Elisabeth Dinse
Poweruser
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- 29.05.2002
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- Beruf
- Krankenschwester, Fachkrankenschwester A/I, Praxisbegleiter Basale Stimulation
- Akt. Einsatzbereich
- Intensivüberwachung
Der Punkt ist bloss - ärztlicherseits hat man genauso mit Sachen zu kämpfen, für die man gar nicht ausgebildet worden ist.
Göttlich, diese Aussage aus dem Munde eines angehenden Arztes. Und ich kann ihn da nur unterstützen: das Medizinstudium befähigt in keinster Weise zum täglichen Arbeiten als Arzt.
Früher (wie ich das Wort hasse)- also früher gab es den Stationsarzt auf der Station. Und wenn der angehende Doc auf Station kam wurde er begrüßt mit: Herzlichen Glückwunsch zum bestandenen Studium und jetzt lernen wir die Realität. Das fängt mit ganz banalen Sachen an: wie organisiere ich mir meine Zeit. Wie kommuniziere ich mit meinen Mitarbeitern. usw., usw.. Und ein guter Stationsarzt hatte noch eine Menge Tipps zur Diagnostik und Therapie inpetto, die in keinem Lehrbuch stehen aber Erfahrungswerte sind. Auch die Medizin basiert ja nicht nur aus theoretischem Wissen.
Und heute: Der altgediente Stationsarzt wurde eingespart. Und heute kommt der "Jungspruz" frisch von der Uni nach 6 Jahren Studium (?). Wenn er Glück hatte, hat er in der Zeit ein bischen was von Station mitbekommen. Meist ist es fast nichts.
Er wird damit konfrontiert, dass es Fachkräfte auf der Station gibt, die ohne Studium besser Bescheid wissen über vieles. Und er soll diesem Team lt. Hierarchie vorstehen.
Ergebnis: aus Unsicherheit wird erstmal jede mögliche Diagnostik beim Pat. gemacht. Dafür bedarf es des Bücher wälzens. Ich habe erlebt, dass Docs nach der Visite mal schnell in die Bibo gerannt sind und danach alle Ansetzungen null und nichtig waren und neuen Ansätzungen weichen mussten.
Es wurden Sachen angesetzt, die gerade mal in Studien beschrieben waren- keiner wußte wo man den Wert bestimmen kann: wieder zeitraubende Telefonate.
Dann dürfen invasive Diagnsotikmaßnahmen und die Therapie gleich sowieso nicht ohne Oberarzt (die letzte Sicherheit für den Pat.?) angesetzt werden. Der OA hat aber andere Aufgaben- wieder Zeitverlust.
Briefe zu schreiben, hat was mit Routine zu tun. Das muss der Doc aber erst lernen. Kodierung ist nichst anderes. In Zahlenwerten zu denken hat der angehende Mediziner nicht gelernt.
usw., usw., usw. von mangelndem fachlichen Wissen und deren Folgen will ich hier gar nicht reden.
Wie das ändern? Vielleicht ist die Idee mit dem Abgeben von bestimmten Tätigkeiten an Pflegepersonal gar keine schlechte Idee. Dort wird explizites Wissen mit impliziten Wissen vereint. Es könnte sehr zeitsparend sein, sich auf gemeinsame Limits zu einigen in denen eine Pflegefachkraft Diagnostik und Therapie veranlassen darf.
Nur eine Kleinigkeit müßte dafür geändert werden- eine winzige Kleinigkeit: die Ärzte müßten sich endlich von ihrer Alleinherrschaft verabschieden. Und da seh ich leider schwarz mit solchen Strategen wie dem MB oder den KVen.
Ergo: Liebe Mediziner nicht jammern, sondern klotzen. Ihr wollt es so. Und bitte nicht immer eure Problem vom Pat. bezahlen lassen.
Elisabeth