Wieviel muss ich über den Patienten wissen?

Elisabeth Dinse

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Beruf
Krankenschwester, Fachkrankenschwester A/I, Praxisbegleiter Basale Stimulation
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Intensivüberwachung
Ich gehe derzeit für wenige Stunden zur Hilfe bei der Körperpflege auf Station arbeiten. Dabei fällt mir ff. auf: ich kenne die Person gar nicht, die ich da pflege. Ich weiß um ihre Erkrankung, mehr nicht. Es gibt keine Sozialanamnese. Der Pat. kann sich nicht äußern.
Ich wasche eigentlich einen Körper ohne dem Pat. begegnen zu können. Ich komme mir vor wie eine "Waschmaschine".

Wie geht ihr mit solchen Situationen um?

Elisabeth
 
Hallo
Bei uns werden Pflegeananmnesen gemacht die sich nur auf das Körperliche beziehen, dazu die Diagnose(n) vom Doc. Mehr weiß ich für`s erste auch nicht.Muß ich einen Patienten pflegen der mir keine Auskunft geben kann oder erst gar nicht ansprechbar ist stelle ich mich mit Namen vor erkläre nach und nach was ich jetzt mache, bleiben dann noch Lücken erzähle ich vom Wetter.
Viele Patienten werden lockerer wenn sie jemanden freundlich sprechen hören auch wenn sie vielleicht nicht verstehen was der/die da gerade sagt.
Daß wir von unseren Patienten sonst "nichts" wissen ist der Normalzustand, knapp an Pflegepersonal und Zeit haben wir des öfteren "Wasch-und Fütter- maschinen" von anderen Stationen um die Leute wenigsten sauber und satt zu bekommen. Ich habe auch eine Zeit als Wasch- und Füttermaschine ausgeholfen. War auf Dauer nicht sehr befriedigend, da ich die Situation und Gegebenheiten aber nicht ändern kann mußte ich eben meine Einstellung ändern.Ein sauberer, satter entspannter Patient ist ein Erfolg, und ich begegne ihm wie ich jedem anderen Patienten auch begegne, freundlich und kompetent.
Alesig
 
Daß wir von unseren Patienten sonst "nichts" wissen ist der Normalzustand, knapp an Pflegepersonal und Zeit haben wir des öfteren "Wasch-und Fütter- maschinen" von anderen Stationen um die Leute wenigsten sauber und satt zu bekommen. Ich habe auch eine Zeit als Wasch- und Füttermaschine ausgeholfen.

Wach- und Fütterungsmaschinen??? :eek1: Ich hoffe nicht, wenn ich alt bin, von so einer betreut zu werden! Gibt es da wirklich keine anderen Möglichkeiten? Wie wisst ihr da über Ressourcen, Ziele, Rituale der Pat. bescheid?

Wenn der Pat. nicht Auskunft geben kann, frag ich halt die Angehörigen (gibts ja meist irgendjemanden). Muss sowieso fragen, wie der Pat. zuhause versorgt sind und ob sie etwas für zu brauchen (Hauskrankenpflege, Essen auf Rädern, Hilfsmittel, ...), da kommt man dann ins Gespräch und erfährt viel über den Pat.

