Silberhaltige Wundauflagen - aber welche?!

Twinkelz

Newbie
Registriert
23.04.2017
Beiträge
5
Akt. Einsatzbereich
ambulante Pflege
Funktion
Wundexperte
Hallo Allerseits,

ich habe eine Frage an Euch bzgl eines Patienten mit einem Ulcus cr venosum, Fibrinbeläge, Wundgeruch, mäßige, grünlich/gelbliche Exsudation (kritisch kolonisiert mit Pseudomonas- Abstrich erfolgt), winzige Epithelinseln, mazerierter Wundrand, sonst relativ unauffällige Wundumgebung, 2 tägiger VW, derzeit Behandlung mit Mepilex XT und Reinigung mit Prontosan W Spüllsg. Nun zu meiner Frage; eine silberhaltige Wundauflage soll für ca. 2 Wochen drauf, nun bin ich aber etwas überflutet mit den unzähligen Produkten auf dem Mark. Schwanke mittlerweile zwischen Atrauman Ag, Aquacell Ag, Acticoat Flex 3 und Mepilex Ag. Kann jemand eine dieser Auflagen empfehlen und hat (gute) Erfahrungen mit einer der aufgezählten? Als Sekundärverband dachte ich an eine normale (Saug)kompresse, je nachdem wie sich das Exsudatverhalten entwickelt und darüber sowieso Kompression aufgrund der CVI. Ich muss dazu sagen, ich bin erst frisch weitergebildet und bin mir daher noch recht unsicher. Therapievorschlag geht ja sowieso erst über den Arzt, aber ich möchte mich ja auch nicht blamieren und etwas ungeeignetes vorschlagen... :-) zusätzlich stellt sich mir noch die Frage, ob sich eine ca. 3 tägige, zusätzlich Wundantiseptik mit Octenisept positiv auswirkt. Von einer systemischen AB Therapie halte ich persönlich wenig und alle drei zusammen sind sowieso Quatsch. Der VW Intervall sollte möglichst so bleiben.

Vielen Dank, schonmal im Voraus!
 
Nun zu meiner Frage; eine silberhaltige Wundauflage soll für ca. 2 Wochen drauf, nun bin ich aber etwas überflutet mit den unzähligen Produkten auf dem Mark.

Ich gehe jetzt mal nur speziell auf diesen Beitrag ein.

Ich habe vor kurzer Zeit einen Beitrag im WDR gesehen. Dort wurde berichtet, das die ganzen Produkte, für die Wundversorgung, nicht wissenschaftlich / klinisch getestet wurden. Die Hersteller dieser Produkte, bieten Weiterbildungen für Wundmanager / u.sw. an und preisen ihre Produkte, als die wirksamsten an.

Ich war über diese Reportage ziemlich entsetzt und ernüchtert. Ich bin da durch verunsichert.

Ich hoffe,das die anderen hier im Forum, Dir weiter helfen können.
 
Ja, genau das ist ja mein Problem! Man findet gefühlt hundert verschiedene Hersteller mit noch mehr Produkten und jeder preist natürlich sein eigenes als das Beste an, nirgendwo findet man aber zb eine pro und contra Liste für gewisse Situationen oder eine Gegenüberstellung verschiedener Auflagen von unterschiedlichen Herstellern. Wirklich ernüchternd! :-(

Danke trotzdem, für Deine Antwort :-)
 
  • Like
Reaktionen: Twinkelz
Moin Twinkelz !

Atrauman AG und Mepilex AG habe ich schon verarbeitet.
Die beiden unterscheiden sich m.E. nicht in der Wirkung.

Gerade wenn Beläge auf der Wunde sind, würde ich nicht mit Saugkompresse arbeiten.
Ich würde als Sekundärverband + Abdeckung sterile ES-Kompresse + Folienfixierung (z.B. Suprasorb F) wählen. Die Beläge sollten nicht in der Wunde festtrocknen.

