Steriler Verbandswechsel

Jacaranda

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Heikles Thema:
In der Ausbildung lernen wir den Schülern den sterilen VW. Im Alltag sehen sie ihn nicht oft. Ich bin frustriert. Wie ist es denn nach der Ausbildung? Ich war Besucher und beobachtete einen VW und der wurde auch nicht steril durchgeführt. Lehren wir Utopie? Ist das überall Gang und Gäbe? Bitte ehrliche Antworten, gerne auch über PN.
 
Bist Du PA oder in der Schule tätig?

Ich behaupte mal, wir arbeiten bei uns nicht unsteril, insbesondere wenn wir bei der primären Wundversorgung sind. Die sekundäre Abdeckung ist häufig unsteril (s. Fixomull und Konsorten, Transparrentfolie manchmal steril), daher kommt es während des VW's irgendwann zum Übergang von steril auf unsteril.

Ohne Dir auf die Füße treten zu wollen: Utopie ist vielleicht etwas weit her geholt, aber ich habe auch schon erlebt, dass die schulischen Vorgaben etwas an der Realität vorbei gehen, z.T. sogar unverständlich waren (Wunde ist abgedeckt, Fixomull sollte mit steriler (!) Schere und Handschuhen (!) verarbeitet werden...

Was Deine Schüler nach der Ausbildung machen, kann meine Kristallkugel leider nicht sehen, aber wenn Du ihnen sinnvolle, nachvollziehbare Arbeitsschritte beigebracht hast, spricht doch nichts dagegen, dass sie aufbauend auf ihr Fachverständnis und Selbstbewußtsein auch hygienisch einwandfrei arbeiten.

DU hast es in der Hand, dass sich die nächste Generation alten Zöpfen gegenüber behaupten kann - was für eine schöne Tätigkeit! Da wäre ich alles andere als frustriert.


... was ich als Besucher alles erleben durfte, jetzt mal über VW's hinaus, ..... aber wir gucken auch anders und ich gehe davon aus, dass Ausnahmen die Regel bestätigen.
 
... dass die schulischen Vorgaben etwas an der Realität vorbei gehen, z.T. sogar unverständlich waren (Wunde ist abgedeckt, Fixomull sollte mit steriler (!) Schere und Handschuhen (!) verarbeitet werden...
Vielleicht sollten wir uns weniger an detaillierten Handlungsvorgaben = Standard festklammern sondern lieber mal schauen, wann kann was wie kontaminiert werden und wie verhindere ich das.

Dazu muss der Azubi net lernen, wann er wie welches Pflaster abschneiden muss sondern wie Keime übertragen werden, wie Deis wirkt usw.. Dem Azubi muss klar gemacht werden, dass viele Wege nach Rom führen- je nach vorhandenem Material und eigenen Fertigkeiten.

Elisabeth
 
Arbeite selbst als Praxisanleiterin und finde gesundes Mittelmaß richtig. Hygiene immer oberste Stelle, aber Realität (knappes Zeitfenster) nicht aus den Augen verlieren.
 
Ich empfehle dir das Kompetenzstufenmodell von Benner, das erklärt schön deine Beobachtungen. Es ist nunmal so, dass Krankenpflege ein extrem umfangreiches Handwerk ist. Am Anfang biste schon allein damit beschäftigt einzelne Handlungen korrekt hinzubekommen. Da ist dein ganzer Intellekt damit beschäftigt mit so einem Verbandswechsel.

Es ist durchaus normal, dass man sich auf seinen VErbandswechsel als Schüler so konzentriert, dass man vergisst den Patienten anzuschauen. Ist wie beim Autofahren, am Anfang lernt man erstmal jede einzelne Handlung, bis ins Detail und zum Abwinken, und mit dem Überblick übers große Ganze ist man erstmal überfordert.

