Dürfen sie noch daran gehindert werden, ihrem Bestreben nachzugehen?
Stell dir mal die Frage, was du ganz konkret tust, um jemanden am Suizid zu hindern. Führst du Gespräche? Dann hast du den Patienten nicht direkt daran gehindert. Du hast ihn dazu gebracht, sich zumindest zeitweise anders zu entscheiden. Diese Art des "Hinderns" ist also definitiv erlaubt.
Was rechtlich wesentlich schwieriger ist, ist die Frage nach Reanimation oder sonstigen Maßnahmen, die das Ziel haben, das Eintreten des Todes nach einem Suizidversuch zu verhindern (Magenspülung, medikamentöse Therapie oder auch weitergehende Maßnahmen wie intensivmedizinische Behandlung, ggf. Entlastungskraniektomie nach SHT...). Du hast keine gültige Patientenverfügung vorliegen. Du weißt, dass es sich um einen Suizidversuch handelt, aber du weißt nicht, ob der Betroffene seine Meinung nicht vielleicht doch noch geändert hat (aber eben selber nichts mehr tun konnte). Was machst du? Reanimation ja oder nein? Mein persönliches Empfinden wäre immer, dass man grundsätzlich reanimiert, sofern keine ganz sicher rechtsgültige Patientenverfügung mit DNR vorliegt.Viele Patienten, die nach Suizidversuchen gerettet wurden, waren nachher sehr dankbar dafür. Aber wie die Rechtslage diesbezüglich ist, kann ich dir leider auch nicht genau sagen.
Wichtig ist aber in jedem Fall der Hintergrund des Suizid(versuch)s. Wenn wir von suizidalen Patienten sprechen, sprechen wir i.d.R. von psychisch erkrankten Patienten. Suizidalität ist kein komplett eigenständiges Krankheitsbild. Sie wird im ICD-10-Katalog verschlüsselt mit R45.8: "Sonstige Symptome, die die Stimmung betreffen", wenn sie "isoliert" auftritt (wobei ein vollständig isoliertes Auftreten eher selten ist). Ansonsten tritt sie meist als Symptom von Depressionen, Persönlichkeitsstörungen oder Anpassungssstörungen auf. Im DSM-5 wird von einer suizidalen Verhaltensstörung gesprochen und klare Kriterien dafür benannt. Und wenn es um psychisch erkrankte Patienten geht, greift im Extremfall das PsychKG, das psychiatrisch erkrankte Patienten mit Selbstgefährdung vor sich selbst schützt.
Diese Patienten sind abzugrenzen von Menschen, die ohne psychische Erkrankung und nicht aus einem Affekt heraus den Wunsch haben, ihr Leben zu beenden. Und letztere Personengruppe ist die, um die es i.d.R. geht, wenn wir von Menschen mit Selbsttötungsabsicht sprechen, die Hilfe zur Selbsttötung in Anspruch nehmen wollen. Hier spielen i.d.R. (Ausnahmen bestätigen die Regel) andere Motive eine Rolle, z.B. Lebensmüdigkeit bei hohem Alter, schwere Erkrankung...