Gruß,
Lin
 
Hallo
Sarkasmus an-Wenn ich mal alt bin, dann bin ich froh wenn mich überhaupt noch jemand wäscht und füttert-Sarkasmus aus. Bei 50 % der Patienten die schwer pflegebedürftig sind und sich selber kaum noch mitteilen können, gibt es keine Angehörigen. Jedenfalls keine die auch mal zu Besuch kommen. Und wenn dann mal jemand kommt, dann ist es ein entfernter Neffe, Nichte etc.
Sehr viele die bei uns akkut ankommen- Apoplex, Herzinfarkt, Verwahrlosung, Demenz, hausen schon seit Jahren alleine und mit sehr wenig sozialen Kontakten. Kommt dann mal ein Angehöriger fällt der aus allen Wolken wenn er nach längerer Zeit mal wieder Sichtkontakt mit seinem Verwandten hat. Am Telefon klingen manche Dinge eben ganz anders.
Ich habe das Gefühl je länger ich im Krankenhaus arbeite desto schlimmer kommen die Leute bei uns an. So viele verwahrloste , vernachlässigte z.Teil mit schlimmen dekubital Geschwüren wie in den letzten Jahren habe ich die ganzen 20 Jahre davor nicht erlebt. Viele leben nur noch weil sie neugierige Nachbarn haben.
Ressourcen bekomme ich bei meinen Patienten heraus wenn ich sie ein paar Tage betreue, für Rituale wenn sie nicht in den zeitplan passen ist keine Zeit. Wir sind wieder bei einer satt und sauber Pflege angelangt, und ich bin froh daß bis jetzt noch kein Patient Schaden genommen hat.
Alesig
 
... und ich bin froh daß bis jetzt noch kein Patient Schaden genommen hat.

*grübel* Keinen körperlichen Schaden- das mag sein. Ich sehe den Pat. weinen (man kann sich auch nonverbal äußern) und kann nichts tun weil mir seine "Biographie" nicht bekannt ist. Angehörige kommen- aber:

Bei uns werden Pflegeananmnesen gemacht die sich nur auf das Körperliche beziehen, dazu die Diagnose(n) vom Doc.
...
Daß wir von unseren Patienten sonst "nichts" wissen ist der Normalzustand, knapp an Pflegepersonal und Zeit haben wir des öfteren "Wasch-und Fütter- maschinen" von anderen Stationen um die Leute wenigsten sauber und satt zu bekommen.

Ist es wirklich so, dass wir keine Zeit haben? Ist uns das "satt und sauber" Pflegen nicht wichtiger weil man so schön sehen kann, was man getan hat? Zuwendung läßt sich so schwer abrechnen.

Elisabeth
 
Es ist erschreckend, das im Klinikalltag wirklich die Persönlichkeit des Menschen "vergessen" wird. Hauptsache die ICD10 Ziffer stimmt. Habe leider die Erfahrung gemacht, das von mir erstellte Pflegeüberleitungen von den Sr. im Krankenhaus nicht gelesen werden. Dadurch, das im KH liegende Patienten auch von uns besucht werden, nutzt unser Team diese Möglichkeit zur Weitergabe wichtiger Informationen bzgl. des Patienten.

Bettina
 
Ist es wirklich so, dass wir keine Zeit haben?

Hierzu eine Situation die ich vor kurzem erlebt habe:
Zwei Kolleginen sitzen in unsrer Teeküche und trinken Kaffee. Ich saß im Dienstzimmer, welches sich direkt nebenan befindet und arbeitete am Schreibtisch. Die Frage, ob ich nicht auch mit ihnen einen Kaffee trinken möchte verneinte ich, da ich erst meine Arbeit beenden wollte.
Daraufhin ging dann die Debatte "Wir haben ja keine Zeit mehr für unsere Patienten, der Schreibkram bringt uns noch um....." los.
Dies gejammere ging dann noch gut eine halbe Stunde so, unsere Praktikantin arbeitete die Klingeln ab und die lieben Kollegen bedauerten weiter unsere Patienten für die keine Zeit mehr da wäre.
Hierzu sollte man noch beachten, dass es sich hierbei nicht um die Pause handelte. Diese fand zu einem anderen Zeitpunkt statt.


Und nun zur eigentlichen Frage:
Wir erheben auch eine soziale Anamnese. Leider wird dies auch nicht so ernst genommen und hat mehr den Anschein eines abfragens. Leitsatz: Hauptsache es ist gemacht und es steht was da.

Leider, leider!
 
