Verhalten im Todesfall

White Rabbit

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26.05.2006
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Beruf
Gesundheits- und Krankenpfleger
Hallo,

ich Arbeite seit kurzem in einem Ambilanten Pflegedienst.

Meine Fragen sind folgende: Wie verhalte ich mich, wenn ich einen Pat. auffinde, der im Sterben liegt und ich weiss, das er nicht reanimiert werden will, desweiteren ergeben sich dann die Frage: Was wollen die Angehörigen und wie damit Umgehen??? Oder ich finde einen leblosen Pat. auf, alamiere ich den Notarzt oder reicht der Hausarzt???
Eigentlich mache ich mich ja immer Strafbar wenn ich nicht sofort den Notarzt alamiere und die Reanimation beginne.
Ich finde dieses Thema sehr schwierig vor allem weil die Situationen immer so verschinden sein können.

Danke schon mal im Vorraus
 
Hallo white rabbit!

zu Deinen vielen Fragen läßt sich eine ganz konkret beantworten:

wer schon tot ist, hat viel Zeit.
Wenn Du einen toten Menschen findest, nützt kein Notarzt mehr, alarmiere den Hausarzt, der Dir dann sagen wird, wann er kommt (i.d.R. fragen sie anch sicheren Todeszeichen, um sich selbst abzusichern; wenn man sich schon einige Zeit kennt, verlassen sie sich auf Deine Aussagen...)

Du schreibst, Du arbeitest erst kurz im AD, also wie wäre es, wenn Du Dich mit Deinen Kollegen/PDL über die Zweifelsfälle unterhälst und Ihre Erfahrungen erfragst.
Es wird Dir passieren, dass eigentlich alle bei dem einen oder anderen Pat. darauf warten, dass er/sie stirbt (lange Krankheit, Ca, jenseits der 90 ist halt irgendwann mal Schluß etc), da gibt es i.d.R. auch Gespräche mit Pat., Angehörigen oder dem HA, was im Todesfall gewünscht oder angezeigt ist.
Laß Dich einarbeiten.
 
Hallo "Weißer Hase"!

Deine Fragen sind immer wieder gestellte Fragen. Wenn Du hier im Forum "Ambulante Pflege" stöberst, wirst Du noch mehr ähnliche Themen finden.

Zu Deiner Frage, ob Du reanimieren mußt, wenn gerade jemand "am sterben" ist: grundsätzlich JA!
Auch wenn Patienten den Wunsch äußern, sterben zu wollen (oder gar die Angehörigen), ist es trotzdem unsere Pflicht, den Patienten ins Leben zurück zu holen, es spielt keine Rolle, welch ein Leben das ist, sofern man es als solches noch bezeichnen kann.

Nein, ich begrüße diese unsere Pflicht nicht unbedingt, es ist sehr schwer. Patientenverfügungen sind -noch- nicht wasserdicht genug, Wünsche von Patienten und Angehörigen nicht verläßlich und schon gar nicht verbindlich.
Man kann nur hoffen, nicht in einer solchen Situation zu sein - ich war in einer solchen gewesen, der Patient war von einem anderen Pflegedienst, doch die Ehefrau rief uns an, weil sie den eigenen PD nicht erreichte.
Als ich ankam, fand ich einen röchelnden Schwerstpflegefall vor, noch nicht alt, ich hatte keine Ahnung was der Patient für Krankheiten hatte. Ich brachte ihn in die stabile Seitenlage und während ich den Notarzt alarmierte starb der Patient. Aus Mund und Nase kamen Massen von blutigem Schleim heraus. Die Ehefrau sowie der Sohn waren total aufgeregt und waren total hysterisch. Sie schrien mich an, ich solle was tun-ich solle bitte was tun.
Ich war wirklich total überfordert.
In der ambulanten Pflege hast Du keinen Arzt oder Kollegen, den Du zusätzlich alarmieren kannst. Du stehst wirklich ganz alleine da. Man hat keinen Notfallkoffer mit allen möglichen Instrumentarien zur Hand. Als der Notarzt eintraf, sagte der, er hätte ihn auch nicht mehr reanimiert. Er sei multimorbide und wohl schon lange ein Pflegefall gewesen.
Wenn man in eine solche Situation gerät, ist man hilflos und ich bin heute noch am rätseln, ob ich nicht doch noch mehr hätte tun können. Ich weiß es nicht.