Bei mazariertem Wundrand sollten der Primär- und auch der Sekundärverband der Wunde angepasst werden. Alternativ kann der Wundrand mit "Cavilon" oder dgl. behandelt werden. (vgl. Stomapflege)

Prontosan oder Octinisept (gibt´s da ´nen Unterschied?) war neulichs böse im Gerede:
Wenn das in tiefen Wunden (Kavernen/Fisteln) nach dem VW verbleibt, soll es dort arge Schäden anrichten. Ob NaCl oder Ringer bei Wunden "mit Tiefgang" nicht doch besser sind? --- Entscheidung des Arztes.

Apropos "Entscheidung des Arztes":
Die "Verbandanordnung" (wann, wie, womit, ...) schreibst Du am besten selber und lässt sie Dir unbedingt von der Praxis abstempeln und vom Arzt unterschreiben !!!:deal:
:dudu:"Das habe ich niiieee gesagt!" ist ein Lied, das ich schon allzuoft gehört habe.
 
Hallo Elfriede,

erstmal vielen Dank, für deine ausführliche Antwort! Genau, das war ja mein Punkt, ob es eben ein Produkt gibt, das eher zu den Verhältnissen passt. Die Grundwirkung ist natürlich die Gleiche. Ich hätte auch erst zur sterilen Kompresse gegriffen und wenn diese ausgereicht hätte, so weiter gemacht, Saugkompresse nur als 2. Option, falls wider Erwarten die Exsudation zunimmt. Ich werde es so wie Du probieren. Wundrandschutz ist auch so ein Knackpunkt, Cavillon ist mir gut bekannt und ich habe gerne damit gearbeitet, jedoch in der ambulanten Pflege jetzt nicht mehr so leicht zu bekommen, weil es so teuer ist. "Zink tut es auch" ist die häufigste Antwort...Was nutzt Du denn sonst?

Therapievorschlag habe ich selbst erstellt, nach Vorbild unserer Dozentin in der Ausbildung, die uns das Gleiche eingeflösst hat :-D habe auch eine Spalte mit "abgelehnt" und dazu einer Unterschrift eingefügt, dass mir nicht vorgeworfen werden kann, ich hätte es nicht versucht. Ich lasse mir sowieso jeden Tupfer schriftlich geben... :-P

Octenisept hat antiseptisch eine bessere und schnellere Wirkung und wirkt zb auch viruzid, was Prontosan nicht tut. Zelltoxisch ist es in hohen Mengen und verbleiben in Wundhöhlen tatsächlich, kann bis zur Nekrose führen. Vorallem auch gefährlich bei Kathterisierung und wenn etwas davon direkt in die Harnröhre gelangt. Selbst der Hersteller hat schon mehrfach darauf hingewießen, auch im rote Hand Brief. Daher ja auch die eingeschränkte Verwendungsdauer von 2-6 Tagen und nicht zur Daueranwendung.

Herzliche Grüße
 
ist eine evtl. Silberallergie abgeklärt? Wurde bei der letzten FB extra angesprochen vom CA Bereich DFS
 
Ja, er hatte bereits schonmal vor einigen Jahren eine silberhaltige Wundauflage :-)
 
Vorallem auch gefährlich bei Kathterisierung und wenn etwas davon direkt in die Harnröhre gelangt. Selbst der Hersteller hat schon mehrfach darauf hingewießen, auch im rote Hand Brief.
Bei sachgemäßer (s.u.) Anwendung, aufgebracht auf den Harnröhreneingang/ rein äußerlich auf eine oberflächliche Wunde - kann die wässrige Lösung ungehindert wieder abfließen.
Die Warnung bezieht sich auf UNsachgemäße Anwendung, sowie einer potentiellen Überempfindlichkeit auf das Produkt.
Womit die Aussage - so nicht zutrifft, auch nicht nach Sicht der u.g. Quellen, die erste ist von 1/2017, somit recht aktuell.
Schwere Gewebeschädigungen nach Spülung tiefer Wunden mit Octenisept® („Aus der UAW-Datenbank“)
Zitat:
"...Das Wund- und Schleimhautantiseptikum Octenisept® ist nur zur oberflächlichen Anwendung bestimmt und soll mittels Tupfer oder Aufsprühen aufgetragen werden. Es darf nicht z. B. mittels Spritze in die Tiefe des Gewebes eingebracht werden. Die Spülung tiefer Wunden mit Octenisept® ist mit dem Risiko schwerer toxischer Gewebeschäden verbunden, vor allem wenn das Antiseptikum mittels Spritze in tiefes Gewebe eingebracht wird.....".