Boar, wenn man das hier liest, kommt man ja mächtig ins Grübeln. :gruebel:

Also bei uns werden schon noch Sozialanamnesen gemacht, wobei die meisten unserer Patienten noch ansprechbar sind. Klar, im ersten Gespräch stehen schon die praktisch-Körperlichen Pflegeprobleme/-ressourcen im Vordergrung, doch dabei ergibt sich zwangsläufig eine Sozialanamnese, zumindest eine kleine. Der Rest ergibt sich im Verlauf des Aufenthaltes.

@BettinaMobil: Gratulation zu deinem Pflegedienst, ich habe bei uns bis dato noch keinen Pflegeüberleitungsbogen eines Pflegedienstes gesehen, geschweige denn, dass jemand die Patienten besucht hätte. Ernsthaft, find ich super!

Und Kaffee trinken wir Gott sei Danke nur gemeinsam im Team, ggf. wird die Arbeit gemeinsam erledigt.

LG Crusoe
 
Ich hatte letztes Jahr einen Praxiseinsatz auf der Inneren. Für mich der Horror, vielleicht aber auch nur, weil ich von den Kinderstationen Anderes gewöhnt war... Pflegeanamnesen wurden gemacht (medizinisch und sozial), dann abgeheftet und nie wieder hervorgeholt. Warum frag ich den Mensch, was er absolut nicht essen mag, wenn dann doch Irgendwas bestellt wird? Es lief wirklich fast nur auf morgens waschen (oder sogar im Nachtdienst, übel - finde ich - für die Patienten, aber eine Erleichterung für den Frühdienst - leider), Essen verteilen und Patienten zwischendurch mal trockenlegen raus. Schlimm... Da passieren dann so Sachen, daß eine Frau Samstags ihr Essen mit dem Komentar abgeräumt bekommt, sie hätte ja heute wohl keinen Hunger gehabt. Dumm nur, daß sie Parkinson hatte und es Suppe gab.... :angryfire:
 
Hierzu eine Situation die ich vor kurzem erlebt habe:
Zwei Kolleginen sitzen in unsrer Teeküche und trinken Kaffee. Ich saß im Dienstzimmer, welches sich direkt nebenan befindet und arbeitete am Schreibtisch. Die Frage, ob ich nicht auch mit ihnen einen Kaffee trinken möchte verneinte ich, da ich erst meine Arbeit beenden wollte.
Daraufhin ging dann die Debatte "Wir haben ja keine Zeit mehr für unsere Patienten, der Schreibkram bringt uns noch um....." los.
Dies gejammere ging dann noch gut eine halbe Stunde so, unsere Praktikantin arbeitete die Klingeln ab und die lieben Kollegen bedauerten weiter unsere Patienten für die keine Zeit mehr da wäre.
Hierzu sollte man noch beachten, dass es sich hierbei nicht um die Pause handelte. Diese fand zu einem anderen Zeitpunkt statt.
(...)
Leider, leider!

Dies kann ich absolut bestätigen!!!
Weiteres:
Dienstbeginn (chir.-operative Stat.) lt. Plan: 6:00 Uhr, Nachtdienst(ND)-Übergabe bis 6:15 Uhr.
Arbeitsbeginn immer erst nach 6:30 Uhr (also schon 1/4 Std. nicht offizielle Pause), weil der ND (der hat doch sonst nichts zu tun *sarkasmus aus*) die Pat. zur OP vorbereitet hat, Bilanzen gemacht, Drains entleert etc.
Kann dann im "Pausenkorridor" die zustehende 1/2 Std. Pause nicht genommen werden, wird im Dienstplan 0,5 Std. o.p.(ohne Pause) als Mehrarbeit/Überstunde eingetragen. Wohlgemerkt, dazwischen findet sich immer wieder auch Zeit zum Tee- und Kaffeetrinken (man ist doch eine gesellige Runde zu mehreren Kollegen! *grins*).
Die Arbeit , die liegen bleibt wird in den SP-Dienst übertragen, den ND usw. ... so setzt sich der Arbeitsalltag fort ... Es kommt meistens jemand, der die Arbeit zu Ende bringt. Gut, nicht jeden Tag, allerdings sehr häufig.
Pflegeplanungen werden vereinfacht. Die Patienten sind schnell fit und übernehmen ihre Versorgung selbst.
Ganzkörperpflege und Hilfe bei der Körperpflege übernehmen grundsätzlich die Auszubildenden, meistens als Praxisanleitung mit PA.

