Ich kann Elisabeth nur zustimmen, es ist manchmal nicht einfach sich abzugrenzen.
Ich fahre zu einigen meiner Patienten bereits seit vielen Jahren, teiweise gehört man fast zur Familie.
Man ist ein fester Bestandteil des Tagesablaufes, man sorgt für Vieles, erfährt eine Menge Dankbarkeit.
Man macht Biographiearbeit, man beschäftigt sich so ausführlich mit den Patienten, ihren Gewohnheiten, ihren Problemen, dass es gar nicht ausbleibt, dass man eine Bindung bekommt.
Ich halte das für ganz normal.
Die Frag eist nur, wie sehr belasten einen die Probleme, die man nicht lösen kann, die über die "gekaufte" Zeit hinaus gehen?
Muss man das ablegen, darf man das zulassen? Muss man sich überhaupt immer und generell distanzieren?
Nun, ich habe mir darüber auch bereits sehr viele Gedanken gemacht und für mich Entscheidungen getroffen. Ich hatte schon Patienten, mit dem ich echt und wirklich und wahrhaftig befreundet war. Hat sich eben so entwickelt über Jahre. Er ist nach 6 Jahren Betreuung realtiv jung gestorben. Und ich war traurig, sehr sogar. Ging mir unglaublich nahe.
Mein Mann sagte zu mir: Das bist du, du hast einen Menschen sehr gerne gehabt, er ist gestorben, ich würde es sehr merkwürdig finden, wenn du dabei den Anspruch haben wolltest, distanziert zu sein. Das ist dein Gefühl, es gehört zu dir und macht dich (auch) aus. Es ist ganz alleine deine Entscheidung, wie du sein möchtest und was du dir selbst an Gefühlen gestattest.
Darüber habe ich sehr lange nachgedacht und ich fahre inzwischen besser, wenn ich meine Gefühle lebe und mir auch erlaube, dass ich eine nahe Persönlichkeit bin. Das kann man nicht einfach so und immer abstellen.
Ich achte darauf, dass ich ganz bewußt Feierabend mache, das bedeutet, dass ich zuhause nix arbeite, dass ich mein Diensthandy ausmache, wenn ich frei habe und dass ich mir auch verbitte angerufen zu werden, wenn ich keinen Hintergrunddienst habe. Ich will nicht über jeden "Furz" informiert werden, da einen das immer wieder in die Gedanken reißt.
Ich mache ganz bewußt Termine mit den Leuten aus, im Rahmen der Beratung kann man in der ambulanten Pflege viel machen. Dafür nehme ich mir Zeit und bekomme auch Geld dafür.
Und wenn ich Gefühle habe, weil mit meinen Leuten etwas ist, z.B weil sie aus dem Krankenhaus über meinen Kopf hinweg ins Heim kommen, dann stehe ich zu diesen Gefühlen. MIR macht das weniger Stress, als wenn ich immer wieder von mir verlange, ich darf nicht so nahe, ich darf nix fühlen usw.
Ich höre auch nicht mehr auf andere Leute, die mir sagen, wie ich sein soll und dass man als Krankenschwester dies und jenes nicht darf, und dies und jenes muss usw. Ich gehe nach meiner Persönlichkeit und die ist nunmal eher nahe, ich lebe das in meiner Dienstzeit und finde es gut so. Zuhause allerdings ist zuhause, da ich meine Gefühle rauslassen und lebe, kann ich sie auch gut in der Arbeitszeit lassen.
Dies soll keine Allgemeingültigkeit haben, es ist meine Strategie, mit der ich seit Jahren sehr gut arbeiten kann, weil ICH zufrieden bin. Ich bin mittig, ausgeglichen, ganz selten überarbeitet oder überlastet.
Ach ja, wir haben auch insgesamt 3 Coaches im Betrieb, deren Hilfe man diesbezüglich immer in Anspruch nehmen kann.