Soviel Beschränktheit in der Pflege

Auf Wunsch von Humpeldump habe ich das Thema wieder aufgesperrt.
 
Hallo Humpeldump,
Ich glaube, ich verstehe gut, was du meinst....
Auch ich habe vor inzwischen genau 29 Jahren meine Ausbildung zur Krankenschwester angefangen. Ich war motiviert und engagiert. Auch ich traf vereinzelt in der Ausbildung auf Vorgesetzte und Kollegen wie du sie beschreibst.
Bald nach der Ausbildung flüchtete ich zum ersten Mal aus der Institution Krankenhaus und ging in eine Praxis. Dort hatte ich das Glück, auf einen Chef zu treffen, der sich sehr engagiert um seine Patienten kümmerte und auch seinen Angestellten, die er nie Personal sondern immer Mitarbeiter nannte, immer ein hohes Maß an Wertschötzung entgegenbrachte.
Dort blieb ich knapp 7 Jahre, bis er in den Ruhestand ging, während ich mich im Erziehungsurlaub befand. Während meiner Familienzeit mit kleinen Kindern war es mir durch die Arbeitszeiten meines Mannes nicht möglich, regelmäßig morgens in einer Praxis zu erscheinen, so dass ich wieder zurück ins Krankenhaus ging. Erst nur am Wochenende, danach lange auf 40 Prozent, die letzten 4 Jahre bis Dezember 2015 auf 75 Prozent. Insgesamt waren es 17 Jahre, die ich wieder im Krankenhaus gearbeitet habe.
In diesen 17 Jahren habe ich mich schleichend sehr verändert. Gaaanz schleichend.... Ich hab es selbst nicht bemerkt. 2011 wechselte ich aus Frust und - ja aus was noch? - aus dem Gefühl, den Anforderungen nicht gerecht zu werden, weil ich mich zu sehr verbiegen musste, die Abteilung. Das half, die nächsten 2 bis 3 Jahre meine Motivation zu steigern.
Heute, also retrospektiv gesehen, weiß ich, dass es ein Trugschluß war. Ich fing an zu laufen, wöchentlich 60km und mehr bis ich zweimal eine Streßfraktur bekam.... Ich wollte es nicht wahrhaben... Letztes Jahr hatte ich einen massiven Hörsturz.... Und wurde wach....
Mir wurde bewusst, dass mir das System Krankenhaus ernsthaft gegen den Strich ging, ich hatte eine Vorgesetzte, die sich selbst nicht (mehr)leiden konnte, die launisch war und die im Dienstplan ein Mittel gefunden hatte, massiv in das Privatleben ihres Teams eingreifen zu können. Fehler wurden geahndet, manchmal regelrecht gesucht und man würde wie ein dreijähriges Kind zur Rede gestellt.
Eine hohe Ausfallquote durch Krankheit des Teams sorgte immer wieder für kurzfristige Dienstplanänderungen und häufig aufeinanderfolgende Wochenendeinsätze. Zusätzlich zogen wir eine unbesetzte Stelle lange Zeit mit durch, Neue fingen an und gingen nach einem halben Jahr wieder, nicht bereit, so viele Wochenenddienste und überwiegend Spätdienste zu leisten.

Ich wurde zynisch, bissig, sowohl in meinem Privatleben als auch im Dienst.
Zuhause ging mir schon der Postbote auf den Nerv, ich war nicht mehr in der Lage, meinen Mitmenschen gegenüber freundlich zu sein und im Dienst kostete es mich sehr viel Mühe, halbwegs freundlich zu den Patienten zu sein.
Nach meinem Hörsturz 2015 wurde mir klar , dass es so nicht weiter gehen kann und flüchtete ein zweites Mal indem ich kündigte.
Ich wollte nicht noch genauso werden, wie die, die du beschreibst.
Ich fand eine Stelle in einer orthopädischen Praxis, und erfahre dort Wertschätzung und kann mich in Ruhe um die Patienten kümmern... Ich bin nicht mehr auf der Flucht und kann in Ruhe arbeiten und finde auch meinen inneren Frieden wieder. Ich bin wieder offen für andere und muss nicht mehr laufen und kann auch wieder Gefühle zeigen.

