Pflegekammer - kommt sie doch?

Elisabeth Dinse

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Krankenschwester, Fachkrankenschwester A/I, Praxisbegleiter Basale Stimulation
Akt. Einsatzbereich
Intensivüberwachung
Es scheint sich was zu bewegen im berufspolitischen Wald. Eine neue Studie wurde in Auftrag gegeben. Auf der Seite des DPR ist u.a. nachzulesen:

„Die Einrichtung von Vorrang- und Vorbehaltsaufgaben für die Pflegeberufe in bestimmten, klar definierten Bereichen ist verfassungsrechtlich zulässig. Insbesondere wird die Berufsfreiheit der Ärzte dadurch nicht verletzt“, heißt es im Gutachten von Professor Igl. Welche Tätigkeiten im Einzelnen als Vorrang- und Vorbehaltsaufgaben zu definieren sind, das richte sich nach der Qualifikation auf heilkundlichem Gebiet beziehungsweise nach dem „Qualifikationsvorsprung, der sich bei heilkundlichen Tätigkeiten gegenüber der ärztlichen Ausbildung ergibt“.
Und wie steht es mit der Umsetzung vorbehaltener Aufgaben? Kein
Problem, meint Igl. „Der Bundesgesetzgeber hat für die Alten- und Krankenpflegeberufe die Möglichkeit, im Altenpflegegesetz und im Krankenpflegegesetz entsprechende vorbehaltene Tätigkeiten einzuräumen. Die Konkretisierung sollte einer Rechtsvorschrift vorbehalten sein.
DPR Newsletter November 2008 ab S.2
Und schon fühlen sich die Gegner bedrängt und sind sich nicht zu schade, sich anzubiedern,,, auch wenn sie sonst Pflegekräfte eher als nicht ernst zu nehmendes Hilfspersonal ansehen.
Folgender Inhalt einer Newsmail flatterte dazu in meinen Briefkasten.

„Thema Pflegekammer enttabuisiert“ (?) oder: Droht die Zwangsmitgliedschaft den Pflegenden?

Der Geschäftsführer des Deutschen Pflegeverbandes (DPV), Rolf Höfert, sagte, mit Erscheinen des Igl-Gutachtens sei das Thema Pflegekammer „enttabuisiert“ worden. „Igl hat eindrucksvoll dargelegt, dass das verfassungsrechtlich machbar ist.“

Ob mit der Präsentation des Rechtsgutachtens von Igl über "Weitere öffentlich-rechtliche Regulierung der Pflegeberufe und ihrer Tätigkeit - Voraussetzungen und Anforderungen" (2008) das Thema über die Notwendigkeit und die Errichtung von Pflegekammern „enttabuisiert“ worden sei, steht nach wie vor zu bezweifeln an so wie die Einschätzung, dass die Formulierung von „Vorbehaltsaufgaben“ längst überfällig sei.

Der (vermeintliche) Vorteil (?) einer Verkammerung liegt zunächst in der damit verbundenen Zwangsmitgliedschaft, so dass auf diesem Wege Mitglieder zwangsrekrutiert werden können.

Ob dies von den Pflegenden tatsächlich gewollt ist, ist eine offene Frage. Zu fragen aber ist, ob das, was berufspolitisch wünschenswert sein mag, auch tatsächlich verfassungsrechtlich möglich und vor allem zwingend ist.

Spannende Fragen, die einer Klärung und weiteren Diskussion bedürfen.

http://www.iqb-info.de/Thema_Pflegekammer_enttabuisiert_Zwangsmitgliedschaft_Lutz_Barth_2008.pdf
Ich will mich weder von der einen Seite (mediziner) noch von der anderen Seite (selbsternannte experten) bevormunden lassen. Ich will endlich, dass meine Arbeit ernst genommen wird und öffentlich nicht nur reduziert wird auf Ausführung von Anordnungen. Und dafür bin ich zu einer Pflicht-(nicht zu einer Zwangs!!!-)mitgliedschaft bereit. Denn die nutzt mir und meinem Berufsstand.

Elisabeth
 
Hallo Elizabeth!:mrgreen:
Es wuerde auch mal Zeit das sich was in Deutschland bewegt und die Pflege ernst genommen wird.
Ich hoffe nur das das jetzt nicht wieder nur irgendeine Studie ist die in einer Schublade verstaubt.
Aussie
 
Hallo,
wenn das ganze wie bei den anderen Kammern (egal ob Ärztekammer oder Handwerkskammer - kenne beides), dann kann ich gut und gerne auf eine Pflegekammer verzichten - den meisten Kammern geht's doch hauptsächlich darum möglichst viel Beiträge von ihren Zwangsmitgliedern abzuzocken, aber wenig dafür zu tun.
Gruß
 
Hallo,
wenn das ganze wie bei den anderen Kammern (egal ob Ärztekammer oder Handwerkskammer - kenne beides), dann kann ich gut und gerne auf eine Pflegekammer verzichten - den meisten Kammern geht's doch hauptsächlich darum möglichst viel Beiträge von ihren Zwangsmitgliedern abzuzocken, aber wenig dafür zu tun.
Gruß

So sehen das die meissten unserer Ärzte leider(?) auch.
 
