Dosierung Palliativmedikamente

joker16225

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Wir haben auf unserer Station einen Patienten liegen, der palliativ behandelt wird. Er erhält jeweils über einen Perfusor Diazepam und Morphin. Beide Medikamente werden sehr hoch dosiert und auch auf einer hohen Stufe verabreicht.

Ich hatte mal im Internet gesehen, dass beispielsweise die Tageshöchstdosis bei Morphin bei 100mg liegt.

Der Patient bekommt definitiv eine wesentlich höhere Dosierung.

Nun meine Frage. Gibt es im Bereich der Palliativmedizizin andere Dosierungen, evtl. eine Internetseite zum Nachlesen?
 
Hallo Joker,

du hast dies doch schon in einem anderen Thread gefragt und Antwort erhalten. Eine Internetseite habe ich jetzt nicht im Kopf dazu, werde aber suchen.

Nachdem ich die Rote Liste studiert habe und die Fachinfo, konnte ich keinen Hinweis daraus finden wonach deine Angaben stimmen.
Morphin gibt es unter anderem als 1000mg/50ml Injektionslösung. Schon allein daraus ergibt sich, dass deine Info nicht so ganz richtig sein kann.
Wovor hast du Angst, dass der Palliativpatient abhängig wird? Soll er lieber Schmerzen haben?

Anfangsdosis 1 – 2 mg Morphinsulfat pro
Stunde.
Eine Tagesdosis von 100 mg Morphinsulfat
sollte im Allgemeinen nicht überschritten
werden.
Bei schweren chronischen Schmerzen können
gelegentlich höhere Erhaltungsdosen
benötigt werden.
- Auszug aus der Fachinfo Morphinsulfat-Gry[r]

Liebe Grüsse
Narde
 
Zuletzt bearbeitet:
Hallo!

Morphin hat keinen ceiling Effekt und damit keine Tageshöchstdosis.

Im Moment fällt mir nur Buprenorphin als WHO Stufe 3 BTM ein, welches ab 4mg/d keine Analgesiesteigerung erreicht.

100mg Morphin/24h mögen viel erscheinen, sollen dich aber nicht weiter beunruhigen. Man muss halt sorgfältig überprüfen, ob die Patienten unter welchen Dosen auch immer gut symptomkontrolliert sind.

Ein Pharmaunternehmen aus Limburg (Lahn) bietet da gute Leitfäden an, die einem in vielen Basic Fragen weiterhelfen können. Autor Prof. Klaschik

Gruß, Iriga
 
narde, in meinem anderen Thread hab ich darauf keine Antwort erhalten, lediglich auf die Frage mit dem Infusionssystem bei Perfusoren.

Und deine letzte Frage finde ich schon sehr provokant!

Iriga, danke für deine Antwort, und danke auch für dein Raussuchen, narde.
 
Hallo Joker,

leider erleben wir es immer wieder, dass Palliativpatienten von Hausärzten auf andere Schmerzmittel umgestellt werden, mit dem Hinweis, dass Morphin abhängig macht.
Gerade eben erst habe ich es beim Vater meiner Freundin erlebt, bei dem der Hausarzt eben das Morphin gegen Novalgin gtt ausgetauscht hat, mit dem Hinweis. Der Vater kam zum Sterben nachhause und als erstes wurde das Morphin abgesetzt.
Deshalb meine für dich vtl. provokant klingende Frage.

Wie in der Fachinfo steht, darf es sehrwohl höher dosiert werden, sagt der Hersteller.

Schönen Abend
Narde
 
Ich war mal bei einem Vortrag von Eberhard Klaschik (dem Palliativmediziner in Deutschland). Er wurde dort unter anderem auch nach der Tageshöchstdosis von Morphin gefragt - die es, wie er auch sagte, nicht gäbe. Er erwähnte in diesem Zusammenhang einen Patienten, der 4000 mg (!) Morphin pro Tag erhielt, darunter sei er wach und ansprechbar gewesen.

Es gibt gerade von Klaschik und Nauck hervorragende Bücher zum Thema Schmerztherapie oder Palliativmedizin.

Eine gute Seite zum Nachschauen ist die hier: Deutsche Gesellschaft für Palliativmedizin e.V.
 