Inzwischen glaube ich, dass viele Krankenhäuser kein gutes Arbeitsklima bieten. Ich habe in einem kleinen Haus gearbeitet, jeder kannte jeden, eigentlich ja schön, aber dieser Umstand bot natürlich auch viel Platz für Gemauschel, und mein persönlicher Eindruck war auch, dass viele Stationsleitungen auf Posten saßen, die ihnen eigentlich eine Nummer zu groß waren. D.h., die Weiterbildung hatten sie zwar, aber leider waren sie keine Führungspersönlichkeit.
Und das kann ein ganzes Team kaputt machen und fördert die Unzufriedenheit und führt zu Resignation und Unlust. Und schon hab ich ein Bild im Kopf wie du es beschreibst.

Auch ich habe resigniert... Aber auf meine Weise.... Ich bin gegangen, aber es sind viele Kollegen, die auf die Arbeit angewiesen sind, im Krankenhaus verdient man ja auch mehr als in einer Praxis, mir ist das nicht so wichtig, aber das ist ja nicht bei jedem so, viele sind auch örtlich nicht flexibel oder andere Gründe hindern ....

Ich bin froh, dass ich gegangen bin, mir geht es soviel besser und ich möchte auch nie wieder zurück, obwohl ich meinen Beruf sehr mag, aber nicht zu diesen Bedingungen....

Bewahr dir deine Empathie und deine Vorsätze... Vielleicht wirst du ja irgendwann eine Leitung, die ein Team führen kann... Auf Augenhöhe, gerecht und loyal, ohne Bevorzugung und ohne persönliche Emotion.... Hohe Ziele, aber nicht jeder ist eine Führungspersönlichkeit, nur weil er/sie eine Weiterbildung absolviert hat.

Malu68
 
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Hallo liebe Leute,

ich war lange nicht mehr hier und habe das Forum auch kaum verfolgt. Diesen Thread hier habe ich einer einer nächtlichen Frustrationsattacke gestartet, als meine Gedanken in mir hochkamen und ich mir das mal von der Leber schreiben musste. Daher auch das blumige Bild, aber seid sicher, ich habe jede Situation so in meiner Ausbildung erlebt. Als Azubi hat man ja grade die Möglichkeit stiller Beobachter zu sein. Nur leider fragt mich im Stationsalltag keiner nach meinen Eindrücken oder Gedanken..
Ich bin nun fast am Ende meiner Ausbildung, habe noch ein bisschen mehr gesehen, aber meine Grundstimmung bleibt die gleiche.

Ich finde es schlimm, wie mit dem Personal in der Pflege weiterhin umgegangen wird und wie sie sich das dann leider auch gefallen lassen. Nur mal als Beispiel: Bedingung dafür, dass unsere Klasse in feste Beschäftigung übernommen wird, ist, dass wir uns alle nur auf 75% bewerben, mit der Aussicht dann irgendwann hochgestuft zu werden. Argument dafür war, dass sie sonst nicht alle übernehmen könnten.
Es wird von uns verlangt, dass wir weniger Geld für eine falsche Solidarität in Kauf nehmen (für die gleiche Arbeit wie bei 100&, wir wissen es alle).. Es geht ja hier noch nicht mal um besondere Wertschätzung. Ich denke, es ist nicht zu viel verlangt, für die Arbeit, die man verrichtet, auch entsprechend bezahlt zu werden.

Es geht schon in der Ausbildung los und es scheint sich ja auch dann im Berufsleben fortzusetzen, dass die Pflege nur unmündige Duckmäuser hervorbringt, die dann mit ihren gekränkten Egos den Stationsalltag lebendig (Vorsicht! - Polemik) machen. Ich finde es schlimm, dass man dazu erzogen wird, die Klappe zu halten, mitzumachen und dafür einen kleinen finanziellen Bonus mitzunehmen. Na toll. Hauptsache mit dem ***** an der Wand.

Ihr merkt, dass ich schon wieder aufbrause. Ich könnte einfach nur immer wieder den Kopf schütteln über soviel Blödheit und das in einem Beruf, der so wichtig ist.

Wieauchimmer, ich werde nach der Ausbildung nochmal etwas studieren, was mich interessiert, da ich von vielen gehört hab, die es im Nachhinein bereuen, diesen Schritt nicht gegangen zu sein. Es wird wohl nochmal eine Umstellung, aber geschenkt. Mein Jungleben ist noch nicht vorbei, ich fühle mich noch nicht zuhause in 40h, Auto, Partner, Kinder, Haus.
Ich werde auch in der Pflege bleiben, als Nebenjob und kann mir sogar vorstellen, voll in die Pflege zurückzukehren. Aber nicht in den nächsten 5 Jahren..
Wer weiß, vielleicht ändert sich ja was und es kommen endlich gesetzliche Personalschlüssel, Kammern und eine besser organisierte Pflege. Dann bin ich wieder am Start...:)
 
Interessant. Niemand ist gezwungen dort zu bleiben, wo Mißstände herrschen. Auch andere Krankenhäuser, Pflegeheime, Pflegestützpunkte, ambulante Pflegedienste, Justizvollzugsanstalten, Bundeswehr etc. haben schöne Stellen. Und selbst da bleiben. Nur durch Mitarbeit habe ich Möglichkeit was zu verändern. Ja in kleinen Schritten, nicht von jetzt auf gleich. Aber die Änderungen sind sichtbar. Wirklich.