So sehen das die meissten unserer Ärzte leider(?) auch.

Vielleicht haben sich die Ärzte schon so an die positiven Aspekte der Standesvertretung gewöhnt, dass sie diese gar nicht mehr bewusst wahrnehmen???

Wer wird es wagen, die Kompetenz der Ärzte anzugreifen? Sie sind stets abgesichert in ihren Forderungen nach Festschreibung bestimmter Aufgaben. Die Kammer legitimiert sie sozusagen und sorgt für den Ausschluss ungeliebter Konkurenz.

Der Handwerkermesiter mag das Geld nicht zahlen für die Kammer, nimmt aber gerne in Kauf, dass die Kammer sein Monopol auf bestimmte Tätigkeiten garantiert und es Konkurenten schwer macht.

Der Nutzer der Leistung kann sich darauf verlassen, dass die Leistung fachgerecht erbracht wird und das kein unqualifizierter Mensch die Leistung erbringt.

Nichts ist im Leben umsonst. Das das Vorhaben Pflegekammer finanzielle Konsequenzen hat für jedes Pflichtmitglied dürfte außer Frage stehen. Jeder Verein nimmt Beiträge.

Pflege nagt notorisch am Hungertuch. Unterbezahlt (keine Frage für die erbrachte Pflegeleistung) ist sie aber auch nicht bereit Geld zu investieren um die Situation sinnvoll zu beenden und eine Verbesserung der eigen Situation zu erreichen.

Elisabeth
 
@Elisabeth
Das ist unbestritten richtig.
 
Hallo,

zu diesen Vorbehaltsaufgaben habe ich dann mal eine Frage. Angenommen, es gäbe Vorbehaltsaufgaben für die Pflege. Ist es nicht trotzdem so, daß diese im Krankenhaus durch den zuständigen Facharzt, also der fach-ärztlichen Bereichsleitung, angeordnet werden müssten? Beispielsweise gibt es ja in psychiatrischen Krankenhäusern auch psychologische Psychotherapeuten. Psychotherapie darf ja auch nur von diesen, oder von Fachärzten für Psychiatrie und Psychotherapie, ausgeübt werden. Dennoch hat, wegen des Facharztstandards in Kliniken, der leitende Facharzt die Verantwortung und muß diese Psychotherapie theoretisch anordnen. Somit sind diese Psychologen sozusagenweisungsabhängig, mit der Pflege wäre es dann ja auch so und eswürde sich im Grunde nichts ändern? :gruebel:

LG Marion
 
Hallo,

zu diesen Vorbehaltsaufgaben habe ich dann mal eine Frage. Angenommen, es gäbe Vorbehaltsaufgaben für die Pflege. Ist es nicht trotzdem so, daß diese im Krankenhaus durch den zuständigen Facharzt, also der fach-ärztlichen Bereichsleitung, angeordnet werden müssten? Beispielsweise gibt es ja in psychiatrischen Krankenhäusern auch psychologische Psychotherapeuten. Psychotherapie darf ja auch nur von diesen, oder von Fachärzten für Psychiatrie und Psychotherapie, ausgeübt werden. Dennoch hat, wegen des Facharztstandards in Kliniken, der leitende Facharzt die Verantwortung und muß diese Psychotherapie theoretisch anordnen. Somit sind diese Psychologen sozusagenweisungsabhängig, mit der Pflege wäre es dann ja auch so und eswürde sich im Grunde nichts ändern? :gruebel:


LG Marion

Das käme eben auf die Rechtsgrundlage an.

Ich könnte mir vorstellen, dass die Pflege ihren eigenen Zuständigkeitsbereiche für Verordnungen erhält und z.B. Pflegehilfsmittel, Inkontinenz- oder Verbandsmaterial selbstständig verordnen kann. Unter anderem.
 