Aber nur so geht der Weg. Wenn man mehr Erfahrung hat, kommen auch die manuellen Fähigkeiten. Es ist ein _Hand_werk, und dann kan man auch steril mit Non-Touch-Technik arbeiten ohne Pinzette und sterile Handschuhe. Z.B. wenn man nur nen Katheter macht, dann kann man auch mal die Desinfektion nur mit Stieltupfern machen und die Stieltupfer-Verpackung gleich als Desinfektionsmittelwanne nutzen. Man muss nur in wenigen Momenten wirklich steril sein. Man kann mit großem Geschick auch Kompressen an einer Seite öffnen und mit der anderen Verpackungsseite festhalten und so auf die Wunde legen. Die Fixierung der sterilen Wundauflage kann wieder unter möglichst aseptischen Bedingungen im unkontaminierten Zustand (desinfizierte Hände) erfolgen.

Das ist immer ne Abwägungsfrage und ne wirtschaftliche Frage. Bei großen Wunden und umfangreichen Verbänden kann es sich auch lohnen, sich nen sterilen Kittel anzuziehen und sich vorher nen richtigen Tisch zuzubereiten. Hab schon Patienten gehabt, da war ich stundenlang mit Verbandswechseln beschäftigt, und war man an der einen Seite fertig, waren sie auf der anderen Seite wieder durchgesuppt. Yuhu.
 
... Hygiene immer oberste Stelle, ...
Da dürfte der Knackpunkt liegen. F_M hat es schön beschrieben, wie viele Möglichkeiten es geben kann um die "Verhütung der Krankheiten und der Erhaltung, Förderung und Festigung der Gesundheit" zu erreichen.

*ketzerisch* Wäre es net sinnvoll anstatt der "Dressur" á la Standard den Azubi anhand der Grundlagenwissens selber Ideen entwickeln zu lassen, wie man zum Ziel kommt? Benner ist ja ganz nett- aber sie muss m.E. zu oft herhalten als Ausrede, warum unsere Azubis nur einen Weg nehmen dürfen. Der Anfänger ist für mich eine Person, die keinerlei Grundkenntnisse hat und deshalb eine konkrete Vorgabe braucht. Und wenn ich als PA tätig bin, dann ist es doch eigentlich meine Aufgabe, das entsprechende Hintergrundswissen zu vermitteln um den Azubi aus der Anfängerposition rauszubekommen.

*grübel* Wobei- was macht man dann mit den vielen schönen Standards in den vielen schönen Ordnern? Und was soll die Qualigruppe zukünftig machen, wenn man sogar den VW-Standard in Frage stellt? *duckundweg*

Elisabeth
 
Ich habe eine Herausforderung für dich Elisabeth, versuche mal einen Monat lang das Wort Standard und seine Synonyme nicht zu benutzen...


Zum Thema schließe ich mich einigen Aussagen an: Ich habe Wunden die steril behandelt werden müssen auch immer steril verbunden. Und so habe ich es auch jedem Schüler gelehrt und so wird das bei uns mWn auch generell gemacht.

Vielleicht musst du dich und deine Arbeitsweise mal hinterfragen, Jacaranda. Ist das wirklich OK was du da machst?
 
Wieso muss ich meine Arbeitsweise hinterfragen Maniac? Kennst Du meine Arbeitsweise?
Also wie Nordlicht sagt, ist das schon vernünftig! Die "sekundäre" Wundabdeckung wird bei uns auch nicht steril gemacht. Hygiene an oberster Stelle find ich auch gut. Und Elisabeth wir hoffen, dass die Schüler in drei Jahren lernen von dem einen Weg, den wir ihnen zeigen ganz individuell abweichen(in gewissen Grenzen). Da bin voll auf deiner Wellenlänge!
 
Du hast doch geschrieben, dass die Schüler selten sterile VWs sehen und fragst, ob ein sterile VW Utopie ist...
 
Ich weiß zwar immer noch nicht genau, was Du meinst, aber ich nehme wohl nicht an, dass ich die sterilen VW überdenken sollte?
Das Beispiel mit dem Besuch muss ich noch erläutern. Der alte Verband wurde mit Handschuhen abgenommen, der ganze Verband war voll Sekret(deswegen wurde er ja verbunden), dann wurde die Wunde nicht gesäubert und mit den gleichen Handschuhen neue Kompressen aufgelegt und befestigt.
 