Narde, das tut mir leid....
ich habe nicht den gedanken, dass man bei jener Patientin das morphin absetzen oder reduzieren sollte. Sie erhielt, bevor sie Palliativpatientin wurde, schon sehr hohe Dosen. Und ich weiß auch, dass viele Ärzte eher niedrige bzw. lächerliche Dosen ansetzen.

Bei ihr ist es eben auch so, dass sie sehr hochdosiertes Diazepam bekommt.

Wo beginnt denn dann eigentlich die aktive Sterbehilfe? Ich meine , wenn man bewußt Medikamente gibt, in sehr hohen Dosen, zuzüglich einer Anordnung, dass beide medikamente zu bestimmten Zeiten um bestimmte Stufen im bedarfsfall gesteigert werden dürfen (durchs Pflegepersonal nach deren Ermessen).... Hm....ist das eine medizinische bzw. rechtliche Grauzone?
 
Hallo Joker,

wie geht es dem Patienten mit diesen Dosierungen, das wäre meine Frage.

Schönen Tag
Narde
 
Der Patient ist ruhig, nicht ansprechbar. Er schläft, so wurde das auch als Ziel formuliert.

Man weiß sowieso nicht, wieviel der Patient vor den hohen Dosen mitbekommen hat, da er eine Stammganglienblutung hatte....
 
Hallo Joker,

Palliativmedizin nimmt in Kauf, dass die Lebenszeit durch Nebenwirkungen von Medikamenten verkürzt wird. Der Vorsatz muss auf die Symptomlinderung gerichtet sein
(indirekte aktive Sterbehilfe)

Bei der direkten aktiven Sterbehilfe ist der Vorsatz auf die Tötung des Patienten ausgerichtet.

Bzgl. der Medikamentengabe kann ich nur schreiben, wie es bei uns gehandhabt wird: auf den Perfusorplänen werden Dosis, Dosisbreite und mgl. Boligaben mit zeitlichen Intervallen und Höhe der Boli vom Arzt angeordnet. Innerhalb dieses Rahmens titriert das Pflegepersonal die Medikamente.
Ähnlich hält es sich mit der oralen Bedarfsmedikation.

Grüße, Iriga
 
Das klingt alles nach Palliativer Sedierung, der Schlaf ist wohl eher der Wirkung des Diazepam als dem Morphin zuzuschreiben. Eine solche Sedierung hat mit Aktiver Sterbehilfe nichts zu tun (auch nicht mit indirekter A.S.), wenn die Dosierung nur immer an die Symptome angepasst wird.

Nur für einen gesunden Menschen, der vorher noch keine Opiode erhalten hat, wären solche Dosierungen lebensgefährlich.

Übrigens ist jeder jederzeit ansprechbar - besser ist die Formulierung: Reagiert nicht auf Ansprache. Ich weiss, dass das "Nicht-ansprechbar-sein" als Ausdruck sehr verbreitet ist, es suggeriert aber eben auch, dass man diese Menschen dann auch nicht ansprechen muss. Dabei können auch komatöse Patienten oft hören.
 
Übrigens ist jeder jederzeit ansprechbar - besser ist die Formulierung: Reagiert nicht auf Ansprache. Ich weiss, dass das "Nicht-ansprechbar-sein" als Ausdruck sehr verbreitet ist, es suggeriert aber eben auch, dass man diese Menschen dann auch nicht ansprechen muss. Dabei können auch komatöse Patienten oft hören.


Das ist wahr...bekomme sowas aber auch immer wieder zu lesen.

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gesetz dem falle, beide medikamente werden ohne eine Höchstdosis angeordnet...also Dosis nach oben hin offen, wie siehts denn dann rechtlich aus?
 
Hi,

was steht in der Anordnung des Arztes? Ihr werdet ja sicher nicht nach Lust und Laune dosieren, oder?

Bei uns gibt es Scores, allerdings für den Intensivbereich, wie nach Wirkung dosiert werden soll.

Liebe Grüsse
Narde
 
Gesetz dem Falle, es stünde dort, dass stündlich im Bedarfsfalle um 2 Stufen erhöht werden darf...wäre diese Anordnung nicht korrekt oder rechtmäßig nicht okay, wie sollte sie dann aussehen?
 
Hallo Joker,

Beispiel: Patient bekommt einen Morphinperfusor aufgezogen:
1 ml/2mg Morphin - Dosierung: 4mg/h (2ml/h)

Zusätzliche Arztanordnung: Bei Bedarf Bolusgabe von 5 mg.