M.E.n. ein Weg in Richtung Profession der Pflege. Ich würde freiwillig beitreten... kann mir die Pflege trotzdem noch nicht als Profession vorstellen oO
 
Es geht primär nicht um das Verordnen dürfen. Es geht darum, dass bestimmte pflegerische Aufgaben nur nach einer entsprechenden Ausbildung erfüllt werden dürfen. Derzeit ist es so, dass jeder angelernt werden kann in jedem Bereich. Stichwort: Fachkraftquote

Mit zunehmend mehr Bedarf an Pflege infolge demographischer Veränderung wird immer mehr die Finanzierung ein Regulierungsmittel in der Personalausstattung sein. Da sollten wir Pflegekräfte selbst aktiv werden und vorgeben, wer wann was tun sollte mit welcher Aus- und Weiterbildung. Wie soll zukünftig der Personalmix aussehen?

Elisabeth
 
Hallo,

genau da sehe ich eine riesige Chance für die gesamte Berufsgruppe.
Ein Krankehaus wäre dann verpflichtet, ein Zahl x an Pflegekräften einzustellen, und erst darüber hinaus Helfer!
Somit sind Helfer "zusätzlich zu " und nicht "anstelle von" einer GuKP auf Station.
Dann könnte jede SL dem GF sagen: Wir brauchen noch x Personen....stell Sie ein oder mach das Haus zu.

Das eine festgelegte Quote nützlich ist, sehe ich jetzt in der Schule...Hessen schreibt eine Quote der hauptamtlichen Lehrkräfte /Schüler von 1:15 vor.

Das bedeutet, dass die GF nicht einfach Sparmaßnahmen durchdrücken kann...nach dem Motto "Ihr schafft das auch mit einer Person weniger".
Dieses würde die staatliche Zulassung der Ausbildungsstelle in Frage stellen.


Wäre das nicht schön, wenn das im KH auch so wäre?
Keine überbelegten Stationen mehr...Zustellbetten nur, wenn dafür zusätzliche Pflegekräfte eingestellt werden???!!!
 
Es würde möglich sein- nicht x Fachkräfte um der Fachkräfte einzustellen, sondern ganz gezielt. Könnte bedeuten Station A braucht wegen der zu erbringenden Leistungen mehr Fachkräfte als Station B.

Ich will hier nicht verschweigen, dass wir mit dem System zukünftig nicht alle 1,2 Mill. Fachkräfte in ihrer jetzigen Position werden halten können. Nicht jede Leistung, die derzeit von Fachkräften erbracht wird muss auch von Fachkräften erbracht werden.

Die finanziellen Aspekte werden aber zum Handeln zwingen. Wollen wir wieder fremdbestimmt uns vorschreiben lassen, was Fachkräfte zu leisten haben oder wollen wir endlich Verantwortung übernehmen und uns aktiv an den Veränderungen beteiligen? Pflegedienstleitungen sind derzeit ´zu Verwaltern des Mangels degradiert. Sie haben keinerlei Möglichkeiten sich stark zu machen und ihnen fehlen rechtlich abgesicherte Argumente.

Elisabeth
 
Es geht darum, dass bestimmte pflegerische Aufgaben nur nach einer entsprechenden Ausbildung erfüllt werden dürfen. Derzeit ist es so, dass jeder angelernt werden kann in jedem Bereich. Stichwort: Fachkraftquote
Aber was ändert das denn. Momemtan ist es ja auch so, daß Ärzte Tätigkeiten delegieren dürfen, wenn sie sich überzeugt haben, daß diese entsprechend ausgeführt werden (beispielsweise besonders auf Intensivstationen). Ärzte sollen mpöglichst durch kostengünstigeres pflegerisches Fachpersonal ersetzt werden. In der Pflege wäre (und ist) es mit oder ohne Vorbehaltsaufgaben sicher ähnlich, diese würden dann die Tätigkeiten delegieren.
In der Psychiatrie gilt die Psychiatriepersonalverordnung, womit je nach Pflegebedürftigkeit, bzw. Behandlungs- und Betreuungsbedürftigkeit des Klientels eine bestimmte Menge an Pflegekräften vorgeschrieben wird. Dennoch wird diese Psych-PV meist nicht erfüllt.

Also, was würde sich effektiv ändern?

(Übrigens bin ich auch registriert und für eine Pflegekammer, denn die Hoffnung stirbt zuletzt)

LG Marion
 
Der Arzt achtet schon darauf, dass er keine seiner Primäraufgaben (Diagnostik ansetzen und Therapie veranlassen) abgibt. Derzeit werden Sekundär- und Tertiäraufgaben delegiert.

Da Pflegekräfte ihre Primäraufgaben kaum wahrnehmen ist es derzeit ein leichtes Pflegekräfte in deren Sekundär- und Tertiäraufgaben durch Hilfskräfte zu ersetzen. Damit wird zeitl. Platz für die Delegationsaufgaben der Ärzte. Aber wollen wir Medizinische Fachangestellet werden?

