Basisdiagnostik bei Ulcus Cruris

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In der Zeitschrift "Wundforum - Magazin für Wundheilung und Wundbehandlung" ist im Heft 2/2012 ein Beitrag zur Ermittlung des Knöchel-Arm-Index als obligate Basisdiagnostik bei Ulcus Cruris.

Mich würde mal interessieren, wie präsent diese Thematik bei Wundbehandlern, insbesondere aus dem pflegerischen Bereich, ist.

Wer führt pAVK-Diagnostik im Rahmen optimaler Wundbehandlung durch? Wird das der ärztlichen Seite überlassen oder sehen sich zertifizierte Wundtherapeutinnen/-ten auch in der Verantwortung?
 
Ich verstehe die Frage nicht - bevor die Diagnostik nicht gelaufen ist, gibt es keine optimale Wundversorgung. Vielleicht weil es bei uns Hand in Hand geht und unsere Ärzte selbstverständlich daran denken?
 
Leider gibt es nicht überall die optimale Versorgung. Beispielsweise kenne ich persönlich viele Fälle, bei denen Patienten, betreut von ambulanten Pflegediensten, chronische Ulcera der Unterschenkel hatten und der zuständige Hausarzt einfach nur die Wundversorgung verordnet hat, die dann vom ambulanten Pflegedienst ausgeführt wurde. Eine Diagnostik zur Ursache der Ulcera fand niemals statt. Man ging immer von venösen Insuffizienzen aus und hat fleißig Kompression angeordnet und durchgeführt. Deshalb war die Wundversorgung meistens auch völlig erfolglos, weil eine ursächliche arterielle Durchblutungsstörung nicht erkannt und nicht therapiert wurde und die Kompression auch noch verschlechternd wirkte.

Ich würde in so einem Fall natürlich nicht von der ambulanten Pflegekraft erwarten, dass sie mit Basisdiagnostik arterieller Erkrankungen beginnt, aber im Zuge der Professionalisierung von Wundexperten im Pflegebereich spielt das doch sicher eine Rolle, oder?

Der zitierte Artikel schließt mit den Worten:
"Die ABI-Bestimmung [Anmerkung: ABI = Knöchel-Arm-Index] ist eine einfache und schnell erlernbare Untersuchungsmethode, die gut auf nicht-ärztliches Personal übertragen werden kann. Sie ermöglicht Fachpflegekräften und Wundbehandlern, ihr Handeln zu überprüfen. Sie stärkt damit deren Kompetenz, weil es sie etwas an der Entscheidung für oder gegen eine bestimmte Therapie beitragen lässt. Damit trägt sie auch zum interprofessionellen Dialog der an der Wundbehandlung Beteiligten bei."

Meine Frage war also, ob in der Praxis schon solche Überlegungen eine Rolle spielen und teilweise umgesetzt werden, oder ob das nur theoretische Wunschvorstellung ist. Kennt jeder in der Wundversorgung Tätige den Knöchel-Arm-Index?
 
:thinker:
jetzt hat's geschepppert
ABI-Messung (Bestimmung des Knöchel-Arm-Index) | NetDoktor.at

verordnet werden muss die Diagnostik vom Arzt, nehm doch mal stark an, dass es in einer internistischen Facharztpraxis auch entsprechende Geräte gibt
Wenn ich mir den Text von NetDoktor durchlese, dann ist die einfache und schnell erlernbare Untersuchungsmethode der oszilliometrischen Messung nicht mal annähernd ausreichend, aber o.k., der Arzt ist hier entbehrlich, bei uns in der Klinik machen das MFA's,
manuell simultan 4x RR messen - geht nicht, also braucht man immer das spezielle Gerät dazu,hm...
....Im Rahmen einer oszillometrischen ABI-Messung werden an allen vier Gliedmaßen gleichzeitig spezielle Blutdruck-Manschetten angelegt. Die Bestimmung der Blutdruckwerte erfolgt auf einmal und muss nicht von einem Arzt oder einer Ärztin vorgenommen werden. Die von den Manschetten erfassten Daten werden an einen Computer weitergeleitet, der daraus den individuellen Knöchel-Arm-Index errechnet......
eine genaue Diagnostik wär dann das, durchgeführt vom Arzt
......... an insgesamt sechs Stellen bzw. an sechs verschiedenen (Mess-)Arterien wird der systolische Blutdruck bestimmt: ......Der Arzt oder die Ärztin tastet zunächst die entsprechende Arterie und stellt die Doppler-Sonde so ein, dass er ein möglichst optimales Signal vom Blutfluss in diesem Gefäß erhält.
Im nächsten Schritt wird die Blutdruckmanschette über den zu erwartenden systolischen Blutdruck aufgepumpt und dann langsam abgelassen - bis das Doppler-Signal wieder zu erkennen ist. Der an diesem Punkt in der Manschette herrschende Druck entspricht dem gesuchten systolischen Blutdruckwert. Um den ABI zu errechnen, wird der höhere der beiden am Bein gemessenen Werte herangezogen und durch den am Arm bestimmten Blutdruck geteilt.
..............