Flüchten ist auch okay. Ja Eigenhygiene ist wichtig.

Mit Kompetenzzuwachs und Erfahrung kommt Gelassenheit.
 
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:flowerpower:@Kräuterfrau
Ich halte Eigenhygiene für das Wichtigste überhaupt. Nur wenn es mir gut geht, ich ausgeglichen und zufrieden bin, kann ich empathisch und fürsorglich auf meine Patienten eingehen.
Gut, das ist der Idealzustand und Abweichungen von diesem kann man kurzfristig auch kompensieren, aber was in manchen Häusern dem Personal abverlangt wird, spottet jeder Beschreibung.
Ich halte mich auch nach inzwischen 26 Berufsjahrem für kompetent und erfahren, jedoch hat das bei mir nicht zur Gelassenheit geführt sondern zur massiven Unzufriedenheit. ich habe vieles hinterfragt und unzureichende Antworten bekommen, und vieles lasse ich mir heute nicht mehr gefallen. Mein Privatleben ist mir wichtig, ich lasse mich nicht mehr durch den Dienstplan scheuchen, und ich weigere mich, den Frust von Vorgesetzten auszubaden.

Und mit fast 50 Jahren tingelt man auch nicht mehr durch die Krankenhäuser auf der Suche nach Besserung. Versprochen wird einem bei Vorstellungsgesprächen ja viel, nur leider sieht die Realität ganz anders aus. Irgendwie kommt man meist doch nur vom Regen in die Traufe.... :-?
Oh je, ich glaube, ich bin rettungslos desillusioniert .... Aber dabei nicht unglücklich :flowerpower:
 
Da kann ich malu68 nur zustimmen.

Die Hoffnung auf Besserung habe ich aufgegeben. Seit ich angefangen habe, wurden die Bedingungen eigentlich nur immer schlechter und ich glaube nicht, das sich da was ändern wird. Immer mehr, immer schneller, möglichst billig. Das ist meine Erfahrung.
Ich habe seit Jahren keinen Anrufbeantworter mehr, meine Handynummer ist privat.

Schade eigentlich. War mal ein schöner Beruf.
 
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Dieses Thema finde ich immer wieder...heikel, jedoch unbedingt diskussionswürdig.
In meinen 16 Jahren Altenpflege habe ich eine Menge Arbeitskollegen gesehen, eine Menge Arbeitgeber und Häuser erlebt und auch wenn das kaum jemand gerne hört:
NEBEN den Bedingungen, die vor allem auf politischer Ebene zu klären und zu bearbeiten sind, sind es auch die Menschen, die diesen Beruf ausüben, die Bedingungen mitgestalten.
Eingehend auf den Anfangspost: Ich habe erlebt, das die Machtposition der Pflegenden ENORM und sich ständig wiederholend bis zum Erbrechen ausgenutzt wurde, sich Kollegen, die neu oder frisch dabei waren haben von dieser teilweisen UNMENSCHLICHKEIT anstecken lassen. Frustrierte Pflegende, die ihre eigene Situation, ihre Unzufriedenheit und den Stress auf eine Art und Weise an Bewohner weitergeleitet haben, die NORMALERWEISE kein Gewissen verarbeiten kann. Die Norm: fressen oder gefressen werden.
Ich habe eine solche Situation einmal in meinem Leben, nach wochenlangem zusehen mit einer Anzeige wegen Körperverletzung an Schutzbefohlenen quittiert und damit meinen damaligen PDL arbeitslos gemacht. Das war vor 10 Jahren und seither, schaue ich nicht mehr wochenlang weg, aus Angst davor meinen Job zu verlieren oder mir Feinde
zu machen.
Es ist das eine sich aufzuregen, das Andere heißt Rückrad, gegen Missstände auch vorzugehen, den Pflegenden selbst aber auch einen Spiegel vorhalten zu können (inklusive sich selbst), wenn sie über die Wut und Verzweiflung auf ihre eigene Situation mit Menschen umgehen, als wären es beliebig ersetzbare Gegenstände. Nein sagen und Mensch bleiben. Das Schlimmste was man tun kann - wegsehen und Schweigen weil man : ja doch nichts ändern kann. Man kann. Und man kann Kollegen auch durchaus zur Rede stellen. Selbstpflege ist natürlich wichtig, ich für meinen Teil habe mich irgendwann dazu entschieden, nicht wegzusehen. Auch eine Art: Eigenhygiene. Wenn ich auf politischer Ebene nichts ändern kann, kann ich es aber zumindest in meinem Umfeld versuchen.
 