LG
Trisha
 
Die Antwort ist eindeutig du mußt reanimieren. Auch wenn es keinen Sinn mehr macht. Nur der Arzt kann entscheiden wann und daß der Patient tot ist. Also Notarzt informieren und Reanimation beginnen. Außer der Patient ist erkennbar schon länger tot. Dann reicht es auch den Hausarzt zu informieren. Ich war selbst schon in solchen Situationen und ich muß sagen ich habe ohne groß drüber nachzudenken einfach gehandelt. Ich hab mir die Frage gar nicht erst gestellt ob oder ob nicht.
Eine Patientin fand ich morgens tot im Bett. Sie war schon eiskalt und eindeutig länger tot warscheinlich schon seit dem Vorabend. In dem Fall habe ich dann den Bereitschaftsdienst informiert, der Angehörige und Arzt verständigte wärend ich die Verstorbene versorgte und dann meine Tour fortsezte. Der Bereitschaftsdienst kam dann und wartete auf den Arzt der dann den Tod feststellte.
Wenn einer gerade am sterben ist mußt du auf jedenfall reanimieren.

Lieben Gruß Janina
 
Janina schrieb:
Außer der Patient ist erkennbar schon länger tot. Dann reicht es auch den Hausarzt zu informieren.

Eigentlich muss man auch dann noch reanimieren.
Ausgenommen sind glaube ich nur Verletzungen die "mit dem leben nicht vereinbar sind", wie zB Enthauptung, und eingetretene Leichenstarre.
8Und Fäulnis, aber die braucht ja nicht extra erwähnt werden :)

Oder erinnere ich mich verkehrt?
 
noch mal zu den ganzen "eigentlichs"....
Hat ein Mensch eigentlich auch das Recht friedlich zu sterben...?

Folgender Fall: über neunzigjähriger Pat ist morgens nach dem Eintreffen der PK sanft auf dem Sessel verstorben, hatte sich noch zuvor mit der MA unterhalten und ist dann friedlich eingeschlafen - also dass, was sich viele wünschen, nicht der Kampf um das eigene Leben.

Ich hatte Bereitschaft und wurde von der MA hinzu gebeten. Die MA war im Zweifel, ob sie sich richtig verhalten hat und ich habe auch in diesem Fall (mit Betonung!) keine Reanimation eingeleitet. Die informierte Hausärztin hat sich die Vorkommnisse schildern lassen und war absolut mit unserem Handeln einverstanden.

Warum ich das schreibe? Weil ich denke, auch das ist ein Teil der Praxis in der ambulanten Pflege. Was ist mit den CA-Pat., die lange Leiden, sehr alte Menschen, die mit ihrem Leben schon abgeschlossen haben und auch wirklichauf ihr Ende warten etc.

Nur um mein Gewissen zu beruhigen oder eine Linie zu verfolgen (ich bin doch Krankenschwester, da wird nicht gestorben, ich muß doch Leben retten) werde ich mich nicht blind auf Sterbende schmeißen und reanimieren.

Das hört sich zwar auf der einen Seite anmaßend an, ist es aber nicht.

Denn ich finde, es gehört auch sehr wohl zu unserem Beruf, das Sterben zu begleiten.

Nun bin ich auf reichlich Schelte gespannt......
 
Hi Nordlicht, kann dein Handeln sehr gut nachvollziehen, Schelte wird es wohl von mir eher nicht geben:bussis: ! Das Problem ist häufig, dass viele Pflegekräfte wirklich meinen, dass eine Begleitung zum würdigen Tod kein Pflegeziel ist. (Ausnahmen bestätigen selbstverständlich die Regel).
Hasse diese unsinnigen Reanimationen, bei denen letzendlich keiner "gewinnen" kann. Mir hat mal ein Hausarzt, nachdem ich ihn zwecks Reanimation angerufen habe gesagt, ich hätte doch etwas langsamer fahren sollen, nachdem die Ehefrau angerufen hatte, um mitzuteilen, dass es ihrem Mann "irgendwie nicht gut gehe".
Bin nach 20 Jahren im Beruf immer froh, wenn ich nicht vor der Entscheidung stehe: Reanimation ja oder nein.

Frage dennoch an Dich: was hat dich so sicher gemacht, dass die Angehörigen im Anschluss keinen Tanz machen? Gab es eine Absprache mit dem Hausarzt?
 
Hallo
Ach ich finde man muß nicht um jeden Preis leben verlängern.
Es gehört sehr viel mehr dazu, sich mit dem sterben/begleiten auseinander zu setzen nicht unsere Wünsche sondern die des Sterbenden sollten im vordergrund stehen.Wenn dies auf grund der Erkrankung oder altersschwäche
absehbar ist und mit Pat.,Arzt u. Angehörigen abgesprochen ist. In einer akut Situation würde ich immer Arzt/Notarzt rufen.
Gruß karin_l_59
 
Wenn der Angehörige oder der Betreute selbst mir gegenüber geäußert hätte,
dass er sowas nicht will, würde ich auch nicht reanimieren.
 