Welcher Patient macht sowas eigentlich mit, hat eine pAVK und bekommt die Beine gewickelt, vlt. noch den Ratschlag - öfters mal die Beine hochzulegen - autsch.
-> mein ich nicht bös, aber so ein Gedanke kam mir grad noch

Im Moment - würd ich von jegwelcher Diagnostik sowieso noch die Finger lassen.
 

Der Link ist als Einstieg nicht schlecht, aber er ist etwas verwirrend. Deshalb versuche ich es nochmal knapp:

Der Knöchel-Arm-Index errechnet sich aus dem systolischen Blutdruck am Knöchel und am Oberarm. Also muss man beide messen.
Wenn man eine Aussage für beide Körperhälften möchte, misst man eben an allen vier Extremitäten.
Das Problem ist, dass man am Knöchel mit der normalen RR-Methode mit Stethoskop nicht messen kann. Deshalb nimmt man eine kleine Ultraschallsonde (Hand-Doppler), die die Strömungsgeräusche über Lautsprecher ausgibt.
Diese Methode kann vom Arzt, von Pflegekräften oder von MFAs durchgeführt werden.

Weil das aber stark auf der Erfahrung des Durchführers beruht und ausreichend Training erfordert, gibt es mittlerweile Geräte mit 4 Blutdruckmanschetten, die das vollautomatisch machen. Man legt vier Manschetten an, drückt einen Knopf und bekommt den Knöchel-Arm-Index für linke und rechte Körperseite angezeigt. Das geht so schnell und ist so einfach, dass es wirklich jeder auch ohne Training machen kann.

Der Knöchel-Arm-Index ist auch denkbar einfach zu interpretieren: Wenn er unter einen Wert von 0,9 fällt, liegt eine pAVK vor, also eine relevante arterielle Durchblutungsstörung der Beine. Und je niedriger er ist, um so schlechter die Durchblutung der Beine. Ab etwa 0,3 kann es schon kritisch werden und eine Amputation drohen. Seltsamerweise hat man selbst bei ausgeprägten Durchblutungsstörungen oft keine Symptome. Nur jeder 10. Patient mit pAVK merkt überhaupt etwas davon.

Leider ist vielen Ärzten nach wie vor nicht bewusst, dass es so eine einfache Diagnostik gibt. Vermutlich wurde in dem Beitrag der Zeitschrift "Wundforum" deshalb auch darauf verwiesen.

Ich weiß auch, dass diese vollautomatischen Messgeräte vereinzelt von zertifizierten Wundexperten gekauft werden. Aber ich merke an der Diskussion in diesem Thread, dass es eben noch nicht sehr bekannt und verbreitet ist.

Welcher Patient macht sowas eigentlich mit, hat eine pAVK und bekommt die Beine gewickelt, vlt. noch den Ratschlag - öfters mal die Beine hochzulegen - autsch.
-> mein ich nicht bös, aber so ein Gedanke kam mir grad noch
Meine eigene Ur-Oma hat so was lange Zeit mitgemacht. Arzt und Pflegepersonal haben ihr erzählt, der Schmerz wäre ganz normal, der käme von der Hydrokolloid-Wundauflage. Die würde Wasser ziehen und das würde ihr eben weh tun. Ich war damals vor 20 Jahren am Anfang meiner Krankenpflegeausbildung und hatte selbst keine Ahnung. Deshalb ist mir das Thema mittlerweile auch so wichtig!
 
Ich habe dieses vollautomatische Messgerät auf einer Fortbildung gesehen und mich selbst ausmessen lassen.

Das Gerät ist toll,- nur hat es seinen Preis,- für einen Wundexperten rechnet es sich nicht.(aus meiner Erinnerung heraus). Niedergelassene Ärzte bekommen diese Extraleistung auch nicht bezahlt, es sei denn, sie rechnen diese Leistung privat ab- und welcher Patient bezahlt seine Untersuchungen schon gerne aus eigener Tasche.Selbst die Doppler-Untersuchungen mit "einfacherem" Gerät werden nicht von den Kassen vergütet,mal abgesehen davon fordern sie einiges an Zeit, was uns natürlich nicht davon abhält, diese Untersuchung trotzdem zu machen- bei entsprechender Verdachtsdiagnose.
 