Sind das die Leistungsträger eines Unternehmens heutzutage?
Wie einfach und bequem machen es sich manche Kollegen?

Ich bin seit nunmehr 20 Jahren im Beruf, mir reicht´s!
 
Hallo
Situation über die Osterfeiertage.2 Gkp und eine Schülerin im Frühdienst 2 GKP im Spätdienst, 30 Patienten davon
15 A3, und 2 frische Apoplexe, es wurden jeden Nachmittag c.a 3-4 Leute entlassen damit wir wieder welche aufnehmen können.
Selbstverständlich ging der Doc Nachmittags die Kurve durch und machte seine "Kurvenvisite" und alles was am Vormittag nicht gemacht wurde sollte jetzt sofort passieren, vom Frühdienst waren noch 3 Patienten übrig die gewaschen werden sollten, die Tabletten mußten gestellt und kontrolliert werden, die Besucher die die sich die ganze Woche nicht blicken liessen forderten nun Informationen ein. Ein Alkoholiker kam in Entzug und randalierte,
Das Altenheim am Ort hatte wohl Personalnotstand und schickte uns am Ostersonntag 3, A3 Patienten mit Exikose, die kamen nur mit dem was sie am Leib hatten, die eine hatte noch nicht mal ihre Prothese im Mund und mußte sich Abends mit Brei begnügen den sie nicht leiden kann, weil sie kein Brot kauen konnte.
Kaffeetrinken, Pause, keine Zeit, hat den Vorteil daß man dann auch nicht aufs Klo muß wenn man nichts trinkt.
Unsere Dokumentation haben wir dann so gegen 23.00 Uhr gemacht. 1,5 Stunden nach offiziellem Dienstende.
Unter der Woche gibt es dann eine Person mehr pro Schicht, dafür dürfen wir dann die Leute auch noch zu den Untersuchungen fahren.
Ich wüsste gerne mehr über meine Patienten, hätte die Zeit eine vernünftige Anamnese zu machen oder sie lesen zu können.
Alesig
 
Warum kann Pflegekraft keine Prioritäten setzen? Muss ich wirklich von jedem der 30 Pat. alles wissen? Muss ich bei Aufnahme alles wissen? Muss jeder Pat. jeden Tag von oben bis unten "persilrein" gewaschen werden"?

Der Beispielpat. war bereits auf der Intensivtherapiestation. Der Pat. hat offensichtlich Probleme mit der Unfähigkeit sprechen zu können.

Übrigens ist dein Beispiel alesig ein wunderbares Beispiel, wie Pflegekräfte das System erhalten können ... wider besseren Wissens.

Wann leidet der Pat. hab ich an andere Stelle schon "gefragt". Ich denke er leidet derzeit. Da braucht es keinen Streik o.ä..

Elisabeth
 
Muss ich zustimmen, hab ich leider auch schon erlebt. Doch ein erfolgreicher Streik, im Sinne von korrekter Lohnsteigerung würde meine Arbeitsmotivation fördern. Doch da das keine Lösung für das Grundproblem ist, wäre auch das nur ein Schuß in den Ofen und man würde uns Pflegekräfte nur kurzzeitig ruhigstellen, frei nach dem Motto: "Was wollt ihr, ihr bekommt doch schon mehr Geld!"

Hat jemand konkrete Vorschläge, wie man die Lasten vom Engagement des Einzelnen unabhängig machen kann???