Hier noch ein Artikel, der ja in unserem Zusamemenhang sehr interessant ist. Ich finde es sehr richtig, wenn er sagt:
"...eine Industrie, die davon lebt, dass sich nichts bewegt.".

Pflegesystem - Lautstark dem Schweigen entgegnen

Allen, die sich in der Pflege behaupten und sich Empathie und persönliche Gesundheit erhalten: Hut ab!
 
Die Verbesserung der zu Pflegenden ist ein Schuh, die Verbesserung der Zustände für Pflegende ein anderer.
Und da muss angesetzt werden! Nur wenn es der Pflegekraft gut geht, sie nicht so gestresst ist und nicht tausende von Extraschichten schiebt und das Verhältnis von Pflegepatient zu Pflegekraft stimmt, werden sich die Zustände in der Pflege automatisch bessern.
Ich glaube noch nicht mal, dass es an der Bezahlung liegt. Ich glaube, dass es den meisten Pflegekräften lieber wäre, wenn o.g. Zustände verbessert würden als dass sie mehr Geld bei gleichen Zuständen bekämen....
Die Zustände in den Pflegeheimen und auch auf pflegeintensiven Stationen sind ja nicht deswegen so katastrophal, weil die Pflegekräfte so sadistisch sind sondern weil es oft nach dem Motto geht, lieber alle Patienten schlecht gepflegt als einige gar nicht.
Kurzum: Die Arbeit ist mit diesem Stellenschlüssel nicht mehr zu bewältigen, und die Oberen legen eh mehr Wert darauf, dass die Akten und auf dem Papier alles stimmt, dass der Patient den kürzeren dabei zieht, ist ja egal. Geld bringt ja nur das was auf dem Papier steht und nicht das, was dem Patienten gut tut......
 
Nun, ich hätte gerne mehr Gehalt. Ich verdiene heute nicht mehr als damals als Berufsanfängerin. Ich habe Freundinnen, auch in der Pflege, die verdienen sogar weniger als früher.

Und ich denke, das sich die Wertschätzung eines Berufes auch im Gehalt widerspiegelt und glaube, das dann sich mehr Personal für die Pflege finden würde. Auch denke ich, würden sich mehr Männer für den Beruf entscheiden. Denn mal ehrlich, für einen "Frauenberuf" verdienen wir gut. "Männerberufe" werden in der Regel besser bezahlt, vielleicht auch, weil sie besser organisiert sind.

Ich verstehe nicht, warum immer wieder geschrieben wird, es bräuchte nicht mehr Geld. Natürlich braucht es das. Qualifizierte junge Menschen bekommt man nur, wenn man sie anständig bezahlt. Dann bleiben sie auch in der Pflege und studieren nicht später was anderes, wenn sie sehen, das es ab einem gewissen Zeitpunkt keine Verbesserungen mehr gibt.
 
@Bachstelze
Natürlich hast du Recht. Aber ich denke, wenn man die Pflegekräfte vor die Wahl stellen würde, entweder mehr Geld oder bessere Arbeitsbedingungen, dann würde die Mehrzahl die besseren Arbeitsbedingungen wählen.Denn beides -mehr Geld und bessere Bedingungen auf einmal - ist auf lange Sicht sicher nicht realisierbar....
 
Nun, ich hätte gerne mehr Gehalt. Ich verdiene heute nicht mehr als damals als Berufsanfängerin. Ich habe Freundinnen, auch in der Pflege, die verdienen sogar weniger als früher.

Ich hätte auch gern mehr Geld und das obwohl ich bereits um einiges mehr verdiene als damals als Berufsanfängerin. Was mich interessieren würde, wieso verdienst du jetzt nicht mehr als vor einigen Jahren? Kann ich ehrlich gesagt nicht glauben! Und es gibt Leute, die verdienen sogar weniger, wie soll das denn gehen bei den Lohnerhöhungen der letzten Jahrzehnte?