Und dann überlegen sie es sich nochmal (oder es hat halt nur der Patient gesagt, die Angehörigen wollen ihn nicht sterben lassen) und du landest im Knast!

Ist ja leider so :-/

Ich bin übrigens PRO Sterbehilfe, aber das gehört hier nicht her...
 
Moin Eiseule & Co,
ich hatte schon mit einer virtuellen Steinigung gerechnet.....:sbaseballs:

was mich so sicher machte?
So wie Du bin ich auch schon ein paar Donnerstage mehr dabei und es hört sich blöde an, aber vieles kommt aus dem Bauch.
In diesem speziellen Fall hatten wir den Pat. schon mehrere Jahre, kannten ihn + Familie sehr gut und ich wußte, dass die Familie sehr bodenständig ist (alles Bauern). Das Thema Tod ist bei unseren Pflegekunden häufig ein offenes Thema und auch hier wußten alle, dass Opa doch schon sehr abgebaut hatte. Die Hausärztin kenne ich inzwischen sehr gut, selbst schon älter, ist mit ihren Pat. praktisch groß geworden und wünscht jedem einen Abgang ohne Kampf und Schmerzen. (Ehrlich, sie sagte: "oh, wie schön für ihn")

Auch bei einer CA-Pat, die wir ca 1 1/2 Jahre betreut hatten, wäre niemand auf die Idee gekommen eine Reanimation zu starten, als es zu Ende ging.
Bei einem anderen Pat. kam die Ehefrau mit vor die Tür (Pat längere Zeit schon bettlägrig, multimorbid) und sagte, was soll ich machen, wenn er stirbt? Da gibt`s nur eins: Hand halten. Vielleicht Mund anfeuchten, mit feuchtem Waschlappen das Gesicht abwischen, vielleicht beten, wenn gewünscht.
Und den Arzt rufen, wenn alles vorbei ist.

So ziemlich das Schlimmste, was mir passiert ist: 2. Weihnachtsfeiertag, Spätdienst und ich komme zu einer Pat., 88 J. mit Lungen-CA im fortgeschrittenen Stadium. Der demente Ehemann war auf die Straße gelaufen, als seine Frau im Bad tot (?) umgefallen ist, ein Passant rief die Rettung. Ich komme also um die Ecke gefahren und sehe schon den Rettungswagen, im Bad 4 Mann, die sich alle Mühe gaben, die Herz-Lungenwiederbelebung positiv für sich zu entscheiden, die schon reichlich weiße Frau auf dem Boden, der demente Ehemann auf dem Badewannenrand. Einen der tätigen Helfer habe ich zur Seite gezogen und gefragt, ob das Not tut oder ob sie nicht die Frau in Frieden gehen alssen können. Da war was los! (Die Sanitäter und der Notarzt haben -Gott sei Dank- verloren, nicht auszudenken, was sonst gekommen wäre)



Ob`s mir passt oder nicht - irgendwann stirbt jeder.
 
Danke Britta

Elisabeth
 
Hallo

vielen Dank für die vielen ausführlichen Antworten. Ich denke ich bin nicht der einzige dem es also so geht, Gestz und Realität sind eben doch nicht immer so ganz zu vereinbaren, wenn ich das alles richtig verstanden habe.
 
Hallo,

ich denke, in der ambulanten Pflege kennt man seine Patienten, die Angehörigen und den behandelnden Arzt meist sehr gut. Man selbst wird quasi Teil der Familie, so dass man sicher abwägen kann, was der Patient möchte und was man mit dem eigenen Gewissen vereinbaren kann.
Ich aberbhatte einen Fall, da entschied der Sohn, der Vater solle nicht mehr reanimiert werden, die Ehefrau aber war für jegliche Hilfe! Der Patient selbst war desorientiert....
Tja, was hätte ich da gemacht?
Ich fand natürlich, dass der Patient kein lebenswertes Leben mehr führte (Schwerstpflege).
Wenn ich ihn nun nicht mehr reanimiert hätte - was hätte die Ehefrau gemacht?
In so einem Fall ist es doch besser, ich reanimiere...:-? - oder???

LG
Trisha
 
Trisha schrieb:
Ich aberbhatte einen Fall, da entschied der Sohn, der Vater solle nicht mehr reanimiert werden, die Ehefrau aber war für jegliche Hilfe! Der Patient selbst war desorientiert....
Tja, was hätte ich da gemacht?
Ich fand natürlich, dass der Patient kein lebenswertes Leben mehr führte (Schwerstpflege).
Wenn ich ihn nun nicht mehr reanimiert hätte - was hätte die Ehefrau gemacht?
In so einem Fall ist es doch besser, ich reanimiere...:-? - oder???

