Mobbing in Pflegeberufen

Arik

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Gesundheits- und Krankenpflegeschüler
Irgendwie kommt es mir vor, dass in Pflegeberufen oder Sozialberufen besonderes gerne gemobbt wird. Ich ich habe mich gefragt warum das so ist. Ich selber habe damit noch keine Erfahrungen gemacht. Aber ich könnte mir vorstellen es liegt am relativ hohen Frauenanteil und ich möchte jetzt auch kein diskrimisieren. Ich würde gerne euere Meinung dazu wissen.

Arik
 
Irgendwie kommt es mir vor

war noch nie eine gute Diskussionsgrundlage. Es handelt sich ja nicht um eine statistisch erwiesene Tatsache, sondern um einen persönlichen Eindruck. Den kann man schlecht belegen.

Dass auch im Gesundheitswesen gemobbt wird, wird keiner bestreiten. Es gibt etliche wissenschaftliche Arbeiten darüber. Aber ob in der Pflege mehr gemobbt wird als anderswo? Woran willst Du das festmachen? Ein guter Teil der Mobbingopfer wird nie an die Öffentlichkeit gehen.

Wikipedia allerdings erwähnt eine Studie, nach der die Täter hauptsächlich Männer, die Opfer hauptsächlich Frauen sind - was Deiner Theorie widerspricht. Mobbing
 
Nach kurzer Recherche bin ich der Meinung, dass Deine Meinung, sowohl zur Häufigkeit von Mobbing als auch zur Ursache, falsch ist.

Bißchen Lesestoff für bessere Diskussionsgrundlagen: Die BAuA-Reporte auf dieser Seite: INQA - Personalführung - Mobbing in Deutschland

Beachte den Satz auf S. 3 der Kurzfassung:
Festgestellt wurde, dass es keinen Bereich gibt, der als„mobbingfreie“ Zone gelten könnte: Vielmehr zieht sich das Phänomen quer durchalle Berufsgruppen, Branchen und Betriebsgrößen sowie Hierarchiestufen und​
Tätigkeitsniveaus.
 
Bißchen Lesestoff für bessere Diskussionsgrundlagen: Die BAuA-Reporte auf dieser Seite: INQA - Personalführung - Mobbing in Deutschland

Beachte den Satz auf S. 3 der Kurzfassung:
Festgestellt wurde, dass es keinen Bereich gibt, der als„mobbingfreie“ Zone gelten könnte: Vielmehr zieht sich das Phänomen quer durchalle Berufsgruppen, Branchen und Betriebsgrößen sowie Hierarchiestufen und​
Tätigkeitsniveaus.



Ich habe mir die Seite mal angeschaut. Würdest Du mir bitte kurz erklären, wer denn diese INQA ist. Ich kann die gerade gar nicht einordnen. Vielen Dank im Voraus!

 
Wenn Du auf selbiger Seite nach unten scrollst und auf "über uns" klickst, stellt sich die Initiative für Neue Qualität der Arbeit selbst ausführlich vor.

Der Report, um den es mir eigentlich geht, ist von der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA), und die wiederum ist eine Einheit des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales.
 
In der - kompletten Studie - 159 Seiten, von 2002
sind die wesentlichen Daten erhoben durch telefonische, tw. schriftliche Befragung von ca. 500 Personen,
keine Ahnung...ist 500 viel oder wenig, oder Mittelmaß
Tabelle 5.1, S. 42 differenziert - einzeln - in welchen Bereichen wieviele Männer/ Frauen jeweils mobben -
DA erscheint der Unterschied zwischen den Geschlechtern nicht mehr so doll

Abb. 7.1, S. 65 zeigt auf, dass 38% der Mobber Vorgesetzte sind, weitere knapp 13% sind Vorgesetzte und Kollegen -
zusammen - die Hälfte, hm

