ärzte eingeladen. Sie haben etwas über den Hintergrund des Konzeptes erfahren und dann die berühmte Selbsterfahrung gemacht: wie fühlt es sich an, wenn man sich nicht mehr bewegen kann. Dabei hab ich auch schön solche Sachen angeboten wie das Kontroll-RR-Messen mit dem Monitor: es könnte ja ein falsch hoher Wert sein. Wie spürt es sich an, wenn das Bettgitter neben einem runter knallt. usw.
Hinterher haben wir Möglichkeiten besprochen, wie mans besser machen könnte und wir zusammen arbeiten können.

Eine andere FoBi für ausschließlich Ärzte war ein Vortrag, der zustande gekommen ist, weil ein Doc neugierig war, was man da denn so macht bei der basalen Pflege. Er fands so interessant, dass er eine FoBi für ärztl. Kollegen angeleiert hat.

Mir war immer wichtig, meine Fachkompetenz zu unterstreichen. Als ein Doc auf dem Ansetzungsbogen schrieb: Dekubitus- und Pneumonieprophylaxe- habe ich ihn freundlich darauf hingewiesen, dass ich ihm schließlich auch keine Therapie vorschreiben (obwohl ich es manchaml könnte). Ich habe 3 kostenlos gelernt und zusätzlich noch 2 Jahre Fachwieterbildung. Es stand nie wieder eine Bemerkung zur Pflege auf dem Bogen.

Mir sind sicher aich die Deppen bei den ärztl. Kollegen begegnet. da kann man aber schnell einen Riegel vorschieben, indem man ihnen im eigenen Fachbereich aufzeigt, dass man die Materie beherrscht. Meistens hat sich dann über diesen Weg ein Gespräch zu Pflegemöglichkeiten ergeben.

Mein witzigstes Erlebnis diesbezüglich: Auf einer Party versucht eine Jungärztin uns klar zu machen, wie wertvol doch medizinische Tätigkeiten sind im Gegensatz zum "pflegeberuftypischen" Pfannen leeren, waschen und füttern. Aus dem Off kam die warnende Stimme eines alteinegessenen Docs: Vorsicht, vermintes Gebiet. Nach ner kurzen Runde Berufspolitik hat die junge Dame wohl begriffen gehabt und nicht wieder von niveaulosen Tätigkeiten in Zusammenhang mit der Pfleg gesprochen.

Elisabeth
 
Nicht nur viele Ärzte haben diese einseitigen Vorstellungen vom Pflegeberuf, es ist in der gesamten Gesellschaft weit verbreitet und sämtliche Medien tragen noch dazu bei. Beispiel: Ein Artikel in der "Zeit" (Ausg.Nr.35 August 2007, Titel "Doktor Schwester") unterteilte auch in "niedere" (z.B. das Waschen) und "höherwertige" (Übernahme von ärztlichen Tätigkeiten) Arbeiten.

@Robin: Zum Studieninhalt gehört die Pflege nur in Form eines dreimonatigen Praktikums. Manch angehender Arzt kann sich auch darum drücken (durch Vitamin B), und wenn es gemacht wird, dann sind es eben Praktikantentätigkeiten - und nur diese hat dann der Student als "Pflege" kennengelernt.

Allgemein scheint viel Unkenntnis darüber zu bestehen, was Mediziner wissen und können, da ist auch viel "Mythos" mit im Spiel, der leider auch von der Pflege mit gehegt wird.

Zum Thema "Nichtanwesenheit von ärztlichen Mitarbeitern bei pflegerelevanten Fortbildungen": Ärzte müssen selbst eine Menge von Fortbildungen besuchen, um Fortbildungspunkte (als Facharzt 250 Punkte in 5 Jahren, eine Tagesfortbildung hat einen Wert von etwa 8 bis 9 Pkt.) zu erreichen. Da ist dann wohl der Bedarf gedeckt und eine gewisse Erschöpfung muss man auch zugestehen, zumal es bei pflegerelevante FB keine Punkte für Ärzte gibt.
 