Der Knöchel-Arm-Index wird in vielen ärztlichen Leitlinien mittlerweile gefordert. Zum Beispiel als regelmäßige Basisdiagnostik
- bei jedem Diabetiker
- bei jedem Hypertoniker
- bei begründetem kardiovaskulären Risiko
- etc.

Folglich sollte jeder Internist und Allgemeinmediziner inzwischen entsprechende Messtechnik haben. Man darf nicht vergessen, dass die genannten auch mittlerweile über EKGs oder Ultraschallgeräte verfügen, die weitaus mehr kosten.

Die Fachärzte, wie Angiologen, haben natürlich mehr als den Knöchel-Arm-Index zu bieten, die brauchen mindestens Farbduplexsonographie. Insofern ist der Knöchel-Arm-Index auch tatsächlich eher als Screening-Diagnostik beim Hausarzt angesiedelt.

Der Grund für fehlende technische Ausstattung ist also tatsächlich eher die fehlende Abrechnungsfähigkeit im kassenärztlichen Bereich. Aber der Mißstand ist bekannt und wir gerade zumindest über regionale Strukturverträge gelöst (z.B. Stadtgebiet Dresden).

Übrigens gibt es mindestens einen Hersteller automatischer ABI-Geräte, die das Gerät kostenlos zur Verfügung stellen und eine Gebühr pro Messung nehmen. Dadurch fällt die teure Investition weg und die Gebühr pro Messung kann eher in die Gesamtbehandlungskosten eingebettet werden.
 
Übrigens gibt es mindestens einen Hersteller automatischer ABI-Geräte, die das Gerät kostenlos zur Verfügung stellen und eine Gebühr pro Messung nehmen. Dadurch fällt die teure Investition weg und die Gebühr pro Messung kann eher in die Gesamtbehandlungskosten eingebettet werden.

dann wäre diese Information ja nun auch an den Mann/an die Frau gebracht.
 
...Selbst die Doppler-Untersuchungen mit "einfacherem" Gerät werden nicht von den Kassen vergütet,mal abgesehen davon fordern sie einiges an Zeit, was uns natürlich nicht davon abhält, diese Untersuchung trotzdem zu machen- bei entsprechender Verdachtsdiagnose.

Wer ist uns -?
Meinst Dich und Deine Kollegen, die Ärzte oder gar die Klinik/Praxis?
(Bin mir nicht im klaren drüber ob Du in einer Klinik oder Praxis arbeitest)
 
Entschuldige, mit "uns" meine ich die Hausärztliche Allgemeinarztpraxis, in der ich als med. Fachangestellte und Wundexpertin ICW arbeite.

Also "wir" machen Doppleruntersuchungen bei Patienten mit einem Ulkus, denn "wir" wollen "uns" ja schliesslich absichern, ob ein Kompressionsverband angelegt werden darf oder nicht.
Bei Diabetespatienten ist grundsätzlich keine Doppleruntersuchung vorgesehen, bei Diabetikern, die sich ins "DMP" eingeschrieben haben, gehört die vierteljährliche Fußinspektion sowie das Tasten der Fußpulse (u.a.) zum Programm.
Grundsätzlich wird aber nicht jeder Patient mit einem Ulkus sofort zum Gefäßspezialisten überwiesen.
 
o.k., wennst in einer Allgemeinpraxis arbeitest und ihr habt so ein Gerät - dann ist das ja sehr vorbildlich
hab versucht über lokale Facharztpraxen an die Info zu gelangen ob die Diagnostik angeboten wird - Fehlanzeige
letztlich hab ich weiter nur das Krankenhaus, in dem ich arbeite, welches keine Uniklinik ist und das häufig anbietet, sowohl das oszillo Teil als auch die Doppler-Untersuchung
Zahlen hab ich wiederum keine bekommen, jedoch stand bei der entsprechenden Fachrichtung diese Diagnostik auf Platz 1
hm, sollten das ALLES Privatleistungen sein - kann ich mir jetzt nicht vorstellen (gut man hat von vielem eine eingeschränkte Vorstellungsgabe:mryellow:).

Somit dürften doch viele Haus- und Fachärzte schon mal davon was g'hört haben, spätestens wenn sie den Arztbrief der Klinik erhalten, der die Ergebnisse der Diagnostik beinhaltet.
 
Wie das In Kliniken abrechnet wird, entzieht sich meiner Kenntnis.Abrechnungstechnisch bestehen ja Unterschiede selbst zwischen den verschiedenen Facharztrichtungen.

Wir haben keine großartige Apparatur, sondern ein "Kitteltaschengerät", reicht für die Beurteilung aus und ergeben sich auffällige Werte, wird zum Gefäßspezialisten überwiesen.