Abb. 7.2, S. 68, hierarchische Position der Mobber m/w könnt man auch mal 'ne Minute anschaun und Schlüsse draus ziehen
Männer werden von männlichen Vorgesetzten deutlich häufiger gemobbt als von weiblichen Vorgesetzten
bei den Gleichgestellten ist es dagegen die einzelne Kollegin - die deutlichst häufiger mobbt, als der gleichgestellte männliche Kollege

S.69
hauptsächlich gemobbt von Frauen wurden 41%
hauptsächlich gemobbt von Männern wurden 59%
Männer wurden zu 18% von Frauen gemobbt, zu 82% von Männern
Frauen wurden zu 57% von Frauen gemobbt, zu 43% von Männern

Tabelle 8.3, S.81 und Tabelle 8.4, S.84
Folge des Mobbings
Freiwilliger Wechsel im Betrieb - Frauen zu 40% Männer zu 18%------------------ insgesamt wählten 31% diese Möglichkeit
selber kündigen - Frauen auch wesentlich häufiger, zu 29%, Männer - 15%--------insgesamt wählten 23% diese Möglichkeit
macht zusammen - 54%!

Gibt schon sehr deutliche Unterschiede, nur - völlig anders als gedacht
als Mann mit lauter männl. Kollegen UND lauter männlichen Vorgesetzten - worst case
 
Wenn ich hier im Forum so lese, wie inflationär mit dem Begriff Mobbing umgegangen wird, wundert es mich nicht, dass man der Meinung sein kann, dass in der Pflege öfters gemobbt wird als anderswo.
 
Ja, es wird in Pflegeberufen gemobbt. Ob das jetzt flächendeckend so ist, oder häufiger, als in anderen Berufen, ist dem Gemobbten doch wurscht. Geht Mobbing mehr von Männern aus, oder von Frauen, handelt es sich um Bossing, oder um Mobbing...ist dem Betroffenen auch wurscht.

Derjenige, der gemobbt wird ist zu 100% in der Situation. Statistiken helfen nicht weiter, zumal sie ja scheinbar auch zeigen, dass Mobbing weder berufs- noch geschlechterspezifisch ist.

Ob jetzt inflationär mit dem Begriff Mobbing umgegangen wird mag ich, als selber oft betroffenes Opfer, nicht beurteilen.
Wann darf man es denn so nennen? Wo fängt es denn an?
Wer selber mal für Monate mit dem Rücken zur Wand in der eigenen Abteilung unterwegs war, wer selbst von sämtlichen anderen Kollegen gemieden und ausgegrenzt wurde, wem über Monate unzutreffende übelste Dinge unterstellt wurden, deretwegen sich der Betroffene in schöner Regelmässigkeit vor PDL usw. rechtfertigen, bzw diese Lügen entkräften musste, der weiss was Mobbing ist. Wem die persönliche Lebensauffassung, religiöse Einstellung, ethische Wertevorstellung im grossen Kreis der Lächerlichkeit preisgegeben wird...der weiss was Mobbing ist.

Werde ich dreimal nicht zurückgegrüsst, ist das sicher kein Mobbing...handelt es sich um persönliche Diskrepanzen mit einer einzelnen Person, die aber keine Auswirkungen auf den Rest des Teams hat, ist das auch kein Mobbing.
Schliessen sich aber auf Grund von „Hetze“ ein oder mehrer Teammitglieder dem Ausgrenzen einer Person an...was ist das dann? Etwas, was man mal eben im Gespräch klären kann oder schon Mobbing? Wird beim Klärungsversuch im Gespräch alles als Missverständnis hingestellt und es geht danach munter und schlimmer weiter, darf das Mobbing heissen?

Ich würde mal eine These aufstellen...genaus so oft, wie der Begriff inflationär genutzt wird, genauso oft wird Mobbing von den Initiatoren und auch den Nicht-Betroffenen als nicht existent gesehen bzw "verkauft".
VG lusche
 
ich denke, eine basis für mobbing ist er willkürliche umgang mit vorurteilen, die man nicht belegen kann.

beispiel aus diesem thread: "frauen können ein grund sein, dass mehr gemobbt wird" - unbelegt und offenbar auch unbelegbar.


vielleicht sollte man darüber mal nachdenken....
 