In neugieriger Erwartung - LG Crusoe
 
@ crusoe, lass uns das bei http://www.krankenschwester.de/foru...t-laesst-schlichter-abblitzen.html#post133144
weiter diskutieren.

In diesem Thread geht es mir um: Wieviel muss ich über den Patienten wissen?
Konkret: Muss ich wirklich von jedem der 30 Pat. alles wissen? Muss ich bei Aufnahme alles wissen?

Ergo: Bei wem sollte die Anamnese wie umfangreich sein? Welche Mittel stehen mir zur Verfügung wenn kein Angehöriger da ist?

Wie wichtig ist uns eigentlich der Mensch den wir pflegen?

Elisabeth
 
Das größte Problem in der Pflege ist doch unser ständiges standardisieren. Den Pflegekräften wird das denken abgewöhnt. Somit wird festgelegt: Bei allen Patienten diese und jene Anamnese....und so muss es dann auch gemacht werden. Ob sinnvoll oder nicht steht im Hintergrund. Und dann wird eben einfach mal abgefragt.
Ist doch wie mit der Dokumentation. Dokumentiert wird bei uns nur, was auf unsrem schönen und sehr lückenreichen "Abhakplan" steht.
Individuelle Wünsche sind ebenso fehl am Platz. Vor kurzem wollte ein Mann mittleren Alters "ausschlafen". Um 8 wurd er von einer wütenden Krankenschwester aus dem Bett gezerrt. Es muss ja alles seine Ordnung haben und das Frühstück steht auch schon auf dem Tisch.
Selbstbestimmung wird an der Pforte abgegeben?

Wollen die Pflegekräfte überhaupt was über den Patienten wissen?
 
@BettinaMobil: Gratulation zu deinem Pflegedienst, ich habe bei uns bis dato noch keinen Pflegeüberleitungsbogen eines Pflegedienstes gesehen, geschweige denn, dass jemand die Patienten besucht hätte. Ernsthaft, find ich super!
Na dann sollten diejenigen, die die Leute ins KH transportieren, mal in die Unterlagen der Pflegedienste schauen. Wir haben z.B. auch Überleitungsbögen deponiert, die immer auf dem aktuellen Stand sind. Allerdings kümmert sich in der Regel niemand darum. Ist für uns auch frustrierend wenn unsere Arbeit für die Katz ist. Dasselbe gilt auch für Medikamentenpläne. Liegen immer in den Unterlagen parat, aber mitnehmen ist nicht ;-)
 
Mir sind die Patienten wichtig, und ich möchte mehr über sie wissen als nur ihre Krankheit. Während der Ausbildung war die Chirurgie für mich am Schlimmsten, weil da nur am Patienten das Notwendige abgearbeitet wurde und ganz oft Funktionspflege praktiziert wurde, d.h. Erstkursschüler übernehmen Vitalzeichen und Körperpflege, Drittkursschüler machen die Verbandswechsel. Die examinierten Pflegekräfte hatten zwar offiziell ihre Zimmer, sind aber auch auf der ganzen Station herumgeflitzt und mussten zudem noch jede Menge Verwaltungskram erledigen. Nee, das ist nicht mein Ding und war mit ein Grund, warum ich mich recht früh entschieden habe, gleich nach dem Examen in der Psychiatrie zu arbeiten. Ohne Sozial- und Fremdanamnese geht dort so gut wie gar nichts, und die Patienten sind meist recht lange da, so dass man sich auf sie einlassen und sie gut kennen lernen muss. Das liegt mir wesentlich mehr als diese Hetzerei und Beschränkung auf das Behandeln der Krankheit ohne den Menschen als Ganzes zu sehen.