Der alte Verband wurde mit Handschuhen abgenommen, der ganze Verband war voll Sekret(deswegen wurde er ja verbunden), dann wurde die Wunde nicht gesäubert und mit den gleichen Handschuhen neue Kompressen aufgelegt und befestigt.
Angenommen der Verband wurde zuletzt vor 3 Std gemacht, weil die Wunde einfach sxo stark sezerniert - dann muss ich die Wunde nicht schon wieder groß säubern, ich kann auch nur das aufnehmende Material erneuern.

Und auch ohne Handschuhwechsel, können die Kompressen steril geblieben sein.
 
Angenommen der Verband wurde zuletzt vor 3 Std gemacht, weil die Wunde einfach sxo stark sezerniert - dann muss ich die Wunde nicht schon wieder groß säubern, ich kann auch nur das aufnehmende Material erneuern.

Und auch ohne Handschuhwechsel, können die Kompressen steril geblieben sein.
Ist aber trotzdem nicht mehr korrekt. Nachdem ich mit den Handschuhen an dem alten Verband war und diesen entsorgt habe, bin ich kontaminiert. Bevor ich jetzt weiter mache, muss ich mir die Handschuh ausziehen und mir die Hände desinfizieren. Egal welche Tätigkeit als nächstes kommt. Da ist ihre Kritik schon zutreffend. Auch wenn ich an vielen Stellen russische Lösungen nutze, wie die "Stieltupfer im eigenen Sud", da kannste aus hygienischer Sicht keine Kompromisse machen.

EDIT: Das fällt eigentlich eher in den Themenbereich "Indikationen der hygienischen Händedesinfektion und Indikationen der Benutzung von Einmalhandschuhen", denn der Fehler war, nach Kontakt mit dem infektiösen Material "Verband" den Handschuh nicht zu entsorgen (weil er war nicht weiter notwendig) und sich nicht zu desinfizieren. Ob der eigentliche Verbandswechsel steril ablief, hat damit nichts zu tun.
 
Ich kann mich mit Maniacs Vorstellung nicht ganz identifizieren. Gibt es eine Begründung wegen den drei Stunden oder war das nur als Beispiel gedacht? Es war übrigens leider länger her und außerdem nachgewiesen eine infizierte Wunde, ich weiß nicht, ob das was ändert. Mein Hygienebewusstsein ist da etwas anders. Gewisse Grundsätze muss man schon einhalten auch, wenn oft die Zeit knapp ist. Sicher gibt es viele Methoden, die zum gleichen Ziel führen, da habe ich garnichts dagegen.
 
Ich würde immer der Situation angemessen arbeiten, ich würde aber nie die mir anvertrauten Pat. gefährden oder nicht angemessen behandeln, z.B. auch immer Info für den Pat. Z.B. Händedesinfektion wo angebracht, ...
 
War nur ein Beispiel für eine stark sezernierende Wunde...
 
.... Z.B. Händedesinfektion wo angebracht, ...
Ist die nicht immer angebracht wenn es um den VW geht.

Was ist denn nun ganz konkret essentiell bei einem VW? Sarum geht es ja hier.

Elisabeth
 
Ist die nicht immer angebracht wenn es um den VW geht.

Was ist denn nun ganz konkret essentiell bei einem VW? Sarum geht es ja hier.

Elisabeth

Immer nach Kontakt mit (potentiell) kontaminierten Material ist eine Händedesinfektion vorgeschrieben. Zum (potentiell) kontaminierten Material gehört natürlich der alte Verband. Das ist der Fehler der eindeutig aus der Beschreibung hervorgeht, ob ansonsten noch Fehler gemacht wurden, lässt sich anhand der Beschreibung der Situation nicht erkennen.

Unsterile Handschuhe sind nur dann nötig, wenn man mit absehbar mit kontaminierenden Flüssigkeiten in Kontakt kommt. Einen trocken sauberen Verband z.B. an nem ZVK darf ich auch ohne Handschuh abziehen. Wenn man Händedesinfektion machen muss, muss man die Handschuh eh ausziehen, und es gibt keinen Grund danach neue anzuziehen, wenn man nach non-touch-Technik arbeitet.
 
Händedesinfektion vor Pat.kontakt z.B. und nach Kontakt mit potentiell kontaminierten Material, wäre hier angebracht gewesen. Ich sehe es so wie Fleschor Max
 

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