Doppelte Lohnkürzungen durch die Hintertür? Nachtwache nur teilweise anzurechnen?

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Hallo,
eine gute Bekannte von mir, hat ein Problem mit ihrem Arbeitgeber und da sie sich nicht so gut mit dem Internet auskennt, dachte ich, daß ich mal stellvertretend hier nach Hilfe suche...

Es dreht sich darum, daß ihr Lohn immer weiter runter gekürzt wird und sie vorne und hinten nicht mehr klar kommt.

Ich fange am besten mal von vorne an:
Sie ist gelernte Krankenschwester und arbeitet seit etwas über einem Jahr in einem kleinen Ort in einem Krankenhaus in der Nachtschicht. Im Arbeitsvertrag steht, daß sie 38.5 Stunden pro Woche zu arbeiten hat. Interessant ist, wie das abgerechnet wird: sie arbeitet 15 Stunden. In dieser Zeit darf sie auch (sofern möglich) schlafen. Angerechnet werden ihr aber nur ca. 8 Stunden. Dies wird damit begründet, daß es sich ja nicht um eine "Nachtwache", sondern um eine "Bereitschaft" handele. Auf den Einwand, daß sie aber doch in den Räumen anwesend sein müsse, gab´s zur Antwort, daß sie ja schlafen könne und das ja kein sonderlich anstrengender Job sei, sie somit auch nicht die vollen 15 Stunden abgerechnet haben könne.
Vor kurzem eröffnete man ihr dann, daß sie auf Grund der neuen Arbeitszeitregelungen, die die Ärzte letztes Jahr erstritten hätten, nur noch 55 Stunden die Woche als Maximum in der Bereitschaft arbeiten dürfte. In diesem Zusammenhang wird dann gesagt, daß mehr als 4 Nachtwachen pro Woche für sie nicht möglich seien, da sie ja pro Nachtwache 15 Stunden arbeiten würde.
Mit anderen Worten: man rechnet dort bei der Arbeitszeitbegrenzung die volle Stundenzahl zusammen, so daß bei 3 Nachtwachen rund 45 Stunden pro Woche entstehen aber ausbezahlt werden ihr nur 24 Stunden, da ja nur 8 von 15 Stunden angerechnet werden. Sie kann ausserdem keine 4. Nachtwache mehr machen, da sie sonst auf 60 Stunden käme und somit 5 Stunden zu viel wegen des neuen Gesetzes hätte.
Um noch einen drauf zu setzen, wird nun noch von ihr verlangt, daß sie jede Woche noch einige Stunden während ihrer Freizeit im Tagesdienst machen solle, weil sie ja sonst nicht auf ihre 38.5 Stunden pro Woche käme und man ihr das Gehalt auf Grund von Minusstunden kürzen müsse.

Nun meine/ihre Fragen:
1. Stimmt es, daß ein Unterschied in Abrechnung & Bezahlung zwischen Nachtwache und Bereitschaft besteht, auch wenn sie anwesend sein muss und sie mal viel mal gar nicht schlafen kann?

2. Stimmt das überhaupt mit der Arbeitszeit, daß sie nur maximal 55 Stunden pro Woche Bereitschaft machen darf?

3. Darf man dort mit zweierlei Maß messen: einerseits nur 8 Stunden bezahlen, aber andererseits 15 Stunden auf die Arbeitszeit anrechnen?

4. Sollte irgendwas an der Regelung faul sein, wohin kann sie sich wenden? Gibt es eine Behörde die über die Einhaltung der Vorschriften wacht, oder geht es nur mit dem Anwalt? Sie hat Angst vor der Auseinandersetzung und um ihren Job...