Primäraufgaben Ärzte
Diagnostik ansetzen und Therapie veranlassen
operative Eingriffe
schwierige Injektionen,
ärztliche Beratungen des Patienten (z. B. vor einem Eingriff u. a. auch die Patientenaufklärung)

Sekundäraufgaben Ärzte
Routineaufgaben wie: BE, Infusionen, Injektionen, Verbände usw.

Tertiäraufgaben Ärzte
"Schreibkram", Büroarbeit

Primäraufgaben Pflege
Erfassung und Planung von gravierenden Patientenproblemen
Pflegediagnostik: Umfangreichen Erfassung der Ausgangssituation des
Patienten
Pflegetherapie: Differenzierten Planung abgestimmt nach vorgefundenen Situativen Problematik (Pflegediagnose)
Verlaufsbegutachtung/
Evaluation
Differenzierte und umfangreiche Dokumentation

Sekundäraufgaben Pflege
Pflegemaßnahmen nach Planung durchführen, Pflegedokumentation

Tertiäraufgaben Pflege
Hauswirtschaft (Staub wischen)
Logistik (Materialverwaltung)
Organisation (Terminvereinbarungen, Aktenpflege)

Dummerweise sind wir für unsere Primärtätigkeiten nur unzureichend ausgebildet. Pflegeprozesshaftes Denken wird nicht vermittelt bzw. von den Azubis als nutzloses Denken abgetan.

Elisabeth
 
Hallo Elisabeth,

dass liest sich gut, wo hast Du´s denn her zitiert?

LG Marion
 
Pflegeprozesshaftes Denken wird nicht vermittelt bzw. von den Azubis als nutzloses Denken abgetan.
Elisabeth

Ich denke mal, weil sie sehen, wie wenig davon in der Praxis umgestzt wird, und dass selbst Kollegen dann komisch kucken, nach dem Motto: "Wir müssen hier erstmal mit unserer "normalen" Arbeit fertig werden" oder "Die/der will sich nur hervortun"... (wie bei allem, was nicht schon "wie immer" gemacht wird!)

Ich glaube aber, die Professionalisierung der Pflege und die Übernahme von "ärztlichen" Tätigkeiten müssen sich nicht ausschließen. Da ist sehr viel Machtkampf und mangelnde Anerkennung dabei. Man nimmt für den Arzt Blut ab - und was tut der für mich?
 
Ich denke mal, weil sie sehen, wie wenig davon in der Praxis umgestzt wird, und dass selbst Kollegen dann komisch kucken, nach dem Motto: "Wir müssen hier erstmal mit unserer "normalen" Arbeit fertig werden" oder "Die/der will sich nur hervortun"... (wie bei allem, was nicht schon "wie immer" gemacht wird!)

Du bringst es auf den Punkt. Für Pflege sind eigene Primäraufgaben eher hinderlich- Hauptsache Handeln... ggf. nach Ansage fremder Berufsgruppen.

Brauchen wir dann eine Pflegekammer?

Elisabeth
 
Beispielsweise gibt es ja in psychiatrischen Krankenhäusern auch psychologische Psychotherapeuten. Psychotherapie darf ja auch nur von diesen, oder von Fachärzten für Psychiatrie und Psychotherapie, ausgeübt werden. Dennoch hat, wegen des Facharztstandards in Kliniken, der leitende Facharzt die Verantwortung und muß diese Psychotherapie theoretisch anordnen. Somit sind diese Psychologen sozusagenweisungsabhängig, mit der Pflege wäre es dann ja auch so und eswürde sich im Grunde nichts ändern? :gruebel:

Ist das tatsächlich so? Kann ich mir schwer vorstellen! Wenn jemand einen Psychologen in seiner Praxis aussucht braucht er dafür keine ärztliche Verordnung (wo sollte auch der Sinn bestehen, denn der Psychologe übt keine Medizin aus), darüberhinaus liesse sich das mit dem beruflichen Selbstverständnis der Psychologen nicht vereinbaren, ich kann mir nicht vorstellen, dass dies in einem Krankenhaus anders sein sollte (lasse mich aber eines besseren belehren...)

Bei de Pflege ist dies anders. Pflege übernimmt auch medizinische Aufgaben, erfüllte also eine ärztliche Therapie, Pflege wird in diesem Punkt immer unselbstständig und fremdbestimmt bleiben, es sein denn, sie eignet sich selber die Kompetenzen an, um die Aufgaben eigenständig anordnen zu dürfen ( bis auf Ausnahmen nicht realisierbar, da dies einem Medizinstudium gleichkommen würde) oder sie verzichtet auf medizinische Handlungen, was sicherlich ebensowenig realisierbar ist.

Gruss Hartwig
 

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