Ich verstehe nicht, warum immer wieder geschrieben wird, es bräuchte nicht mehr Geld. Natürlich braucht es das. Qualifizierte junge Menschen bekommt man nur, wenn man sie anständig bezahlt. Dann bleiben sie auch in der Pflege und studieren nicht später was anderes, wenn sie sehen, das es ab einem gewissen Zeitpunkt keine Verbesserungen mehr gibt.

Neben den Verbesserungen bezüglich der Arbeitsbedingungen, braucht es mehr Gehalt, ansonsten wird es schwierig mit dem Nachwuchskräften, da hast du recht!
 
Kann ich Dir sagen. Die Arbeitszeiten wurden angepasst, so dass nur wenige Zuschläge gezahlt werden müssen. Somit ist das Grundgehalt zwar in den Jahren gestiegen, die Zuschläge sind aber gesunken. Die Zuschläge haben aber die Butter auf´s Brot gebracht.

Und die Freundin von der ich sprach wohnt sehr ländlich, also kein tarifgebundenes Krankenhaus in der Nähe, und hat nur Sozialstationen im Umfeld als Arbeitgeber. Die haben wirklich lustige Gehaltsvorstellungen dort.
 
@Bachstelze
Natürlich hast du Recht. Aber ich denke, wenn man die Pflegekräfte vor die Wahl stellen würde, entweder mehr Geld oder bessere Arbeitsbedingungen, dann würde die Mehrzahl die besseren Arbeitsbedingungen wählen.Denn beides -mehr Geld und bessere Bedingungen auf einmal - ist auf lange Sicht sicher nicht realisierbar....


Warum nicht? Haben die Ärzte sowohl gefordert als auch bekommen. Mehr Stellen und mehr Geld. Ich bin Alleinverdiener, ich würde das Geld nehmen. Denn wenn ich mir meine Rentenbescheide ansehe, kommen mir die Tränen.
 
Kann ich Dir sagen. Die Arbeitszeiten wurden angepasst, so dass nur wenige Zuschläge gezahlt werden müssen. Somit ist das Grundgehalt zwar in den Jahren gestiegen, die Zuschläge sind aber gesunken. Die Zuschläge haben aber die Butter auf´s Brot gebracht.

Und die Freundin von der ich sprach wohnt sehr ländlich, also kein tarifgebundenes Krankenhaus in der Nähe, und hat nur Sozialstationen im Umfeld als Arbeitgeber. Die haben wirklich lustige Gehaltsvorstellungen dort.

Das du aufgrund dessen letztlich aber soviel verdienst wie als Berufsanfängerin mag ich trotzdem nicht glauben. Ich habe mehrfach den AG gewechselt, zugegeben immer mit Tarifvertrag, aber aufgrund dessen häufiger wieder unten im Gehaltsgefüge begonnen, dennoch habe ich heute als Teilzeitkraft (60%) genausoviel in € wie damals vor 29 Jahren in DM als Vollzeitkraft mit Zuschlägen bei gleicher Steuerklasse. Was man heute davon kaufen kann ist eine andere Frage, aber man kann als Vollzeitkraft gut davon leben. Ich komme sogar mit dem Teilzeitgehalt hin. Und an den Wochenarbeitsstunden hat sich seit Jahrzehnten bei mir nichts geändert.

Ich weiss ja nicht wo das ländliche Gebiet ist, wo deine Freundin wohnt, aber auch Sozialstationen der Caritas oder Diakonie sind tarifgebunden und das man dort weniger verdient als vor Jahren, sehr merkwürdig........?

All das ändert aber nichts daran, dass Pflegekräfte besser bezahlt werden müssen!
 
Du schreibst einem aus Seele....die Pflege ist zur Jammergesellschaft geworden....und bringt selber immer mehr an den Rand, da helfen auch keine studierende Pflegende,dieBasisarbeit muss gemacht werden....die soziale Kompetenz fehlt einfach
 
Nein, das sind zwei verschiedene Geschichten.
Ich verdiene, durch Anpassung der Arbeitszeiten weniger, weil (deutlich) weniger Zulagen gezahlt werden.

Eine Freundin arbeitete in verschiedenen Sozialstationen, es sind nur wenige Krankenhäuser in der Region, und die Sozialstationen zahlen schlechter als Krankenhäuser.
 
