Hallo, ich würde in ein paar Punkten widersprechen:
Klasischer Parameter für die Frage NIV oder CPAP ist eher der pH als Ausdruck des Atempumpversagens. ph < 7.35 NIV alles andere kann auch CPAPèn , halt situationsabhängig. Der Patient mit Hyperkapnie wird aber unter CPAP in der Regel schlechter werden, wird CPAP nicht tolerieren.
Würde ich generell nicht unterschreiben. Ich habe auch bei Hyperkapnie schon sehr gute Erfahrungen gemacht, auch was die Toleranz angeht. Kommt natürlich drauf an was du unter Hyperkapnie verstehst. Wenn der Pat. schon fast in der Co2-Narkose ist, ist die Compliance und die Chance das ganze mit NIV zu verbessern natürlich etwas geringer. Auch die von dir erwähnte gute alte S3 Leitlinie hebt eine Hyperkapnie als NIV-Indikation besonders hervor meiner Meinung nach.
Der Flow sollte unter continuous Flow CPAP
immer adäquat eingestellt werden. Das heisst ca. das 3 fache des AMV. Mit 30 l/min liegt man meist recht gut. Ist der Flow zu niedrig atmet der Patient ins leere - gerade das führt zur Intoleranz. Flow ist ja die technische Vorraussetzung für cont. CPAP. Also Druck sollte knapp um den eingestellten PEEP schwanken. Kommt es zu großen Abweichungen stimmt etwas mit dem Flow nicht und das ganze ist technisch falsch eingestellt. Dann ist es auch irrelevant wie ich den PEEP einstelle
Auch das ist meines Wissens (bei uns jedenfalls) nicht ganz richtig. (Ich weiß es ist empfohlen 30l/min, aber da gehen die Meinungen in der Literatur auch auseinander). Der Pat. atmet ja auch nicht ins Leere, das ist gar nicht möglich, weil du auch mit einem niedrigen flow dem Pat einen größeren Luftstrom anbietest. Der Pat. atmet doch SPONTAN! Gerade, wenn man das erste mal eine Maske mit relativ hohem Flow anpasst und der Pat. hat sowieso schon Angst, gerade in Akutsituationen, wie du sie beschreibst, ist die Toleranz meist viel höher wenn man (nur in der ersten minute) sich ein wenig herantastet.
Allg. sollte man bei einer Selbstbeatmung gemachte Erfahrungen nicht auf den Patienten projizieren. Anderer Mensch, andere Situation , beim Selbstversuch absolut keine Indikation für die Maßnahme. Habe in Fortbildungen schon Kollegen erlebt die Mal locker meinten 60 l AMV zu generieren. Gerade bei NIV macht es schon einen Unterschied ob die Atempumpe erschöpft ist oder nicht.
Das ist mir auch klar, aber ich denke es ist schon was anderes, wenn man selbst mal ne Maske mit entsprechenden Einstellungen im Gesicht hatte oder nicht. Ich probier nicht alles aus was die Pat an Maßnahmen erhalten, aber es sensibilisiert und das ist doch das wichtigste. Intubieren und beatmen kann jeder, aber einen respiratorisch insuffizienten Pat. mit NIV vor der Intubation zu retten, das kann manchmal eine Kunst sein und da gehören nunmal sehr viele Faktoren dazu. Viele vergessen da auch schnell, dass es nunmal auch ein Mensch ist, der da liegt mit all seinen Ängsten!
Im Intensivbereich erlebe ich Nasen CPAP am Respirator als gute Alternative bei intoleranten Patienten , als Möglichkeit der Variation bei kooperativen Patienten unter Dauer CPAP oder auch bei Kontraindikation für eine Fullfacemaske. Selbst bei moderater Hyperkapnie lässt sich durch Totraumverkleinerung bei offenen Mund der ph positiv auch ohne aktive Ventilation beeinflussen.
