Fußbad bei Wunden?

Die Jette

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Hallo @ all,
Hat jemand Literaturhinweise, wissentschaftliche Berichte zu dem Thema Fußbäder bei Wunden?
Mich grauselst 8O immer, wenn ich ein Fußbad beim Patienten machen soll.
Auch wenn PVP-Jod-Präparate angewendet werden, stelle ich mir vor, wie die ganzen Keime da im Wasser herumwuseln. Werden da wirklich alle Keime abgetötet, oder verteile ich die "Kollegen" nur auf die umliegenden Hautareale? Auch schön, dass die Wundränder aufweichen!
Zudem kommt noch hinzu, dass, wenn es um das Mischungsverhältnis von Wasser und PVP-Jod-Präparate geht, keiner eine genaue Auskunft geben kann.
Laßt hören, wie Eure Meinung ist.

Die Jette
 
Hallo Elisabeth,
hier ging es um den Fuß eines Pat. auf der Gefäßstation.
Z.n. Ulcera, Debridement, einlegen einer Lasche (Wunde ist tiefer, zum Ableiten von Sekret).
Tja, die lieben Ärzte:?:. Es gibt wenige, die eine FB im Wundmanagment haben.
Sinn des Fußbades soll das Spülen sein. Wobei nach dem Fußbad mit anderem Wundantiseptika nochmal (manuell)gespült wurde. Irgendwie doppelgemoppelt.
Kennst Du die Situation, wenn Du gegen die AO was sagst?
Also erstmal recherchieren:boxen::-)
 
ich weise immer darauf hin, dass das Handeln nicht State of Arte ist und teile mit, dass ich diese Info so auch in der Pflegedoku hinterlegen werde- also gegen meine eigenen Fachkenntnisse handele und den Doc auf diese Situation hingewiesen habe. Wenn der Doc weiterhin auf seine AO besteht, wird dies zustätzlich vermerkt.
Ist davon auszugehen, dass der Pat. einen lebensgefährlichen Schaden durch die Ausführung der AO erleiden könnte (z.B. 40 mg Falicard als Blous-i.v.), dann verweigere ich die Ausführung und stelle dem Doc die Mittel zur Verfügung um seine AO selbst durchführen zu können.
Und spätestens dann fängt offensichtlich die Festplatte im Kopf des Docs an zu rotieren und 100% sehen, dann von der Durchsetzung ihrer AO ab.

Zum Spülen mit jodhaltigen Präparaten:

Nebenwirkungen
...
Lokale Nebenwirkungen
Bei längerer Behandlung können durch zytotoxische Wirkungen eine Störung der Wundheilung sowie vorübergehend Schmerzen, Brennen und Wärmegefühl auftreten.
...
Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln und sonstige
Wechselwirkungen

Jod reagiert mit Quecksilberverbindungen zu stark lokaltoxischem, ätzendem Hg2I2. Der PVP-Jod-Komplex ist bei pH-Werten zwischen 2 und 7 wirksam. Es ist zu erwarten, dass der Komplex mit Eiweiß und bestimmten anderen organischen Verbindungen reagiert, wodurch seine Wirksamkeit beeinträchtigt
wird.
Bei gleichzeitiger Anwendung von PVP-Jod und enzymatischen Wundbehandlungsmitteln wird die Enzymkomponente oxidiert und damit unwirksam.

Pharmakodynamik
...
Molekulares Jod (I2) wirkt durch seine oxidierenden und halogenierenden Eigenschaften antimikrobiell. PVP-Jod enthält als Trockensubstanz
Jod in einer Konzentration von ca.10 % und antimikrobiell unwirksames
Jodid bis maximal 6,6 %.
...
Das antimikrobielle Wirkspektrum von PVPJod umfasst in unterschiedlichem Ausmaß Viren, Bakterien, Pilze und einige Protozoen.
Bakteriensporen und einige Virus-Spezies werden im Allgemeinen erst nach längerer Einwirkzeit in ausreichendem Maße inaktiviert.
Eine Resistenzentwicklung tritt nicht auf. Die Rate von Primärresistenzen ist nicht ausreichend geprüft worden. Eine sekundäre Kontamination mit primär resistenten Bakterienstämmen ist nicht auszuschließen; PVPJod ist daher nicht als autosteril anzusehen.
Die Wirksamkeit von Jod wird durch die Anwesenheit verschiedener organischer Substanzen, wie Blut- und Eiterbestandteile, verringert, da diese ebenfalls oxidiert werden und dabei freies Jod binden bzw. verbrauchen.