Nicht nur viele Ärzte haben diese einseitigen Vorstellungen vom Pflegeberuf, es ist in der gesamten Gesellschaft weit verbreitet und sämtliche Medien tragen noch dazu bei. Beispiel: Ein Artikel in der "Zeit" (Ausg.Nr.35 August 2007, Titel "Doktor Schwester") unterteilte auch in "niedere" (z.B. das Waschen) und "höherwertige" (Übernahme von ärztlichen Tätigkeiten) Arbeiten.

nicht nur medien, sondern manche pflegekräfte stufen zB waschen als "minderwertig" ein.und darüber ärgere ich mich. das thema körperpflege wird in meiner schule großgeschrieben und ich finde es ganz spannend. ich hätte medizin studieren können, das war aber nicht mein wunsch. für mich sind saubere und zufriedene pflegeempfänger erfolgserlebnis. ich lerne gerne auch das medizinische, aber das was ich mag ,ist morgens mit pflegewagen ins zimmer gehen und mich um das wohlbefinden des pflegeempfängers kümmern. ich finde das faltenfreie bettunterlage mindestens so wichtig wie die medikation.
in gesprächen mit freunden versuche ich immer aufzuklären über tätigkeiten und deren wert. waschen und körperpflege, sind aufgaben, für die sich pflegende viel wissen eineignen müssen und nicht von jedem richtig erledigt werden können.
ich werde den kampf um gleichberechtigkeit aufgeben.ärzte und pfleger sind zwei verschiedene gruppen und jede sollte seinen platz haben.
 
Patient ist eine passive Rolle- genauso wie der Empfänger. Vielleicht bringt der Kunde da bessere Aussichten für den Betroffenen sich in den Prozess einbringen zu können. Ich finde Klient auch nicht schlecht.

Elisabeth
 
entschuldigung so lernen wir es in der schule (sie sind nicht immer patienten, auch bewohner, mieter, rehabilitanten usw) das war nicht so gemeint.
 
Beispiel: Ein Artikel in der "Zeit" (Ausg.Nr.35 August 2007, Titel "Doktor Schwester") unterteilte auch in "niedere" (z.B. das Waschen) und "höherwertige" (Übernahme von ärztlichen Tätigkeiten) Arbeiten.

Leider kann ich dem nur zustimmen. Mit Erschrecken habe ich heute auch lesen müssen, was ein Turnusarzt auf deren Website veröffentlich hat. Ich zitiere sinngemäß:
"Ein klar definiertes Tätigkeitsprofil für die Turnusärzte und die Pflege ist notwendig, da durch diesen Graubereich sehr viel Unmut auf beiden Seiten im Stationsalltag entsteht. Dies ist nur mit einer Aufwertung des Tätigkeitsprofils der Pflege möglich - sprich die Pflege wieder zunehmend mehr "medizinische Tätigkeiten" übernimmt."

Ich hoffe, ich weiche nicht zu sehr vom Thema ab, aber das beweist mir wieder mal, wieviel Ahnung und welche Meinung meine Kollegen von unserer Tätigkeit haben.

Gruß,
Lin
 
entschuldigung so lernen wir es in der schule (sie sind nicht immer patienten, auch bewohner, mieter, rehabilitanten usw) das war nicht so gemeint.
Das ging auch net gegen Dich. Ich war nur geschockt, was für neue Begriffe immer wieder in den Umlauf gebracht werden um ja nicht "Patient" in den Mund zu nehmen.
Dann schon, wie Elisabeth sagte, "Klient"
 
Da frage ich mich,
was ist mir wichtiger und was gibt mir die Bestätigung?
Ein Schulerklopfen der Presse
oder ein persönliches Lächeln und Dankeschön des Patienten,
den ich gepflegt habe.

Hallo Azu-bine,

wem ist denn beides nicht wichtig?
Das Schulterklopfen der Presse ist ja nichts anderes, als ein Ernstgenommenwerden der Professionalität seitens der Öffentlichkeit.
Ich möchte einfach nicht mehr mit meiner Arbeit totgeschwiegen werden.
Sicher hätte Herr Althaus ohne ärztliches Können nicht überlebt, aber ebensowenig ohne kompetente Pflege.
Die Informationen des Arztes an die Presse geht für mich immer noch einher mit der falschen Zuständigkeit:
In der Medizin geht es um den Befund,
in der Pflege geht es um das Befinden.

Tatsächlich glaube ich, dass sich unser Berufsbild von ganz alleine
reformieren wird, weil die äusseren Umstände sich verändern:
Ein eklatanter Fachärztemangel wird die "kleine" Bettpfannen-tragende Schwester, die sich zuvor am Telefon nur mit Vornamen gemeldet hat (...auch so eine alte Unsitte), plötzlich zur entscheidungstragenden Managerin machen, weil medizinische Anordnungen möglicherweise nur noch ohne Visite laufen, weil ein Arzt für drei Stationen zuständig sein wird.
Es wird sich kein Mensch mehr darüber aufregen, ob die Pflegekraft Blut abnimmt, Röntgenuntersuchungen anordnet oder Infusionen verabreicht,
weil diese Verantwortung ganz normal werden wird.
Wegen Ärztemangels gehen die Patienten in England beispielsweise heute erst zur niedergelassenen Krankenschwester, um sich beraten zu lassen....
das sind Dinge, die sich bei uns nicht aufhalten lassen und spätestens dann wäre ich einfach auch sauer, wenn ein Arzt vor der Presse über meine harte Arbeit spricht, ohne selber maßgeblich daran beteiligt zu sein.