Snowbird
 
Hallo
yvo spricht mir aus der Seele. Ich finde viele Standards zum K......
Sie gewöhnen mir das denken ab. Bei einem Patienten der nur 2 Tage für eine Untersuchung bleibt muß ich viel weniger Wissen als bei jemandem der für 4 Wochen bleibt wei er eine Chemo bekommt.
Der Insulinpflichtige Diabetiker der bereits um 6:00 Uhr zu Hause frühstückt weil er dann zur Arbeit muß und erst gegen 19:00 zu abend ißt, wird mit Gewalt in das Krankenhaus Schema gepresst, dann wundert man sich wenn der Zucker spinnt und der Patient grantig wird. Die Oma die seit 30 Jahren ihre Medis mit Klosterfraumelissengeist runterspült wird gemassregelt das das so nicht geht, Opa ohne Zähne kann wunderbar Brot ohne Rinde essen , aber keine Zähne ist gleich Brei , usw. usw.usw. Hauptsache die Häckchen sind an der richtigen Stelle und bei jedem Patienten steht irgendwas im Bericht und wenn es nur ein bescheuertes - Patient ist ok- ist.
Wenn ein pflegebedürftiger Patient nicht in der Lage ist sich zu äußern und ich von außerhalb auch sonst keinerlei Informationen bekomme, dann ist die gute alte Patientenbeobachtung gefragt. Wie reagiert er auf die Dinge die ich tue, was ißt er mit sichtlicher Begeiserung und was läßt er wieder aus dem Mund fallen. Wie verzieht er sein Gesicht bei Mundpflege, kann ich was nehmen was ihmschmeckt. Reagiert er irgendwie auf Dinge die ich erzähle
Wetter ,Haustier, Politik etc.
Selbst wenn überhaupt keine Zeit ist, dann kann ich beim Waschen und Füttern viele Dinge erfahren, wenn ich weiß wie das mit der Beobachtung funktioniert, und daß ich dazu auf den Patienten eingehen muß.
Alesig
 
Warum stellst Du nicht gleich zu beginn Deine Fragen so konkret? "Wie geht ihr mit diesem oder jenem Problem um" insbesondere in der Rubrik "Talk" verführt doch geradezu zum virtuellen Kaffegränzchen:gruebel:

Warum kann Pflegekraft keine Prioritäten setzen?
Können wir. Teilweise. Manchmal liegt das auch nicht in unserer Macht, weil die "Prioritäten" von den Vorgesetzten vorgegeben werden.

Muss ich wirklich von jedem der 30 Pat. alles wissen? Muss ich bei Aufnahme alles wissen? Muss jeder Pat. jeden Tag von oben bis unten "persilrein" gewaschen werden"?
Drei mal nein.
Ist auch kein realisierbares Ziel. Aber insbesondere bei Patienten die eben selbst keine verbale Auskunft geben können und keine Angehörigen haben (oder diese sich nicht blicken lassen) würde etwas mehr Information gut tun.
Ich sehe hier insbesondere 3 Probleme:
  1. Wie komme ich an die Information
  2. wie gebe ich sie weiter
  3. wie kann ich sie Umsetzen

Informationen kommen teils ganz nebenher z. B. aus der Beobachtung des Patienten. Ein Beispiel: Abends bei der Mundpflege hat keiner aus dem Team eine Chance, egal welche Überzeugungs-/Überredungskünste angewendet werden. Frühs ist es kein Problem. Vermutung: Der Pat hat zu Hause Abends auch nie Zähne geputzt.
Oder beim Durchprobieren verschiedener Getränke ergibt sich eines das der Patient gerne trinkt oder eines, dass er grunsätzlich wieder ausspuckt.

