Hier mal ein Auszug aus meiner Diplomarbeit, in welcher ich ein Unterrichtskozept auf Basis des Selbstgesetuerten Lernens konzipiert habe:
Ein didaktisches Prinzip der konstruktivistischen Pädagogik ist das Konzept des selbstgesteuerten Lernens. Hierbei tritt die Vorstellung des Lehrens zugunsten des Lernens in den Hintergrund, wobei es jedoch im Bezug auf den Grad der Selbststeuerung verschiedenen Akzentuierungen gibt (Gudjons, 2006, S. 36), da Lernen immer auf einem Kontinuum mit den Polen der vollkommenen Autonomie und der vollkommenen Fremdsteuerung geschieht (ebd., S. 31). Lernen ist grundsätzlich in Anteilen immer sowohl fremd - als auch selbstgesteuert, wobei der Begriff der Selbstteuerung intendiert, dass der „Lernende mehr oder weniger Initiator und Verantwortlicher seiner Lerntätigkeiten ist und in dem für ihn passenden Maße Unterstützung und Hilfe erfahren und heranziehen kann“ (Konrad &Traub, 1999, S. 12 ff.). Lernpsychologisch setzt selbstgesteuertes Lernen daher die Vereinbarkeit von Instruktion seitens der Lehrkraft und Konstruktion seitens der Lernenden voraus.
Im Berufsbildungsbericht des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF, 1998, S. 8) wird das selbstgesteuerte Lernen als Schlüssel zur Bewältigung der im Beruf wachsenden Lernbedürfnisse betrachtet, da dieses die Selbstbestimmung fördert und aufgrund der Anwendung auf konkrete Situationen und auf der eigenen Erfahrung basierend als nachhaltig gilt.
Auch die PISA - Studie 2000 erfasst selbstregulatorische Fähigkeiten bei Schülern. Aus den Ergebnissen der Studie eine Korrelation zwischen selbstregulatorischen Fähigkeiten und guten Leistungen hervor (OECD, 2003, S. 81). Darüber hinaus wird angenommen, dass die wirksame Selbststeuerung des Lernens zu einer gleich bleibenden Lernmotivation sowie dem Wunsch nach kooperierenden Lernstilen führt (ebd., S. 80). Die Verfasserin geht daher von einer Eignung dieses methodischen Vorgehens zur Förderung von Aktivitäts- und Umsetzungsorientierten Kompetenzen (2.2) aus, welche langfristig eine entscheidende Grundlage zur Anbahnung von Bewegungskompetenz (1.1; 2.2) bilden.
Selbstgesteuertes Lernen bedarf der Förderung und Anleitung. Schlutz (1999) betont „Es scheint viel Fremdorganisation nötig, damit Selbstorganisation angebahnt und erfolgreiche Selbststeuerung unterstützt werden können“ (Schlutz, 1999, S. 19).
Zur Förderung der Selbststeuerung betonen Friedrich & Mandl (1997, S 259) die Gestaltung der Lernumgebung, in welcher das Lehren der Unterstützung der Eigenaktivität dient. Die Lernumgebung soll daher authentische, komplexe und realitätsnahe Lernprobleme stellen, die Verknüpfung von Wissen und Handeln unterstützen, die Kooperation zwischen den Lernenden aktivieren und den Transfer des Gelernten anbahnen. Dieses wird nach Gudjons (2006, S. 33) gefördert durch eine offene Unterrichtsstruktur, in welcher der Stoff flacher gegliedert und der Zeitrahmen flexibler gestaltet ist. Heid (1996, S. 162) betont im Hinblick auf den Begriff des offenen Unterrichtes jedoch, dass dieses lediglich eine „selektive Zubilligung“ an den Lernenden darstellen kann, der Lehrer letztendlich aber immer die Gesamtverantwortung für den Unterrichtsprozess trägt.
Von entscheidender Bedeutung sind Metakognitive Strategien, welche zum einen das Wissen über die eigenen Fähigkeiten, Schwächen sowie das Lernverhalten und zum andern die exekutiven Prozesse der Planung, Überwachung und Regulierung beinhalten (Kilian, n.d., S. 5; Gudjons, 2003, S. 7). Zur Planung und Überwachung des eigenen Lernprozesses über einen längeren Zeitraum, sowie zur Ausbildung der Metakognitiven Strategien, eignet sich das Führen eines Lerntagebuches, welches eine kontinuierliche Dokumentation der individuellen Lerngeschichte sowie die Reflexion von Lernprozessen erlaubt (Kilian, n.d, S. 8).
Bezüglich der Unterrichtsmethodik zur Anbahnung grundlegender Fähigkeiten zur Selbststeuerung sind nach Gudjons besonders die Freiarbeit sowie die Freie Forscherzeit geeignet (2006, S. 36). Die Freiarbeit beinhaltet anfangs eine begrenzte Wahlmöglichkeit an Themen und wird zunehmend offener in dieser Wahlmöglichkeit sowie der Auswahl an Arbeits -, Lern - und Handlungsformen. Im Anschluss hieran werden die Ergebnisse im Plenum vorgestellt. Kombinierbar ist dieses mit der Form des Lernens durch Lehren (ebd., S. 35), indem sich die Auszubildenden gegenseitig unterrichten und gleichzeitig auch Fähigkeiten anbahnen, um z.B. im beruflichen Kontext Patienten und deren Angehörige zu beraten oder anzuleiten (3.1.2) Die Freie Forscherzeit geht noch über dieses hinaus und bietet den Auszubildenden den Freiraum, völlig selbständig deren Interessen forschend nach zu gehen. Hierzu müssen vorab allerdings Grundlagen zur Fähigkeit der Selbststeuerung durch die Lehrkraft gelegt worden sein.