LG
dieter70 :sbaseballs:
 
Herrlich die Beschreibung dee Entwicklung der "kleinen" Bettpfannen-tragenden Schwester zum ebenfalls "kleinen" Hilfsdoktor oder besser "Arzthelferchen".

Wann begreift endlich mal jemand, dass es nicht um die Übertragung von Tätigkeiten geht sondern um eigenständige Entscheidungsgewalt. Blut abnehmen, Röntgenuntersuchungen machen oder Infusionen verabreichen kann jeder Depp nach einer kurzen Unterweisung.

Um eine Untersuchung anordnen zu können, bedarf es Hintergrundswissen. Und eigenverantwortliche Diagnostik- egal welcher Natur- ist ein absolutes Fremdwort für fast alle Pflegekräfte. Man ist stolz auf "Dressurleistungen" und "Affentätigkeiten". So wird das nix mit der Emanzipation der Pflege. Irgendwie läuft in D da was falsch.

Elisabeth
 
Es wird schon. Es dauert nur sehr lange...
 
Wieso sollte der Rest der Welt begreifen?
Vielleicht gibt es nichts zu begreifen und es teilt einfach nicht jeder deine Ansicht.... soll ja hin und wieder mal vorkommen.....

Vielleicht wollen manche keine Entscheidungsgewalt, dafür aber lieber die "Deppentätigkeiten".....komisch, dass das noch nicht 1 € Jobber machen hm?

Fremdwort für fast alle Pflegekräfte ist wie immer:
Nicht nachweisbar und entspricht wieder deiner ureigenen, nicht repräsentativen Ansicht.

"Affentätigkeit"...."Dressurleistung"
Im übrigen finde ich diese Wortwahl, schlicht und ergreifend: :dudu:

Gruß
Dennis
 
Ich bin bewusst provokant und ich habe offensichtlich auch bei dir damit etwas erreicht: du denkst darüber nach. Mehr kann man fast nicht erwarten.

Übrigens ist der Begriff "Affentätigkeit" nicht von mir. Die Quelle anzugeben verbietet mir aber mein Anstand. Ich habe das erste mal auch mächtig geschluckt. Aber bei längerem Überlegen muss ich demjenigen aber recht geben. Es sind einfache Tätigkeiten, die schnell erlernbar sind- nichts weiter als eine "Dressurleistung". Und da Pflegekräfte sich darum reißen- warum soll man sie mit diesen "Angeboten" nicht erst mal ruhig stellen.

Elisabeth
 
Eigentlich habe ich über diese unsinns Benennung überhaupt nicht nach gedacht, außer man definiert 25 Sekunden als große Denkleistung.
Ich finde es einfach unangebracht und weit ab von provokant.

Ich reiße mich nur um Dinge, die mir mehr Kollegen spendieren, der Rest ist mir Wurst.
Ich soll die Blutentnahme machen, von mir aus, habs gelernt, kein Problem.
Weniger Sauerei, weniger Erinnerungen....spart mir Zeit, aber nicht für lau...

Klar kann ich mir jemanden holen, der das für wenig Geld macht, es ist kein Problem jemanden von der Straße zu holen und ihm das zu zeigen und lange genug üben zu lassen......
Ebenso ist es kein Problem jemandem die Anatomie des Herzens zu erklären und die Therapie des Myocardinfarktes..........er kann dann eben nur Myocardinfarkte behandeln.......
Wenn das deine Logik ist.......


Gruß
Dennis
 
Hallo!

Puuh, was hier wieder für "Nettigkeiten" ausgetauscht werden.

Allerdings möchte ich meine Sichtweise mal darlegen. Zumindest so, wie ich sie verstanden habe.

Pflege ist ein eigenständiger Beruf und natürlich wäre eine größere Anerkennung in der Bevölkerung für die von euch teils genannten "niederen" Tätigkeiten, wie waschen, füttern, lagern etc. Allerdings umfasst sie genausogut ein weites Feld der "Handlanger"tätigkeiten für den medizinischen Dienst. Jegliche Medikamentengabe ist übernommen für den Arzt, der sie anordnet. Sei es Tabletten, die wir stellen und dem Patiente geben, sei es s.c.spriten, i.v.Medis anhängen und wieder entfernen. Auch die Handlangertätigkeiten gehören nun mal zum Aufgabengebiet. Es ist an uns unsere Tätigkeiten der Bevölkerung nahe zu bringen, dass sie nicht nur aus waschen, füttern und lagern besteht oder eben die Handlangerdienste, sondern sie umfasst ein weites Feld der Krankenbeobachtung, der Kommunikation und auch der Vermittlertätigkeiten bei Unklarheiten zwischen Arzt und Patient. Wir sind mit unseren sog. "niederen" Tätigkeiten am Patienten, sein Sprachrohr, seine Unterstützung oder auch seine "Vernichtung" z. B. durch Ignoranz.