O.k. Ich bekomme also im Laufe des Aufenthaltes (wenn der denn mal lang genug ist) diverse Informationen. Jetzt geht es um die Weitergabe. In unseren Kurven gibt es dafür keinen Platz. Also muss es als verbleibende Möglichkeit in den Pflegebericht. Dort geht es aber nach ein paar Tagen unter. Eine mündliche Weitergabe findet zwar auch statt. Nur dass sich die oft sehr in die Länge zieht, weil manche dieser Dinge einfach nicht eindeutig sind. Also müsste darüber diskutiert werden. Das wiederum ist aber in der Zeitplanung nicht vorgesehen und sorgt für Zeitdruck --> Unruhe --> Unaufmerksamkeit --> hätte man sich sparen können, weil keiner mehr was mitbekommt. Ja ich überzeichne etwas. Aber es geht von Übergabe zu Übergabe immer wieder etwas verloren, bis nichts mehr übrigbleibt. Außerdem unterliegt man mit der Zeit dem Glauben, dass es mitlerweile jeder weiß:mrgreen:

Umsetzung: Ich will hier jetzt nicht unbedingt die Zeit aufführen, weil vieles gar keine Zeit kostet, aber die obigen Punkte machen einfach die Umsetzung schon schwer genug.

Übrigens ist dein Beispiel alesig ein wunderbares Beispiel, wie Pflegekräfte das System erhalten können ... wider besseren Wissens.
"Nicht Vorsatz unterstellen wenn auch Unwissenheit ausreicht".
Außerdem: Irgendwann fehlt einem die Kraft und die Motivation sich um Änderungen zu bemühen!

Ulrich Fürst
 
Hallo zusammen,

ich leite eine geriatrische Station mit 26 Patienten und 15,5 Pflegestellen.
Sind alle da, keiner krank, nur 2 im Urlaub geht alles seinen Gang, nämlich das gewohnte Standardprogramm:knockin:
Ich denke schon, dass man über die Patienten, die man versorgt Bescheid wissen sollte und ihren Rhythmus akzeptieren.Mir ist es wichtig, dass eine kleiner lebensgeschichtlicher Hintergrund wahrgenommen wird.Viel Konfliktpotenzial liegt in der Unfähigkeit vieler Pflegender, das gesprochene Wort alter Menschen nicht persönlich zu nehmen oder ihnen etwas an zudichten ohne zu reflektieren um was es gerade eigentlich geht.Dies wird als Last empfunden.Ich versuche oft bei den Übergaben dabei zu sein und Impulse zu setzen und bin für jede Beschwerde dankbar um im Teamgespräch dann zu sensibilisieren und auf zudröseln, warum es dazu gekommen ist.
Ich erlebe aber oft, dass die Kolleginnen nicht in der Lage sind Prioritäten zu setzen (Bsp niemand muss täglich komplett gewaschen werden, Intimhygiene ist wichtig klar oder die Nachthemdmanie, weils schneller gehtetc)
Alles muss bis zum Frühstück fertig sein,-schrecklich, der nächste Großschadensfall könnte kommen und wir sind am Waschen:emba:
Und das Schlimme ist die nachfolgenden Generationen werden in der Ausbildung genau so herangezogen und "verdorben".
Ich finde, dass auch der SD duschen kann, oder das nach dem Frühstück noch gewaschen werden kann, wenn es denn sein muss.Dafür erwarte ich ein liebevolles geduldiges Essen anreichen.
Es wird zuviel gemeckert und da zuviel Energie gelassen, statt zu schauen, wie gestalte ich meinen Tag mit den mir zugeteilten Patienten, was ist jetzt akut wichtig und was kann mal wegfallen.Wie schaffe ich meine Arbeit ohne Überforderung, wie lasse ich mein Privatleben draußen (auch ein schönes Thema)und wie erhalte ich mir die Liebe zu meinem Beruf.
Ich rede jetzt nicht von 2 im FD mit 40 Heimbewohnern, sondern von 1 Pflegekraft die 6-8 Patienten während einer Frühschicht betreut.
Ich arbeite dran, dass der pflegende Mensch auch den Menschen sieht und wahrnimmt, für den er da die Verantwortung hat
Es ist mühsam, aber es lohnt sich, wenn ich Kolleginnen, die sich dann öffnen mit einem AHA-Erlebnis belohnt werden.
Ich gebe nicht auf,-noch nicht.
LG
papu
 

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