Glucose 40 als Schmerztherapie?

corpax

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Sep 18, 2004
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Hallo Zusammen!

Ich habe eine kleine Frage, zu der ich gerne eure Meinung bzw. Erfahrung hören würde:

Seit einiger Zeit geben einige von unseren Ärzten Neu- und Frühgeborenen vor kleinen Eingriffen, wie z.B. Blutentnahmen o.ä., Glucose 40% oral. Sie sagen, dass die Kinder dadurch weniger Schmerzempfindlich sind.

Kennt ihr diese Methode? Wie und warum wirkt sie? Und was ist davon zu halten?

corpax
 
Schmerztherapie mit Glukose-Lsg.

Hallo ! kenne die Therapie nur etwas abgewandelt mit 30%iger Saccharoselösung von meiner ehemaligen Station.
Bei uns wurde ca. zwei bis drei minuten vor dem geplanten schmerzhaften Eingriff die Lösung mit einem Wattestäbchen zum Saugen oder direkt auf die Zunge und anschließendes Schnullern gegeben. Ausgehend davon das das Schullern und die Zuckerlösung eine additive Wirkung haben (zentrale Freisetzung von Endorphinen)
Die Dosis ist abhängig von Gewicht bzw.SSW.
Kontraindikation: Verdacht auf Nekrotisierende Enterocolitis
Die Dosis ist so gewählt, das die hyperosmolare Lösung den Magen-Darm-Trakt nicht erreicht sondern schon vorher über die Schleimhäute aufgenommen ist. Theoretisch berechnet sollte die gegebene Glokosemenge den Blutzucker nicht anheben.
Die Erfahrungen waren sehr unterschiedlich. Einige wirkten schmerzunempfindlicher, andere halt nicht. Insgesamt befürworte ich aber den Einsatz der Zuckerlösung als möglichkeit zur Schmerzreduktion.


MfG, Stefan E.

P.S.: ALLE ANGABEN OHNE GEWÄHR
 
Hallo :-)

Comfort-Maßnahmen wie Lagern (Kind in die Rundung bringen, Nestchen usw.) Facilated Tucking, non-nutritives Saugen haben sich als schmerzreduzierend erwiesen. Besonders dem Saugen wird eine große Schmerzreduktion zugesagt (nachweislich in Studien).
Saugen und Muttermilch oder Glukose - respektive Sachharose- sind auf alle Fälle schmerzmildernd und sollten auf jeder Früh- und Neugeborenen-Station vor schmerzhaften Eingriffen (kapilläre BE, venöse BE, Absaugen, Elektroden lösen usw.) Standard sein. Besonders sehr unreife Frühchen reagieren bei Schmerzen mit RR-Anstieg, Hypoxie, Hyperkapnie, Anstieg des intrakraniellen Drucks usw., zudem haben die vielen Schmerzreize, denen diese kleinen Menschen ausgesetzt sind, Auswirkungen auf die spätere Entwicklung und das Verhalten der Mini-Mäuse.
Wir arbeiten seit Jahren damit und haben nur gute Erfahrungen gemacht.
Es entspricht auch den Prinzipien der NIDCAP-Pflege, die sicher bald aus den Staaten nach Deutschland rüberschwappt (hoffentlich.... ). Mehr darüber findet ihr bei nidcap.com.

LG
Susanne
 
Kann man irgendwo nachlesen, wie das konkret funktioniert mit den Endorphinen und der Glucoselösung bzw. dem Nuckeln?

Auf mich wirkt das wie die Aussage ehedem: Säuglinge haben keine Schmerzen (zu haben). Sie können sie ja nicht äußern.

Elisabeth
 
klick - die schmerzlindernde wirkung von glucose in verbindung mit schnuller (bzw. orale anwendung im allgemeinen) ist tatsächlich bewiesen !
 
Vielen Dank für die Info. Sehr interessant. Man lernt doch nie aus.

Elisabeth
 
gern geschehen! hatte vor einiger zeit mal davon gehört und hatte es ähnlich bewertet wie du, bis ich vor ein paar wochen auf den link gestoßen bin. finde die möglichkeit sehr interessant, ist aber wohl leider noch nicht allzu weit verbreitet bzw. ernstgenommen.
 
Hi!

