Freiberuflich in der Pflege

MaxT

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Hallo zusammen,
ich habe in letzter Zeit öfter gehört, dass Einrichtungen nicht nur auf Zeitarbeit setzen, sondern auch mit freiberuflichen Pflegefachkräften arbeiten.
Mich würde interessieren:
  • Hat jemand von euch damit schon Erfahrungen gemacht?
  • Welche Vorteile oder auch Nachteile habt ihr erlebt?
  • Wie läuft es in Bezug auf Bürokratie und Verträge?
Hintergrund: Wir beschäftigen uns beruflich mit diesem Thema und stellen fest, dass viele Einrichtungen die Zusammenarbeit mit Freiberuflern gar nicht richtig auf dem Schirm haben. Deshalb bin ich gespannt, wie ihr das seht. Es ist bezogen auf die Scheinselbstständigkeit ein heißes Thema, aber unter den richtigen Rahmenbedingungen eine interessante Alternative oder?

Viele Grüße
 
Hallo MaxT,

Genaue Angaben kann ich dir nicht machen.

Aber mal "grob"

Als Freiberufler musst du alle Kosten selbst tragen.

Zum Nettogehalt kommen dazu:

Komplette Steuern (also mindestens das doppelte von dem, was du auf dem Lohnzettel sehen hast, denn du bist dein eigener Chef)
Komplette Rentenversicherung (wieder das doppelte)
Krankenkasse "Freiberufler"-Satz (also mindestens 1000€)
Ausfallversicherung (wenn du nicht arbeitest, verdienst du keinen Cent)
....
....



Vor einigen Jahren hat mir eine Honorarkraft mal angedeutet , dass sie mindestens 150€ die Stunde verlangen müsste, wenn es sich für sie Rechnen sollte. Und mehr als 2 Wochen ohne Auftrag wären ihr Ruin.

Ob diese Zahlen stimmen kann ich nicht sagen. Aber die Nebenkosten/Zusatzkosten werden unterschätzt.

Einer


P.S. :
Das Bruttogehalt auf deinem Lohnzettel sind nicht der Betrag, den du deinen Arbeitgeber kostest. Du musst noch etwa 25% dazu rechnen. Quelle: Der befreundete Prokurist eines mittelständigen Unternehmens.
 
Logisch: Der Arbeitgeber-Anteil der Sozialversicherungen wird ja nicht aufgeführt.
 
ich arbeite seit 2012 als freiberuflicher Krankenpfleger und QM-Berater und wage zu behaupten, dass ich mich daher in diesem Bereich gut auskenne:) Die Deutsche Rentenversicherung muss eine Person als Freiberufler anerkennen. In der Altenpflege ist dies meist unproblematisch, bei Krankenpflegern ist es mit etwas Geschick ebenfalls möglich, da Pflegeberufe zu den „freiberufähnlichen Berufen“ zählen. Sobald die Anerkennung erfolgt, bist du von der Rentenversicherungspflicht befreit, kannst aber freiwillig einzahlen. Wer komplett freiberuflich arbeitet, muss seine Krankenversicherung selbst tragen.
Alle Honorare werden brutto berechnet. Steuerlich benötigst du in der Regel einen Wirtschaftsprüfer oder Steuerberater, falls du Buchhaltung und Steuererklärung nicht selbst erledigen willst; die Kosten dafür liegen bei etwa 2.000 € pro Jahr. Außerdem bist du als Freiberufler vorsteuerpflichtig, die Umsatzsteuer wird meist vierteljährlich abgeführt, was je nach Umsatz einen erheblichen Betrag ausmachen kann. Du darfst auch eigene Mitarbeiter beschäftigen, musst dann jedoch zusätzlich die sozialversicherungs- und arbeitsrechtlichen Aspekte beachten (sowie Lohnabrechnung, ca. 25 Euro pro Mitarbeiter/pro Monat).
Verträge laufen in der Regel als Dienstleistungsverträge zwischen dir und der Auftraggeber. Bürokratisch bedeutet das, dass du Rechnungen stellen, Umsatzsteuervoranmeldungen machen und ggf. Lohnabrechnungen für eigene Mitarbeiter erstellen musst. Weitere Punkte, die man beachten sollte, sind die Haftpflichtversicherung für freiberufliche Pflegekräfte, vorgeschriebene Fortbildungen und die eigenverantwortliche Organisation von Arbeitszeiten.
Ich spare von allem, was ich bekomme, etwa 30–35 %, sodass ich gut für alle Eventualitäten abgesichert bin. Die eigentliche Frage ist nur, wo man arbeiten möchte. Viele Pflegedienste haben in den Verhandlungen mit den Kostenträgern ein regelrechtes Verbot, Freiberufler zu beschäftigen. Pflegeheime sind hier meist deutlich offener. Ich selbst habe zum Beispiel als freiberuflicher Wundexperte (habe mehre Zusatzweiterbildungen) gearbeitet und auch Hämophilie-Versorgungen übernommen. ich war bei den Klienten tätig (Bereich außerklinische Intensivpflege), die nach dem Eigenbudget-Prinzip finanziert werden. Urlaubsbegleitungen habe ich ebenfalls gemacht, zum Beispiel in Italien und Thailand.
Als QM-Experte im Bereich ambulante Pflege (mit und ohne Schwerpunkte) habe ich mir eine erfolgreiche Nische aufgebaut, da viele neue Unternehmen wenig Erfahrung im Qualitätsmanagement haben. Neben der Erstellung von Standards, Handlungsanweisungen und Protokollen übernehme ich auch Pflegevisiten, Audits und Beratungen, die sind stark gefragt. Ich rate dir jedoch, dich zunächst vorsichtig heranzutasten und freiberuflich erst als „Nebenjob“ zu starten, um Erfahrungen zu sammeln und Risiken besser einschätzen zu können.
 