Pharmakokinetische Eigenschaften
Äußerlich auf die intakte Haut und insbesondere auf Wunden und Verbrennungen auf getragenes PVP-Jod wird in Abhängigkeit von der Dosis sowie von Größe und Zustand der behandelten Fläche resorbiert, zum Teil
als Jodid. Besonders nach Spülungen von Körperhöhlen ist eine fast vollständige Resorption von Jod und in geringem Maße von PVP zu erwarten.
Die Resorption und besonders die renale Elimination von PVP ist abhängig vom (mittleren) Molekulargewicht (des Gemisches).
...
Das Verhalten von resorbiertem Jod bzw. Jodid im Organismus entspricht weitgehend dem von anderweitig aufgenommenem Jod.
Das Verteilungsvolumen entspricht etwa 38 % des Körpergewichts in kg, die biologische Halbwertszeit z. B. nach vaginaler Anwendung wird mit ca. 2 Tagen angegeben.
Quelle: FachinfoService

Ergo:
1. eine Mischung mit H2O mindert die Wirkung.
2. eiweißhaltige Sekrete mindern die Wirkung.
3. bei großflächiger und kontinuierlicher Anwendung muss eine Jodresorption mit beachtet werden. Cave: Schilddrüsenfunktion.
4. Problematik der Wundbeurteilung infolge Verfärbung des Wundgebietes.

PVP-Jod- Lösungen eignen sich um ein OP-Gebiet zu desinfizieren- keine eiweißhaltigen Sekrete, schneller Wirkungseintritt, großes Wirkungsspektrum, sichtbare Desinfektionsfläche. Außerhalb des OPs sollte auf den Einsatz mittlerweile verzichtet werden.

Elisabeth

Elisabeth
 
Hallo,

die Grundlage ist zunächst die Empfehlung des RKI "Infektionsprävention in Heimen" (die verbindlich sind), dass die Wunde nur steril versorgt werden darf.
Leitungswasser ist nicht steril.
Auch nicht mit Jod.
Die Anwendung eines Fußbades birgt die extrem hohe Gefahr einer Keimverschleppung.
Es gibt zeitgemäße Wundantiseptika, Jod gehört dazu bestimmt nicht. Es steht nicht auf der Negativliste, aber es hat ein paar Nachteile: Gefahr der Allergie (JOD!), Eiweißfehler (wird wirkungslos in Verbindung mit Blut bzw. Eiter), es färbt. Der Vorteil: es hat ein breites Wirkungsspektrum und einen schnellen Wirkungseintritt.
Aber es gibt weitaus bessere Alternativen, die der zeitgemäßen Wundversorgung entsprechen: Octenidinlösung, Polyhexanidhaltige Lösungen.
zur rechtlichen Seite: Du hast die Durchführungsverantwortung, und Du solltest nur das durchführen, was von offiziellen Seiten (RKI, Expertenstandards) erlaubt ist.
Manche Ärzte haben Ihre Festplatte halt noch nicht upgedatet oder sie ist abgelaufen und wird trotzdem noch benutzt.
LG
Trisha
 
@ Die Jette

Wenn Du magst, schau´ Dir -sozusagen adjuvant- nochmal den Leitungswasser-Thread http://www.krankenschwester.de/forum/wundmanagement/23700-wundbehandlung-leitungswasser.html an (und die dort enthaltenen Links) - damit hast Du gute Grundlagen, um beim Thema Leitungswasser veritable Argumente vorbringen zu können.
PVP wird am Leitungswasser nichts ändern, siehe Trishas Beitrag.

LG, Persephone

P.S.: Da habe ich es in der ambulanten Pflege dann doch mal besser: da mich keiner für medizinische Fußbäder bezahlt (es gäbe da einen Weg, aber den beschreiten die Verordner bisher nicht), enttäusche ich meine Patienten regelmäßig, indem ich mich freundlich aber bestimmt weigere, das Fußbad zu machen.

Wenn der Patient es selbst machen möchte, bitte; es kann sein, dass sich unsere Wege in der Wundbehandlung dann trennen (und das riskieren die Patienten in der Regel nicht, nachdem ich erklärt habe, warum Leitungswasser(+PVP/Schmierseife/Kernseife/Grüne Seife/XY) obsolet ist).

Wenn der Doc drauf besteht, möchte ich eine schriftliche AO, wie von Elisabeth beschrieben. In der Regel kann man dann im Gespräch klären, welch Geistes Kind meine Weigerung ist - Ergebnis: siehe Elisabeths Beitrag.
 
Könntest Du diesem Doktore mal was über Madentherapie ausdrucken ???
:angry:
Wurde schon mal mit Vac-Therapie im Haus in dem Du tätig bist gearbeitet??

Das die verordneten Fußbäder nicht zur Wundheilung beitragen, wird er ja selbst sehen-nur SCHADE für den Patienten.Ja bilden denn Chirugen sich nie in Sachen Wundversorgung fort ???
:anmachen:
Würde sagen schlimmstenfalls wird irgendwann bald nachresiziert.....
 
Wir haben bei PVP-Jod inzwischen eine allergische Reaktionsrate von 15 - 20 %!!

Gruß
Ralf