Wir machen das auch mit der Glucose, nehmen aber 5%- ige!

Reicht das dann noch aus zur Schmerztherapie oder ist das zuniedrig dosiert??

Und wie wird das dann mit dem Gewicht gestaffelt, ab welchem Gewicht welche Glucose- Konzentration??

Werd mir auch gleich mal die Internetseiten zu diesem Thema anschauen!

LG
Simone
 
Hallo

auf unserer Station machen wir das schon etwa 3,4 Jahre.
Dosierung der Sacharose/Glukose : 0,4 ml pro kg KG
Die Studien sind meist mit 20 - 25 % Sacharose gelaufen.
Neuere Studien (Simons et al 2003, Cignacco et al. 2006) weisen aber daraufhin, dass nicht der Glukosegehalt ausschlaggebend ist, sondern das SAUGEN. Wie gesagt, wir nutzen, wenn vorhanden Muttermilch (respektive Maltodextrin 25 %)
In den Studien wurde sogar abgekochtes Wasser genommen, und es kamen fast identische Ergebnisse raus.

LG
Nuba
 
corpax said:
Hallo Zusammen!

Ich habe eine kleine Frage, zu der ich gerne eure Meinung bzw. Erfahrung hören würde:

Seit einiger Zeit geben einige von unseren Ärzten Neu- und Frühgeborenen vor kleinen Eingriffen, wie z.B. Blutentnahmen o.ä., Glucose 40% oral. Sie sagen, dass die Kinder dadurch weniger Schmerzempfindlich sind.

Kennt ihr diese Methode? Wie und warum wirkt sie? Und was ist davon zu halten?

corpax



Hi!
Ich habe erst diese Woche darüber gehört und gesprochen bei uns wird dass auch so gemacht.
Bei Glucose werden nja die Glückshormone frei gesetzt, wie wenn wir Schokolade essen - Also davon dann weniger Stress und auch weniger Schmerzen...
 
Hallo,

kann das nur von meiner eigenen Tochter berichten, die als Säugling vor BE G 40% oral bekam. Sie hat zumindest keine Schmerzäußerungen gezeigt. Die Kinderärztin begründete auch den Zusammenhang der Endorphinausschüttung.

Später beim Kinderarzt in der Praxis zu den Impfungen habe ich dies ebenfalls erwähnt - er meinte, dies wirke nur bei Neugeborenen. Bei Babys, die schon mehrere Monate alt sind, wirke das nicht mehr.

LG
Trisha
 
Was den Erfolg angeht, gebe ich euch recht...
wie sinnvoll es aber aus psychologischer Sicht ist, den Saugvorgang mit einer negativen Schmerzerfahrung zu verknüpfen, bleibt wohl zu diskutieren (saugen = Schmerzen!?)...
 
Was den Erfolg angeht, gebe ich euch recht...
wie sinnvoll es aber aus psychologischer Sicht ist, den Saugvorgang mit einer negativen Schmerzerfahrung zu verknüpfen, bleibt wohl zu diskutieren (saugen = Schmerzen!?)...

Hmmm...... gute Überlegung!!! Wobei die Verknüpfung von positiven und negativen Wahrnehmung und deren Vor-bzw. Nachteil ein großes Thema in der Basalen Stimulation ist!!!!
Zählt für euch der Erfolg? Oder gibt es für euch auch Bedenken bzgl. der späteren Entwicklung der Kinder?
Bin mal gespannt was zu dieser Überlegung noch so geschrieben wird!!!

Liebe Grüße
 
Hallo zusammen,

ich finde es ziemlich unbedenklich diese Art der Schmerzreduktion anzuwenden.
Gründe:
1. Es funktioniert nur eine begrenzte Zeit. d.h. nur in der Frühgeborenen und Neugeborenenphase (also 4 Wochen nach der Geburt).
2. Man vebindet ja nicht einen schmerzhaften Reiz mit einem positiven, sondern durch die hochprozentige Sacharose und vor allem das Saugen wird das Schmerzempfinden gesenkt und wird der negative Reiz wird gar nicht als solcher wahrgenommen.
3. Gerade in der Frühgeborenenphase, in der die Hirnentwicklung von vielen negativen Reizen gestört wird und langfristige Schäden anrichten kann (dazu gibt es zahlreiche Untersuchungen), gilt es den Kindern Stress und Schmerz zu reduzieren um eine relativ normale Entwicklung zu ermöglichen. Selbst wenn man die Kinder auf Süßes konditionieren würde (was ich nicht glaube, siehe 2.), wäre das einer Schädigung der Entwicklung und eines schlechten Outcomes der Frühgeborenen meiner Meinung nach vorzuziehen.