Hallo Lusche,

wenn es den Gemobbten dorch wurscht sein kann, ob in der Pflege häufiger gemobbt wird als anderswo, warum soll sich dann irgendjemand für deine These interessieren. Ist den Gemobbten doch wurscht, ob der Begriff inflationär benutzt wird oder als nicht existent verkauft wird.

Hallo Claudia,

in der von dir zitierten Studie (http://www.baua.de/cae/servlet/contentblob/682700/publicationFile/46973/Fb951.pdf S.31) wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die sozialen Berufe mit Abstand das größte Mobbingrisiko tragen.
Wundert das nicht ein wenig, wo doch den sozialen Berufen auch eine überdurchschnittliche soziale Kompetenz zu unterstellen wäre?

Ausserdem sollte auch bekannt sein, dass die Krankheitstage in der Pflege weit über dem Durchschnitt liegen.

Meine These lautet: Stress macht aggressiv.
 
dass die sozialen Berufe mit Abstand am häufigsten gemobbt wird kann ich voll zustimmen, obwohl ich noch nie betroffen war.Eine überdurchschnittliche soziale Kompetenz ist das sicherlich nicht vorhanden und dies fällt besonders auf wenn man von einer anderen Branche kommt.:weissnix:
 
Hallo thorstein,
warum soll sich dann irgendjemand für deine These interessieren.
War gar nicht mein Anspruch,....ich habe mir lediglich erlaubt meine Sicht der Dinge zum Thema zu präsentieren. Ich denke dazu ist dieses Forum da?
Es macht mir auch nichts aus, wenn meine Aussagen für Manchen irrelevant scheinen.

Im Übrigen sind wir gar nicht so unterschiedlicher Meinung, denn Du hast recht
Ist den Gemobbten doch wurscht, ob der Begriff inflationär benutzt wird oder als nicht existent verkauft wird.
Der Gemobbte ist zu 100% in der Situation, auch wenn es vom Mobber abgetan wird.
Deiner These stimme ich zu. Ausnahmen bestätigen, wie immer, die Regel.

VG lusche
 
Ich habe bei solchen fragen ein Minimalziel.
Ich will nciht, dass in der Pflege überdurchschnittlich gemobbt wird, ich will nicht, dass in der Pflege das burn-out-Risiko deutlich über dem Durchschnitt liegt, und ich will auch nicht, dass man sich in der Pflege deutlich häufiger den Rücken kaputt macht, als in anderen Berufen.

Das alles hilft den jetzt, aktuell Betroffenen selbstverständlich wenig. Aber was ist das für eine Haltung: ich werde schon gemobbt, was interessiert es mich, ob meine KollegInnen in Zukunft auch gemobbt werden, ich habe schon einen kaputten Rücken, was interessiert es mich, wenn in Zukunft meine KollegInnen ihren Rücken auch ruinieren usw.? (das jemand, der akut gemobbt wird, sicher keine nerven mehr übrig hat, um sich um solche Fragen zu kümmern: vollkommen klar)

Das Grundübel sind die Arbeitsbedingungen. Würden diese stimmen, lägen wir wohl auch im Durchschnitt.
Mein Endruck ist leider der, dass wir die Frage nach der Ursache vernachlässigen und stattdessen zu persönlichen Ratschlägen greifen. Geh zu einem Therapeuten, arbeite konsequent rückenschonend, mach doch Yoga oder Tai Chi.
Würden die Arbeitsbedingungen stimmen, hätte ich kein Problem mit solchen Ratschlägen. Aber so beschleicht mich das Gefühl, wir Pflegekräfte wollen/sollen jeder für sich die Probleme unzureichender Rahmenbedingungen lösen.

Insofern finde ich deine These auch wieder wichtig und übrigens auch richtig. Hnter dem inflationären Gebrauch können sich potentielle Mobber sehr gut verstecken.
 
thorstein:
Aber so beschleicht mich das Gefühl, wir Pflegekräfte wollen/sollen jeder für sich die Probleme unzureichender Rahmenbedingungen lösen.
das ist kein Gefühl, sondern traurige Wirklichkeit.
Wie sonst erklärt sich der soooo geringe Grad der Organisation?
Es wird auch immer wieder - wir haben keine Lobby - beklagt.
Ja wie soll diese den Entstehen, bei so geringem Organisationsgrad?