Mir erschließt sich nicht ganz, was diese Diskussion mit „Pflege als Jammergesellschaft“ zu tun hat, aber egal, jedem seine Meinung...

Früher gab es Steuerfreibeträge auf das Weihnachtsgeld, was heute Jahressonderzahlung heißt (nur damit klar ist, dass ich nicht an antiquierten Begriffen festhalte). Heute komplett mit Steuer und Sozialabgaben belegt.
bis 2014: 71,5%...ab 2015: 76% vom durchschnittlichen Verdienst Juli bis September (Zuschlagarme Urlaubszeit, wenn sie denn überhaupt bezahlt werden...ein Schelm wer Böses dabei denkt)

„Urlaubsgeld“ war früher auch mal (mehr)...heute, wenn überhaupt 250 – 300 €?

Ja es ist durchaus möglich im Laufe der Jahre immer weniger zu verdienen.
  • Wechsel in Abteilung ohne Schichtdienst( jaaaa selbst Schuld)
  • Umzug von West nach Ost
  • immer wieder „kleinere“ Erfahrungsstufe bei Neustart in einer Klinik
  • Vollzeitstelle?
  • fehlende/mickrige Überstundenvergütung
  • flexible Feiertagsvergütung
  • 6 – Tage Woche
  • Wechsel in private Unternehmen
  • AG-freundliche Arbeitszeitenanpassung
  • Streichung/Verringerung von ( jaaa:freiwilligen) AG-Leistungen
  • Streichung von Steuervergünstigungen
  • AG – frdl. Urlaubsstundenberechnung (Teilzeiter machen tlw. Minusstd. im U)
nur mal ein paar Gründe aus meiner Sicht, denn nicht Jeder von uns, wohnt in Gebieten, wo man sich den AG aussuchen kann.
VG lusche
 
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Ich habe nicht behauptet, dass es rosig ist. Ich empfinde es aber so, dass mit Erfahrung und Kompetenzzuwachs durch Ausbildung und Studium und berufsbegleitetes Lernen, mein Einfluss auf Umstände immer größer wird. Und das was ich in der Ausbildung zB als Verlust/Drohung empfunden habe, empfinde ich heute als Herausforderung und schätze es als machbar.

Zu einem sind die Zustände so wie sie sind. Es hilft herzlich wenig das schön zu reden. Zu anderem gibt es in jeder Situation definitiv die Sachen, die ich selbst sehr wohl beeinflussen und verändern kann. Mit der Zeit merke ich immer mehr davon, reflektiere mein Handeln. Es fällt mir immer leichter meine Mitte zu finden, Frieden zu schließen. Ich weiß immer besser, was ich hinnehmen muss/möchte und was veränderbar ist.
 
Auch hier möchte ich nochmal ein Update geben. Meine eigenen Zeilen machen mich heute betreten und fast schäme ich mich angesichts der Dramatik der Schilderungen. Gleichzeitig kann ich mich noch sehr gut an meine damaligen Gefühle, die Wut und das Aufbegehren erinnern und halte sie auch im Nachhinein noch für berechtigt. Heute würde ich vieles sachlicher verpacken..

Mittlerweile arbeite ich nicht mehr in der Pflege und bin Vollzeit-Student, nachdem ich mit Ausbildungsende noch anderthalb Jahre Teilzeit in der Pflege gearbeitet habe. 5 von 15 meiner ehemaligen Mitschüler aus meinem Kurs arbeiten nach drei Jahren nun auch nicht mehr in der Pflege. Der Rest ist größtenteils noch in der gleichen Stelle.

Ich habe mittlerweile - aus der Distanz - auch ein paar gute Pflegeteams erlebt, wo es trotz der Umstände gut zu laufen scheint. Eine Freundin von mir springt seit Jahren von einer Stelle zur nächsten und hofft auf bessere Bedingungen. Ich hoffe, dass berufspolitisch endlich mal was Handfestes passiert, aber ich befürchte nichts Gutes.

Wenn ich mit dem Wissen heute mich nochmal für oder gegen die Ausbildung entscheiden müsste, würde ich sie wohl nochmal machen. Mich haben die Ausbildungserfahrungen ein ganz Stück reifen lassen, vieles im Leben erscheint einem danach anders und ich bin für diese Zeit sehr dankbar.

Ich hatte damals ein Bild gefunden mit diesem Spruch, der es für mich sehr gut zusammengefasst: "Nursing school is easy. It's like riding a bike. Except the bike is on fire, and everything's on fire and you're in hell."
 

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