Hallo Trisha,

da bist du ganz schön in der Zwickmühle.
Da stellt sich die Frage, wer hat die Versorgungsvollmacht.
Gibt es keine, ist es noch schwieriger.
Mir geht es häufig im Rettungsdienst so, dass ich zu solchen Situationen gerufen werde. Da muss ich immer anfangen, ausser es gibt eine Patientenverfügung oder sichere Todeszeichen.
Wobei ich schon häufig, gehofft habe, dass wir nicht erfolgreich sind.

Schönen Tag
Narde
 
Hallo narde,

Du hast recht.
Im Falle eines Falles: reanimieren.
Das haben wir auch immer so vom Chef angewiesen bekommen. Denn beim jährlichen Pflichtkurs Erste Hilfe stellten wir uns immer wieder die Frage, ob wir das bei unserem Klientel überhaupt anwenden...:-?
Oh, das hört sich bitterböse an....

Ich war natürlich immer sehr erleichtert, wenn es noch für den Notarzt gereicht hat und ich selbst nicht eingreifen mußte.
Man tut sich schwer. Denn es sind schwerwiegende Entscheidungen.

LG
Trisha
 
Ja, auch ich habe ANgst vor solchen SItuationen an der Arbeit! Bisher habe ich es noch nie erlebt, daß ich einen patienten/Kunden tot aufgefunden habe...obwohl ich mittlerweile siet knapp 9 Jahren in der amb Pfl arbeite!

Ein Mal kam ich zu einer CaPatientin, die vor dem WE zum Sterben nach Hause entlassen wurde...es war Montag Abend, sie war 15 Minuten vor meinem Eintreffen verstorben. Der Ehemann öffnete mir, hatte seine Frau schon *erstversorgt* (Mund hoch gebunden, firsch gemacht). Ich habe dann bis zum Eintreffen des HA mit ihm einen Tee getrunken. ...und war froh, daß ich nach dem Tod ankam und nichtim Sterben!

Ein anderer Fall: amb Kinderkrankenpflege, eine Sterbebegleitung über fast 18 Monate. Montag früh bei der Grundpflege war mir klar, daß ich den Kleinen am Mittwoch nicht wieder pflegen bräuchte. Und tatsächlich starb er 6 Stunden nachdem ich gegangen war friedlich im Arm seines Vaters. Kinderarzt, Krankengymnastin, Pfarrerin und ich haben gemeinsammit der Familie zu Hause Abschied genommen bis der Bestatter kam und ihn abholte.

Aber:

wie würde ich reagieren,w enn...

Ich weiß es nicht, ich denke, ich würde intuitiv handeln.

  • sicher gibt es Patienten wo ich bei einem (hysterischen) Notruf der Angehörigen langsam fahren würde
  • sicher gibt es Patienten wo ich alles tun müßte
  • sicher gibt es Patienten wo ich ruhigen (?) Gewissens am Bett sitzen und die Hand halten würde
  • sicher gibt es Situationen in die ich nie!!! geraten möchte!
Prinzipiell haben wir Patienten wo bekannt und in der Akte vermerkt ist, daß nicht reanimiert wird. Und wir haben Patienten bei denen vermerkt ist, daß in jedem Fall reanimiert werden soll (auch wenn wir das teilweise schlimm findne). Und bei den restlichen Patienten ...da lasse ich mich von meinem Gewissen (und leider auch den Gesetzen) leiten.
 
Trisha schrieb:
Hallo,

ich denke, in der ambulanten Pflege kennt man seine Patienten, die Angehörigen und den behandelnden Arzt meist sehr gut. Man selbst wird quasi Teil der Familie, so dass man sicher abwägen kann, was der Patient möchte und was man mit dem eigenen Gewissen vereinbaren kann.
Ich aberbhatte einen Fall, da entschied der Sohn, der Vater solle nicht mehr reanimiert werden, die Ehefrau aber war für jegliche Hilfe! Der Patient selbst war desorientiert....
Tja, was hätte ich da gemacht?
Ich fand natürlich, dass der Patient kein lebenswertes Leben mehr führte (Schwerstpflege).
Wenn ich ihn nun nicht mehr reanimiert hätte - was hätte die Ehefrau gemacht?
In so einem Fall ist es doch besser, ich reanimiere...:-? - oder???

LG
Trisha

Hi Trisha, wirklich keine einfache Situation und dir ist nichts anderes übrig geblieben, als zu reanimieren. Letztendlich hätte man dir wohl einen Strick raus drehen können, wenn du es nicht getan hättest. So lange du nichts schriftliches vorliegen hast vom Patienten selbst, was dann auch noch aktuell ist bleibt dir und uns allen wohl kaum etwas anderes übrig.
 

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