TV-Reportage: Suche nach Interview-Partnern

AlexanderGraf

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Liebe Forumsmitglieder,

ich bin Journalist und recherchiere derzeit zum Thema "Außerklinische Beatmung und Intensivpflege". Daraus wird eine längere Reportage, die voraussichtlich im SWR ausgestrahlt wird. Warum ich hier schreibe (und ich hoffe sehr, dass dieser thread nicht gegen die Forumsregeln verstößt):

Immer wieder – explizit auch im Ipreg-Gesetzesentwurf von Jens Spahn – hört man von Missständen und falschen Anreizen in diesem Sektor. Grund seien die extrem hohen Verdienstmöglichkeiten für Pflegedienste und die fehlende Kontrolle. Dadurch würden Patienten oft deutlich länger beatmet als nötig, viel zu selten entwöhnt, oder Pfleger eingesetzt, die keine ausreichende Qualifikation aufweisen. Der Sektor ist ein Milliardengeschäft, der mittlerweile von ausländischen Investmentfirmen dominiert wird.

Mich interessieren jetzt eure konkreten Erfahrungen – also von Fachkräften, die speziell qualifiziert sind, aber vielleicht bei bestimmten Arbeitgebern auf die oben geschilderten Zustande getroffen sind. Vielleicht ist das Problem aber aus eurer Sicht auch gar nicht so groß? Auch das interessiert mich natürlich.

Ich suche also jetzt Fachkräfte aus der außerklinischen Intensivpflege und Heimbeatmung, die mir ihre Erfahrungen dazu schildern möchten. Das kann ein reines Hintergrundgespräch sein, das nicht veröffentlicht wird, aber vielleicht meine Recherche weiterbringt. Es kann aber auch zu einer Teilnahme an der Reportage führen, wenn es a) inhaltlich relevant ist, und natürlich b) gewünscht wird. Auf jeden Fall sichere ich höchste journalistische Standards und absoluten Quellenschutz zu.

Wichtig: Oft besteht die Befürchtung, dass das schwächste Glied der Kette, nämlich die Pflegenden vor Ort, bei solchen Beiträgen schlecht wegkommt. Das wird nicht so sein. Es ist völlig klar, dass eventuell vorhandene Missstände überhaupt nichts mit dem vorhandenen Fachpersonal – also euch – zu tun hat. Gerade deshalb interessiert mich, wie ihr die Situation in der Branche einschätzt, schließlich wärt ihr ja indirekt auch die Leidtragenden.

ich würde mich wirklich sehr über viele Rückmeldungen freuen – am besten als Privatnachricht. Dann können wir auch Fragen von euch besprechen.

Vielen Dank und beste Grüße
Alexander Graf
 
Immer wieder – explizit auch im Ipreg-Gesetzesentwurf von Jens Spahn – hört man von Missständen und falschen Anreizen in diesem Sektor. Grund seien die extrem hohen Verdienstmöglichkeiten für Pflegedienste und die fehlende Kontrolle. Dadurch würden Patienten oft deutlich länger beatmet als nötig, viel zu selten entwöhnt, oder Pfleger eingesetzt, die keine ausreichende Qualifikation aufweisen. Der Sektor ist ein Milliardengeschäft, der mittlerweile von ausländischen Investmentfirmen dominiert wird.
Hallo Herr Graf,
finde ich gut, daß Sie eine Reportage zu diesem umstrittenen Thema planen. :up: Und der SWR scheint mir jetzt auch seriös zu sein und keiner von den Sendern, die hier auf Sensationshascherei aus sind.
Zu diesem unsäglichen Gesetzesentwurf von Herrn Spahn kann ich Ihnen nur sagen, daß das Ganze künstlich dramatisiert und aufgebauscht wurde - selbstverständlich gab es Mißstände bzw. Skandale, jedoch ist es eine Unterstellung, wenn hier eine komplette Branche kriminalisiert wird.
Das wäre vergleichbar damit, wenn z. B. im Altenpflegesektor aufgrund einiger Skandale bzw. Verstöße einzelner Heimbetreiber die komplette Pflegeheimbranche kriminalisiert und aufgelöst würde.

Nein, in Wirklichkeit liegen die Gründe für IPReG (bzw. zuvor RISG) ganz woanders:
Die recht hohen Kosten der ambulanten Intensivpflege sind den Herrschaften ein Dorn im Auge.