Auch das habe ich anders gelernt. Der aktuelle Thieme Intensiv- und Anästhesiepflege z.B. sagt, dass gerade durch den offenen Mund viel Volumen wieder herausströmt, das man ja eig in den Pat. hineinbekommen möchte und es ist nunmal wie zuvor gesagt nur bei kleineren Beatmungsdrücken indiziert. Warum Totraumverkleinerung bei offenem Mund? Das klingt für mich iwie unlogisch.
Aber bei deiner Beschreibung fällt mir schon der Unterschied zwischen den Fachabteilungen und dem Clientel auf. Bei uns steht meist die respiratorische Problematik im Vordergrund und hat den Patienten auch auf die Intensivstation gebracht. Gerade bei NIV erleben wir häufig die Situation entweder jetzt intubieren oder noch einen NIV Versuch. Würde nie auf die Idee kommen den Patienten die Maske halten zu lassen oder mit einem Mundstück zu arbeiten, da die Patienten das einfach nicht hergeben. Aber gerade diese Unterschiede sollte einem klar machen, dass die Art der Maßnahme einschliesslich Schnittstelle zum Patienten viele Variationen zulässt.
Naja ich weiß ja nicht was das für eine Intensivstation ist auf der du arbeitest, aber es kommen doch nicht alle pat mit akutem resp versagen zu euch? Wie schon erwähnt bin ich im Rahmen des I-kurses auch auf verschiedenen Intensivstationen eingesetzt und da wird NIV nicht nur dann aus dem hut gezaubert wenn nichts mehr geht. Und genau deine Schilderung ist oft ein Problem, welches ich schon häufig beobachtet habe: Der Pat. ist schlecht, steht kurz vor der Intubation und man geht hin und stellt ihn vor die Wahl: entweder stundenlang ergeben zu cpapen oder die Intubation. ich sag ja nicht, dass er sich die Maske bei nem 7,1 ph und nem 40po2 gemütlich vors gesicht halten soll?! Ich sag ja nur: Ich geh hin, ich erkläre ihm wie die situation ist, ohne von tod und ersticken und intubation zu reden (alles erlebt), dann zeige ich ihm was wir zu bieten haben (Helm, Maske etc.) und versichere ihm, dass er jederzeit abbrechen kann - kläre ihn über mögliche Konsequenzen auf und dann gebe ich ihm die maske mit nem niedrigen flow in die hand und dann kann er sich in der erstem minuten versuchen ein wenig zu adaptieren. Dann mache ich die Maske fest und passe den flow und alles weitere an. Letztens haben wir eine junge Pat. nach Radsturz mit ner riesen Leberlazeration und Lungenkontusion mit NIV 3 Tage über Wasser gehalten bis sie sich langsam wieder stabilisiert hat. Diese junge Frau hat sich die Maske vors gesicht gehalten ist im ersten Moment kurz vor diesem Schwall Luft der ihr ins Gesicht prescht zurückgezuckt, hat nach ein paar sekunden tief durchgeatmet und hat sich dann problemlos die maske aufsetzen lassen.
Ich will hier keinen Kuschelkurs auf Intensivstation predigen, aber ich sehe oft, dass einfach nicht mit den Leuten geredet wird und auch nicht individuell auf einen Pat. eingegangen wird. (Gerade wenn ich während der Einarbeitung auf einer neuen Intensivstation mitbekomme, dass die Pat. gelagert werden wie Puppen, ohne Ansprache und Vorsicht) Und gerade DAS ist bei NIV die wichtigste Maßnahme! Wenn der Pat kein Vertrauen ind die Maßnahme hat dann kannste soviel knowhow haben wie du willst, da macht er nicht mit. Weil er Angst hat. Da helfen einem Standards und evidencebased auch net weiter. Gerade wenn man bedenkt, dass gerademal 30% in der Meidzin und keine Ahnung wieviel weniger als 1% in der Pflege evidencebased ist. Und gerade der lange Aufenthalt auf einer Intensivstation beatmet und mit allem zip und zap ist nicht grade förderlich fürs Outcome. Die Pat. erleben solche extremen Horrortrips, wissen nach ihrem Krankenhausaufenthalt nicht damit umzugehen und sind noch Jahre danach in der posttraumatischen Belastungsstörung gefangen und werden nie wieder richtig gesund.