Danke schon mal für die Tips!
Hilde
 
Hallo,
das klingt ja wie Ausbeutung pur.
Aber mal der Reihe nach.
Wie kann man 15 Stunden Nachtdienst in einer Nacht machen?
In den mir bekannten Tarifverträgen beginnen Nachtdienste 20 oder 21 Uhr bis 6 Uhr.
Bereitschaftszeiten lassen sich in Arbeitsstunden umrechnen. Dazu muß man aber die Bereitschaftsstufe (A-D)wissen und zu Grunde legen.
Hat Sie nachts nicht geschlafen, also mußte Sie arbeiten, müssen bei Bereitschaften Aktivstunden berechnet und bezahlt werden. Diese müssen extra ausgewiesen werden. Eine willkürliche Vermischung, weils für den AG billiger ist, halte ich für rechtlich nicht zulässig.
Verwechsel nicht Arbeitszeit mit Bereitschaftszeit. Die wöchentliche Höchstarbeitszeit ist damit gemeint. Für PP gilt allerdings tarifrechtlich etwas anderes.(Max 40 h im Jahresdurchschnitt oder weniger ja nach Tarifgebiet)
Da da sicher was faul ist, sollte sie den Rechtsschutz der Gewerkschaft oder sofern Mitglied, den der Berufsverbände nutzen. Behörden?: Gewerbeaufsichtsamt z. B., Helfen könne alle Arbeitsrechtler
Wenn sie aber keinen Ärger haben und ihren Job behalten will, sollte sie ganz ruhig alles schlucken. Aber ist es das wert?
MfG
rudi09
 
Nicht nur, dass das Ganze wie rudi schon sagte Ausbeutung pur ist, gibt es bei der Sache ein gaaaaanz großes Foul!
12 Stunden sind das Maxium pro Tag! Deine Bekannte darf gar nicht 15 Stunden arbeiten.
 
Hatte ich ganz vergessen. Ist absolut zutreffend.
Bei reinen Bereitschaften, die in Arbeitszeit umgewandelt werden, ist das aber etwas anders.(Psychiatrie Bereitschaft Stufe C 16 Stunden = 8 Stunden AZ, jedenfalls rechnen die Ärzte bei uns so)
MfG
rudi09
 
Hey, erst mal vielen dank für die Antworten. Sowas dachte ich mir schon...
Habe inzwischen noch mal mit ihr telefoniert um ein paar Details zu hinterfragen.
Hallo,
das klingt ja wie Ausbeutung pur.
Aber mal der Reihe nach.
Ja, genau das habe ich auch gedacht, als ich das gehört habe...
Und wenn ich jetzt noch erzähle, daß der Verein bekannt ist, für den sie arbeitet, dann wird´s dadurch noch brisanter, wie ich finde.
Wie kann man 15 Stunden Nachtdienst in einer Nacht machen?
In den mir bekannten Tarifverträgen beginnen Nachtdienste 20 oder 21 Uhr bis 6 Uhr.
Sie fängt 17 Uhr an und hört 8 Uhr wieder auf...
Bereitschaftszeiten lassen sich in Arbeitsstunden umrechnen. Dazu muß man aber die Bereitschaftsstufe (A-D)wissen und zu Grunde legen.
Hat Sie nachts nicht geschlafen, also mußte Sie arbeiten, müssen bei Bereitschaften Aktivstunden berechnet und bezahlt werden. Diese müssen extra ausgewiesen werden. Eine willkürliche Vermischung, weils für den AG billiger ist, halte ich für rechtlich nicht zulässig.
Verwechsel nicht Arbeitszeit mit Bereitschaftszeit. Die wöchentliche Höchstarbeitszeit ist damit gemeint. Für PP gilt allerdings tarifrechtlich etwas anderes.(Max 40 h im Jahresdurchschnitt oder weniger ja nach Tarifgebiet)
In einem Begleitschreiben zur neuen Regelung finden folgende Auszüge Erwähnung:
Arbeitgeber-Schreiben schrieb:
- Regelung sieht pauschale Abgeltung oder durch Freizeitausgleich vor
Arbeitgeber-Schreiben schrieb:
es wird die Zeit des Bereitschaftdienstes mit Stufe A = 15% als Arbeitszeit bewertetes wird zusätzlich die Zeit jedes Bereitschaftsdienstes entsprechend der Zahl der im Kalendermonat abgeleisteten Bereitschaftsdienste mit einem jeweiligen Prozentsatz als Arbeitszeit bewertet
- bei weniger als 8 Bereitschaftsdiensten im Kalendermonat erfolgt eine zusätzliche Bewertung der Arbeitszeit mit 25%
- bei 9-12 Bereitschaftsdiensten erfolgt die zusätzliche Bewertung mit 35% und
- bei 13 und mehr Bereitschaftsdiensten mit 45%.

