Hallo,
Also so langsam bin ich sprachlos! Wie Narde und einige andere schon sagten, wir kennen NUR die Version des Angehörigen. Na klar, da sehe ich auch immer nur meine Angehörigen sie als Patienten da sind im Vordergrund und das drum herum ist erstmal nur zweitrangig. Für mich ist mein Angehöriger der Krankeste und Wichtigste auf dieser Station. Da kann auch mal ein 20 minütiges Warten wie eine Stunde empfunden werden, das weiß doch jeder. Das ist auch alles nachzuvollziehen, aber ich kann, wenn ich mir die Postings von twaini durchlese durchaus verstehen wieso die ein oder andere KollegIn da, sagen wir mal vorsichtig, nicht ganz so professionell reagiert. Und auch hier kann sich niemand raussprechen, dass geht denke ich mal jeden so, dass einige Angehörige ein sehr hohes Nervpotiential haben und eine Pflegekraft im Stress da mal etwas allergisch drauf reagiert.
Auch ich wiederhole nochmal: wir waren nicht dabei- wir können uns daher kein Urteil bilden!!
Wir wissen selber wie manche unserer Kollegen ticken und sich in schwierigen Situationen verhalten können, die eigenen Fehler und deren Quellen, genauso wie wir Angehörige kennen und deren Verhalten.
Wir können daher nur Tips geben, wie man mit dieser verfahrenen Situation umgehen sollte. Narde hat bereits gute Tips gegeben.
.....Natürlich sollen und müssen Dinge angesprochen werden, wie nicht korrekt sind, wo Patienten nicht professionell versorgt werden. Aber dann doch bitte erstmal das Gespräch mit den Schwestern und Pflegern vor Ort suchen, und zwar in einem ruhigen sachlichen Ton und vieleicht auch mit soviel Feingefühl, dass man dies nicht sucht, wenn man sieht, dass die KollegInnen gerade nicht wissen wo hinten und vorn ist. Im Normalfall gibt es auch eine Stationsleitung, die eben genau für solche Dinge als Ansprechpartner fungiert.
Und wenn ich dann lese, wir trauen uns nicht die Schwestern und Pfleger anzusprechen, weil wir befürchten, dass die Angehörige dann noch mehr leiden muss, oder hier gar geschrieben wird, dass sich einige Pflegekräfte lieber einen euen Job suchen sollen, weil sie ihren nicht gut machen geht mir die Hutschnur hoch! Das sind bodenlose Unterstellungen und Anmaßungen. Was denken sich hier einige Angehörige eigentlich! Die Realität ist nicht "Schwester Stefanie" oder andere Krankenhausserien. Wenn die Regierung aber (hoffentlich sehr zügig) was an der Finanzierung der Kliniken und auch am Personalschlüssel verbessert und dies dann in gewissen Teilen an die Bevölkerung weitergibt, sind diese Menschen doch die ersten, die wieder ganz laut rumheulen!!! Ganz ehrlich, manchmal frage ich mich, wer schützt eigentlich das Pflegepersonal vor solchen Angehörigen? Es gibt Patientenführsprecher (was gut und wichtig ist!), so langsam sollten die Kliniken mal über einen Pflegekräfteführsprecher nachdenken!
Ich arbeite in einem Bereich, in denen Angehörige ganz besonders durch die Erkrankung des Patienten belastet sind.
Und kenne daher auch das ganze Spektrum an negativen Angehörigenverhalten.
Es gibt Tage wo ich am liebsten schreien würde!
Man hat tägl. den Eindruck, das nur noch nach Fehlern gesucht wird; Angehörige die uns Befehle und Anweisungen geben(!) wollen; die alles was die Pflegekraft über den Patientenzustand sagt grundsätzlich in Frage stellt; die uns Lügen unterstellen; die uns grundsätzlich die Schuld für langsamen Genesungsprozeß geben; die uns auch schon mal heimlich abhorchen(!); wegen wirklicher Nichtigkeiten mit dem Rechtsanwalt drohen (hier 10min zu spät in den Rolli mobilisiert-> der von den Angehörigen bezahlte Zivi hatte 15min weniger Zeit zum spazierengehen-> Drohung Einforderung des Zivistundenlohns von 20Euro); sich eigenmächtig Arzt- und Therapeutenanordnungen widersetzen und den Patienten gefährden (den Patienten bei erheblichen Schluckstörungen ungeeignete Kost geben, aber den Pflegekräften Schuld für die Aspirationspneumonie geben); dem Rettungsdienst die Schuld für den Zustand des Patienten geben, weil er angeblich länger als 10min gebraucht hätte- nachweislich aber tatsächlich unter 10min brauchte aber in der Zeit nichtmal einfachste Erste Hilfe durch die Angehörigen geleistet wurde; Angehörige die auch mal körperlich gewalttätig gegenüber Pflegekräfte wurden; die uns grundsätzlich als ungebildet und dumm halten ... etc., etc., etc....
Ich könnte ein ganzes Buch darüber schreiben! Es ist kein Miteinander mehr, sondern ein Gegeneinander!
Alles selber erlebt bzw. immer noch am erleben. Für mich kommen nach dem Personalmangel bzw. Arbeitsverdichtung gleich die Belastung durch die Angehörigen.
Auf der einen Seite war ich selber ja auch schon Angehöriger- die Sorge, die Angst, die Hoffnung, die verschiedenenen Gefühle kann ich alle nachvollziehen.
Auf der anderen Seite bin ich aber auch prof. Pflegekraft- ich kenne die ganzen pflegerischen und medizinischen Zusammenhänge.
Die Ursachen sind meiner Meinung nach vielfältig:
-Das Image der Pflegekräfte in Deutschland, auch geprägt durch diverse TV-Serien; die allgemeine politische Situation der Pflege...
-Das uneingeschränkte Glauben an die Medizin; das komplette Ausblenden des Todes und des Sterbens in unserer Gesellschaft.
-Schaue ich durch meine Lehrbücher fällt mir aber auf, das der Patient im Mittelpunkt steht- der Angehörige, der oft noch viel stärker leidet, fällt komplett raus! Es fehlt generell an guter Angehörigenarbeit, für die ich in unserer momentanen Situation in Deutschland aber momentan kaum noch Platz sehe.
-Das Verhalten sehr vieler, wenn nicht gar alle Arbeitgeber, die versuchen den Servicegedanken mit in die Pflege zu bringen ("Der Kunde ist König!"; "Der Kunde hat immer recht!"), was aber gerade in der Medizin und Pflege einfach nicht so funktioniert.
*sigh*