Octenisept Antiseptikum vor Katheterisierung der Harnblase - Gebrauchsinformation
Zitat: "...
- wenn Sie überempfindlich (allergisch) gegenüber den arzneilich wirksamen Bestandteilen oder einen der sonstigen Bestandteile von Octenisept® Antiseptikum vor Katheterisierung der Harnblase sind.
- Octenisept® Antiseptikum vor Katheterisierung der Harnblase
Das Arzneimittel soll nicht zu Spülungen in der Bauchhöhle (z.B. intraoperativ) und der Harnblase sowie nicht am Trommelfell angewendet werden.....".

Passt. Beim desinfizieren des Harnröhreneingangs vor der Katheterisierung mittels getränktem Tupfer spüle ich NICHT die Blase. Krieg ich auch gar nicht hin.
 
...Krieg ich auch gar nicht hin.[/QUOTE]


Ich auch nicht :-D aber es gibt ja so einige seltsame Dinge, die so tagtäglich durchgeführt werden, also vielleicht nicht mal so unrealistisch und umsonst hat es sicher auch keinen Weg in den Anwenderhinweis gefunden... ;-) Gerade in der Wundbehandlung kann man öfter die Hände vor das Gesicht schlagen, bei manchen Anordnungen oder Ideen mancher Kollegen.
 
  • Like
Reaktionen: amezaliwa
Dass wir die Verbandanordnung besser selber schreiben; darüber sind wir uns einig.

Um Zeit und Arbeit zu sparen, haben wir uns ein Formular dafür gebastelt:
(Ohne unseren Firmennamen, damit die Arztpraxen das übernehmen können. -
Wir haben ja schließlich auch eine soziale Ader.)

"Verbandanordnung"
- Arzt ....
- Pat.Name .... geb. ....

- Diagnose / Art der Wunde ....
- aseptisch - kontaminiert - septisch
- Erreger ....
- Abstrich vom .... , nächster am ....

- Häufigkeit des VW ....
- Wundreinigung / -spülung mit ....
- Wundbehandlung mit ....
- Primärverband mit ....
- Sekundärverband / Sekretmanagement mit ....
- Fixierung mit ....
- Kompressionsbehandlung nach/mit ....
- weitere Anordnungen ....

Bitte vollständig ausfüllen. Nicht zutreffendes bitte streichen.
- Stempel - Datum - Unterschrift

Die "Verordnungen häuslicher Krankenpflege", die wir so bekommen, haben keine Lücken sondern Abgründe. So ein Fragebogen - hin und her gefaxt - spart Rennerei, gibt dem Arzt die Gelegenheit seine VO noch mal zu überdenken, und wir haben was in der Hand.
 
  • Like
Reaktionen: Twinkelz
Gerade in der Wundbehandlung kann man öfter die Hände vor das Gesicht schlagen, bei manchen Anordnungen oder Ideen mancher Kollegen.

Bitte berücksichtige dabei, das Du die Hände, vor das Gesicht, des betreffenden Kollegen schlägst.
Niemals die Hände vor das eigene Gesicht schlagen.

(Denke immer daran:"Der Klügere gibt bitte nicht nach" Warum nicht? "Damit der Dumme nicht regiert / das Sagen hat")
 
Hmm... hab mir diese Facharbeit (?) mal durchgelesen... da stehen aber auch einige Ungereimtheiten drin. Z. B.:
"1.2.2 Kolloidales Silber
Als „kolloidal“ wird die zweitkleinste Einheit der Materie gleich nach dem Atom bezeichnet. Es ist zugleich die kleinstmögliche Form in die eine Materie (wie zum Beispiel ein Körper oder ein Material) zerlegt werden kann, ohne deren ursprüngliche Eigenschaft zu verlieren. In dieser mikroskopisch kleinen Form wird es dem Silber ermöglicht, den menschlichen Körper bei oraler Einnahme zu durchdringen (Firley, 06 06 2013)."
Das halte ich für Unsinn, denn m. W. ist ein Atom das kleinste Teilchen, das noch die ursprünglichen Eigenschaften (in diesem Fall von Silber) hat.
Bezeichnenderweise läßt sich die angegebene Quelle (Firley) auch nicht mehr aufrufen.
 