Lesen Sie dazu auch den Bericht eines Betroffenen (selber Intensivpflegepat.):

" ... Grundtenor seines [=Spahns, Anm. durch mich] sich ständig wiederholenden Argumentationsgesangs war, dass man Missbrauch und Betrug in der häuslichen Intensivpflege verhindern und die armen handlungsunfähigen Patienten schützen will und sie deshalb in Heime kommen. (...)
Grüne und Linke stellten daraufhin Anfragen an die Bundesregierung. Man wollte die Hintergründe erfahren und Fakten wissen, auf deren Basis das Ministerium einen solch weitreichenden Entwurf erstellt, der die Grundrechte einschränkt. Man sollte davon ausgehen, dass hier akribisch und professionell recherchiert wurde. Bei der Frage, wieviele Betrugsfälle es denn gegeben habe, lautete die Antwort, dass der Bundesregierung hierzu keine Erkenntnisse vorliegen. Man verweist lediglich auf einen Online-Artikel vom „Ärzteblatt“. Bei allen weiteren essentiellen Fragen lautet die Antwort: „Hierzu liegen der Bundesregierung keine Daten vor“.


Quelle:

Auch was die Behauptung der fehlenden Qualifikation betrifft, so kann man dies nur als vorgeschobenen Unsinn bezeichnen: Ja, in den sog. Beatmungs-WGs werden AUCH Helfer eingesetzt; seien es komplett ungelernte oder KPH/APH (d. h. mit Pflegehelferausbildung). Diese sind dort aber ganz sicher nicht alleine, sondern immer nur zusammen mit Fachkräften eingesetzt.
Und in meinem Gebiet, der sog. 1:1-Versorgung ist es komplett unmöglich, irgendwelche Helfer einzusetzen. Diesen Versuch würden vermutlich die meisten Intensivpflegepat. nicht überleben...

Was die Behauptung betrifft, daß unnötig lange beatmet würde:
Ja, dies mag in einigen Fällen zutreffen, da dies viel Geld einbringt. Hier sehe ich aber in erster Linie die Kliniken in der Pflicht und nicht die Intensivpflegedienste, denn es ist unmöglich, ambulant mit den Gegebenheiten der amb. Intensivpflege ein sog. "Weaning" (Entwöhnung von der Beatmungsmaschine) durchzuführen. Dies können Sie nur im stationären Setting unter maschineller Überwachung und mit einem (Fach)Arzt im Hintergrund riskieren. Außerdem sind etliche der typischen amb. Intensivpflegepat. von ihrer Grunderkrankung her nicht von der Beatmung entwöhnbar, da diese Erkrankungen häufig chronisch-progredient sind (z. B. ALS).
Des weiteren gebe ich zu bedenken, daß etliche Intensivpflegepat. gar nicht beatmet sind, sondern lediglich tracheotomiert; der Vorwurf, daß zu lange beatmet würde, läuft hier also völlig ins Leere.

Zum weiteren Einlesen in die Thematik empfehle ich Ihnen auch diesen Thread hier im Forum:


Fazit, der eigentliche Skandal ist nicht das Geschäftsgebahren der amb. Intensivpflegedienste im allgemeinen, sondern das Handeln von Herrn Spahn u. Co.

Falls noch Fragen sind, stehe ich gern zur Verfügung.
Gruß, Martin.
 
Lieber Martin, herzlichen Dank für ihre Antwort und Einschätzungen. Der Verweis auf die beiden Kleinen Anfragen war sehr hilfreich. Auch der Fokus auf die Kliniken scheint eine weitere Recherche zu lohnen. Beste Grüße
 
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Reaktionen: Martin H.
Gern geschehen! :wink1:

Eine Sache für einen echten Skandal im Bereich der ambulanten Intensivpflege fällt mir noch ein:
Daß Kollegen am Schichtende einfach nicht abgelöst wurden bzw. werden und dadurch mehr oder weniger gezwungen werden, 24 h (oder wahlweise auch 36 h 8O ) zu arbeiten! Wohlgemerkt: Am Stück.
Vielleicht könnten Sie daraus auch was machen? Hat allerdings mit IPReG nichts zu tun.

Ansonsten stehe ich wie gesagt für weitere Fragen in diesem Bereich gern zur Verfügung, es ist seit einigen Jahren mein Arbeitsbereich, in dem ich mich (glaube ich) doch inzwischen einigermaßen auskenne.
 
Gern geschehen! :wink1:

Eine Sache für einen echten Skandal im Bereich der ambulanten Intensivpflege fällt mir noch ein:
Daß Kollegen am Schichtende einfach nicht abgelöst wurden bzw. werden und dadurch mehr oder weniger gezwungen werden, 24 h (oder wahlweise auch 36 h 8O ) zu arbeiten! Wohlgemerkt: Am Stück.

Das ist nicht in Ordnung und auch eindeutig verboten. Die Organisation der Versorgung und Dienstplanung liegt aber beim AG und sollte auch in Krankheitsfällen geregelt sein!
 

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