Beispiel:
Sie leisten in einem Kalendermonat 14 Bereitschaftdienste der Stufe A. Der Bereitschaftsdienst beginnt um 22 Uhr und endet um 8 Uhr = 10 Stunden.
Die Arbeitszeit wird wie folgt bewertet:
- 8 Bereitschaftdienste X 10 Stunden = 80 Stunden.
Erster Schritt = 80 Stunden X 15% = 12 Stunden.
Zweiter Schritt = 80 Stunden X 25% = 20 Stunden.

- 9.-12. Bereitschaftdienst X 10 Stunden = 40 Stunden.
Erster Schritt = 40 Stunden X 15% = 6 Stunden.
Zweiter Schritt = 40 Stunden X 35% = 14 Stunden.

- 13.-14. Bereitschaftsdienst X 10 Stunden = 20 Stunden.
Erster Schritt = 20 Stunden X 15% = 3 Strunden.
Zweiter Schritt = 20 Stunden X 45% = 9 Stunden.

Die Berechnung der Bereitschaftdienste in dieser Form ergibt sich aus den AVR, Anlage 5, §9.
Soweit das, was sie mir eben aus dem Vertrag telefonisch diktiert hat. Nun das Beispiel, wie es bei ihr in der Realität läuft (weicht etwas von den ursprünglichen Angaben, die ich oben gemacht hatte ab, weil die Zahlen gerundet waren und ich die so "aufgeschnappt" hatte, aber das Beispiel ist nun exakt!):
  • Sie fängt an um 17 Uhr an und arbeitet bis morgens um 8.
  • Sie bekommt 9.2h Arbeitszeit angerechnet,
  • davon bekommt sie 2 Stunden Nachtwache bezahlt.
  • Also effektiv heißt das in ihrem Fall: 15 Nächte pro Monat = 58 Stunden werden damit wöchentlich nicht überschritten.
  • Und dabei würde sie jeden Monat mindestens 30 Fehlstunden pro Monat aufbauen.
Mir fehlt da etwas das Verständnis für das Kauderwelsch aus dem Vertrag, als das ich beurteilen könnte, ob das korrekt abgerechnet ist...
Da da sicher was faul ist, sollte sie den Rechtsschutz der Gewerkschaft oder sofern Mitglied, den der Berufsverbände nutzen. Behörden?: Gewerbeaufsichtsamt z. B., Helfen könne alle Arbeitsrechtler
Habe gehört es gäbe da sowas wie eine "Krankenhausaufsichts-Behörde"?
Wenn sie aber keinen Ärger haben und ihren Job behalten will, sollte sie ganz ruhig alles schlucken. Aber ist es das wert?
MfG
rudi09
Naja, das sehe ich ganz genauso. Muss da aber erst noch Überzeugungsarbeit leisten, was nur mit guten Argumenten geht...
Nicht nur, dass das Ganze wie rudi schon sagte Ausbeutung pur ist, gibt es bei der Sache ein gaaaaanz großes Foul!
12 Stunden sind das Maxium pro Tag! Deine Bekannte darf gar nicht 15 Stunden arbeiten.
Ja, aber wie gesagt; der Arbeitgeber sieht das so, daß sie ja in Wirklichkeit gar nicht 15 Stunden arbeitet... Wer hat hier recht? Ich nehme an, daß der AG falsch liegt!

Danke auf jeden Fall für Eure Hilfe!
:beten:
 
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Ja, aber wie gesagt; der Arbeitgeber sieht das so, daß sie ja in Wirklichkeit gar nicht 15 Stunden arbeitet... Wer hat hier recht? Ich nehme an, daß der AG falsch liegt!

...

Um das rauszubekommen muss eine Belastungsanalyse erstellt werden. Dabei wird über einen bestimmten Zeitraum (1 oder 2 Monate) geguckt wieviel Zeit des Bereitschaftdienstes gearbeitet wird. Das Ganze wird schriftlich festgehalten.
Beträgt die durchschnittliche Arbeitszeits während dieses "Bereitschaftsdienstes" mehr als 50%, also kann der Arbeitnehmer nicht den größten Teil des Dienstes schlafen, handelt es sich um Vollarbeitszeit und somit nicht mehr um einen Bereitschaftsdienst. Die Konsequenz sieht so aus, dass die 15 Stunden rechtswiedrich wären.

Aber Vorsicht, der AG wird sich mit Händen und Füßen gegen eine Belastungsanalyse wehren, da er genau weiss was dabei rauskommen wird.
 
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