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Die Deutsche Rentenversicherung muss eine Person als Freiberufler anerkennen. In der Altenpflege ist dies meist unproblematisch, bei Krankenpflegern ist es mit etwas Geschick ebenfalls möglich
Daß es da einen Unterschied gäbe, hattest Du schon mal geschrieben, aber nicht belegt:

 
Soweit ich mich erinnere, die Deutsche Rentenversicherung ging davon aus, dass Krankenpfleger grundsätzlich nach ärztlicher Anordnung arbeiten (und somit keine Entscheidungsfreiheit haben), während Altenpfleger primär in der Pflege und Körperpflege tätig sind. Deswegen war es deutlich schwerer, sich als Krankenpfleger freiberuflich anerkennen zu lassen als Altenpfleger (natürlich ist diese Beschreibung stark verkürzt und wird der tatsächlichen Bandbreite der Altenpflege nicht gerecht, aber in etwa so war die damalige Einteilung).
Wie schon gesagt, sollte man sich unbedingt zuerst die Freiberuflichkeit von der DRV bestätigen lassen, bevor man tatsächlich als Freiberufler arbeitet. Andernfalls droht die Einstufung als „Scheinselbständigkeit“ mit entsprechender Sozialversicherungspflicht. Dazu gehört auch, dass man für mehrere Auftraggeber tätig ist und nicht nur für ein oder zwei.
Martin H. hat Recht, einiges hat sich geädert, Freiberufler sind immer weniger "erwünscht".

Übrigens klang meine Aufzählung dessen, was ich alles gemacht habe, vielleicht ein wenig wie Eigenwerbung. Das war jedoch nicht meine Absicht. Vielmehr wollte ich damit zeigen, dass man als Freiberufler in vielen verschiedenen Bereichen tätig sein kann. Ich hatte selber eigene Mitarbeiter, in den besten Zeiten 18 gleichzeitig. Das bringt jedoch ein unternehmerisches Risiko mit sich: Wird ein Versorgungs-/Kooperationsvertrag gekündigt oder verstirbt ein Klient, fallen die Aufträge weg, die Mitarbeiter sind aber weiterhin deine Angestellten und müssen bezahlt werden.

https://www.diebayerische.de/ratgeber/Das-sollten-Freiberufler-in-der-Pflege-beachten: "Grundsätzlich ist es zudem notwendig, dem sogenannten Landesrahmenvertrag beizutreten. Darunter versteht man sozusagen einen Versorgungvertrag sowie eine Vergütungsvereinbarung mit den Krankenkassen-Landesverbänden." Zumindest hier in Bayern ist es jedoch nach meiner Erfahrung praktisch unmöglich, als Freiberufler direkt einen solchen Versorgungsvertrag mit Kranken- oder Pflegekassen abzuschließen.
 
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@Susjed
Ich will keineswegs Deine Aussagen anzweifeln, auch finde ich, das klingt alles sehr fundiert und ausführlich beschrieben.
Ich war nur damals in dem anderen Thread (im Link) sehr überrascht, daß da zwischen Alten- und Krankenpflegern unterschieden wird und bin es noch.
 

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