Gruß
Tildchen
 
kenn mich in der Kinderkrankenpflege nicht so aus. Deshalb ne frage, wird dies nur oral gemacht?
Würde es ne wirkung über iv. geben?
Hab mal in den Nachrichten gehört, dass ein Kind durch ne Glucoselösung gestorben ist. ich glaub das war auch iv.
Könnt ihr mich mal darin aufklären?

Gruß Eve
:fidee:
 
Deshalb ne frage, wird dies nur oral gemacht?
Ja das wird nur oral gemacht, da das Schnullern an sich erheblich zur Wirkung beiträgt!
psychiatricnurse said:
Würde es ne wirkung über iv. geben?
Bitte nicht i.v.!!!!!! 1. Hochprozentige Glukose macht bei paravenöser Infusion ganz schlimme Nekrosen!
psychiatricnurse said:
Hab mal in den Nachrichten gehört, dass ein Kind durch ne Glucoselösung gestorben ist. ich glaub das war auch iv.
Könnt ihr mich mal darin aufklären?
Nun ja das war i.v.!
2. Wenn größere Mengen hochprozentige Glukose ungewollt i.v. gegeben werden kann das wie in dem Fall den du meinst zu z.B. einem Hirnödem führen, da Glukose Wasser aus den Zellen ausleitet und dieses dann ins Gewebe eingelagert wird!!

Liebe Grüße
 
Der letzte Satz ist arg vereinfacht: Glucose leitet nicht Wasser aus den Zellen aus, sondern:

Das Ganze heißt Osmose und beschreibt den Konzentrationsausgleich zwischen zwei unterschiedlichen Medien (Flüssigkeit und feststoffe in diesem Fall).
Wenn die Glucoselösung der Infusion höher konzentriert ist als in der Zelle, diffundiert die Flüssigkeit aus der Zelle ins umliegende Gewebe.
Das funktioniert auch mit jeder anderen hochkonzentrierten Flüssigkeit und ist zum Beispiel die Ursache dafür, dass man beim ausschließlichen Trinken von eerwasser "verdursten" würde.

Ausschlaggebend ist also das Verhältnis der Konzentration der Elektrolyte in Zelle und Infusionslösung.
 
Hallo!

Bei uns im KH wird auch die 40% Glucoselösung vor schmerzhaften Eingriffen (z.B. Blutentnahme) gegeben. 5% Glucoselösung wird zur Beruhigung auf den Schnuller gegeben ( wenn z.B. das Kind Hunger hat und die Mama kommt in ein paar Minuten erst auf die Frühchenstation zum Stillen)

Grüßle Stoffl :wavey:
 
Aloah hat bereits den Thread genannt wo dies vor einiger Zeit ausführlich diskutiert wurde. Dort findest du viele wichtige Infos.

Meines Wissens nach funktioniert das nur bei Früh und Neugeborenen und nicht mehr bei älteren Sgl.


Hallo Stupsi,

kann ich nur zustimmen.
Aber es schadet auch bei Säuglingen nicht (es ist einfach süss und die meisten Kinder sind trotzdem davon begeistert ein paar Tropfen auf dem Schnuller zu haben). Wir verwenden im Rettungsdienst (z.B. wenn ein Säugling vom Wickeltisch gefallen ist), oft ein wenig Lefax oder Sab Tropfen. Klar wollen wir keine Kombination (süss bedeutet in weiterer Folge Schmerz) erzeugen, aber so kann man zumindest (falls es Wirkung zeigt, und aus der Erfahrung ist es oft so), kurz das Kind anschauen und entscheiden, ob weitere Maßnahmen notwendig sind. So braucht man nicht gleich zu Ketanest "in die Nase" greifen, um das Kind für einen Moment aus dem Schrei-Zyklus zu bringen.

Liebe Grüße

:wink:
 

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