Wir haben einen Beruf, der viele und vielschichte Tätigkeiten umfasst, die alle qualitätiv hochwertig ausgeführt werden sollen. Warum haben wir nicht das Selbstbewusstsein genau das zu sagen? Immerhin kann man grad beim "füttern" oder wie es richtig heißt essen anreichen, bei der Körperpflege, bei der Hilfe zur Toilette wunderbare Dinge beobachten und erfahren, die anschließend auch für Ärzte wertvolle Infos liefern.

Wir sind aufeinander angewiesen - wir auf die Ärzte und die Ärzte auf uns!

Jumanji
 
Moin, moin!

Um mal zum Ausgangsposting zurückzukehren: Da es keinen "arztfreien Raum" gibt, die Medizin also rechtlich auch für die Pflege verantwortlich ist, ist es nur selbstverständlich, dass der Chefarzt in der Pressekonferenz auch zu pflegerischen Dingen Stellung nimmt. Darüberhinaus hat die Pflege im Allgemeinen nicht den Wunsch auch eigenverantwortlich aufzutreten - siehe beispielsweise die Widerstände bei der Einführung von primary nursing.
Dazu kommt noch ein grundsätzliches Problem der Pflege, dass diesen Beruf von anderen Berufen im Gesundheitswesen, wie z.B. den Psychologen unterscheidet: Viele Tätigkeiten der Pflege geschehen auf Anordnung des Arztes, damit ist dieser Beruf in weiten Teile in einem Abhängigkeitsverhältnis. In manchen Bereichen ist dies unvermeidbar - siehe Anästhesiepflege, OP - Pflege, Medikamentenanordnung usw, in manchen Bereichen könnte die Pflege auch selbstständig die Verantwortung für gewisse (medizinische) Entscheidungen treffen - beispielsweise gewisse Aspekte der Infusionstherapie - in anderen Bereichen wird die Verantwortung von den Pflegenden bewusst abgelehnt - siehe z.B. eigenständige Anordnung prophylaktischer Massnahmen.
Sicherlich können wir in einigen Bereichen aus diesem Abhängigkeitsverhältnis heraustreten, bei entsprechender Reform der Pflegeausbildung (insbesondere dann, wenn endlich mehr Wert auf die Pflegediagnostik gelegt wird), in anderen Bereichen wird dies aber schwer zu realisieren sein, es sei denn, die Pflege verzichtet auf diese Tätigkeiten, was aber wieder andere berufspolitische Fragen aufwirft.
Alles in allem kann man sagen, dass die oben geschilderte Situation bei der Pressekonferenz einfach den Zustand beschreibt in dem sich die Pflege zum Teil auch selbst gebracht hat.


Gruss Hartwig
 
Hallo an alle,

ich habe mir die Beiträge durchgelesen und verfolge diese auch schon etwas längen, nun muß ich auch mal was sagen...
Ich bin Krankenschwester mein Mann ist Arzt, ich habe also nicht nur "das Problem" auf der Arbeit, nein auch manchmal zu Hause.
Aber ich habe meinem Mann auch gleich bei gebraucht das er ohne die Pflege nichts ist, weil wir den Pat viel länger und öfter sehen als der Doc, und ich habe ihn auch gebeten nett zur Pflege zu sein weil wir nur zusammen etwas gutes für unseren Pat erreichen können.
Ich find auch nicht gut das wir in der Presse nicht so gut rüber gekommen sind, aber wenn man das ändern möchte muß man z.B. mal bei der Presse sagen das wir auch dazu beitragen, oder das Krankenhaus auf der Internetseite darauf hinweisen das sie ihre(die Pflege über haupt) völlig ausgegrenzt haben.
Ich sehe mich nicht(immer) als "Handlanger" der Ärzte, man muß schon genau wissen was man macht und wann man auch eine Arzt "am Bett" braucht, und unsere Docs auf der Arbeit verlassen sich auf uns und wir können eigentlich sehr viel selbst machen!
Ich glaube wir sollen uns nicht so nieder machen und auch sagen was wir können und machen wollen, sonst hätten wir alle diesen Beruf nicht gelernt sondern studiert! :mrgreen:
Lg Puttchen
 

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