Genau, jeder löst sein Problem selbst - oder auch nicht.
 
Ausserdem sollte auch bekannt sein, dass die Krankheitstage in der Pflege weit über dem Durchschnitt liegen.
Nicht in der Pflege, sondern im Gesundheitswesen, wobei wir da die größte Berufsgruppe sind.

Die Krankheitstage allein als Beweis für häufigeres Mobbing zu nutzen finde ich aber riskant. Es gibt genügend andere Krankheitsursachen. Und es gibt Krankheiten und Unfälle, bei denen Du in Bürojobs viel früher wieder einsatzfähig bist als im Pflegeberuf - auch dies treibt die Krankheitstage in die Höhe.
 
Eine These von mir war (aber mit relativ kurzem Beobachtungszeitraum), dass dies an den relativ unklaren Hierachistrukturen liegt. Examinierte Pfleger haben zumindestens bei uns im Altersheim (bis auf Medikamentengabe und einige Ausnahmen) ungefähr das selbe Aufgabengebiet wie Pflegehelfer oder Pflegeassistenten. Ständig wurde auf unserer Station von den einzelnen Mitarbeitern versucht sich zu proflieren, sich besser darzustellen als die anderen Mitarbeiter. Zum Beispiel will natürlich eine 50-jährige Pflegeassistentin völlig ohne Ausbildung, dafür 10 Jahre private Pflegeerfahrung, sich nicht von einer 19-jährigen frisch examinierten Altenpflegerin bevormunden lassen, was die Grundpflege angeht. Nie in einem Praktikum habe ich so oft gehört: "Solange ich hier noch was zu sagen hab!".. Ständig wurde die Arbeit der anderen hinter dem Rücken derer abgewertet um zu zeigen wie viel Ahnung man denn selber hat. Zudem gibt es in der Pflege soviele verschiedene Arten etwas richtig zu tun (z.B. Transfer Bett Rohlstuhl, auch und besonders der Umgang mit den Bewohnern - versuche ich mit einem Klienten der Widerstand leistet gegen eine Anweisung z.B. zu Bett gehen/Essen einnehmen ein sinnvolles Gespräch zu führen - oder zwinge ich den Klienten einfach dazu und lass keine Widerworte zu um Zeit zu sparen).
Und jeder hat in meinem Praktikum seine Art als die einzig richtige angesehen, die es galt durchzusetzen.
Es war echt schwierig Anweisungen umzusetzen die von anderen als grundlegend falsch revidiert wurden.
 
Was Du beschreibst, ist aber kein Mobbing.

Möglicherweise entsteht der Eindruck des häufigen Mobbings daher, dass jeder schiefe Blick gleich so betitelt wird - obwohl Mobbing langandauernd und "mit System" ist. Nicht jede kleine Unstimmigkeit ist gleich Mobbing, und nicht jede unglückliche Diensteinteilung ist gleich Bossing. Der inflationäre Gebrauch dieser Worte scheint aber auch nicht auf die Pflege allein beschränkt zu sein.
 
Ständig wurde die Arbeit der anderen hinter dem Rücken derer abgewertet um zu zeigen wie viel Ahnung man denn selber hat.

Klar, kein mobbing. Und es ist extrem wichtig, immer und immer wieder auf den inflationären Gebrauch hinzuweisen. Natürlich schreit jeder Mitarbeiter bei der kleinsten Kritik mobbing. Und das scheint wohl auch das Hauptproblem bei diesem Thema zu sein.

Wenn ich mir die tatsächlichen Folgen von mobbing anhand obiger Studie verdeutliche und das mit dem riesigen Problem des inflationären Gebrauchs eines Wortes vergleiche, bin ich doch zumindest irritiert.
 

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