.......Pflegekräfte sind ...........preiswerte Ja-Sager/innen.
Beobachtet mal die wenigen Momente auf Station,wenn ihr N E I N sagen müßt,was dann passiert.Die Gesichter werden ernst,der freundliche Gesichtsausdruck wird weichen.Die Patienten beginnen sich zu wundern und sind enttäuscht.Wie kann d i e bloß nein sagen,das geht doch gar nicht.....
Ich mache meinen Beruf gern,den habe ich mir ausgesucht,obwohl meine Bekannten und Freunde mir abgeraten haben.
Was mir schwer fällt-wir machen tagtäglich Spagat und Kopfstand .(Mehr und mehr tut mir davon der Kopf weh und der Magen rebelliert bald.)
Wenn ich Glück habe,dann kann ich die drei schwerkranken Patienten im Zimmer in einer Stunde waschen,anziehen,dabei aufmunternde Gespräche führen.Ich mache das gern,das nennt man an der Basis arbeiten,das kann ich noch.Wenn es nicht gut läuft,dann klingeln ununterbrochen die Klingeln und das Telefon.Dann muß ich für mindestens fünfmal aus dem Zimmer.Wasser wird kalt,Patient ist halb ausgezogen im Bett.Dann dauert es,bis ich wieder zurück bin.Dabei habe ich aber nochmals zwei solche Zimmer.
Ich habe oft das Gefühl,Ganzkörperwäsche wird immer mehr zur öffentlichen Zurschaustellung.Gerade,weil man dafür nicht mehr die nötige Zeit und Ruhe hat.Wenn außen unser Licht an der Tür zu sehen ist,können andere Berufsgruppen nicht warten,sie klopfen oft nicht einmal.......Auch Ärzte platzen herein.Es ist ein waschen zwischen Tür und Angel.
Es gibt in der Pflege so viel gute Möglichkeiten,den Patienten angemessen zu pflegen,aber was wir in letzter Zeit pflegen,das nenne ich nur noch Schmalspurpflege.Der Arzt reagiert nicht,wenn ich sage,da könnte man ein Hautkonsil einschalten.Nein,es wird ein XY draufgeschmiert,Hauptsache es ist preiswert.
Ich frage die anderen Kollegen ernsthaft,ob sie das noch lange mit ihrem Gewissen durchführen können!!!!
Gerade wenn man für die Patienten nach OP die nötige Zeit für Mobilisation haben sollte,wenn der Patient wackelig ist,wir dabeibleiben sollen und müssen.Auch als Thromboseprophylaxen zu sehen.Es bereitet mir Unbehagen,wenn die Patienten in den Betten verwahrt werden müssen.Natürlich sind noch Physiotherapeuten da,aber allerhöchstens zweimal pro Tag.
Gerade wenn man alle zwei Stunden lagern sollte,wo sind dann die Kollegen ?Sie sind beim Blut abnehmen,Infusionen anhängen,bei Röntgenbegleitung und in OP gegangen.Allein lagern,schön und gut,klappt nicht bei allen Patienten.Da komme ich mit Kinästhetik auch nicht weit.Da muß dann ein Patient immer länger warten.
Ältere Menschen müssen oft alle halbe Stunde auf den Topf oder auf den Nachtstuhl.Wenn sie den Drang haben,muß es schnell gehen,da sie den Urin nicht mehr so lange halten können.Ist in Ordnung.Doch wo bleiben die Kollegen ?Sie sind im Op,bei den Zugängen,im Röntgen ,bei Visite.Das Klingeln der Patienten dauert immer länger,bis endlich eine Pflegekraft kommt.Dann geht der Urin schon ins Bett.Soll ich bald Windeln verteilen ?Oder ist das moralisch verwerflich?
Mit den Medikamenten austeilen ist es das gleiche.Ich müßte mehr Zeit haben,wenn ich die nicht habe,die Pillen so beim Patienten abstelle ohne genau nachzuschauen,dann hat der Patient eventuell einen großen Schaden.Ich muß manchen auch direkt die Pillen in den Mund geben,da sie es nicht selbst können.
Ich definiere mich nicht nur als diejenige,die dem Arzt zuarbeitet,sagt wo es langgeht auf Station.Ich erwarte vom Arzt,daß er sagt,was Sache ist,welches Medikament in welcher Dosis und nicht umgekehrt.Da fragen neue Kolleginnen,sie bekommen aber keine Antwort,sondern werden gefragt,was sie denn meistens so an Medikamenten geben.Da erwarte ich vom Arzt auch,daß er mal eher eine Patientenverlegung einleitet und nicht wartet,bis wir ihn darauf ansprechen.Ich erwarte vom Arzt,daß er Erstinfusionen anstandslos anhängt und nicht sagt,hängen sie das an.
Da haben wir Fortbildungen,Fachzeitschriften ,Vorträge in Perfektion etc.,was aber täglich für die Patienten übrig bleibt,das ist schnelle Abfertigung mit Dauerlächeln.So nach dem Motto: Es läuft doch ganz gut !
Läuft es wirklich noch gut ?
*Glücklich wäre ich nur,wenn wir ein Drittel mehr Mitarbeiter hätten.Schwangere dürfen keine Betten schieben,kein Blut abnehmen,kein Redon wechseln,nicht in die Isolierzimmer etc.Oder gibt es bei den anderen Abteilungen keine Schwangeren ?
*Glücklich ware ich,wenn die vielen Zuwendungen mehr als nur eine Minute dauern könnten.Wenn ich noch etwas mehr als Phrasen sagen könnte,etwas mehr persönlicher eingehen könnte.
*Glücklich wäre ich,wenn ich nicht jeden Monat die lästige Rechenschaft vor der PDL ablegen müßte,warum bei den Kollegen hier und dort die Überstunden anfallen.Ist es denn so schön,dauernd ÜS zu machen?Besonders auch abends bis 23 Uhr.
*Glücklich wäre ich,wenn die Pflege mehr Anerkennung und Bezahlung erfahren würde,nicht nur als Lippenbekenntnisse von Politikern in der Presse lesen müßte...was in den nächsten Jahren an Mitarbeiterzuwachs und an höherem Lohn angedacht ist.
*Glücklich wäre ich,wenn ein Hol -und Bringedienst die Patienten fahren könnte,OP,Röntgen etc..
*Glücklich wäre ich,wenn ich mit den Kollegen etwas mehr Spielraum hätte.Damit meine ich etwas mehr Eigenbestimmung.Die Fremdbestimmung von OP ,Intensivstation,Amulanznotaufnahmen nimmt ja überhand.Die Ärzte kommen und machen Visite,egal,ob ich noch mitten in der Körperpflege bin,die warten nicht.
Die Leitungsaufgaben die werden als selbstverständlich gesehen. Soll man so nebenbei machen ?Dienstpläne aus dem Ärmel zaubern,noch möglichst mit den Wunschplänen der Mitarbeiter berücksichtigt.Es gibt dann tatsächlich immer noch Mitarbeiter,die sauer sind,wenn ein Tag fest für Stations-Organisation eingeplant ist.Warum ich nicht mal schnell mithelfe ?
Wenn ihr es so sehen wollt,dann bin ich der Animateur und Tröster,die Waschmaschine, das Klo,die wandelnde Apotheke etc,aber das klingt nicht unbedingt nett.Die Patienten freuen sich,wenn wir lächelnd ins Zimmer kommen,wenn wir das schaffen,vielleicht geht für manche ja die Sonne dabei auf......
LG
Melisande