News Umstellung "im Großen und Ganzen" geglückt

Dass das neue System ganz gut funktioniert, hört man aus verschiedenen Quellen! Aber dass man immer so tut, als ob Demenzkranke erst jetzt Zugang zu Pflegeleistungen bekommen, ist einfach nicht wahr. Auch das alte System hatte alle Voraussetzungen um Demenzkranken Leistungen zu gewähren, was ja auch passiert ist.
Im Bericht entsteht der Eindruck, dass der MDK verantwortlich ist, dass das Begutachtungsergebnis erst so spät bei den Menschen ankommt. Da hätte ich schon gerne gewusst, wie lange die Leute wirklich gewartet haben. In der Regel hat die Krankenkasse 1-2 Tage später das Gutachten und könnte entscheiden. Vielleicht liegt das derzeit an der hohen Auftragsflut, die die Kassen wie auch den MDK an ihre Grenzen bringt.....
 
Aber dass man immer so tut, als ob Demenzkranke erst jetzt Zugang zu Pflegeleistungen bekommen, ist einfach nicht wahr. Auch das alte System hatte alle Voraussetzungen um Demenzkranken Leistungen zu gewähren, was ja auch passiert ist.
Das wäre mir neu.
 
Dann schau mal in die alten Begutachtungsrichtlinien. Anleitung und Beaufsichtigung waren auch da schon Hilfen, die gewertet werden konnten wenn jemand aufgrund von Demenz nicht mehr in der Lage war alles korrekt durchzuführen, trotz erhaltener motorischer Fähigkeiten. Eine Angehörige von mir hatte jahrelang PS 3, obwohl sie bei der Motorik viele Jahre kaum Beeinträchtigungen hatte. Die hohen Pflegezeiten wurden entsprechend den Begutachtungsrichtlinien überwiegend durch den erforderlichen Anleitungs- und Beaufsichtigungsbedarf gewertet. Das Problem war, dass Demenzkranke vor allem im Anfangstadium eine gute Fassade haben und man das nicht so schildern/nachweisen konnte. Es gab z. B. auch in den letzten Jahren viele ADS Kinder oder Autisten, die bei vollständig erhaltenen motorischen Fähigkeiten Pflegestufen hatten. "Nur" aufgrund dessen, dass sie bei der Körperpflege angeleitet werden mussten und zumindest teilweise Beaufsichtigung erforderlich war.
Es ist eine Sache medial die Reform zu promoten, wenn aber so getan wird, dass Demenz- und psychisch Kranke erst jetzt Leistungen bekommen ist das nicht richtig.
 
Das lese ich aber aus verschiedenen Quellen anders heraus, z. B.:
Begriff der Pflegebedürftigkeit wurde 2017 neu definiert
"Unterscheidung zwischen körperlicher und geistiger Einschränkung entfällt

Mit dem neuen Gesetz hängt die Einschätzung der Pflegebedürftigkeit maßgeblich davon ab, wie selbstständig Betroffene sind und welche Fähigkeiten sie noch besitzen. Gemäß § 14 SGB XI gelten Menschen als pflegebedürftig, die auf die Hilfe Dritter angewiesen sind, da ihre Selbstständigkeit gesundheitlich bedingt beeinträchtigt ist. Darüber hinaus muss die Pflegebedürftigkeit voraussichtlich für mindestens sechs Monate bestehen. Die gesundheitlich bedingten Einschränkungen können nicht selbstständig kompensiert oder bewältigt werden.

Konkret bedeutet das: Alle Menschen erhalten einen gleichgeordneten Zugang zur Pflegeversicherung. Ob sie physisch beeinträchtigt sind oder ihre Einschränkung geistiger bzw. psychischer Natur ist, spielt keine Rolle. Was so selbstverständlich klingt, ist tatsächlich ein Novum: Bislang wurden geistige bzw. psychische Erkrankungen und Beeinträchtigungen nur unzureichend berücksichtigt. Der Fokus bei der Einschätzung der Pflegebedürftigkeit lag auf körperlichen Beeinträchtigungen."
 
Die Pflegebedürftigkeit orientiert sich jetzt am Grad der Selbstständigkeit und berücksichtigt Dinge, die vorher keine Bedeutung hatten oder nur unzureichend. Arztbesuche, Behandlungspflege oder Begleiting außer Haus. Dabei spielt keine Rolle ob motorische oder geistige Einschränkungen.
Aber auch vorher hatten Demenzkranke, geistig behinderte Menschen Zugang zu Pflegeleistungen, ich kenne Autisten, Demenzkranke und psychisch Kranke mit Pflegestufe 2 und auch 3 (altes System), und die haben keine nennenswerten motorischen Defizite. Nach den derzeitig verbreiteten Infos wäre das ja nicht möglich. Dass Anleitung und Beaufsichtigung im Rahmen der Verrichtungen oft nicht ausreichend bewertet wurden mag ja sein, aber die Begutachtungsrichtlinien haben diese Hilfen beinhaltet. Lies dir die alten Richtlinien durch und lass mal die aktuellen medialen Inhalte außen vor. Dann wirst du mir zustimmen, dass auch vorher schon Demenzkranke Zugang zu Pflegeleistungen hatten.
 
Ja, Du hast sicherlich recht, daß das medial ganz schön aufgebauscht wurde, keine Frage...
Aber so wie ich es nun aus unterschiedlichen Quellen rausgelesen hatte, waren anfangs tatsächlich nicht-körperliche Einschränkungen komplett außen vor und wurden gar nicht berücksichtigt; siehe z. B. unter
Pflegebedürftigkeit als soziales Risiko | bpb
"Das derzeit geltende Pflegeversicherungsrecht deckt, trotz der mit dem Pflegeleistungs-
Ergänzungsgesetz von 2001 vorgenommenen Verbesserungen, die Versorgungsdefizite
von Menschen mit erhöhtem allgemeinen Betreuungsbedarf, darunter
der demenziell Erkrankten, nur in sehr mangelhafter Weise ab. Insbesondere
der dem Gesetz zugrunde gelegte enge Pflegebedürftigkeits-Begriff, reduktionistische
und unklare Definitionen des durch das Pflegeleistungs-Ergänzungsgesetz begünstigten
Personenkreises, die Beschränkung der neuen gesetzlichen Leistungen
auf in häuslicher Umgebung, nicht aber in Heimen lebende demenziell Erkrankte sowie
die Höhe, Zweckbindung und institutionelle Anknüpfung der Leistungen für Demente
an „niedrigschwellige“ Angebote stehen im Mittelpunkt der Kritik." (Quelle:
Priester, Klaus (2004) : Aktuelle und künftige Dimensionen
demenzieller Erkrankungen in Deutschland: Anforderungen an die Pflegeversicherung,
Veröffentlichungsreihe der Forschungsgruppe Public Health, Schwerpunkt Arbeit, Sozialstruktur
und Sozialstaat, Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB), No. SP I 2004-303,
http://hdl.handle.net/10419/47421)
Das hat man dann schrittweise verbessert bis zum jetzt aktuellen Stand.
Daß Demenzkranke vorher schon einen gewissen Zugang hatte, streite ich ja nicht ab, aber es war doch stärker auf körperliche Defizite ausgerichtet.
 

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