Sorry Marley, meine Antwort war etwas zu abstrakt.
TMP (engl. transmembraneous pressure) heisst nichts anderes als Druck entlang der Dialysemembran.
Auf der einen Seite fließt Blut durch den Filter mit einer beliebigen Geschwindigkeit. Je höher der Blutfluss, desto höher der Druck auf der Blutseite, da der der Widerstand im Abfluss durch die venöse Kanüle gehemmt ist. Auf der anderen Seite der Membran läuft im Gegenstrom Dialysat mit einer Flussgeschwindigkeit von meist 500 ml/min und erzeugt gewissermassen einen "Gegendruck". Wenn die Drücke auf beiden Seiten gleich sind, ist logischerweise der TMP gleich "null".
Da die Viskosität von Blut höher ist als die von Wasser, ist normalerweise der Druck auf der Blutseite höher. Auf diese Weise tritt (unkontrolliert??!!) Wasser aus dem Blut ins Dialysat über (=Ultrafiltrat). So war das ungefähr noch vor 20 Jahren.
Ist heute inakzeptabel, deswegen Volumenkontrolle beim Wasserentzug.
Dafür muss ich wissen, wieviel Wasser durch die Poren der Dialysemembran tritt, dies wird durch den Ultrafiltrationsfaktor (=UF-Faktor) der Membran definiert. Bei einem UF-Faktor von 4 treten 4 ml / Std. / mm Hg über. D. h. wenn der TMP = 1 ist (= 1 mm Hg), dann können in 1 Std. 4 ml entzogen werden. Das ist für eine normale Dialyse inakzeptabel. Also muss ich entweder den UF-Faktor ändern (was früher bei den wenig wasser-permeablen Membranen nicht möglich war) oder den TMP ändern. Bei der alten Centry II von Cobe wurde ein Sog durch eine Drossel vor dem Dialysateinlauf in den Filter erzeugt, auf diese Weise erhielt man einen Sog (= neg. TMP). Bezogen auf den TMP ist es völlig unerheblich, ob er von der Blutseite oder der Dialyseseite erzeugt wird. Entscheidend ist, dass genügend Wasser von der Blut- auf die Dialysatseite übertritt. Ob ich das über einen positiven Druck auf der Blutseite oder neg. Druck (=Sog) auf der Dialysatseite erreiche ist, spielt keine Rolle Hauptsache die Membran hält den Druckunterschied aus.
Die Situation hat sich insofern geändert als häufig high-flux-Filter eingesetzt werden. Die haben einen UF-Faktor von 40 - 80. Bei einem TMP von 10 erziele ich daher z. B. eine UF-Menge von 800 ml / Std., bei 100 mg Hg sogar von 8.000 ml / Std.!!! Dabei ist es unwichtig, ob der Gradient von der Blut- oder Dialysatseite her kommt. Hauptsache: es muss ein Druckunterschied an der Membran in Richtung Dialysat sein.
Bei der GENIUS-Maschine funktioniert es nur, wenn die UF-Pumpe gewissermassen aus dem Überschuss arbeitet (= pos. "Systemdruck").
Ich hoffe, das ist soweit klar. UF-Faktor und TMP sind die Grenzbedingungen für den Wasserentzug. Solange ein positiver TMP besteht bei einem eingestellten Flüssigkeitsentzug, kann von der Dialysatseite keine Flüssigkeit aus den Dialysat "rückfiltrieren" (=Backfiltration). Die Rückfiltration wurde und wird gefürchtet wegen der Gefahr von Übertritt von Cytokinen aus dem Dialysat in den Kreislauf. Solange man Membranen mit einem niedrigen UF-Faktor verwendet, ist dies relativ unwahrscheinlich. Bei den High-flux-Membranen ist es eher möglich, dass bereits nach einem Viertel der Passage das überschüssige Wasser entfernt ist, von da an strömt Dialysat gewissermassen als Infusionslösung in den Kreislauf. Deswegen müssen heute hohe Anforderungen an die Dialysatqualität gestellt werden, denn wer lässt sich schon gerne "Leitungswasser" der Stadt in den Kreislauf infundieren.
Um es noch einmal auf den Punkt zu bringen: Der TMP gibt im wesentlichen nur Aufschluss über den Wasserdurchlässigkeit des Filters. Bei einem (hohen) positiven TMP ohne Wasserentzug dürfte mutmasslich ein Filter mit hohem UF-Faktor zum Einsatz kommen. Bei einem "Billig-Filter" mit niedrigem UF-Faktor und hohem Wasserentzug (=Ultrafiltration) entsteht ein negativer TMP, der allerdings die Rückfiltration von (kontaminiertem) Dialysat verhindert.
Wenn ich also in einem Katastrophengebiet (Erdbeben) Dialyse unter schwierigen Bedingungen mit schlechter Wasserqualität durchführen müsste, würde ich eher einen Filter mit niedrigem UF-Faktor und ggflls. neg. TMP einsetzen.
Schlussendlich: ein negativer TMP ist überhaupt kein Problem, da die Membran den maximalen Druck von 400 mm Hg sowohl von der Blut- als auch Dialysatseite aushalten muss.
Ganz zum Ende: es gibt keine dummen Fragen!!
Grüsse
Juliano