Das wäre für mich eine korrkete Anordnung.

Schönen Abend
Narde
 
also wäre für dich, narde, die anordnung nicht korrekt?:gruebel:l
 
Hallo Joker,

das kann ich so nicht sagen, ich bin es gewohnt, dass ich "Zahlen" stehen habe. Bei der Angabe würde mir die maximale Erhöhungsdosis fehlen und wielange die Steigerung dauern soll.

Bei deiner Angabe könnte ich verstehen, dass ich jede Stunde den Perfusor um 2ml erhöhen soll, im Bedarfsfall.

Ihr solltet gut Dokumentieren, aus welchem Grund ihr die Laufgeschwindigkeit verändert habt. Es muss aus der Kurve herauszulesen sein, warum die Dosis gesteigert wurde.
Beispiel: Patient stöhnt, klagt über Schmerzen Level: 7

Handelt sich um einen Patienten der sich nicht mehr äussern kann zu seinen Schmerzen, dann müssen nonverbale Äusserungen dokumentiert werden. Tränen, stöhnen, Unruhe, Schweissausbruch und dergleichen.
Es muss eben nachvollziehbar sein.

Liebe Grüsse
Narde
 
Huhu Narde,

besagter Patient kann sich lediglich manchmaliges Husten, Würgen, Seltenes Stöhnen äußern, wenn überhaupt. Dazu gibt es einen Palliativbogen, auf dem dies separat dokumentiert wird.

Eine Höchstdosis wurde nicht vorgegeben.

Aber: Ich hab heute nochmal eine Kollegin gefragt, die ich für überaus kompetent halte. Sie selbst ist Praxisanleitung und ihre Weiterbildung noch nicht so lange her.

Sie sagte mir, dass in ihrer Weiterbildung eine ähnliche Frage aufkam. Diese wurde von einem Oberrichter beantwortet. Er sagte, wenn ein Arzt eine Anordnung schriftlich fixiert hat, sie ist die Pflegekraft "aus dem Schneider". Um es mal überspitzt darzustellen.
Wenn mir ein Arzt eine schriftliche Anordnung gibt für einen Patienten mit einem Blutzucker von 50 mg%, diesem 20 Einheiten Altinsulin zu spritzen, so dürfte ich das machen. Natürlich hat man als Schwester erstens auch etwas Fachwissen und 2. ein Gewissen....also weißt den Arzt in diesem Falle darauf hin, aber wenn man es doch spritzen sollte, gäbe es für die Pflegekraft keine rechtliche Konsequenz bei einer schriftlichen Anordnung.

Okay, ich hoffe das war jetzt nicht allzu verwirrend....:gruebel:
 
Er sagte, wenn ein Arzt eine Anordnung schriftlich fixiert hat, sie ist die Pflegekraft "aus dem Schneider". Um es mal überspitzt darzustellen.
Wenn mir ein Arzt eine schriftliche Anordnung gibt für einen Patienten mit einem Blutzucker von 50 mg%, diesem 20 Einheiten Altinsulin zu spritzen, so dürfte ich das machen. Natürlich hat man als Schwester erstens auch etwas Fachwissen und 2. ein Gewissen....

...und zudem die Durchführungsverantwortung! In diesem Fall wäre die Schwester keineswegs aus dem Schneider, weil man davon ausgehen kann, dass sie um die Konsequenzen der Injektion weiß.

Aber zurück zum Thema Anordnungen:
Bei uns ist die Dosissteigerung z.B. bei Morphin-Perfusoren häufig an die Atemfrequenz gekoppelt. Da steht dann z.B. Perfusor mit 50 mg Mo/50 ml NaCl, Start bei 2,0 ml/h, b.B. steigern bis AF mindestens 8. Finde ich eine ganz passabele und vor allem eindeutige Lösung. Denn solange der Patient wirklich Schmerzen hat, wird er nicht in die Atemdepression rutschen.

Gruß, cosmo
 
Das ist eine gute Methode, die Dosierung an die Atemfrequenz zu koppeln.

Dann müsste es aber so formuliert sein:

Dosissteigerung um ... mg/h bei Erhaltung einer Atemfrequenz von mindestens 8 Atemzügen/Minute.