Das stößt mir jetzt schon wieder sauer auf, wenn ich das so lese:
"Verbindungen zwischen Wundmanagern und Medizinindustrie?

Für die Behandlung von Wundpatienten gibt es in Deutschland seit 2005 sogenannte Wundmanager. Dies sind in der Regel Pflegekräfte mit einer Zusatzausbildung. Die Recherchen des WDR-Magazins Westpol und des "Handelsblatts" zeigen, welche Überschneidungen es zwischen der Medizinindustrie und den Wundmanagern gibt. Vorwürfe, in der Behandlung nicht unabhängig zu sein, weist der Verband Initiative chronische Wunden zurück."
Da wird doch denn Wundmanagern gleich mal pauschal irgendwas unterstellt.
Vor allem ohne Belege.
Mag einzelne schwarze Schafe geben (die gibt es wohl in jeder (Berufs)Gruppe), aber ich hasse solche Pauschalisierungen! Und vor allem bin ich froh, daß wir in der Pflege jetzt die Wundexperten haben, denn was von den Ärzten kommt, ist manchmal mehr als dürftig - da wird der Höllenstift ausgepackt oder Mercurochrom draufgepinselt, egal, da es ja von einem Arzt verschrieben wurde, muß es ja automatisch richtig sein. :roll:
 
  • Like
Reaktionen: Surrogat
Hier der Videobeitrag:

Umstrittene Wundauflagen

Er ist etwas weiterführend. Leider kommen die pflegerischen Wundexperten (und die ICW) auch hier nicht gut weg.
Hierzu nur: "...ich brauche auch bei Gummistiefeln nicht zu beweisen, dass sie vor Wasser schützen. Das sehe ich ja... " (I.H.). Einzelfallmeinungen und Eigenwahrnehmung, gut und schön - aber echte Forschung und Studien funktionieren eben anders.
Hier wäre möglicherweise ein(e) Pflegewissenschaftler(in) mit der Zusatzqualifikation als Wundtherapeut(in) besser gewesen?

Und der Verweis auf komplexe Studien und schwierige Vergleichbarkeit seitens der Leiterin des ICW?
Da bin ich eher bei der Vertreterin des Spitzenverbandes der KK's...
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Du sprichst mehrere Probleme gleichzeitig an.
Zum einen willst eine Silberauflage empfohlen haben - da habe ich einen Favoriten, den ich wenn die Indikation besteht benutze. Diese Auflage gibt das Silber in die Wunde ab und wirkt dadurch sehr gut. Darf auch noch 3 Tage auf der Wunde verbleiben und meine Erfahrung ist, dass ich nach 2 - 3 VW kein Silber mehr brauche.
Es gab eine Gegenüberstellung von den Anbietern der einzelnen Silberauflagen, ist schon eine Weile her, da konnte man nachlesen, dass diese Wundauflage entsprechendes hält.

Ein anderes Problem, das ich vor allem bei Patientinnen und Patienten erlebe, die im häuslichen Bereich versorgt werden, z.B. in Wundzentren, dass diese eine große Auswahl an Wundauflagen daheim im Schrank haben, teilweise mehr als ich in meinem Schrank.
Gekauft/verordnet wurden diese immer auf Anraten von Zentren, die sich auch über den Verkauf der Produkte finanzieren.
Durch die schwarzen Schafe ist das natürlich für "anständige" Zentren schwer.

Von welcher Stelle die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zertifiziert sind macht vermutlich da keinen großen Unterschied.
 
  • Like
Reaktionen: Martin H.

Ähnliche Themen