Ausbildung zur Kikra 1976-79
Voraussetzungen: guter bis sehr guter Abschluss der 10.Klasse der POS (=mittlere Reife). In unserem Jahrgang gab es keinen mit einem 3er Abschluss.
Ausbildungsort: Medizinische Fachschule an einer Uniklinik
Ausbildungsablauf: erste 4 Wochen nur "Theorie". Es wurden Grundhandgriffe vermittelt: Windelpackungen legen (es gab keine Pampers und auch keine "Gummihosen"), Betten richten (mit Bettlaken in "Briefumschlag"form an Kopf und Fußende), wickeln, Fieber messen, Nahrung reichen, hygienische Grundmaßnahmen usw.. Dann der erste praktische Einsatz (?) von 14 Tagen.
Danach gings die ersten 4 Semester immer im Wechsel: 4 Wochen Theorie- 4 Wochen Praxis.
In den Praxiswochen gab es einen Theorietag- berufspraktischer Unterricht- pro Woche. Die praktischen Einsätze erfolgten fast ausschließlich in der Kinderklinik- pro Station war man ca. 6-8 Wochen. der Außeneinsatz erfolgte auf der Wochenstation inklusive 5 Tage Kreißsaal.
Theoriefächer an die ich mich erinnere: Anatomie/Physiologie, Allgemeine Pathologie, Mikrobiologie, Pädiatrie, Infektionslehre, Medizintechnik, Ernährungslehre, Arzneimittellehre, Psychologie, Neurologie/Psychiatrie, Gynäkologie, Chirurgie, Med.Schutz/Erste Hilfe, Materialismus/Leninismus, Russisch... . Med.Schutz/ Erste Hilfe wurde auch praktisch vermittelt. Man fuhr für 5 Tage in ein Lager und trainierte den E-Fall (Verletzte retten und erstversorgen).
Ab dem 5. Semester war man fast nur noch in der Praxis. Der Berufspraktische Unterricht fiel weg. Es gab noch einen theoretischen Block. Im 6. Semester wurde man auf der Prüfunfsstation eingesetzt. Hier absolvierte man auch seinen ersten Nachtdienst... alleine.
In der praktischen Prüfung musste man ein Kind komplett alleine versorgen. Danach gab es ein Arztgespräch in dem man das Krankheitsbild des Kindes erklären musste.
Theorieabschlüsse gab es in Anatomie/Physiologie (mündl. Prüfung),...??? An die Gyn-Klausur kann ich mich noch erinnern. Ich hatte eine 1. Es gab nur ein Problem: ich hatte zuwenig Anwesenheitsstunden. Das Problem wurde vom Referent gelöst: er hat die Zensur als wichtiger als Anwesenheitstunden erklärt.
Zum Putzen: man machte im 1. Ausbildungsjahr sein "Scheuerexamen"- meint man hat viel und intensiv geputzt. Wohlgemerkt: viel- nicht ausschließlich. Es hat übrigens nicht geschadet. Man hat Achtung vor der Arbeit der Putzfrauen erworben.
Woran erinnere ich mich noch? Wir hatten insgesamt 3 Klassenbabys. Alle Muttis haben zum Termin abgeschlossen.
Es wurde damals bereits in Bereichspflege gearbeitet. Man war mit einer Fachkraft für 8 Kinder zuständig- ab 4 Semester auch mal alleine.
Kleidung: weiße Kittel wurden gestellt- Länge: eine Handbreit über Knie endend (manche Hände waren riesengroß *ggg*). Farbige Kittel musste man sich selbst besorgen.
Hauben: in der Ausbildung gab es Kastenhauben. Die Kennzeichnung wurde ja schon beschrieben. Die 7- Falten- Haube haben wir mit dem Examen bekommen. Was war ich stolz darauf. Ich hab sie noch lange getragen.
In der Erinnerung verklären sich zwar viele Tatsachen. Trotzdem: ich fand meine Ausbildung gut. Sie war ehrlich: man lernte ein Handwerk- nicht mehr und nicht weniger. Und es wurden die Dressurleistungen und das spezielle Hintergrundwissen abgeprüft.
Das pflegerische Fachwissen war überschaubar. Das heutzutage verfügbare Wissen sprengt eigentlich die Möglichkeiten der dreijährigen Ausbildung. Und so wird weiter dieselbe Praxis vermittelt wie vor 30 Jahren garniert mit pflegerischem und medizinischem Halbwissen. Und in dem Moment wo die Praxis reduziert wird zugunsten des theoretischen Halbwissens wird auch aus dem praktischen Wissen nur noch ein Halbwissen.
Elisabeth